Beatmung


Wurde zu schnell invasiv beatmet?

„Für Patienten ist eine invasive Beatmung grundsätzlich schlecht. (...) Die Lunge reagiert auf zwei Dinge empfindlich: Überdruck und eine zu hohe Sauerstoffkonzentration in der zugeführten Luft. Außerdem müssen Sie den Patienten bei einer Beatmung sedieren (...)Ichübernehme also die Totalkontrolle über den Organismus. Nur mit Überdruck kann ich Luft in die Lunge bekommen. (...)Das terminale Versagen der Lungeentsteht häufig durch zu hohen Druck und zu viel Sauerstoff. (...)Von den beatmeten Covid-19-Patienten haben bislang leider nur zwischen 20 und 50 Prozent überlebt. Wenn das so ist, müssen wir fragen: Liegt das an der Schwere und dem Verlauf der Erkrankung an sich oder vielleicht doch an der bevorzugten Behandlungsmethode? Als wir die ersten Studien und Berichte aus China und Italien lasen, fragten wir uns sofort, warum dort so häufig intubiert wurde. Das widersprach unseren klinischen Erfahrungen mit viralen Lungenentzündungen."

Dr. Thomas Hermann Voshaar, Chefarzt der Medizinischen Klinik III, Bethanien, Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie, Allergologie, Umweltmedizin, Physikalische Medizin und Schlafmedizin.

Verband pneumologischer Kliniken: https://www.vpneumo.de/

Empfehlung zur Behandlung respiratorischer Komplikationen bei akuter Virusinfektion außerhalb der Intensivstation: https://www.vpneumo.de/fileadmin/pdf/VPK_Empfehlung_neu_21.03.2020.pdf

Positionspapier zur aufwendigen häuslichen Krankenpflege bei tracheotomierten Patienten mit und ohne Beatmung: https://www.vpneumo.de/fileadmin/pdf/Positionspapier_Tracheotomie_und_HKP_2_5_2016.pdf


„Schließlich ist die Anwendung der nicht-invasiven Beatmung bei Patienten mit COVID-19 auf der Intensivstation umstritten. In Anbetracht der oben genannten Faktoren werden Kliniker bei kritisch kranken Patienten mit ARDS aufgrund von COVID-19 möglicherweise nicht auf nicht-invasive Beatmung zurückgreifen, bis weitere Daten aus der COVID-19-Epidemie vorliegen.“

Professor Dr. Silvio A. Ñamendys-Silva, Intensivmediziner, Mexiko.



Beatmung & Geräte

Einerseits sterben Menschen wegen fehlenden Beatmungsgeräten - weitaus mehr wird uns allerdings das notwendige und gut geschulte Personal fehlen für diese anspruchsvolle Behandlung.

Jetzt stellt sich heraus: „Es wird zu häufig intubiert und invasiv beatmet! Beatmungsgeräte können in der Coronakrise Leben retten. Doch für die Lunge kann die invasive Behandlung gefährlich werden." Der Lungenfacharzt Thomas Voshaar über die Überlebenschancen von schwer erkrankten Covid-19-Patienten.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Dr. Tobias Schindler, dessen Erfahrungsbericht und persönliche Meinung als Intensivmediziners zum Covid-19 auf youtube zu finden ist.

Dieser ist sicherlich wertvoll für andere Intensivmediziner, enthält aber auch für Laien wertvolle und verständliche Informationen! Vor allem stellt sich heraus, wie schwierig selbst der kollegiale fachliche Austausch zum Thema zu sein scheint.

"Mit oder an"

Genauso, wie es wertvoll ist zu wissen, ob Patienten mit oder an Corona verstarben - oder zumindest die Anzahl an Fällen ohne nennenswerte Vorerkrankungen (trotz Obduktion?) oder eben mit welchen Vorerkrankungen (Häufigkeit / Risikopatienten) - so ist genauso wichtig zu erfahren, wieviele der Toten vermeidbar gewesen wären, wenn das Gesundheitswesen des jeweiligen Landes nicht kaputt gespart worden wäre - oder wie genau die nun Toten medizinisch behandelt wurden und vor allem auch, wie die Überlebenden!!

