Johannes von Damaskus und Franziskus

Hl. Johannes von Damaskus

(um 650 – 750)

Entstehung und Ausbreitung des Islam

Das Christentum wurde bei seiner Entstehung in einen Staat, den römischen Staat, hineingeboren und von diesem Staat dreihundert Jahre lang verfolgt. Ausbreiten konnte sich die Lehre Christi daher meist nur im Untergrund, völlig gewaltlos und unter großen Schwierigkeiten, Leiden und Verfolgungen.

Ganz anders der Islam.

Als Mohammed im Jahre 622 n. Chr. mit seinen Anhängern fliehen musste – und zwar aus seiner Heimatstadt Mekka nach Medina, welches damals Yathrib hieß – wurde er dort freundlich aufgenommen. Hier begann Mohammed sogleich mit dem Aufbau eines religiös-politischen Gemeinwesens, der islamischen Umma. In Yathrib bzw. Medina war die Hälfte der Einwohner Juden. Sie assimilierten zwar die arabische Lebensweise, blieben aber religiös exklusiv und hielten an ihrem Monotheismus und dem unerschütterlichen Bewusstsein ihrer eigenen Erwählung fest. Beides machte auf Mohammed großen Eindruck und prägt seine spätere Auseinandersetzung mit den Juden.

Adel Th. Khoury, ein bekannter Kenner des Islam und seiner Geschichte schreibt:

„In Medina entledigte sich Mohammed der Juden nach und nach. Im Anschluss an seinen Sieg zu Badr 624 griff er einen der drei Stämme der Juden an und vertrieb seine Mitglieder aus der Stadt. In der zweiten Hälfte des Jahres 625 wurde auch der zweite Stamm aus Medina vertrieben. Nach dem unentschieden verlaufenen Grabenkrieg griff Mohammed den dritten Judenstamm an und ließ einen Schiedsrichter über ihr Schicksal entschieden. Nach dessen Urteil wurden die Männer hingerichtet und die Frauen und Kinder als Sklaven verkauft. Nach der Beseitigung der Juden versuchten die Muslime, den Einfluss der Christen zu neutralisieren, doch in Medina besaßen die Christen keine Bedeutung.“

Der Islam ist von seinen Anfängen her ein sozialpolitisches, religiöses und militärisches Projekt: Das geht sowohl aus dem Koran als auch aus der Sunna – der Überlieferung, die das Leben und die Worte Mohammeds umfasst – klar hervor. Darum gehören für einen Muslim bis heute Religion und Politik untrennbar zusammen. Die islamische Gemeinschaft in Medina gilt für Muslime bis heute als das Ur- und Idealbild der Umma. Von allem Anfang an bekämpfte und besiegte dieses religiös-politische Staatsgebilde einen Nachbarstatt nach dem anderen und eignete sich alles an, dessen es habhaft werden konnte.

Die rasche und umfasende Ausbreitung des Islam gleich in seiner Frühzeit ist als historische Entwicklung beispiellos und einmalig. Dieser Erfolg stärkte das Selbst- und Sendungsbewusstsein der islamischen Gemeinde und gilt den Muslimen bis heute als eine Art „historisch-empirischer Beweis“ für die Unwiderstehlichkeit des Islam und für den Willen Allahs zur raschen Ausbreitung seiner „wiederhergestellten Religion“ über das Antlitz der Erde.

Innerhalb von nur hundert Jahren drang der Islam über Vorderasien und Nordafrika nach Spanien und bis nach Frankreich vor. Das geschah weithin in christlichen Ländern und auf Kosten des Christentums. Dieser Vorstoß bis ins Zentrum Europas konnte erst durch den Sieg

Karl Martells im Jahre 732 bei Tours und Portiers aufgehalten werden und in jahrhundertelangen Kämpfen aus Westeuropa wieder zurückgedrängt werden. Der Islam beansprucht von Anfang an universale Geltung und ist praktisch in einem dauernden Kriegszustand mit der nicht-muslimischen Welt, bis eben alle Menschen den Islam angenommen haben. Für den Muslim erscheint die Welt in zwei Bereiche eingeteilt:

1. In der Dar-ul-islam (Haus des Islam), also in die Länder, in denen der Islam sich bereits in der Mehrheit befindet und das gesamte öffentliche und private Leben beherrscht, und

2. In der Dar-ul-harb (Haus des Krieges), das sind alle übrigen nichtislamischen Länder. Diese Gebiete gelten als Missionsgebiete. Mit ihnen kann es keinen wirklichen Frieden geben, höchstens einen Waffenstillstand, bis sich eine Gelegenheit bietet, sie im Bereich des herrschenden Islam einzugliedern. Den sogenannten „Heiden“ wurde kein Daseinsrecht zugestanden. Sie wurden nur vor die Wahl gestellt: Islam oder Tod!

Juden und Christen konnten als "Schriftbesitzer“ dem Tod entgehen, wenn sie sich durch einen demütigenden „Schutzvertrag“ dem Islam unterwarfen. Damit konnten sie in eingeschränkter Weise ihre Religion leben, allerdings als Bürger zweiter Klasse. Sie mussten eine Kopf- und Grundsteuer zahlen, während Muslime steuerfrei blieben, mussten an ihrer Kleidung als Christen bzw. als Juden kenntlich sein, durften keine Waffen tragen, kein Pferd besteigen, keine neuen Kirchen bauen, keine muslimische Frau ehelichen, sie wurden vielfach verspottet und gedemütigt etc.. Nebenbei bemerkt: Wenn heute oftmals die islamische Toleranz gepriesen wird, beruht dies offensichtlich auf Unkenntnis historischer Tatsachen!

Die arabischen Reiterheere waren getragen von einem fanatischen Eroberungswillen und von einer großen Kampfeskraft. Sie hatten allerdings auch das historische Glück, beim Tode Mohammeds auf die militärisch erschöpften Großreiche Byzanz und Persien (dem Reich der Sassaniden) zu treffen, die sich seit dem Jahre 610 in mörderischen Kämpfen gegenseitig aufgerieben hatten.

