Mord und Totschlag

Artikel aus der Allgemeinen Zeitung vom 29. Okt. 1940 

 Zum Tode verurteilt

Die Bluttat von Brockhimbergen vor dem Sondergericht Hannover.

In der Nacht zum 15. August 1940 wurde der landwirtschaftliche Arbeiter Adolf Schulz, der auf dem Hofe seines Neffen, des Hofbesitzers Schulz in Brockhimbergen beschäftigt war, von seinem 23-jährigen Neffen Walter Schulz überfallen und mit einem Beil schwer verletzt. Die Verletzungen waren zwar bedenklich, aber nicht lebensgefährlich. Der Verletzte konnte sich noch aus dem Bette erheben, fiel dann aber zwischen Tür und Bett zu Boden.

Inzwischen hatten Arbeiter, die auf dem Hofe beschäftigt waren, in der Schlafkammer des Überfallenen Lärm gehört und waren hinauf gegangen.

Der Täter war aber bereits geflüchtet und hatte sich in einer Scheune unter Stroh verborgen, wo er am nächsten Tag von Hamburger Kriminalbeamten entdeckt und festgenommen werden konnte.

Der Täter, ein bisher allerdings Unbestrafter, war als arbeitsunlustig bekannt. Nach seiner Schulentlassung kam er zu einem Schlachter in Uelzen in die Lehre, wo er die zugewiesenen Arbeiten willig, aber in ungenügender Weise erledigte. Eines Tages unterschlug er seinem Arbeitgeber 170 Reichsmark und fuhr damit nach Hamburg, wo er das Geld verjubelte.

Man brachte ihn zu einem anderen Schlachter, wo er es aber nur wenige Wochen aushielt. Nun nahm ihn der Bruder auf seinen Hof, wo er außer freier Station wöchentlich 10 RM Taschengeld bekam. Auch hier paßte ihm die Arbeit nicht. Im Arbeitsdienst führte er sich vorzüglich. Er kam dann zum Militär, mußte aber wegen Krankheit wieder entlassen werden. ER ging nun wieder zu seinem Bruder und arbeitete dort. Er bemogelte seinen Bruder nach allen Regeln der Kunst, beging Darlehnsschwindeleien und Fälschungen, die ihm in einem Falle 750 RM einbrachten. Mit dem erlangten Gelde fuhr er wieder nach Hamburg, wo er es wieder vertat. Ein zweiter Versuch, nochmals 1.300 RM zu erlangen mißlang. Im Mai d.J. entwendete er einem auf dem Hofe seines Bruders beschäftigten Landjahrmädchen 5 RM, einem anderen Mädchen unterschlug er 20 RM. Alles Geld wurde in leichtsinniger Gesellschaft vertan. Dabei war er auch bei der Arbeit faul, so daß ihn sein Bruder schließlich hinauswarf. ER kampierte nun entweder im Freien oder schlich sich auf den Hof und übernachtete in einer Wagenremise. Auch in der Nacht zum 15. August hat er dort Unterkunft gesucht. Wie er jetzt vor dem Sondergericht, wo er sich als Gewaltverbrecher zu verantworten hatte, erklärte, sei ihm auf seinem harten Lager plötzlich der Gedanke gekommen, seinen Onkel zu überfallen um Geld zu erlangen. Der Gedanke habe ihn nicht zur Ruhe kommen lassen; er sei schließlich aufgestanden und habe in einem Schuppen nach einem dicken Knüppel gesucht, womit er seinen Onkel zu betäuben gedachte. Er habe diesen Plan dann wieder als ungeeignet verworfen und habe aus einem Schranke ein Beil geholt. Leise sei er dann in die unverschlossene Schlafkammer des Onkels gegangen und habe sich in der Dunkelheit nach dem Bett getastet. Als er mit seiner Hand den Kopf des Onkels erfaßt habe, habe er dreimal mit der stumpfen und zweimal mit der scharfen Seite des Beiles auf den Kopf geschlagen. Der Onkel habe sich im Bett aufgerichtet und sei dann auf die Erde gefallen.

Als er, der Angeklagte, die Rufe der Arbeiter vernommen hatte, sei er geflüchtet und habe sich zunächst in einem Schweinestall verborgen. Von dort aus habe er gesehen, wie man die Arbeiter als der Tat verdächtig abgeführt habe.

Auf die Frage des Präsidenten des Sondergerichts, was er sich denn gedacht habe, als er mit der Schneide des Beils auf seinen Onkel eingeschlagen habe, erklärte der Angeklagte, daß er seinen Onkel nur habe betäuben wollen, gab aber zu, daß er auch mit dem Tode gerechnet habe, denn ihm sei alles gleich gewesen.

Das Sondergericht verurteilte den Angeklagten nach dem Antrage des Staatsanwaltes als Gewaltverbrecher, wegen schweren Raubes und wegen versuchten Mordes zum Tode und zum lebenslänglichen Verlust der Bürgerlichen Ehrenrechte. Dazu wurde in der Begründung gesagt, daß der Angeklagte zwar noch niemals wegen Gewaltverbrechens bestraft sei. Der Überfall auf seinen leiblichen Onkel zeuge aber von einer derartigen Brutalität, wozu noch Geldgier komme, daß der Angeklagte als der typische Gewaltverbrecher angesehen werden müsse. Die Tat zeuge auch von kühler Überlegung, denn der Angeklagte hätte sich sagen müssen, daß sowohl die Schläge mit der stumpfen wie auch mit der scharfen Seite des Beiles den Onkel zu töten imstande seien. Er habe auch aus Geldgier gehandelt, obwohl er sich keineswegs in einer wirtschaftlichen Notlage befunden habe.

Dienstag, den 29. Oktober 1940