Montag, 28.03.2022
Am Airport in Manila hatte Singapore Airlines die Passagiere wieder penibel kontrolliert und diesmal gab es bei mir fast nichts zu beanstanden. Es wurde zwar gemeckert, weil ich kein Ticket für einen Rück- bzw. Weiterflug vorweisen konnte, aber da ich ein Visum für Vietnam hatte, war dies nicht erforderlich und nach Rücksprache hat es die nette Dame beim Check-In akzeptiert.
So bin ich, mit einem Transfer in Singapur, nach Hanoi geflogen.
Der Norden Vietnams war von Anfang an mein Wunschziel und ich war so happy, als vor knapp zwei Wochen die Nachricht kam, dass das Land seine Grenzen wieder für Touristen öffnet. Und das mit verhältnismäßig einfachen Regelungen. Ich musste eine App installieren, eine Gesundheitserklärung abgeben, ein paar Dokumente hochladen und am Tag vor Abreise einen Schnelltest machen lassen. Das war alles.
Das Flugzeug von Singapur nach Hanoi war zu höchstens zwanzig Prozent besetzt. Es zog ein Unwetter über die Stadt und wir warteten fast eine Stunde auf die Startfreigabe. Als es aufklarte hoben wir ab und wurden mächtig durchgeschüttelt bis der Airbus die Reisehöhe erreichte.
Bei Ankunft wurde nur der QR-Code der Gesundheitserklärung kontrolliert und nach der Passkontrolle war ich zum zweiten Mal in Vietnam und zum ersten Mal in Hanoi.
Die Taxifahrer an den Flughäfen dieser Welt sind alle gleich. Touristen zahlen das zwei- bis dreifache. Da hilft auch kein Diskutieren.
Wenn man nach dem Bus fragt, bekommt man abenteuerliche Antworten.
Alle wollen nur Taxifahrten verkaufen. Nicht nur die Fahrer, auch die SIM-Card Verkäufer und die Leute an den Wechselstuben. Bus fahre nur zwei Mal am Tag, bekomme ich zu hören.
Zugegeben, der Noi Bai Airport in Hanoi ist derzeit schwach frequentiert. Wie die meisten Flughäfen dieser Welt sind die Passagierzahlen weit von der Auslastung vor COVID entfernt. Das trifft ganz besonders auf Fernost und Südostasien zu. Aber Busse müssten doch eigentlich fahren, wenn schon keine Bahn-Anbindung vorhanden ist.
Ich versuche dann immer das Taxi mit jemanden zu teilen und das klappte auch dieses Mal gut.
Die Wohnung, die ich vorab über Booking angemietet hatte, war schwer finden. Maps lag zwei Blocks daneben.
Als ich die Adresse gefunden hatte, ging die Suche erst richtig los. Ich hatte eine Beschreibung vom Vermieter, aber dass ich 20 Meter gebückt durch einen Kellergang musste, dann durch eine verrostete Stahltür, dann eine dunkle Treppe, ein Schiebegitter und ein Küchentisch, wo unter allerlei Gerümpel der Schlüssel für die Wohnung lag, das war dann doch zu viel für mich. Die Wohnung an sich war ok, es roch allerdings nach Zigarettenrauch. Die Einrichtung ist zum Großteil aus der Zeit von Ho Chi Minh. Es gibt ein Fenster und ich brauchte eine Weile, um herauszufinden, wie man es öffnet.
Man blickt auf einen kleinen Hof, der sich allerdings als Küche der darunter liegenden Wohnung entpuppte. Eine ältere Frau schälte Rüben oder Rettich. Als sie das offene Fenster bemerkte schimpfte sie los und hörte erst auf, als ich das Fenster wieder geschlossen hatte.
Morgen suche ich eine andere Unterkunft.
Ich stürzte mich in die Gassen des „Old Quarter“ von Hanoi. Die Temperatur liegt am Abend zehn Grad Celsius unter der von Manila und ich musste meine Jacke hervor kramen. Es ist fast 22 Uhr und das Viertel ist lebhaft. Es sind tausende Menschen unterwegs. Die Straßen werden von Mopeds dominiert. An jeder Ecke duftet es nach anderem Streetfood. Es wird Obst und Gemüse in rauen Mengen angeboten. In Manila und auf Palawan gab es kaum Gemüse. Das Essen da ist sehr fleischlastig. Vietnam ist ein Paradies für Liebhaber frischer Lebensmittel.