Ein wichtiger Zeitzeuge ist der heilige Johannes von Damaskus (um 650 – 750).

Erstaunlicherweise sind vom "Damascener“ weder das Geburtsjahr noch das Jahr seines Todes exakt bekannt. Jedenfalls wurde Johannes ungefähr 20 Jahre nach dem Tod Mohammeds – also um 650 – in Damaskus geboren. Seine Geburtsstadt Damaskus sowie ganz Syrien waren bereits im Jahre 635 durch den zweiten Kalifen Umar ibn-al-Khattab für den Islam erobert worden und ein Jahr später zum Sitz des Kalifen, des weltlichen und zugleich geistlichen Oberhauptes des Islam, bestimmt worden. Im Jahre 670 wurde dann das Kalifat nach Bagdad verlegt.

Der Kalif Umar der zweite Nachfolger Mohammeds, wird als der eigentliche Begründer des islamischen Weltreiches angesehen. Er plante die Eroberungskriege und richtete schlagkräftige islamische Militärlager in den besetzten Ländern ein, um seine Krieger zu disziplinieren und die Länder besser unter Kontrolle zu halten. Unter Umar gelang es den muslimischen Truppen, im Jahre 638 Jerusalem und Palästina, den Irak und einen Teil Persiens einzunehmen sowie 642 Ägypten zu erobern.

Umar besaß einen Weitblick, der ihm große Autorität verlieh. 637 festigte er die Organisation des Islamischen Reiches durch eine Bodenverteilung. Er behielt zunächst die jüdischen und christlichen Staatsbeamten, Ärzte, Künstler und Wissenschaftler in Syrien und anderen Ländern in seinen Diensten. Allerdings wurden sie sofort entfernt, sobald man sie durch muslimische Fachkräfte ersetzen konnte.

So war auch der vater des heiligen Johannes Sargun ibn Mansur, obwohl Christ, Finanzminister am Kalifenhof. Als Vater legte er Wert darauf, dass sein Sohn Johannes zusammen mit dem Adoptivsohn Kosmas eine gründliche Ausbildung in allen Fächern und Künsten erhielt, wie es sich für einen zukünftigen hohen Staatsbeamten geziemte. Er hatte auch nichts dagegen, dass sein Sohn als Tisch- und Spielgefährte des künftigen Kalifen Yazid an den Hof geholt wurde.

Als Johannes zum Manne herangereift war, wurde er zunächst Mitarbeiter und später Nachfolger seines Vaters. Gegen Ende des Jahrhunderts änderte sich aber die Lage für die Juden und Christen im Kalifenreich. Ab 700 begann eine stärkere Arabisierung, und damit wurde auch eine stärkere Islamisierung des Verwaltungsapparates durchgesetzt. Der neue Herrscher, der Kalif Abd al-Malik (685-705) entzog den Christen seine Huld. Die Familie des Johannes bekam dies bald zu spüren.

Weil Johannes nicht bereit war zum Islam zu konvertieren, war er gezwungen um das Jahr 715 – im Alter von ungefähr 65 Jahren – sein Amt aufzugeben. Um dem wachsenden Druck auszuweichen, zog er sich mit seinem Adoptivbruder nach Jerusalem zurück; dort traten beide als Mönche in das unweit der Stadt gelegene weltberühmte

Kloster Mar Saba ein. Etwas später wurde Johannes von Damaskus vom Patriarchen Johannes V. von Jerusalem (706- 735 zum Priester geweiht.

Von nun an musste Johannes sich in wachsendem Maße der Belange des kirchlichen Lebens annehmen, vor allem als Berater des Oberhirten und als theologischer Schriftsteller. Von allen Seiten kamen Bitten um Hilfe in den damals allenthalben geführten Auseinandersetzungen. Als er von Damaskus aufgebrochen war, hatte er davon geträumt, in der klösterlichen Verborgenheit nur der frommen Beschauung l

eben zu können. Nun wurde er, eigentlich gegen seinen Willen, zu dem weltberühmten Kontroverstheologen, dessen Gelehrsamkeit in der ganzen östlichen Christenheit gepriesen wurde.

In seiner geradezu ängstlichen Demut weist Johannes darauf hin, dass er keine neuen Einsichten und keine neue Synthese bringen, sondern dass er schlicht der angegriffenen Wahrheit helfen will, das ist alles. Er vergleicht sich einmal selbst mit der Biene, die unermüdlich von überallher den Honig sammelt. So ist sein theologisches Hauptwerk

„Die Quelle der Erkenntnis“ ein mit unermesslichem Sammelfleiß zusammengetragenes Kompendium der gesamten kirchlichen Lehrüberlieferung aus den Schriften der früheren Väter des Ostens und aus den Akten der Konzilien. Johannes hat mit diesem Werk der griechischen Kirche eine Dogmatik geschenkt, die sie nie mehr aus der Hand legen sollte.

Die Weiträumigkeit der Interessen und des Wissens des hl. Johannes ist imponierend. Er war nicht nur

Dogmatiker und Apologet, sondern auch Exeget, Philosoph und Hagiograph. Darüber hinaus hat er sich als Dichter kirchlicher Hymnen einen im Osten bis heute unvergessenen Namen gemacht. Manche seiner Hymnen sind dort noch immer in liturgischem Gebrauch. Fragt man nach der Persönlichkeit dieses ungewöhnlichen Mannes, so wie sie sich in seinen Werken kundtut, dann muss man drei Wesenszüge hervorheben:

1. Treue zur Lehre

Es war das Gesetz jener Epoche des kirchlichen Lebens, in der Johannes von Damaskus lebte und schrieb, dass man sich vor allem um die Bewahrung des überkommenen Erbes kümmerte und nicht darauf aus war, Neues und Eigenes zu schaffen. Aber dieses Gesetz ist bei Johannes zu einer sittlichen Haltung geworden. Die Ehrfurcht vor der Wahrheit hat ihn gelehrt, sich selbst und das eigene Begehren vor der Botschaft zurückzustellen, die es zu verkünden und zu verteidigen galt. In dieser Treue ist er zum Mittler zwischen den kirchlichen Anfängern und dem hohen Mittelalter geworden.

