Modernisierung des Zivilprozesses

Modernisierung und Digitalisierung des deutschen Zivilprozesses

(Stand: 11. Feb. 2021)

Eine Arbeitsgruppe von OLG-Richtern unter Leitung des Nürnberger OLG Präsidenten Dr. Dickert legte im Dezember 2020 ein Diskussionspapier vor zur „Modernisierung des Zivilprozesses“. Darin enthalten sind Regelungsvorschläge, um die Zivilprozesse „bürgerfreundlicher, effizienter und ressourcenschonender“ zu gestalten. Zentrale Bedeutung hat der verstärkte Einsatz digitaler Technik.

In der anwaltlichen Praxis hat sich gerade in der COVID-Pandemie neben der Nutzung von Tele-Konferenzen mit den Mandanten auch die verstärkte Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches beA im Kontakt zu den Gerichten ergeben. Dass zukünftig die E-Akte und der elektronische Rechtsverkehr verstärkt Einzug halten, ist beschlossene Sache und das online-Mahnverfahren oder Recherche bei online-Insolvenzbekanntmachungen, beim Handelsregister und in Grundbuchsachen mit dem Antrag zum automatisierten elektronischen Abrufverfahren ist auch heute schon möglich.

Im Diskussionspapier gibt es Vorschläge, auch ein sicheres, bundesweit einheitliches Bürgerportal einzurichten und insbesondere ein beschleunigtes Online-Verfahren (mit "Basisdokument") als zusätzliches Angebot einzuführen. Die Diskussion zu den Regelungsvorschlägen steht erst am Anfang, aber es scheint so, dass gerade jüngere Richter in der Pandemie ihre Affinität zur digitalen Technologie entdecken.

Bei der (in Schleswig-Holstein und Bremen ab 01.01.2021 schon lege lata) nunmehr beginnenden auch aktiven beA-Nutzungspflicht reicht die Anwältin selbst per beA ans Gericht "auf sicherem Übermittlungsweg (§ 130a III 1 Alt. 2 ZPO) d.h. von ihrem eigenen beA (§ 130a IV Nr. 2 ZPO)" Schriftsätze ein und die Anlagen dazu. Die Anwaltschaft trifft spätestens ab dem 1.1.2022 dann in allen Ländern diese aktive Nutzungspflicht.

Vor diesem Hintergrund ist ein Detail der Regelungsvorschläge interessant: Das Faxgerät fällt weiter in Ungnade und nach der Arbeitsgruppe sollen die Anwälte mit einer Auslagenpauschale belastet werden, wenn sie noch weiter per Telefax einreichen; auch solle perspektivisch die Kommunikation mit den Gerichten per Telefax unzulässig werden. Interessant sind aber die Gedanken zur Einführung eines Kanzleipostfachs beim beA, was dagegen eine Erleichterung wäre (B.II.1.c im Diskussionspapier). Zitat:

"Die Arbeitsgruppe spricht sich zur Klärung der Rechtslage und zur grundsätzlichen Erleichterung der elektronischen Kommunikation zwischen Anwälten und Gericht für die Einführung eines Kanzleipostfachs (auch bei einer Mehrzahl von Anwälten) aus. Dieses sollte verpflichtend auf dem Kanzleibriefkopf zu vermerken sein."

Ein weites Feld ist das Wortprotokoll bei der Beweisaufnahme und der Parteianhörung, wie es im Diskussionspapier angesprochen und befürwortet wird. Nach dem einsetzenden Umdenken beim Strafprozess scheint nun auch im Zivilprozess im Hinblick auf den Wettbewerbsnachteil der deutschen Justiz eine Besserung in Sicht: "Von Beweisaufnahmen soll – nach einer Übergangsfrist bis 2026 – zwingend ein schriftliches Wortprotokoll gefertigt werden" heißt es in den Regelungsvorschlägen der OLG-Richter.