Ensembleschutz durchlöchert - 08/15 Wohnblöcke fressen sich weiter in den Ortskern

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Bis zum Mai 2009 war das Ensemble von Schlössl (im Bild links dessen Osttrakt) und dem alten Haus Anton Bosch-Gasse 1 immerhin noch intakt erhalten. Moderne 08/15 Wohnblöcke drängten sich freilich bereits seit einigen Jahren unerbittlich ins Blickfeld. Sie gaben einen Vorgeschmack auf noch Schlimmeres, das unmittelbar bevorstand und um diese Zeit auch bereits in Angriff genommen wurde:

Baum und altes Haus hinter dem an der Gassenfront sind schon weg

Für die Bagger und die Baufahrzeuge wurde direkt an der Ostmauer des denkmalgeschützten Schlössls ein Loch ins Ensemble gerissen. Die ebenerdigen Gebäude auf dem Areal hinter dem alten, dörflichen Einfamilienhaus waren Anfang Juni 2009 bereits geschleift. Damit wurde Platz für eine ganz andere Art von Ensemble-Erweiterung geschaffen, die freilich keinerlei Aussichten mehr auf wie auch immer gearteten Schutz als historisches Kulturgut hat. Entlang der Ostmauer des Schlössls und der Schlössl-Gründe werden im Anschluss an die bereits bestehenden Neubauten (Hintergrund) auf dem Grundstück Boschgasse 1 Wohnblöcke möglicherweise bis zu Bauklasse III errichtet. Das bedeutet Gebäudehöhen von bis zu 16 m bis zur Dach-Unterkante und gestattet gemäß der Wiener Bauordnung noch einige Meter mehr für die tatsächliche Höhe.

Die Entscheidung und Bewilligung für die Verbauung des privat verkauften Grundstücks in der Boschgasse 1 war leider bereits gefallen, bevor die Bürgerinitiative Jedlesee im April 2008 entstand. Trotz verbitterter Anrainer-Proteste war daran nichts mehr zu ändern. Das zuletzt im Eigentum eines Mitglieds der Glaserei-Familie Lutzky gestandene Einfamilienhaus mit Garten direkt neben dem Schlössl wurde nun durch Wohnblöcke für 38 Miet- und Eigentumswohungen ersetzt. Der Bauträger warb übrigens, wie bei den Neubauprojekten hier schon üblich, ebenfalls mit der dörflichen Atmosphäre und dem alten Jedleseer Ortszentrum - bei dessen gleichzeitig fortschreitender Zerstörung.

Links der Osttrakt des Schlössls im März 2010

Das blieb von der Schutzzone am Haus Bosch-Gasse 1

Blick auf das "geköpfte" Haus und das Schlössl von rechts

Metastasen der Nachbarbaustelle vor dem Schlössl Dez. 2010

Planungsmodell: Potjemkin'sche Fassade neben Garageneinfahrt

Nach Fertigtellung im Sommer 2011: Subtile Harmonie zwischen denkmalgeschützer

Fassade samt Satteldachrest und zeitgemäßen Wohnquadern mit Garageneinfahrt?

Was allenfalls auch 2010 noch zu verhindern gewesen wäre, war die vom Grundeigentümer Stift Klosterneuburg gewünschte Umwidmung auch der unmittelbar angrenzenden Schlössl-Gründe von Grünland in Bauland. Es mißlang. Nach den Vorstellungen des Stifts sollte die Stadt Wien hier auf rund 20.000 m2 maximale, wirtschaftliche Nutzung durch die Errichtung von acht Wohnblöcken mit laut Erstentwurf je etwa zur Hälfte vier und fünf Geschoßen für 180 Wohneinheiten, nach dem Mediationsverfahren auf 140 reduziert, ermöglichen. Und die Stadt Wien tat es auch. Dass direkt hinter dem Schlössl gegenüber dem Erstentwurf die Bauhöhen (Klasse II, bis zu fünf Geschoße) unvermindert bleiben, wurde bei der Präsentation des Mediationsresultats vom Sozialbau-Vertreter mit den Kubaturen auf dem angrenzenden Nachbargrundstück zu rechtfertigen versucht. Dass die Maße vom denkmalgeschützten Schlössl vorgegeben werden könnten, war kein Thema.

Die Bürgerinitiative wollte ursprünglich wenigstens dieses weitere Verbauungsprojekt direkt am Rand des Wald- und Wiesengürtels verhindern, nachdem im Grätzl allein im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts großteils auf Grünflächen bereits rund 1.500 Wohneinheiten neu errichtet worden waren. Sie war für ökologisch, sozial und kulturell verträgliche Nutzung der Schlössl-Gründe im Sinn der bestehenden Widmung als Grünland, Erholung und Sport (Esp), eingetreten, bevor ihre fünf verbliebenen Vertreter bei der Mediation zugunsten der Verbauung unterschrieben.

Die absolute Schmerzgrenze für noch weitere Zerstörung des Ortsbilds und der immer mehr schrumpfenden Grünflächen mit deren Erholungswert für heute und künftig hier lebende Menschen ist mit der weiteren Verschandelung der letzten Reste von Alt-Jedlesee, nun schon direkt neben dem Schlössl, erreicht. Dies auch noch als Rechtfertigung für einen weiteren Wohnsiedlungsbau und dessen Gebäudehöhen im ehemaligen Garten des ebenerdigen Schlössls zu benützen, wird von etlichen Anrainern nur noch als zynisch empfunden.