In glühender Liebe zu Christus und seiner Kirche und als unerbittlicher Freund der Wahrheit schrieb der hl. Johannes Streitgespräche zwischen Christen und Muslimen nieder und das angesehene Werk

„De Haeresibus – über die Irrlehren“. Den Islam nennt er einen „Vorläufer des Antichristen“ und den Koran eine „Märchenerzählung“. Es ist verständlich, dass der Theologe Johannes Damascenus über die Darstellung, Auslegung und Leugnung christlicher Glaubenswahrheiten im Koran und in der gesamten islamischen Lehre empört war und auf 1 Joh 2,22 verwies, wo es heißt: „Das ist der Antichrist: Wer den Vater und den Sohn leugnet. Wer leugnet, dass Jesus der Sohn ist, hat auch den Vater nicht; wer bekennt, dass er der Sohn ist, hat auch den Vater.“

Diese Feststellung des heiligen Johannes von Damaskus und sein Hinweis auf die Hl. Schrift mag heute schockieren. Aber wir müssen auch im Zeitalter des interreligiösen Dialogs um die Wahrheit, um die objektive Wahrheit bemüht sein und deshalb auch den Anspruch und die Lehre des Islam kritisch hinterfragen dürfen. Denn der Islam ist

nicht einfach nur eine Weltreligion neben anderen, sondern er behauptet als nachchristliche Religion, es besser zu wissen und den christlichen Glauben kritisieren bzw. die christliche Lehre von „angeblichen Verfälschungen“ reinigen und wiederherstellen zu müssen. Wir müssen festhalten, dass es sich beim Islam tatsächlich – trotz aller Zusammenhänge und scheinbarer Nähe – um eine antichristliche Religion handelt. Denn er widerspricht und bekämpft grundlegende christliche Bekenntnisaussagen:

Bereits der Name „Jesus“ deckt den großen Unterschied zum Islam auf: denn im Islam wird Jesus nicht Jesus genannt, sondern Isa. Das ist nicht einfach eine arabische Übersetzung von „Jesus“ (Josua, Yeshua), sondern eine Verfremdung, die wahrscheinlich vorgenommen wurde, um sich vom christlichen Jesus, dem Sohn Gottes, zu distanzieren. Der Name „Jesus“ ist aber nicht nur ein Name, sondern ein Programm, er hat eine tiefe Bedeutung: „Jahwe rettet“, „Jahwe hilft“. – Der Name Isa hingegen hat keinerlei Bedeutung. Es ist typisch, dass im Islam, dem jeder Bezug zum biblischen Gott Jahwe („Ich Bin, Der Ich Bin“, „Der Seiende“) fehlt und auch der Name „Jesus“ („Jahwe rettet“) verändert und seiner tiefen Bedeutung beraubt wurde. Jesus ist im Islam zwar „der Gesalbte“ (Messias), al-Masih, doch dies erscheint nur wie ein Name. Die Bedeutung „Messias“ (Lukas 4, 18-19; Jesaja 61,1-2), des Ehrentitels Jesu, geht im Islam völlig verloren.

Nach islamischem Glauben ist Jesus – wie andere menschliche Boten auch – ein geschaffener, sterblicher Mann, nicht mehr als ein Diener. Jesus ist im Islam der „Sohn Mariens“, aber nicht der biblische Sohn Gottes. Er darf im Islam niemals „Gott“, „Sohn Gottes“ oder „Herr“ genannt werden. Nach Meinung vieler Muslime bedeutet die Bezeichnung „Sohn Gottes“, dass Gott physisch ein Kind gezeugt habe: Das wäre Gotteslästerung auch für Christen! Im Koran, Sure 6,101, heißt es: „Wie sollte Er einen Sohn haben, wo er keine Gefährtin hat?“ Im gleichen physischen Sinne heißt es in der 112. Sure des Korans, die viele Muslime auswendig kennen: „Sag: Er ist Allah, ein Einziger, Allah, der souveräne (Herrscher). Er hat weder Kinder gezeugt, noch ist er (selbst) gezeugt worden. Und keiner kann sich mit ihm messen.“ Dreimal wird im Koran die Gottessohnschaft Jesu ausdrücklich geleugnet und physisch gedeutet.

Höhepunkt der Polemik im Koran gegen die Gottessohnschaft Jesu, gegen die Trinitätslehre und gegen jegliche Marienverehrung findet sich in der Sure 5,116: „Und (dann), wenn Allah sagt: Isa, Sohn der Maria! Hast du (etwa)zu den Leuten : Nehmt euch außer Allah mich und meine Mutter zu Göttern?“ Dieser eigenartige Vergleich zwischen Allah, Jesus und Maria hat zur Bezeichnung von Mohammeds „koranischer Trias“: Allah – Jesus – Maria geführt. Mohammed hat den christlichen Trinitätsglauben als Glauben an drei Götter gesehen, und diese missverstandene Dreieinigkeit musste der theologisch ungebildete Verfechter des absoluten Monotheismus und scharfe Gegner jeglichen Polytheismus entschieden ablehnen. Die vermeintlichen drei „Götter“ der Christen sind für Mohammed nicht der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, sondern Allah, Jesus und Maria. Die Zurückweisung des den Christen unterstellten Trinitätsverständnisses beruht durchwegs auf einer biologischen Argumentation (siehe Sure 112,1-3).

Hier wird sichtbar, dass der Koran Jesus zwar einige hohe Titel verleiht, in denen vielleicht sogar biblische Wendungen anklingen, dass sich aber bei genauerer Untersuchung zeigt, wie wenig wir ein gemeinsames Verständnis mit den Muslimen voraussetzen können, selbst dann, wenn sie Begriffe gebrauchen, die den christlichen nahe zu kommen erscheinen.

