Umwidmung: Einwände bis 22. April 2010

Kaum noch Hoffnung für unverbaute Schlössl-Gründe

Stellungnahmen gegen neue Widmung als letzte Rettungsversuche

Die Frist für Einsprüche gegen die geplante Umwidmung der Schlössl-Gründe von Grünland zu Bauland endete am 22. April 2010. Schon einen Tag davor, am 21. April, beschloss die Floridsdorfer Bezirksvertretung - möglicherweise in Eile wegen der kommenden Wahlen - einstimmig ihre Empfehlung zugunsten der Verbauung an den Wiener Gemeinderat. Ein letzter Einwand kam am selben Tag noch von der Initiative Denkmalschutz (http://www.initiative-denkmalschutz.at/index.php/meldungen-nach-bundesland/meldungen-wien/122-wien21/200-id-stellungnahme-zum-entwurf-flaechenwidmungs-und-bebauungsplan-7964-ortskern-jedlesee). Er fand Niederschlag in einem Bericht der Kronen Zeitung vom 22. April (Medienecho) sowie im Mai im "Bezirksjournal" (Medienecho).

Meine Einwände gegen die Umwidmung

An die MA 21 B – Stadtteilplanung und Flächennutzung Süd-Nordost

Betrifft: Einwände zum Flächenwidmungs- und Bebauungsplanentwurf Nr. 7964 Floridsdorf/Jedlesee

Es ist mir als einer gelernten Österreicherin klar, dass meine Ausführungen vergeblich und fruchtlos sein werden. Ich bringe sie dennoch vor.

2.300 Bürgerinnen und Bürger, darunter auch ich, haben sich zwischen April 2008 und Mai 2009 mit ihren Unterschriften gegen die Verbauung des ehemaligen Gartens des Maria Theresien-Schlössls in Alt-Jedlesee ausgesprochen. (Im Mai 2009 musste das Unterschriften-Sammeln unter dem Druck des Mediationsverfahrens eingestellt werden.)

Im Interesse „zeitgemäßen Wohnens“ in gesichtsloser Gebrauchsarchitektur wurden und werden in diesem Grätzl seit mindestens einem Jahrzehnt durch stetig wuchernden Siedlungsbau die letzten Reste historischer Bausubstanz und zunehmend auch Grünland zerstört. Zynischerweise wurden und werden dabei für die jeweils neu errichteten Wohnungen just mit der alten dörflichen Atmosphäre und dem Grün Jedlesees, die durch eben diese Neubauten fortschreitend vernichtet werden, Interessenten, Mieter und Käufer angelockt.

Die laut Entwurf angestrebte „Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden, örtlichen Stadtbildes und Gewährleistung des Bestandes von Gebieten, die wegen ihres örtlichen Stadtbildes in ihrem äußeren Erscheinungsbild erhaltenswürdig sind“ sind miteinander unvereinbar. Das zeigt sich u.a. drastisch und überdeutlich an den Potjemkin’schen Fassaden der Neubauten in der Anton Bosch-Gasse.

Diese überwiegend bis ausschließlich wirtschaftlich motivierte Kulturlosigkeit soll nun noch weiter gesteigert werden, indem das ebenerdige und denkmalgeschützte Schlössl zwischen zwei Garageneinfahrten gezwängt und durch den ersten fünfgeschoßigen Wohnblock der neuen Siedlung unmittelbar dahinter zu einem weiteren Potjemkin’schen Fassadenelement deklassiert werden soll. Allein der Gedanke daran verursacht Anrainern und Besuchern, die sich noch einen Rest ästhetischen Empfindens und kulturellen Bewusstseins bewahrt haben, nicht nur psychische, sondern nahezu physische Pein. Offensichtlich fällt dies jedoch nicht ins Gewicht, da gemäß dem Planentwurf bei dem Vorhaben nur die „Sichtachsen zum angrenzenden Grünraum für die künftigen BewohnerInnen und die östlich gelegene Wohnbebauung“ (im vom Schlössl am weitesten entfernten Teil des Areals) wichtig sind.

Das aktuelle Wohnsiedlungsprojekt auf dem, wie Sie mit höchster Diskretion formulieren, „im Eigentum einer Religionsgemeinschaft“ stehenden Schlössl-Gründen im Ortskern von Alt-Jedlesee und direkt am Rand des Wiener Wald- und Wiesengürtels ist entgegen der Argumentation der Betreiber weder ökologisch, noch sozial oder kulturell verträglich. Es ist auch nicht so, dass etwa wegen akuten und unmittelbar zu befriedigenden Bedarfs gerade an dieser Stelle die nun zur Diskussion stehenden rund 140 Wohnungen realisiert werden müssten.

Tatsächlich und auch eingestandenermaßen will das Stift Klosterneuburg (nach der Stadt Wien zweitgrößter Grundeigentümer in diesem Bundesland) das betroffene Areal aus wirtschaftlichen Gründen von Grünland durch den Wiener Gemeinderat in Bauland umwidmen lassen und durch die Verbauung entsprechende Pachteinkünfte erzielen. Ein allfälliger Grundstücke-Tausch zwischen Stadt und Stift wurde nicht einmal in Betracht gezogen – wiewohl es nicht undenkbar schiene, dass etwa im Bereich der geplanten Seestadt Aspern auch vom Stift Klosterneuburg vergleichsweise geradezu nach Herzenslust und für künftige Bewohner hoffentlich ebenso leistbar gebaut werden könnte.

Ob es zum gegenständlichen Plan der Errichtung noch einer weiteren, neuen Wohnblöcke-Siedlung ausgerechnet auf den Schlössl-Gründen tatsächlich „keine vernünftigen Alternativen mit günstigeren Umweltauswirkungen“ gibt, wurde etwa anhand der von der Bürgerinitiative (übrigens durch mich) gesammelten, aber weder gewertet gereihten noch selektierten Projektideen nicht einmal näher betrachtet – siehe http://sites.google.com/site/keinbaulandstattgruenland/erweiterte-liste-der-projektvorschlaege. Diese vom Kriterium ökologischer, sozialer und kultureller Verträglichkeit bestimmten Vorschläge zur Nutzung der alten Tennisplätze im Sinn der bestehenden Widmung wurden und werden offenbar a priori samt und sonders als irrelevant und indiskutabel nicht einmal zur Kenntnis genommen.

Fazit: Vielleicht wäre es im Zuge der Realisierung des Projekts ja überhaupt das Konsequenteste, die Kirche Maria Loretto und das Maria Theresien-Schlössl zu schleifen und durch zeitgemäße Allerweltsbauten mit (begrünten oder auch nicht begrünten) Flachdächern zu ersetzen?

Sissy Danninger