Dampftraktoren sind ein bisschen wie Dinosaurier: Lange ausgestorben und nur noch im Museum zu sehen. Groß und schwerfällig sind sie auch. Aber sie sind auch faszinierend. Als ich sie vor ein paar Jahren auf einem Dampftraktor treffen in der Nähe von Hamburg zum ersten Mal sah, kam bei mir sofort der Wunsch auf, so eine Maschine aus Meccano zu bauen. Allerdings musste ich mich dabei für eine der vielen Möglichkeiten entscheiden, denn hier gibt es viele Unterschiede, bedingt durch die Herkunft der Fahrzeuge. Aufgrund meiner Recherchen, und weil ich mir den Bau einer Seiltrommel, wie es die deutschen und englischen Dampfpflüge oft hatten, ersparen wollte, ist mein Modell also einer Zugmaschine für Transportaufgaben auf Straßen nachempfunden. Vor allem in Großbritannien waren diese Maschinen über viele Jahrzehnte im Einsatz.
Fotos und technische Zeichnungen von Dampftraktoren gibt es in Hülle und Fülle im Internet. Je nachdem, von welchem Hersteller die Fahrzeuge stammten, gab es kleine Unterschiede in den Proportionen bezüglich der Kesseldurchmesser und dessen Länge sowie den Raddurchmessern und Breiten. Außerdem wurden besonders im englischsprachigen Raum schon viele Meccano Modelle von Dampftraktoren gebaut. Die Bilder davon waren natürlich auch sehr hilfreich. Ich habe mir bei diesem Modell die Anfertigung einer maßstabsgerechten Zeichnung erspart und stattdessen frei und ohne spezielles Vorbild gebaut, wie es mein Teilevorrat und die Farben daraus hergaben.
„Die letzte Schraube“
Erste Probebauten offenbarten auch gleich die zu erwartenden Schwierigkeiten meines Unterfangens: Sowohl der Kessel, als auch der Zylinder und der hintere Teil des Fahrzeugs sind geschlossene Hohlkörper. Beim Versuch, diese von außen zu verschließen, hat man immer das Problem der „letzten Schraube“. Wie soll man diese von innen mit einer Mutter kontern, wenn der Hohlkörper (z.B. der Kessel) schon geschlossen ist? Der eleganteste, aber auch teuerste Weg, dies zu tun, ist ein Bauteil namens „Threaded Boss“ mit der Teilenummer 64. Damit hat man viele Möglichkeiten, ein Muttergewinde für die letzte(n) Schraube(n) an geeigneter Stelle im Hohlkörper zu platzieren. Später braucht man dann von außen nur noch eine Schraube an der Stelle einzusetzen und das Modell kann sauber verschlossen und auch jederzeit wieder unproblematisch und schnell geöffnet werden, ohne irgendwelche Muttern von außen in den Hohlkörper einfädeln zu müssen.
Bei diesem Modell wurden insgesamt 23 von diesen „Threaded Bosses“ zum Schließen von Hohlkörpern verwendet. Hier nur ein Überblick über die Verwendungen:
Kessel (jeweils 4 Stück am vorderen und hinteren Ende)
Verbindung von Kessel und Getriebe (4 Stück)
Zylinder (5 Stück, davon 3 auf dem Kessel und 2 im Zylinder)
Akkufach (2 Stück)
Trennwand Getriebe/Fahrerstand (4 Stück)
Mein Modell kann also in gewisser Weise auch als Übungsobjekt zum Thema „geschlossene Hohlkörper“ gesehen werden.
Schuppenartig über- und hintereinander gelegte 5x5-Loch Bleche bilden den Kessel.
Von innen ist er durch vier 15-Loch Bänder verstärkt.
Diverse Winkel und threaded bosses sind schon beim Zusammenbau des Kessels mit eingeschraubt worden. Da man später nicht mehr an diese Schraubverbindungen herankommt, ist gute Planung Pflicht!
Die "letzte Schraube" zum Verschließen des Kessels von vorne. Das Vorderachslager mußte etwas heruntergezogen werden, um an die Schraube heranzukommen.
Fertiger Kessel mit montiertem Zylinder, Schornstein, Trittbrettern und Vorderachslager.
Der noch geöffnete Zylinder. Auch hier kommen threaded bosses zum Einsatz, um ihn von außen zu verschließen.
Im Bau befindlicher Zylinder.
Der Fliehkraftregler ist montiert und der Zylinder kann verschlossen werden.
Der fertige Zylinder mit dem Kolben und dem unteren Teil des Kreuzkopfes.
Kessel von vorne gesehen. Die runde Platte ist mittels vier threaded bosses mit den Kesselwänden verschraubt und gibt ihm Stabilität. Die geschlossene Reihe Muttern dient später als Auflage für die Rauchkammertür.
Kessel samt Anbauteilen fertig zur Montage am Getriebe. Die 5x7 geflanschte Platte wurde mittels vier threaded bosses am Kessel angeschraubt.
Getriebe von vorne rechts gesehen. Die großen Zahnräder sind Teil des Zweiganggetriebes.
Getriebe von vorne links gesehen. In der Bildmitte der Motor. Die Kurbelwelle oben im Bild ist schon eingebaut. Die Pleuelstange wird erst mit dem Kreuzkopf verbunden, wenn der Kessel angeschraubt wurde.
Getriebe von hinten rechts gesehen.
Getriebe von hinten links gesehen.
Kessel und Getriebe beim Zusammenbau. Die 5x7 geflanschte Platte wurde zuerst mittels vier threaded bosses am Kessel befestigt. Anschließend wurde sie von außen mittels weiterer vier threaded bosses am Getriebeteil befestigt.
Dampftraktor noch ohne Räder von links gesehen. Das Differenzial befindet sich ebenfalls auf der linken Fahrzeugseite.
Dampftraktor noch ohne Räder von rechts gesehen.
Das Differenzial.
Blick auf die Bremse bei entferntem Differenzial. Durch Drehen der Spindel (ganz rechts im Bild) wird der Lederriemen gespannt.
Blick unter den Kessel, wo sich die Lenkkette und darunter eine Frischluftklappe für den Brenner befindet.
Blick von hinten links auf die Bremsspindel und das linke Hinterrad.
Vorderachse
Linkes Hinterrad mit Differenzialsperre.
Linkes Hinterrad mit Differenzialsperre.
Das Schwungrad ist aus gebogenen Lochstreifen, "Rod connectors" und "Axle pins" zusammengesetzt.
Unterschiedlich große Lochscheiben mit sechs Löchern bilden die Vorderradnabe. Dementsprechend unterschiedlich sind die schmalen Lochstreifen gebogen. Sie dienen als Speichen.
Sechs Speichen sind mit dem äußeren (kleinen) Teil der Nabe verschraubt. Dieses Teil wird im nächsten Schritt...
... an der Innenseite der Felge montiert. Hier im Bild ist die Außenseite der Felge mit dem Innenteil der Nabe zu sehen.
Fertiges Vorderrad von außen gesehen. Auf dem Radreifen aus flexibler Platte ist noch ein Streifen aus dickem Rinderleder aufgebracht.
Fertiges Hinterrad von innen gesehen. Es ist nach dem gleichen Prinzip gebaut wie das Vorderrad, allerdings mit gleichgroßen Lochscheiben mit acht Löchern für die Innen- und Außenseite.