Im Islam wurde Jesus als gewöhnlicher Mensch in Maria geschaffen – während Christen glauben, dass Jesus von Ewigkeit her der Sohn Gottes ist, der durch den Heiligen Geist in der Jungfrau Maria die menschliche Natur angenommen hat. Im Islam hingegen ist Jesus nur ein Mensch, wenn auch von jungfräulicher Geburt, selbst wenn seine Sündlosigkeit und sogar die seiner Mutter betont werden.

Der Islam folgt hier dem Häretiker und Philosophen Arius, dessen Lehre nicht mit der Bibel übereinstimmte und daher folgerichtig von der Kirche verworfen wurde. Christen folgen Athanasius, der Arius widerlegte und die biblische Lehre verkündete, dass Christus gezeugt und nicht geschaffen wurde. Damit glauben die Christen, dass Jesus „Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott von wahrem Gott ist: gezeugt und nicht geschaffen, und eines Wesens mit dem Vater“.

Johannes von Damaskus will die Christen wachrütteln und fordert sie daher auf, den Verdrehungen des christlichen Glaubens zu

widersprechen, die Verfälschungen durch den Islam richtig zu stellen und das Evangelium von Jesus Christus, dem Gottessohn, auch den Muslimen gegenüber in Freiheit zu bezeugen. Dazu ist allerdings nötig, den eigenen Glauben gut zu kennen und zu lieben.

Wir Christen des 21. Jahrhunderts sollen dass tun, in Liebe und christlicher Toleranz: das heißt, ohne Anwendung von Gewalt und jeglichem Druck, aber auch ohne Gleichgültigkeit, da es um nichts weniger als die

Wahrheit des Glaubens geht. Auch die Menschen in den islamischen Ländern haben ein Anrecht, die ganze christliche Wahrheit zu erfahren.

2. Mutiges Eintreten im Bilderstreit

Johannes von Damaskus verfasste die drei berühmten Bilderreden zur Verteidigung der Bilder der Heiligen , deren Verehrung von den

Ikonoklasten unter der Führung des Kaisers Leo III. (717-741) leidenschaftlich bekämpft wurde. Bekanntlich hatte es seit den frühsten Zeiten in der Kirche immer wieder Kontroversen über die Frage gegeben, ob es erlaubt sei, Gott und die Heiligen bildhaft darzustellen und diesen Bildern kultische Verehrung zu zollen. Angesichts der Herkunft des Christentums aus dem Alten Testament war das nur verständlich, war doch im mosaischen Gesetz, näherhin in den Zehn Geboten, ausdrücklich verboten worden, ein Schnitzbild von Gott anzufertigen und es anzubeten. Zudem bestand auf Seiten des Kirchenvolkes damals wie zu allen Zeiten immer wieder die Versuchung, das Bildwerk mit der höheren Wirklichkeit, die es abbilden sollte, in massiver Weise zu identifizieren und so den Kult zu magischem Tun entarten zu lassen. Mittlerweile war nun im Osten ein neues Moment von höchster Bedeutung hinzugekommen: Der Islam mit seinem radikalen Bilderverbot war auf dem Weg, eine zu werden, und begann schon damals, seinen Einfluss auf das ganze geistige Leben im Osten auszuüben.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der byzantinische

Kaiser Leo III., dem man eine gerechte Beurteilung sowie hohe Eigenschaften als Staatsmann und Feldherr nicht absprechen kann, auch von der Rücksicht auf die Kritik der Muslime bestimmt wurde, als er sich gegen die Bilderverehrung wandte; denn die Muslime warfen den Christen wegen ihrer Heiligenbilder „Götzendienst“ vor. Jedenfalls ist es kaum zufällig, dass die kaiserliche Aktion zeitlich mit dem Edikt des Kalifen Yazid II. vom Jahre 720 zusammenfiel, in dem dieser den Bilderkult verdammte.

Aber die entscheidenden Impulse kamen aus der Kirche selbst: In den seit langem schwelenden Streitigkeiten über Recht und Unrecht der Bilderverehrung stellte der Kaiser sich auf die Seite der Gegner. Er war überzeugt, dass wegen des abgöttischen Missbrauches, der mit den Bildern der Heiligen getrieben wurde, Gottes Zorn auf dem Reiche ruhte; daher hielt er es für seine Pflicht, mit den Machtmitteln des Staates einzugreifen. Seit dem Jahre 726 wurden seine Maßnahmen immer energischer, bis im Jahre 730 ein formelles Edikt erlassen wurde, das die Herstellung und Verehrung der Heiligenbilder (das Kreuzesbild und die Bilder Christi und Mariens waren damals noch nicht betroffen) verbot.

Die Folge waren Aufruhr und eine große Verwirrung im ganzen Oströmischen Reich. In diesem Augeblick trat

Johannes von Damaskus auf den Plan und schrieb seine Reden gegen die Zerstörer. Es lag ihm dabei fern, die Missbräuche, die sich nur allzu oft eingeschlichen hatten, zu verteidigen. Vielmehr unterschied er ausdrücklich zwischen der Anbetung, die nur Gott gebührt, und der Verehrung , die man einem Bild und dem durch das Bild dargestellten Heiligen zu erweisen hat.

Aber unter Wahrung dieser Unterscheidung erhob er nachdrücklich seine Stimme zur Verteidigung des von der Kirche gebilligten Brauches. Der Freimut, mit dem er dabei selbst dem Kaiser entgegentrat, gegen den er sogar das

Anathema zu schleudern wagte, ist erstaunlich – selbst wenn man bedenkt, dass er selbst ja nicht im Machtbereich des Kaisers lebte. Aber Johannes wusste, dass es nicht seine, sondern Gottes und der Kirche Sache war, für die er eintrat.

