Bei meinem letzten Besuch in Bebra bekam ich zufällig ein paar dieser schönen alten Speichenfelgen No. 19a von Meccano in die Hände, und mir kam sofort der Gedanke, ein passendes Auto damit zu bauen. Da diese Felgen eindeutig zu Automobilen aus der ersten und zweiten Dekade des letzten Jahrhunderts passen, suchte ich in meinen Autobüchern von T.R. Nicholson nach Vorlagen dazu. Als ich beim Oldsmobile 6C ankam und las, dass der Wagen über ein 2-Gang Planetengetriebe verfügte, kam mir die Idee, genau dieses Auto aus Meccano zu bauen. Denn auch ein Planetengetriebe stand schon seit langem auf meiner to-do Liste. Hier war also die Gelegenheit, beides miteinander zu verbinden. Ich hatte schon öfter Planetengetriebe gesehen, die aus Meccano gebaut waren. Diese waren allerdings immer sehr groß und kompliziert, mit mehreren hintereinander liegenden Planetenradsätzen. Das kam für mich nicht in Frage. Bei diesem Wagen mit seinem einfachen Getriebe allerdings schien ein Bau machbar zu sein. Sowohl was meine Fähigkeiten zur Konstruktion eines Getriebes anging, als auch die Eignung des Getriebes zum Einbau in ein Modell.
Der Oldsmobile Curved Dash wurde von 1901 bis 1904 von der Olds Motor Works in Michigan hergestellt und war das erste serienmäßig hergestellte Automobil noch vor dem Ford Model T. Von diesem Wagen gab es im Jahr 1904 dann noch eine verbesserte Version mit Außenbandbremsen an der Hinterachse. Sie hatte den Namen 6C und diente mir fortan als Vorlage für mein Modell.
Zu der damaligen Zeit erinnerten Autos noch sehr an Kutschen, was mich vor ein paar Jahren noch von einem Nachbau abgehalten hätte. Zu wenig schnittig und elegant fand ich diese ersten Vertreter der Gattung Automobil. Doch mittlerweile finde ich diese Konstruktionen gerade wegen ihrer Einfachheit ganz schön. Zudem ist das Entstehungsjahr des Oldsmobile Curved Dash identisch mit dem Jahr, als Frank Hornby sich sein „Mechanics made easy“, den Vorläufer von Meccano, patentieren ließ. Was für ein schöner Zufall.
Wenn man mal vom kutschenhaften Aussehen des Curved Dash absieht, hatte der Wagen eigentlich schon alles, was ein Auto ausmacht: Einen Verbrennungsmotor, ein Getriebe, eine Kupplung, Bremsen an den Hinterrädern, eine Achsschenkellenkung und Blattfedern. Nur alles ein bisschen einfacher. Statt eines Lenkrades gab es eine lange Lenkstange mit einem Griff am Ende, die eher an das Ruder eines kleinen Bootes erinnert. Der Fahrer musste die Stange zum Lenken nach rechts und links bewegen.
Die Platzaufteilung war zur damaligen Zeit auch noch sehr an Kutschen angelehnt. Fahrer und Beifahrer saßen in der Wagenmitte, ähnlich wie auf einem Kutschbock. Dabei war der Fahrerplatz rechts, und nicht links wie später in den USA üblich. Den Bereich dahinter musste sich das Gepäck oder die zu transportierenden Gegenstände aber mit dem Motor teilen, denn der war auch hinten. Und wie bei Kutschen auch üblich, hatte dieser Wagen eine geschwungene Spritzwand, um die Insassen vor dem Schmutz der Straße zu schützen. Diese gab dem Wagen auch seinen Namen: Curved Dash.
Vorder- und Hinterachse sind durch eine durchgehende Blatfeder aus 25-Loch Bändern verbunden.
Der Rahmen ist sehr einfach gehalten. Links am Heck der Getriebemotor, mittig das Planetengetriebe.
Links im Bild der Schalthebel. Rechts daneben die Indexierung der Schaltwellen.
Unten die Schaltwelle mit feststehenden 19er Ritzeln aussen und einem 1/2" Ritzel als Losrad in der Mitte. Dahinter die Indexierungs- und Zwischenwelle.
Ausgelegte Zahnräder für das Planetengetriebe.
Fertiges Planetengetriebe
Hinterachse mit Längslenkern und Bremsen.
Fertiges Chassis. Bereit für den ersten Fahrversuch, aber noch ohne Indexierung der Gänge.
Chassis mit Aufbauten. Schalt- und Lenkhebel sind bereits installiert. Der charakteristische geschwungene Vorderwagen, der dem Auto seinen Namen gab, ist aus gebogenen Flachbändern geformt.
Der Schalthebel auf der rechten Wagenseite.
Blick auf das Planetengetriebe. Rechts im Vordergrund das Bremspedal.
Das rechte Vorderrad.
Das rechte Hinterrad mit Bremstrommel und Bremsgestänge.
Blick auf die Lenkung. Eine gefederte Lenkkupplung über der Vorderachse gleicht die Bewegungen der Blattfedern aus.
Die ersten Verkleidungsplatten am "curved dash" sind montiert und der geschwungene Rahmen für die "Sitzpolster" ist ebenfalls eingebaut.
Wenn man den Sitz hochklappt, kann man auf das Getriebe blicken.
Schuppig angeordnete 3x5-Loch Verkleidungsplatten an der rechten Wagenseite.
Schutzblech am rechten Vorderrad.
Detailaufnahme der Lenkung.
Blick unter den Wagen. Rechts die Hinterachse mit Differenzial, links die Vorderachse.
Vorderwagen im Profil.
Blick in den Motorraum auf die Indexierung. Vorne rechts das Getriebe.
Nach dem Schraubertreffen im Oktober '24 wurde der Wagen wieder zerlegt.