Mediationsresultat: Endlich öffentliche Diskussion nötig

Bürgerinitiativen (100 % öffentlichkeitsabhängig) und Mediationen (100 % vertraulich) sind ihrem ureigensten Wesen zufolge absolut inkompatibel. Nur öffentliche Auseinandersetzungen mit (möglichst qualifizierter) Bewertung der Anliegen und Argumente durch möglichst viele Bürger sind aus der Sicht engagierter Bürgerinnen und Bürger geboten. Sie können nicht selbst Teil gerade jener Intransparenz von Entscheidungen (mit oder ohne Druck) hinter verschlossenen Türen werden, die sie als "Drüberfahren" zu bekämpfen angetreten sind. Das ist jedenfalls das Resümée, das ich als zuletzt außenstehender Beobachter des Prozesses um die Frage der Umwidmung der Schlössl-Gründe in Alt-Jedlesee von Grünland zu Bauland nach dem Abschluss der Mediation am 23. November 2009 ziehe.

Sissy Danninger

+++++++++++++

Bis zur offiziellen Präsentation des Ergebnisses des Mediationsverfahrens für interessierte Bürgerinnen und Bürger verging danach noch einige Zeit. Sie fand erst am 12. Jänner 2010 im Pfarrhof auf dem Lorettoplatz statt - siehe Mediation: Öffentliche Ergebnis-Präsentation. Eigenständige Informationen der Bürgerinitiative über deren Scheitern sind, dem Vernehmen nach, aufgrund fortwirkender Vertraulichkeit auch weiterhin nicht zu erwarten.

Damit sind allenfalls nach wie vor interessierte Bürgerinnen und Bürger auf die kargen, unter Leitung des Mediatorenteams erstellten Mitteilungen angewiesen. Es schien und scheint mir im Interesse einer auf den zugänglichen Informationen basierenden, öffentlichen Diskussion auch noch nach der Umwidmung der Schlössl-Gründe zu Bauland vom 30. Juni 2010 zweckmäßig, sich mit diesen Texten etwas genauer zu befassen.

Originalzitate aus einem Mail mit der

Stellungnahme des Mediationsteams zu den Inhalten auf wikipedia.org und sites.google.com bzgl. Mediationsverfahren "Runder Tisch Schlösslgründe"

vom 30. November 2009 an mich und weitere Empfänger, gezeichnet von:

Harald Pilz, Lea Kerschner, Maria Köck

(Meine Kommentare rot hervorgehoben)

„Gegenüber der ursprünglichen Projektplanung ist das nunmehr beschlossene Lösungspaket mit bedeutenden wirtschaftlichen Einbußen für den Grundeigentümer verbunden.“

Merke: Man plane die maximale Verbauung eines noch gar nicht als Bauland verfügbaren Areals, quasi ein Luftschloss. Sollte unter Hinweis auf dieses Faktum Widerstand kommen, wird auf wirtschaftliche Einbußen hingewiesen. Die Basis dieser Rechnung bildet selbstverständlich das Luftschloss und nicht das seit Jahren ertraglose, bekanntermaßen als Grünland gewidmete Grundstück.

„Mediationsverfahren können nur dann sinnvoll durchgeführt werden, wenn alle Teilnehmenden bereit sind, auf Basis der vorhandenen Interessen nach neuen Lösungen zu suchen, anstatt an den ursprünglichen Positionen (zB "Umwidmung bekämpfen") festzuhalten.“

Klar verstanden. „Umwidmung bekämpfen“ geht bei einem Verfahren "mit offenem Ausgang" zum Beispiel nicht. „Grünland muss Bauland werden“ geht schon. Logisch, oder doch nicht?

"Im Mediationsverfahren hat sich ebenfalls herausgestellt, dass bei alternativen Nutzungen des Grundstücks (gleichbleibende Widmung oder noch geringere Verbauung) einige zentrale Interessen wahrscheinlich nicht erfüllt worden wären, darunter auch die von allen gewünschte Schlössl-Revitalisierung, oder die Erweiterung der benachbarten Grünfläche (Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel)."

Hier genügt ein klein wenig Textanalyse um herauszulesen, dass vom Liegenschaftseigentümer mit der Drohung der Aufrechterhaltung gesetzwidrigen Verhaltens (Verfallenlassen des Schlössls entgegen den Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes) Druck ausgeübt wurde, um maximal möglichen wirtschaftlichen Gewinn zu erzielen. Die „Erweiterung der benachbarten Grünfläche“ des Wald- und Wiesengürtels besteht tatsächlich in der Rückgabe von rund 3.500 m2, die zu Anfang der 1970er Jahre aus wirtschaftlichen Gründen dem seit 2003 geschlossenen Tennisclub und Pächter des Stifts zugeschlagen worden waren. Sie wäre entbehrlich, würde die strittige Fläche weiterhin gemäß (noch) bestehender Widmung genützt.

********************************************************

Nicht in dem genannten Mail, sondern unter „Jedlesee“ in der deutschen Wikipedia fand sich vom 10. Dezember 2009 bis zum 26. Februar 2010 die unten zitierte Eintragung.*) Sie gab u.a. die Giebelhöhe des ebenerdigen Schlössls (mit einer tatsächlichen Traufenhöhe von 4.50 m, Anm.) mit unglaubhaften 8,20 bis 10 m an und schloss mit folgendem Satz:

„Auch die Vertreter der Bürgerinitiative stimmten der seit April 2008 bekämpften Umwidmung des Areals in Bauland nun zu, weil die Umwidmung politisch nicht zu verhindern gewesen wäre und das Lösungspaket auch einige Vorteile für die Anrainer enthält.“

Diese Aussage über die Umwidmung, die „politisch nicht zu verhindern gewesen wäre“, ist äußerst bemerkenswert. Sie impliziert sogar eine - vor dem Mediationsabschluss im November 2009 - bereits erfolgte Umwidmung. Das Ergebnis stand jedenfalls dieser Mitteilung zufolge offensichtlich schon während des "Mediationsverfahrens mit offenem Ausgang“ fest, wenn nicht gar von Anfang an. Tatsächlich war das vor einer Umwidmung nötige, formal-demokratische Verfahren, soweit öffentlich bekannt, im Dezember 2009 noch gar nicht eingeleitet. Möglicherweise handelt es sich bei der Formulierung um eine Freud’sche Fehlleistung – bei der unbewusst und unbeabsichtigt etwas preisgegeben wird. Auch der Hinweis auf Vorteile für „die Anrainer“ generell ist etwas kühn, es handelt sich konkret allenfalls um „einige Anrainer“. Zufall oder nicht, eben jene, die in diametralem Widerspruch zur Gründungs-Forderung der BI der Verbauung nun zustimmten, zählen zu diesen Begünstigten.

*) Sie wurde wegen überlanger Ausführlichkeit entfernt und durch einen lexikalisch knappen Text ersetzt. Im allgemeinen bleiben auf Wikipedia frühere Versionen weiterhin im Archiv auffindbar.