3. Seine Tugenden

Als dritter Wesenszug vom Damascener ist sein

kirchlicher Sinn, sein „sentire cum Ecclesia“ zu nennen. Damit ist seine wache Bereitschaft gemeint, sich für die bedrohte Kirche einzusetzen, auch auf die Gefahr hin, sich mit den Machthabern zu überwerfen – wie es etwa bei seinem Werk gegen den Islam der Fall war und mehr noch in seinen Bilderreden.

Noch mehr ist dabei an den gesunden Sinn für das genuin Christliche gedacht und an seine Fähigkeit zur

Unterscheidung der Geister mitten in einer von Parteiungen und Intrigen erfüllten Zeit. Ebenso gehören hierhin seine Unbeirrbarkeit und Standfestigkeit inmitten der Glaubenskämpfe: Er hat den Streit nicht gesucht, aber hat ihn auch nicht gefürchtet, weil er wusste, dass es um die Sache des Herrn ging.

Zu erwähnen ist auch seine schlichte Demut: Obwohl er aus einer wohlhabenden und angesehenen Familie stammte und obwohl er in seiner ersten Lebenshälfte mitten im fürstlichen Leben gestanden hatte, war ihm doch alles Prunken und Prahlen fremd. Seit er sich in die Einsamkeit von Mar Saba zurückgezogen hatte, wollte er nur noch eines: Gott in der monastischen Abgeschiedenheit dienen. Trotz seiner staunenswerten Gelehrsamkeit kam er sich nur wie „ein unnützer und minderer Sklave“ vor, dem „es besser angestanden hätte, seine eigenen Sünden vor Gott zu bekennen“, als sich in die Probleme der Theologie und der Kirchenpolitik einzulassen. Nur der Gehorsam und

die Sorge für die bedrängte Christenheit konnten ihm den Freimut zu einem tapferen Auftreten geben. Schon sehr früh wurde Johannes von Damaskus als Heiliger verehrt. Papst Leo XIII. dehnte sein Fest auf die ganze Kirche aus und erhob ihn 1890 zum Kirchenlehrer. Sein Gedenktag ist der 4. Dezember.

Hl. Franz von Assisi

(1181 – 1226)

Dialogbereitschaft und Verkündigung

Zur Zeit des heiligen Franz von Assisi war das Heilige Land von den Sarazenen besetzt und der Besuch der heiligen Stätten war deshalb von Papst Honorius III. seit dem

24. Juli 1217 unter Androhung der Exkommunikation verboten. Franziskus hatte den Wunsch einen direkten Besuch beim Sultan in Ägypten zu machen, um ihn für den christlichen Glauben zu gewinnen.

Ein weiterer Grund für seine Missionsreise in den Orient aber war eine bittere Mischung aus Scham und Trauer, spirituellem Eifer und ein glühendes Verlangen nach dem Martyrium. Beim Generalkapitel hatte er selbst die ersten Missionare seiner Gemeinschaft ausgesucht, die nach Spanien und Marokko zu den Sarazenen gehen sollten: die Brüder

Berard, Petrus, Adiutus, Acursius und Otho. Ihre Bemühungen an die Muslime heranzukommen und ihnen Christus zu verkünden zeugen von einem unglaublichen Optimismus und zugleich von erschreckender methodischer Hilflosigkeit. Sie kannten offensichtlich weder den Koran noch die Schariatgesetze wider den Abfall. Nach wenigen öffentlichen Bekehrungspredigten wurden sie verhaftet, gefoltert und hingerichtet. Für Franziskus ein großer Schmerz und eine harte Enttäuschung. Sie erlitten den Martertod, während er im sicheren Italien weilte. Jetzt wollte er es den siegreichen Märtyrern gleichtun.

Nach zwei gescheiterten Versuchen in den Jahren 1212 und 1214, in das islamische Gebiet und zum Sultan zu gelangen, bestieg Franz von Assisi kurz nach dem Pfingstfeste des Jahres 1219 in Ancona erneut ein Schiff, das ihn mit seinem Mitbruder

Illuminatus nach Ägypten, nach Akko, brachte, um von dort weiter nach Damiette zu reisen.

Ein Heer christlicher Kreuzfahrer unter dem Oberbefehl von

Kardinal Pelagius belagerte damals die Festung Damiette. Nach der schmerzlichen Niederlage der Christen am 29. August 1219, die Franziskus vorausgesagt hatte, wurde ein Waffenstillstand vereinbart. Diese kurzfristige Waffenruhe nutzte Franziskus, um sich ohne Waffenschutz und unter Einsatz seines Lebens zum Sultan Al-Malek al Kámil (1218-1238), dem Oberhaupt des Islam zu begeben. Wenn auch viele Begleitumstände umstritten sind, ist die Begegnung mit dem Sultan doch ein gesichertes Ereignis, da es auch von einem ägyptischen Biographen dokumentiert ist.

Der für seine hohe geistige Bildung berühmte Herrscher, der einige Jahre später in einen intensiven Gedankenaustausch mit Kaiser Friedrich II. treten sollte, habe Franziskus freundlich aufgenommen. So berichtet

Jakob von Vitry, Bischof von Akkon, der damals persönlich die Ereignisse aus nächster Nähe miterlebte. Der Sultan befragte Franziskus zu den zentralen christlichen Lehrauffassungen über Trinität und Erlösung. Er „hörte ihm bereitwillig zu und lud ihn dringend ein, längere Zeit bei ihm zu bleiben.“

Diese aufgeschlossene Haltung des Sultan Al-Malek al Kámil gegenüber dem heiligen Franziskus ist erstaunlich, besonders wenn man bedenkt, dass dieses Glaubensgespräch während eines Waffenstillstandes stattfand. Aus einer Predigt des heiligen Bonaventura geht hervor, dass Franziskus vor dem Sultan entschlossen auftrat und zu allem bereit war, auch für das Martyrium. Seine Predigt war mehr ein Glaubensbekenntnis als eine Katechese.

