Höllenjob Lehrer

Schule als Zeitvertreib

Die Lehrer „beschleicht langsam das Gefühl, dass ihnen der Job über den Kopf wächst. Viele Kinder kommen nicht mehr in die Schule, um zu lernen. Sie kommen, um sich mit den Mitschülern die Zeit zu vertreiben.“

„Es geht nicht mehr um Bildung, es geht um Betreuung. Und die Pädagogen werden zu Sozialarbeitern, Psychologen, Erziehungsberatern“

„Die Lehrer von heute sind oft die Letzten, die sich noch um die Kinder kümmern.“ ... „Kein Wunder, dass sich deutsche Pädagogen überfordert fühlen.“

Untersuchung der Berufssituation von Gymnasiallehrern, Ergebnis: „jeder zweite Lehrer fühlt sich erschöpft, anfällig und hat resigniert. Nur etwa zwölf Prozent der Pädagogen sind fit und rundum belastbar.... Jeder fünfte Lehrer steht während des Unterrichts unter so starkem Stress, dass er eine psychotherapeutische Behandlung bräuchte.“

Traumberuf wird zum Horrorjob

Elfjähriger schlägt seine Lehrerin nieder, Schüler attackiert Lehrerin mit Küchenmesser, Schüler droht Lehrerin, sie zu erschießen,...

Die meisten Übergriffe werden nicht öffentlich gemacht

Lehrer und Schule fürchten, „guten Ruf zu verlieren“; „Gewalt an Schulen ist immer noch ein Tabuthema.“

Selbstverteidigungskurse für Lehrer

„Der Beruf des Lehrers hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert, die Ausbildung des Lehrpersonals nicht.“

Lehrer lernen in ihrer Ausbildung nicht, mit verhaltensauffälligen und aggressiven Schülern und Schülerinnen umzugehen.

OECD-Studie

Es wird nicht überprüft, ob jemand für den Beruf geeignet ist, wie belastbar die künftigen Pädagogen sind.

Kein klares Berufsbild, keine Anerkennung für besondere Leistungen, keine Karrieremöglichkeiten, „unflexibles System von Verwaltung und Besoldung“ behindert engagierte Lehrer, Fortbildung ist dem Einzelnen überlassen, „und das in einem Beruf, der Jugendliche auf lebenslanges Lernen vorbereiten soll.“

„Der deutsche Lehrer ist im Schnitt 47 Jahre alt, nur Italien leistet sich im Europavergleich ähnlich alte Pädagogen.“ Durchschnittliches Pensionsalter 55 Jahre, die Hälfte scheidet wegen psychischer und psychosomatischer Erkrankungen aus: Depressionen, Angststörungen, chronische Rückenschmerzen, Herzbeschwerden. Nur 15 Prozent bleiben bis zum regulären Rentenalter im Beruf.“

In einer Langzeitstudie (Obsuth et al., 2016) zeigte sich, dass SchülerInnen mit einer guten Beziehung zu LehrerInnen weniger aggressives waren und stärkeres prosoziales Verhalten zeigten als SchülerInnen, die ihren LehrerInnen gegenüber ambivalent oder negativ eingestellt waren. Einflussfaktoren wie kulturelle Unterschiede, Geschlecht, Erziehungsstil, aber auch früheres Problemverhalten konnten als Erklärung für die gefundenen Effekte ausgeschlossen werden. Ein gutes Schüler-Lehrer-Verhältnis scheint zu einem positiven Verhalten mindestens ebenso viel, wenn nicht mehr, beizutragen als gängige Gewaltpräventionsprogramme.

Endstation: Psychiatrische Behandlung

„Tausende Lehrer landen in psychiatrischer Behandlung.“

„Was macht Lehrer krank? Haben sie wirklich Grund zur Klage? Genießen sie nicht Jobsicherheit und eine gute Alterssicherung, während Millionen Menschen um ihren Arbeitsplatz zittern? Mindestens zehn Wochen ‚unterrichtsfreie Zeit’ im Jahr? Gute Gehälter, auch im Vergleich mit anderen Industriestaaten?“

„Leute, die sich mit der Problematik ernsthaft befassen, kommen zu einem anderen Urteil.“ Viele Lehrer sind Schwerstarbeiter. Vor allem Idealisten scheitern, ohne Anerkennung kehrt sich der Spaß ins Gegenteil. Gratifikationskrise = Enttäuschte Liebe, die Distanz und Abwehr mit sich bringt.

Einzelgänger

Lehrer sind Einzelkämpfer, dazu kommt der Tunnelblick, weil häufig Austausch und Supervision – wie in anderen „Beziehungsberufen“ üblich – fehlen.

Benimmkurs für Schüler

Lehrer müssen Schülern einfachste Verhaltensregeln beibringen, Kinder grüßen nicht mehr, sagen weder „bitte“ noch „danke“, sie werden ausfällig und aggressiv in ihrer Sprache.

„Bei 30 Schülern in der Klasse hat man inzwischen vier oder fünf mit Verhaltensauffälligkeiten oder Aggressionen.“

Lehrer als Therapeuten

„Mancher Lehrer bedeutet für seine Schüler den letzten Halt in einem haltlosen Leben – dem in vielen Fällen ja obendrein die berufliche Perspektive fehlt.“

Quellen

EISSELE, I., HAUSER, U.: Lehrer. Höllenjob auf Lebenszeit.

Obsuth, I., Murray, A.L., Malti, T., Sulger, P., Ribeaud, D. & Eisner, M. (2016). A non-bipartite propensity score analysis of the effects of teacher-student relationships on adolescent problem and prosocial behavior. Journal of Youth and Adolescence, DOI:10.1007/s10964-016-0534-y.

http://www.stern.de/wirtschaft/arbeit-karriere/524136.html (18.10.2008)