Ich werde von Grab-Mopedfahrern angesprochen, die mich fahren wollen, oder alles besorgen können, was ich wolle. Nach dem zehnten Mal wurde es lästig und ich fing an sie zu ignorieren. Das mache ich nicht gerne, weil es unhöflich und arrogant erscheint. Aber mir blieb keine Wahl.
Ich unterhielt mich beim Essen über eine Stunde mit jungen Leuten. Die wollten alles über Deutschland wissen und versorgten mich mit Informationen über Hanoi. Eine Studentin meinte, ich erinnere sie an ihre Tante. Die lebt in Ohio und kommt einmal im Jahr nach Hanoi.
Ich hätte, wie sie, ein „ young mind“.
Ha, das ist doch mal ein Kompliment!
Das old quarter reflektiert das traditionelle Vietnam. Es gibt schmale Straßen und enge Gassen. Überall kleine Läden und Strassenrestaurants. An etlichen Häusern hängt die vietnamesische Flagge. Man sitzt auf Plastikstühlen oder Hockern auf dem Gehweg vor den Geschäften. Die Stühle sind niedriger als in Thailand oder Kambodscha. Oft nur 30 cm hoch. Fahrräder werden voll beladen durch die Straßen geschoben, Frauen tragen die traditionellen „yellow caps“und balancieren schwere Körbe, über eine Tragestange auf ihren Schultern.
Ein gutes, günstiges Hotel zu finden ist eine Herausforderung. Es werden Zimmer über die Buchungsportale angeboten, obwohl die Hotels geschlossen sind. Es wird Werbung mit Preisen gemacht, die sich als Fake herausstellen. Selbst Nobelhotels werben mit Fake-Preisen. Im Kleingedruckten ist dann das Zimmer nur für zwei Stunden zu haben. WTF!
Ich bin dann am dritten Tag in den Cầu Giấy district umgezogen. Hier ist es moderner aber dennoch gibt es traditionelle Teile. Mein Hotel befindet sich in einer Gasse, die ungefähr 120 Meter lang ist. Trete ich nach Süden aus der Gasse heraus, stehe ich vor einer achtspurigen Straße. Es gibt moderne Geschäfte mit großen Schaufenstern, Banken und Hochhäuser mit Büros.
Gehe ich nördlich, ist es wie in einer Altstadt. Gassen, Mopeds, kleine Geschäfte und jede Menge Streetfood. Wenn ich nach oben schaue, sehe ich die Hochhäuser in der Nachbarschaft.
Samstag, 02.04.2022
Nachdem es gestern den ganzen Tag geregnet hatte und ich die Klimaanlage im Hotelzimmer auf Heizen stellen musste, ist es heute trocken und ich lief durch die Gassen und ließ die Stadt auf mich wirken.
Hier und da wird mein Gruß von Menschen auf der Strasse erwidert und ab und zu werde ich angesprochen. Meist von jungen Menschen. Selten treffe ich jemanden, der Englisch spricht, wenn doch, dann allerdings sehr gutes Englisch.
Am morgigen Abend bin ich zum Essen eingeladen. Von einer Lehrerin, die mit ihrem Sohn in einer sehr hellen und geräumigen Wohnung im 14. Stock eines Hochhauskomplexes wohnt. Ich hatte die beiden auf der Straße kennengelernt und wir saßen lange zusammen in einem Kaffee und haben viel gelacht.
Sie fragten nach der Bedeutung meines Namens. Ich hatte mir darüber nie Gedanken gemacht, aber hier in Vietnam ist dies wohl sehr wichtig.
Ich googelte und da stand irgendetwas mit „fighter”. Ok, jetzt hatten sie einen Namen für mich, den sie gut aussprechen kann.
Ich hatte den Kaffe bezahlt und sie waren wohl der Meinung, dass sie mich auch einladen sollten. Das ist wohl diese asiatische Kultur. Naja… ich war neugierig und habe zugesagt.
Obwohl ich mich in der Hauptstadt sehr gut fühle, werde ich morgen weiter Richtung Süden nach Da Nang ziehen. Da Nang ist die drittgrößte Stadt im Land und liegt am Meer, ungefähr in der Mitte des lang gestreckten Landes.
In Hanoi ist es nass und kühl. Meine Sachen, die ich fast täglich waschen muss, trockneten schlecht.
Die Reisekasse habe ich in den letzten Tagen mit durchschnittlich 1,5 Millionen VND pro Tag belasten müssen. Die Hauptstadt ist immer etwas teurer.