Der Sultan hörte diesen glühenden Menschen gerne an,

blieb aber in der Reserve. Franziskus wollte eine Entscheidung erzwingen, der Sultan aber verschanzte sich hinter dem Plan einer öffentlichen Diskussion. Franziskus weigerte sich rundheraus, denn der Glaube übersteigt die Vernunft, und die Vernunftgründe haben nur innerhalb des Glaubens selbst Geltung. Für Franziskus war das daher der Augenblick, der damaligen Zeit entsprechend ein Gottesurteil vorzuschlagen, um den Sultan aus seiner Unentschiedenheit herauszureißen. Der Sultan schreckte zurück und lehnte ab.

Die bestehenden objektiven Schwierigkeiten zwischen den beiden Religionen, Christentum und Islam, werfen die Frage auf, ob die Bereitschaft und die Möglichkeit zu einem offenen und ehrlichen Dialog überhaupt gegeben sind? Die beiden Gesprächspartner Franziskus und der Sultan scheinen einander mit Hochachtung und auch Respekt begegnet zu sein. Trotzdem dürfte der

heilige Franziskus das Wesen der islamischen Lehre kritisch durchschaut haben.

Seine Begegnung mit dem Sultan Al-Malek al Kámil wurde von Franziskus selbst abgebrochen, weil er keine gemeinsame Basis für Christen und Muslime finden konnte. In einem Brief, den

Jakob von Vitry im Februar 1220 an seine Freunde in Lothringen schrieb, berichtet er, Franziskus sei in das Lager der Feinde gegangen und habe dann dort viele Tage den Sarazenen das Wort Gottes gepredigt, allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Der Sultan habe ihn darauf insgeheim gebeten, er möge Gott für ihn bitten, dass er derjenigen Religion angehören könne, die Gott am ehesten gefalle.

Jakob von Vitry hebt in seinem Bericht besonders die Liebenswürdigkeit des Franziskus hervor, die bei allen Menschen, die ihm begegneten, Achtung hervorrief. Ohne Zweifel hatte der Heilige damit auch die Zuneigung des muslimischen Großherrn gewonnen, der ihn schließlich auch sicher und ehrenvoll in das Lager der Christen zurückgeleiten ließ. Diese unmittelbar auf den Sultan einzuwirken, war nicht ein zufälliger Einfall des heiligen Franz. Vielmehr glaubte man in den Anfängen allgemein, das Ziel so am sichersten zu erreichen. Allerdings die Art, auf eigene Rechnung und Gefahr wie Franziskus vor den Sultan zu treten, das hat ihm keiner mehr nachgemacht. Fortan ist man so vorgegangen, dass der Papst die Franziskaner oder auch Dominikaner mit Briefen an die sarazenischen Sultane sandte, in denen diese zur Annahme des christlichen Glaubens aufgefordert wurden. In diesen Schreiben, von denen noch einige erhalten sind, versuchten die Päpste den Sultanen die Wahrheiten der christlichen Lehre auseinanderzusetzen. An den hohnvoll überlegenen Antworten der Sultane aber wurde mit der Zeit klar, dass man mit dieser Sultansmission auf dem falschen Weg war.

Nach seiner Rückkehr sah Franziskus keine seiner Erwartungen erfüllt: weder seinen Wunsch nach dem Martyrium noch die Bekehrung des Sultan und der Muslime. Für Franziskus sollte diese Reise in den Orient, zusammen mit den gleichzeitigen Ereignissen in seiner Heimat, ein persönlicher Tiefschlag mit folgenreichen Auswirkungen sein – bis hin zur Aufgabe der Ordensleitung.

Was ist in Damiette geschehen?

Franziskus hat die Muslime zwar nicht bekehrt, aber er hat sie als seine Brüder in Jesus Christus geliebt, der für alle Menschen gestorben ist und alle erlöst hat. Vielleicht hat er stärker als zuvor begriffen, dass Bekehrung Gnade ist und darum einzig das Werk Gottes!

Niemand sollte sich einbilden, allein aufgrund geschickter Argumente oder Methoden jemanden zum christlichen Glauben führen zu können. Zuviel Diskutieren ist eher geeignet, verstärkten Widerspruch zu erwecken. Und trotzdem dürfen wir der Macht Gottes und seines Heilswillen niemals Grenzen setzen: Gott kann jeden Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit bringen! Unsere Aufgabe als Christen ist es, dem Sendungsauftrag des Herrn zu gehorchen, mit Gebet und Liebe die Botschaft Jesu Christi zu bezeugen und im übrigen zu vertrauen, dass Gott sein Werk tun wird.

In Damiette ist Franziskus nicht bloß dem Islam begegnet, der alles was Christen heilig ist, bekämpft, sondern zuallererst Menschen, die in

ihrer Art gläubig waren und religiösen Eifer zeigten. Franziskus schmerzte es, dass diese vielen Menschen, „die Sarazenen und die anderen Ungläubigen“, nicht wussten, dass der Heiland auch sie erlöst hat. Ihnen versuchte er weniger durch sein Wort als durch sein Leben Christus zu verkünden. Bei seiner Rückkehr bat er seine Brüder, es ihm gleich zu tun.

Tatsächlich hielt Franziskus nach seiner Rückkehr an dem eigentlich Ziel, dem

Sendungsauftrag des Herrn fest und schrieb es auch in seine Regel. Der hl. Bonaventura hat dies so umschrieben: Die Brüder sollen hingehen, um in den Sarazenen Brüdern zu begegnen und unter ihnen zu leben. Unser Leben soll zeigen, dass Gott nicht nur der „Einzige und der Barmherzige“ ist. Jesus hat uns dazu noch geoffenbart, dass Gott „Vater“ und „Liebe“ ist.

