ÜBERBLICK SCHLÖSSL-GRÜNDE JEDLESEE: BILANZ EINER NIEDERLAGE

SOS für Floridsdorfer Barockbau aus dem 17. Jahrhundert

Der Kampf um die unverbaute Erhaltung der Jedleseer Schlössl-Gründe und des Erscheinungsbilds des denkmalgeschützten, barocken Herrschaftshauses in Wien-Floridsdorf ist gescheitert. Die ohnedies schon traurigen Reste des einstigen Dorfes wurden noch weiter verschandelt. Schlimmstenfalls droht dem Schlössl selbst die Schleifung - damit könnte Parkraum als Ersatz für Parkplatzverluste durch eine für 2014/2015 gegenüber auf der Lorettowiese geplante Skateranlage geschaffen werden.

Das kleine, denkmalgeschützte Maria Theresien-Schlössl im Ortskern des ehemaligen, niederösterreichischen Dorfes Jedlesee im 21. Wiener Gemeindebezirk stammt aus dem 17. Jahrhundert. Das barocke, einstige Herrschaftshaus ist das mutmaßlich älteste, historische Bauwerk im Bezirk. Mehr als 300 Jahre hat das ebenerdige Gebäude sein Erscheinungsbild im wesentlichen bewahren können. Durch ein Katastrophen-Hochwasser der Donau litt im 19. Jahrhundert allerdings die Symmetrie, weil der ehemalige Westtrakt einem Uferbruch zum Opfer fiel.

Heute ist die Bausubstanz des Hauptgebäudes und des erhalten gebliebenen Osttrakts leider bereits äußerst desolat. Nachdem im Jahr 2003 der Pächter des Schlössls und von dessen einstigem, zwei Hektar (20.000 m2) großen Garten aufgegeben und seinen Tennisclub nach 33 Jahren geschlossen hatte, wurden so gut wie keine Instandhaltungsmaßnahmen mehr gesetzt. Entsprechende Vorschriften des Bundesdenkmalschutz-Gesetzes blieben wirkungslos.

Mauer neben dem Haupteingang

Als verantwortlicher Eigentümer der gesamten Liegenschaft will und wird das Stift Klosterneuburg nun endlich wieder Pachteinkünfte lukrieren. Zu diesem Zweck wurde auf dem Gartenareal hinter dem Schlössl direkt am Rand des angrenzenden Teils des Wiener Wald- und Wiesengürtels eine Wohnblöcke-Siedlung mit, gleich hinter dem ebenerdigen Barockbau, bis zu fünf Geschoßen errichtet und im Frühjahr 2013 fertiggestellt. Sie sichert dem Grundbesitzer nachhaltige Pachteinnahmen für rund ein Jahrhundert.

Areal im September 2011 planiert, rechts Schlössl-Westseite

Um dieses Projekt in Angriff zu nehmen, bedurfte es der (am 30. Juni 2010 auch tatsächlich und einstimmig im Gemeinderat beschlossenen) Umwidmung des früheren Schlössl-Gartens von „Grünland“ (konkret für Erholung und Sport, Esp) zu Bauland. Dagegen hatte ab April 2008 eine Bürgerinitiative mobil gemacht. Sie konnte binnen etwa eines Jahres rund 2.300 Unterschriften für ihre Forderung nach Beibehaltung der Grünland-Widmung sammeln. Der von der Initiative ebenfalls verlangte „Runde Tisch“ aller Beteiligten fand schließlich von Mai bis November 2009 in Gestalt eines „Mediationsverfahrens mit offenem Ausgang“ statt. Mit dessen Beginn musste die Initiative alle Aktivitäten und damit auch die Sammlung von Unterschriften einstellen.

Das Verfahren endete mit der Zustimmung aller Teilnehmer –Vertreter des Stifts, der Erzdiözese Wien, der Pfarre Jedlesee, der Bezirksparteien, der involvierten Baugesellschaften „Sozialbau“ und „Volkswohnungswerk“ sowie, trotz gegenteiligen Mandats, der verbliebenen fünf Angehörigen der Intitiative – zur Verbauung. Eine Person hatte sich am Ende des Verfahrens geweigert zu unterschreiben und war aus der Initiative ausgeschieden.

Die Abschlussvereinbarung sah nun, im vom Schlössl am weitesten entfernten Bereich am Kammelweg, eine geringe Bauhöhen-Reduktion durch Verringerung der Anzahl der geförderten Miet- sowie zugleich zusätzlich Pacht-Wohnungen von ursprünglich insgesamt geplant gewesenen 180 auf rund 140 vor. Erst nach dem Ende der Mediation wurde von deren Leiter klargestellt, dass trotz des im Vorfeld zugesagt gewesenen, „offenen Ausgangs“ die Forderung nach Grünland-Erhalt a priori gar nicht zulässig gewesen war.

Vom Stift wurde zugleich eine „Garantie“ für die „Revitalisierung“ des Schlössls „bis spätestens Ende 2017“ abgegeben, allerdings ohne jede Finanzierungszusage. Erfahrungsgemäß verlangt das Stift die Übernahme der Kosten von Sanierungsarbeiten durch die Pächter. Die zu gewärtigenden, hohen Instandsetzungskosten angesichts des fortgeschrittenen und fortschreitenden Verfalls ließen so auch die Pfarre Jedlesee im September 2010 von ihrem langjährigen Plan der Schlössl-Nutzung Abstand nehmen.

Als weiteren Grund ihres Rückzugs nannte die Pfarre den Umstand, dass wegen der bis in die unmittelbare Nähe vordringenden Wohnbauten Veranstaltungen im Freien auf dem kleinen, verbleibenden Areal des Schlössls aufgrund der damit verbundenen Lärmbelästigung der neuen Bewohner unmöglich sein würden (siehe Anhang unten). Dieser Umstand wird auch die Suche nach potentiellen, künftigen Nutzern, die zusätzlich zur Pacht auch die Sanierungskosten übernehmen müssten, bis zu völliger Erfolglosigkeit beeinträchtigen.

Verbitterte Anrainer beobachteten die Bauarbeiten ab Herbst 2011 und die Besiedelung der neuen Wohnblöcke ab Frühjahr 2013 mit ohnmächtigem Ärger. Sie befürchten mittelbar sogar den Abbruch des Schlössls aus wirtschaftlichen und technischen Gründen. Durch das ungehinderte, weitere Verfallenlassen schien gezielt auf genau diese, dann sogar legale Lösung hingearbeitet zu werden.

Die Schleifung würde auch Raum für die von der Bezirkspolitik zugesagte Schaffung von Ersatzparkplätzen freimachen, welche durch die geplante Nutzung des gegenüberliegenden, bestehenden Parkplatzes für eine Skateranlage auf der Lorettowiese nötig würden.

Der Heilige Nepomuk konnte das Schlössl mit dessen

Garten nicht schützen - er war schon 2008 entfernt worden

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