Ich hatte am ATM vietnamesische Dong geholt und auf dem Konto fand ich eine Buchung, bei der zwei Nullen fehlten. Ich dachte schon, das wird ja ein günstiger Trip. Allerdings war die Umrechnungssumme in Euro dann doch korrekt. Die Bankapp hat einfach keinen Platz zum Anzeigen so vieler Nullen.
Das Abendessen war sehr lustig und ich konnte viel über das Stadtleben in Hanoi erfahren.
Liz (Name geändert) hatte sich viel Mühe gemacht. Es gab Frühlingsrollen und eine sehr typisch vietnamesische Bambussuppe. Außerdem Salad from western countries. So wie wir diese Region Südostasien nennen, wird Europa hier „western countries“ genannt.
Die beiden wunderten sich, wie geschickt ich mit Messer und Gabel umgehen konnte. Obwohl ich aus der Übung war. Tatsächlich hatte ich seit Monaten kein vollständiges Besteck beim Essen. Oft nur Stäbchen und Löffel. Selten eine Gabel.
Von den Esskünsten der Asiaten mit Stäbchen bin ich weit entfernt.
Mit den billigen Essstäbchen, die oft dicker und rau sind, komme ich gut zurecht. Aber die dünnen mit glatter Oberfläche, die oft aus Büffelknochen gemacht werden, da habe ich immer noch Schwierigkeiten.
Sie zeigte mir ihre Küchenmaschine Made in Germany. Ich kenne zwar die Marke nicht, aber die sah sehr stabil aus und Liz schien mächtig stolz auf das Teil zu sein.
Aus ihrer Zeit in Europa kennt sie Florian aus Köln. Sie nennt das Küchengerät Florian. Ich möchte gar nicht wissen, welches Teil sie nach mir benennen wird.
Am Mittag zuvor hatte ich versucht online für den morgigen Flug nach Da Nang einzuchecken. Das war auch direkt bei der Airline nicht möglich.
Liz hat das für mich erledigt und mir auch gleich den Bordingpass ausgedruckt.
Sie hat nichts anderes gemacht als ich, außer, dass ich auf der Website englisch und sie vietnamesisch gewählt hatte.
Das war super, weil ich mir so ersparen konnte, wieder zwei Stunden vor Abflug am Airport zu sein.
Dann hat sie mir erklärt, wie ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Airport kommen kann. Das hat ebenfalls super geklappt und ich sparte mir so das teure Taxi.
Ich traf viele Menschen, die mich mit unbrauchbaren oder falsche Informationen versorgten. Und dann gibt es Menschen, auf die Verlass ist. Auf Liz konnte ich mich zu 100 Prozent verlassen.
Sonntag, 03.04.2022
Im Bus zum Airport bot mir eine junge Frau ihre Hilfe an, weil sie mitbekam, wie ich den Busfahrer nach dem Umsteigeort fragte. Sie ist aus der Provinz gekommen um hier ein Studium zu beginnen. Sie meinte, sie habe gerade die erste Gelegenheit, sich mit einem Ausländer zu unterhalten. Wir sind zusammen ausgestiegen und ich zeigte ihr den Weg zum nahe gelegenen Bus Terminal. Haha …Maps is my friend.
Bei meiner Ankunft in Hanoi vor einer Woche war es dunkel und heute sah ich vom Bus aus die Ausmaße der 10 Millionen Metropole. Viel Beton, massive Hochhaussiedlungen und breite Straßen, wo der Verkehr selten stockte.
Die Sonne war seit Tagen zum ersten Mal an diesem Vormittag zu sehen.
So verlasse ich diese Stadt mit gemischten Gefühlen und ein paar Gründen wiederzukommen.
90 Flugminuten weiter südlich ist das Wetter nicht wesentlich besser.
In Da Nang bekam ich zu hören, dass es eine kleine Stadt sei, weil hier ja nur zwei Millionen Menschen leben. Die Stadt liegt direkt am südchinesischen Meer. Es gibt eine breite, mit Palmen gesäumte Strandstraße im Zentrum, wo beidseitig Hotels in den Himmel ragen. Hinter einer Mauer aus Beton befindet sich ein Strand, wie ich ihn selten gesehen habe. Es gibt keinerlei natürliche Vegetation zwischen Beton und Wasser, aber einen fast 100 Meter breiter Strand mit feinstem Sand. Kein Müll, kein Tang, keine Muschel. Nur Wasser und Sand. Die Wellen peitschten das Wasser 20-30 Meter über den Sand, bevor es sich wieder zurückzog. Am späten Nachmittag waren viele Menschen am Strand. Das Wasser war warm, aber die Lufttemperatur lies mich keinen Gedanken an ein Bad verschwenden. Schwimmen war bei diesem Seegang sowieso nicht möglich.