Im 16. Kapitel der ersten Regel des heiligen Franziskus, das im Hinblick auf den Islam von der Aussendung von Missionaren handelt, finden wir folgenden Abschnitt:

„Die Brüder aber, die unter die Sarazenen und andere Ungläubige gehen wollen, können in zweifacher Weise unter ihnen geistlich wandeln:

Eine Art besteht darin, dass sie weder Streit noch Zank beginnen, sondern um Gottes Willen jeder menschlichen Kreatur untertan sind und bekennen, dass sie Christen sind.

Die andere Art ist die, dass sie, wenn sie sehen, dass es dem Herrn gefällt, das Wort Gottes verkünden: Sie sollen glauben an den allmächtigen Gott, den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist, den Schöpfer aller Dinge, an den Sohn, den Erlöser und Retter, und sie sollen sich taufen lassen und Christen werden.“ Der Text der Regel wurde sorgfältig ausgearbeitet, denn die Brüder trugen die Regel überallhin mit sich. Ein Bruder, der die Regel in den Händen hielt, sollte nicht um derentwillen von den Sarazenen getötet werden. Es durfte also nichts darin stehen, was Muslime verletzen konnte. Ein Wort Jesu aus dem Evangelium diente als Leitwort des Kapitels: „Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe; seid daher klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben!“ (Mt 10,16). Sendung, Klugheit, Arglosigkeit – das ist der Plan. Die Erwähnung von Schafen inmitten von Wölfen konnte nicht beleidigend wirken.

Die von Franziskus empfohlene Klugheit lädt den Bruder dazu ein, über sein Verhalten gut nachzudenken. Der Bruder soll sich ein diskretes und demütiges Benehmen zu eigen machen. Die Brüder sollen systematisch

jeden Disput, jedes theologische Streitgespräch vermeiden. Hier kommt die Lebenserfahrung des heiligen Franziskus zum Tragen, aber auch die Warnung des Apostel Paulus vor Streitgesprächen, die zu nichts nütze sind. Paulus schreibt an Timotheus: „Ruf ihnen das ins Gedächtnis und beschwöre sie bei Gott, sich nicht um Worte zu streiten; das ist unnütz und führt die Zuhörer nur ns Verderben. Bemüh dich darum, dich vor Gott zu bewähren als Arbeiter, der sich nicht zu schämen braucht, als ein Mann, der offen und klar die wahre Lehre vertritt.“ (2 Tim 2,14-15).

Was die Minderbrüder vor allem anderen suchen müssen, ist dies: Jedem Geschöpf

wegen Gottuntergeben sein, indem sie sich dabei als Christen bekennen. Der tiefste Grund der franziskanischen Haltung ist fortan, dem muslimischen Bruder im Geist der Anbetung (propter Deum – Gottes wegen) zu dienen. Aber Franziskus fügte hinzu, dass der Minderbruder den Muslimen gegenüber bekennen muss, dass ihm der christliche Glaube dieses Verhalten diktiere. Das Leben allein genügt nicht. Man muss auch den Mut haben, einfach zu bezeugen (1 Petr 4,16; 2,13).

Ausnahmsweise konnte sich der Minderbruder auch eine andere Haltung zu eigen machen. Doch musste er sich des göttlichen Willens, seiner eigenen Verkündigung und der Art und Weise, die Botschaft vorzutragen, sicher sein. Das Wesentliche war die Verkündigung des Glaubens an Gott den Allmächtigen. Dieser Allmächtige aber ist Vater, Sohn und Heiliger Geist.

Nach seiner Selbstkritik geht Franziskus mehr und mehr zu einer gründlichen Neueinschätzung seiner tiefsten spirituellen Einstellungen über. Das Martyrium, das Franziskus bei den Sarazenen gesucht hat, findet er fortan unter seinen Brüdern: in der , im Gehorsam, im Widerspruch. Letzten Endes war das Martyrium bei den Sarazenen vermutlich weniger schmerzhaft. Trotzdem weiß er jetzt: Selbst wenn er den Sultan bekehrt hätte, wäre die vollkommene Freude nicht darin zu finden gewesen!

In seinem einzigartigen Schicksal erfährt Franziskus gleich einem Gottesurteil ein geheimnisvolles Geschehen – gleichsam als Bestätigung dafür, dass der unbändige, ja verrückte Wunsch des Heiligen auf eine transzendente Weise erhört wurde: Franziskus erblickt um den

14. September 1224 herum auf dem Alvernerberg einen gekreuzigten Seraph. Die Vision versetzt ihn in höchstes Erstaunen. Aber er begreift jetzt, dass er nicht mehr durch das Martyrium im Fleisch , sondern durch das Entbrennen im Heiligen Geist in Den verwandelt werden wird, Den er liebt. Das ist der Augenblick, da die Liebe des Franziskus die Wundmale Christi hervorbringt. Der Wunsch nach dem Martyrium wurde auf eine hohe und vollendete Weise erhört.

Nach einer gut bezeugten Überlieferung hatte Franziskus vom Sultan als einziges Geschenk das elfenbeinerne

Horn des Muezzin angenommen, mit dem er selbst dann seinerseits das christliche Volk zum Gebet zusammengerufen haben soll. Mit diesem elfenbeinernen Horn des Franziskus werden wir die schlafende Kirche in Europa kaum aufwecken können. Und doch wäre es an der „Zeit vom Schlafe aufzustehen.“ Denn auch für unsere Kirche von heute – für uns Alle! – sollte die „Herausforderung Islam“ ebenso zu einem Herzensanliegen werden wie im 13. Jahrhundert für Franziskus: Denn die Mehrzahl der 1,2 Milliarden Muslime hat die Frohe Botschaft von Jesus Christus noch nie gehört, ja, hat gar nicht die Chance dazu, denn sie ist vom Evangelium größtenteils abgeschnitten. 99 % der Muslime haben noch nie von Gottes Liebe und seiner Erlösung am Kreuz gehört. Es sind Menschen, die von Gott geliebt sind, das aber nicht wissen.

Wir brauchen heutzutage keine gefährlichen Reisen zu unternehmen, um den Muslimen zu begegnen:

Innerhalb der Europäischen Union leben bereits viele Millionen Muslime!