Beatmung von Covid-19 Patienten: Spiel mit dem Feuer? https://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-beatmung-von-covid--patienten-spiel-mit-dem-feuer-100.html

Der Vorsitzende des Verbands der pneumologischen Kliniken Thomas Voshaar, Chefarzt im Bethanien-Krankenkaus in Moers, berichtet hingegen Bemerkenswertes hinsichtlich der Beatmungspraxis bei schwerwiegenden Krankheitsverläufen. Im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen" sagt er, dass das frühe und vorschnelle Intubieren von Covid-19-Patienten häufig medizinisch nicht gerechtfertigt sei und unter Umständen sogar gefährlich für den Intensivpflichtigen werden könne. Und weiter, dass es in Fachkreisen bezüglich einer sinnvollen Intubationspraxis vor Ausbruch der Pandemie keine Kontroverse gab.

https://www.heise.de/tp/features/Covid-19-Vom-Beginn-einer-Skepsis-4710285.html


Anästhesisten kritisieren WDR-Berichterstattung zu Beatmung

„Völlig unnötige und unqualifizierte Emotionalisierung eines wichtigen intensivmedizinischen Themas“ - Einzelmeinung als Fachempfehlung dargestellt https://www.dgai.de/pressemitteilungen/pressemitteilungen/682-anaesthesisten-kritisieren-wdr-berichterstattung-zu-beatmung-voellig-unnoetige-und-unqualifizierte-emotionalisierung-eines-wichtigen-intensivmedizinischen-themas-einzelmeinung-als-fachempfehlung-dargestellt.html

Gemeinsame Erklärung

Nürnberg. Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), der Berufsverband Deutscher Anästhesisten (BDA), die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), die Deutsche Gesellschaft für internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) und die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) vertreten gemeinsam den überwiegenden Teil der deutschen Intensivmedizin und stellen fest:

  1. Nicht-invasive Beatmung und invasive Beatmung sind keine Entweder-Oder-Konzepte der intensivmedizinischen Behandlung, sondern ergänzen einander. Sie werden - abgestimmt auf den jeweiligen, individuellen Patienten und dessen Situation - angewendet. Dieses Stufenkonzept ist Teil der leitliniengerechten, intensivmedizinischen Behandlungsstrategie.

  2. Die Versuche einzelner Ärzte, in den Medien Angst vor einer Beatmung zu schüren, führen zu einer unnötigen Verunsicherung der Patienten. Die Behauptungen können durch die bislang vorliegenden, wissenschaftlichen Daten nicht belegt werden. Der implizite und explizite Vorwurf, dass in Deutschland Covid-19-Patienten zu früh und/oder zu häufig intubiert und dadurch vermehrt versterben würden, ist schlichtweg falsch.

  3. Vielmehr zeigen die aus dem Intensivregister der DIVI sowie aus einer Umfrage der DGAI ableitbaren Daten, dass rund 70 Prozent der Intensivpatienten mit Covid-19 die Behandlung auf einer Intensivstation in Deutschland überleben.Warum andere Länder deutlich geringere Überlebensraten melden, kann aus der bestehenden Datenlage zur Hochzeit der Pandemie nicht abschließend beantwortet werden. Mögliche Gründe für die besseren Ergebnisse in Deutschland sind - neben einer leitliniengerechten intensivmedizinischen Behandlung - ein gut vorbereitetes und hochwertiges Gesundheitssystem sowie ein guter Zugang der gesamten Bevölkerung zu Gesundheitsleistungen im Rahmen der Pandemien, bei beherrschbaren Fallzahlen. Gleichzeitig sind in anderen Ländern wie Italien und den USA eine Vielzahl von Patienten in kurzer Zeit auf ein - in Summe - deutlich schlechter aufgestelltes Gesundheitssystem getroffen.Hinzu kommt, dass die in der bislang größten US-amerikanischen Studie publizierten und häufig zitierten Zahlen zur Sterblichkeit von intensivmedizinisch behandelten Covid-19-Patienten fehlerhaft waren und von der Fachzeitschrift mittlerweile korrigiert wurden.

Kontaktdaten: Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) / Berufsverband Deutscher Anästhesisten e.V. (BDA) Roritzerstraße 27, 90419 Nürnberg Telefon: 0171 / 837 873 8 E-Mail: presse@dgai-ev.de presse@bda-ev.de Internet: www.dgai.de www.bda.de