Es wurde Volleyball gespielt und einige Mutige waren, wie ich auch, mit den Füßen im Wasser. Der Strand fiel sehr flach zum Meer hin und wenn sich das Wasser weit zurückgezogen hatte und dann eine ordentliche Welle kam, hieß es: laufen! Sonst stand man innerhalb von drei Sekunden bis zur Hüfte im Wasser.
Montag, 04.04.2022
Ich treffe viele Menschen, mit denen ich ins Gespräch komme. In einem Restaurant sitzen zwei Russen. Ich bemerkte, dass es wohl zur Zeit schwierig ist, von Russland einen Flug ins Ausland zu finden. Das war ihnen egal. Sie lebten seit zwei Jahren in Vietnam und bis dato wurde ihr Touristenvisum immer problemlos verlängert. Wieder Leute, die im Lockdown gestrandet sind und nicht zurück wollen. So sagten die zumindest. Es ist nämlich auch ziemlich schwierig einen internationalen Flug nach Russland zu bekommen.
Vielleicht über China. Ich habe ein Flugportal gecheckt. Da kommt die Meldung: „Aus regulatorischen Gründen können wir keine Flüge für diesen Ort anzeigen“.
Wenn man aber nicht zurück muss, kann man auch gut in Vietnam leben.
Beim Kaffe mit einer Frau, die für eine japanische Non-Profit Firma im Health- Care-Services arbeitet erfuhr ich viel über die Menschen in Vietnam.
Wahrscheinlich aufgrund meines hohen Alters kamen wir auf Ruhestand und Rente zu sprechen. Sie meint, Männer gehen hier mit 60 Jahren in Rente, Frauen mit 58. Die Rentenhöhe beträgt 75 Prozent des Durchschnittseinkommens der letzten Jahre. Der Zeitraum differiert.
Sie sagte nicht, wie hoch ihr Einkommen ist, aber sie könne jeden Monat etwas sparen. Da sind die Vietnamesen wohl besser dran als die Deutschen, die oft am Ende des Monats kein Geld mehr haben und bis 67 schuften sollen. Möglichst bald noch länger.
Abends am Strand lief ich mit hochgekrempelten Hosen durch die Wellen. Eine offensichtlich aus Vietnam stammende Frau mit zwei kleinen Kindern sprach mich an. Ich verstand erst nicht und sie fragte, ob ich deutsch spreche. In perfektem Deutsch unterhielten wir uns. Oh, wie lange ist es her, dass ich deutsch gesprochen hatte.
Die Sache verhielt sich so: Die Frau hatte Pumps an. Ihre Kinder spielten im Sand und sie fragte mich, ob ich wohl eines der Mädchen nehmen könnte, um ihr die Hände im Meer zu waschen und von Sand zu befreien. Sie wollte ihre Schuhe nicht ausziehen und die Strömung war zu gefährlich für das vierjährige Kind. Wir hatten viel Spaß zusammen, weil das eine längere Geschichte wurde. Da die Unterhaltung andauerte, waren die kleinen Hände schnell wieder voll Sand, abwaschen, Sand, abwaschen, Sand…
Irgendwann war dann leider Schluss.
Ich mag diese Stadt. Es ist zwar eine Großstadt, aber der Teil nahe des Strandes ist ruhig. Ich habe wieder ein Moped gemietet und werde die nächsten drei Wochen, bis mein Visum ausläuft, hier bleiben. Ich habe ein paar Freunde gefunden und fühle mich wohl.
Nachdem ich nach zwei Wochen immer noch in Da Nang bin, kann ich sagen: Ich liebe diese Stadt. Ich habe hier ganz besondere Menschen kennengelernt und dieser Ort ist für mich für immer mit ganz besonderen Emotionen verbunden.
Viele empfehlen mir, nach Hoi An zu fahren. Das sind nur 40 Minuten mit dem Moped zu fahren. Vielleicht mache ich das. Irgendwann. Jetzt genieße ich Da Nang. Vielleicht ist das die beste Zeit meines Lebens. Yes, it is!
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