Viele von ihnen sind eingebürgert, andere leben als Gastarbeiter oder als Flüchtlinge unter uns. Was wissen wir von ihnen als Menschen, wo werden sie akzeptiert? In den meisten Fällen

weder in ihren Herkunftsländern noch in den Ländern, in denen die zweite und bereits die dritte Generation aufgewachsen ist. Oft sind sie zwischen zwei Kulturen zerrissen. Viele dieser Menschen sind entwurzelt, heimatlos, fremd, manche sprachunkundig – Außenseiter einer Gesellschaft, in der sie sich nicht zurechtfinden. Sie alle sind Menschen, die von Gott geliebt sind, das aber nicht wissen. Darunter hat Franziskus gelitten. Ihnen wollte er Brüder schicken, die ihnen von Jesus Christus, dem Gottessohn erzählen und ihnen seine Liebe und sein Erbarmen sichtbar machen.

Am Ende des Matthäusevangeliums steht der Auftrag des auferstandenen Christus an die Kirche zur Ausbreitung des Glaubens:

„Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern, tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“

(Mt 28,18-19) Christus sendet die Kirche jeder Generation zur missionarischen Verkündigung in die Welt hinein, und jede Ortskirche, jede Diözese verrät ihren Auftrag, wenn sie in ihrem Leben das Prinzip der Mission – die Verkündigung der Frohen Botschaft an Nichtchristen – verkümmern lässt. Papst Johannes Paul II. hat in seiner Enzyklika „Redemptoris missio“ die gesamte Kirche eindrucksvoll daran erinnert. Er schreibt: „Die Mission ist ein unbestechlicher Gradmesser unseres Glaubens an Christus.“

Der christlich-islamische Dialog kann den Sendungsauftrag Christi zur Verkündigung der Frohen Botschaft nicht ersetzen. Im Dialog geht es nicht um Mission, sondern um eine

friedliche Konfliktbewältigung.

Für jeden wahrhaftigen Dialog ist der Respekt der Gesprächspartner voreinander und eine recht verstandene Toleranz eine unbedingte Voraussetzung. Die Bereitschaft zur Toleranz setzt aber auch die

Achtung seiner selbst voraus! Erst auf dieser Grundlage der Toleranz, in echter gegenseitiger Achtung, dürfen und können die tiefsten Differenzen in vollem Umfang ins Licht gestellt werden. Eine nebulöse Sowohl-als-auch-Haltung, das Verschweigen oder gar verharmlosen wichtiger Unterschiede im Glauben oder das Verleugnen der eigenen Glaubensüberzeugung sind keine Grundlagen für Toleranz und führt auch ganz sicher nicht zum Respekt beim Gesprächspartner! Die Frage nach der Wahrheit, nach der absoluten Wahrheit darf nicht relativiert oder verschwiegen werden.

Offensichtlich sind die Möglichkeiten zu einem offenen und ehrlichen Dialog zwischen Christentum und Islam nicht mit Selbstverständlichkeit gegeben. Obwohl die beiden Gesprächspartner

Franziskus und der Sultan Al-Malek al Kámil einander mit Hochachtung und Respekt begegnet sind, musste das Gespräch trotzdem abgebrochen werden, weil sie keine gemeinsame Basis finden konnten.

Franziskus hielt aber auch nach seiner Rückkehr nach Italien an dem

Sendungsauftrag des Herrn fest und versuchte seine Erkenntnisse an seine Brüder weiterzugeben.

In Wahrheit ist es würdig und recht,

dir, Herr, heiliger Vater,

allmächtiger, ewiger Gott,

immer und überall zu danken.

Mit deinem eingeborenen Sohn

und dem Heiligen Geist

bist du der eine Gott und der eine Herr,

nicht in der Einzigkeit einer Person,

sondern in den drei Personen

des einen göttlichen Wesens.

Was wir auf deine Offenbarung hin

Von deiner Herrlichkeit glauben,

das bekennen wir ohne Unterschied

von deinem Sohn,

das bekennen wir vom Heiligen Geiste.

So beten wir an im Lobpreis

des wahren und ewigen Gottes

die Sonderheit in den Personen,

die Einheit im Wesen

und die gleiche Fülle in der Herrlichkeit.

Dich loben die Engel und Erzengel,

die Kerubim und Serafim.

Wie aus einem Mund preisen sie dich

Tag um Tag und singen auf ewig

das Lob deiner Herrlichkeit: Heilig …

Dieser Hymnus stammt aus dem 8. Jahrhundert und ist die noch heute gebräuchliche Präfation, eine geschliffene Kurzformel der klassischen Trinitätstheologie. Das Geheimnis der Dreipersönlichkeit Gottes durchdringt das Glaubensbewusstsein und die Gebetstexte der Christenheit seit eh und je, besonders seit den Auseinandersetzungen mit dem Arianismus und dem Islam. Jede Schlussstrophe eines Hymnus und jeder Schlusssatz eines kirchlichen Gebetes endet mit einem trinitarischen Lobpreis.

Gebet von Franziskus

Oh Herr,

mach mich zum Werkzeug deines Friedens,

dass ich Liebe übe, wo man sich hasst,

dass ich verzeihe, wo man sich beleidigt,

dass ich verbinde, da, wo Streit ist,

dass ich die Wahrheit sage, wo der Irrtum herrscht,

dass ich den Glauben bringe, wo der Zweifel drückt,

dass ich die Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält,

dass ich ein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert,

dass ich Freude mache, wo der Kummer wohnt.

Herr, lass mich trachten:

Nicht, dass ich getröstet werde,

sondern dass ich tröste;

nicht, dass ich verstanden werde,

sondern dass ich verstehe;

nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.

Denn wer sich hingibt, der empfängt;

wer sich selbst vergisst, der findet;

wer verzeiht, dem wird verziehen;

und wer stirbt, erwacht zum ewigen Leben