Aphorismen

Krise der Oberflächlichkeit - Information bleibt an der Oberfläche. Journalismus verkommt zur Sensation und zur Betroffenheitsmystik - Vor lauter Gesinnung kommt keiner mehr zur Besinnung.


Weil keiner mehr weiß, was "das Ganze" denn sei, herrscht allgemeine Verantwortungslosigkeit für das Ganze.


Der Verlust der Utopie macht orientierungslos - der Verlust der Vision macht blind.


Es ist eine Ironie der Geschichte, dass der Liberalismus den Klerikalismus abgeschafft hat, während der Neoliberalismus mit einer Renaissance fundamentalistischer Glaubensdogmen einhergeht.


Die Gesellschaft ist ein fragiles Werk, an dem Generationen gebaut haben. Heute hat man den Eindruck, dass wir wie Kinder vor dem Turm aus Bauklötzen sitzen und versuchen, einzelne Klötze herauszuziehen ohne dass der Turm umkippt - und uns gleichzeitig schon klammheimlich auf den Krach des Umkippens freuen.


Obskurantismus im Markt ist aber auf Dauer mit Aufklärung in der Kultur ebenso inkompatibel wie das umgekehrte Verhältnis.


Dem kosmopolitischen, Grenzen problemlos überschreitenden Adel des achtzehnten Jahrhunderts entspricht heute die Schicht des globalisierten Jet-Set, dessen Angehörige aus vielen Nationen untereinander mehr Gemeinsamkeiten zeigen als sie selbst mit den Daheimgebliebenen Provinzlern ihrer Nationen haben. 


Weitsichtigkeit ist seltener als Kurzsichtigkeit - das gilt auch für Politik und Wirtschaft.


Wenn der Staat die Sicherheit nicht wirklich garantieren kann, dann erodiert er durch die Selbsthilfe seiner Bürger.


Die Justiz kann einen Staat zerstören, wenn sie Recht setzt anstatt Recht zu sprechen. Versäumnisse des Gesetzgebers sind dafür keine Entschuldigung.


Woher soll die neue Solidarität kommen, wenn die Reziprozität nicht gilt?


Zivilgesellschaft ist dann kein Weg, wenn sie über Populismus zu Cäsarismus und über plebiszitäre Demokratie zur Demagogie führt.


Der Generationenkonflikt verschiebt sich: erst werden die Jungen den Alten das Geld, daraufhin die Alten den Jungen die Jobs wegnehmen.


Dialektik als Kunst: wie kann man mit Widersprüchen leben, bis sie sich vielleicht auflösen ?


Der Liberalismus lebt von dem populären Irrtum, dass die Freiheit der Wirtschaft von der Schwächung des Staates abhängt - das Gegenteil ist der Fall.


Wenn der Markt versagt und der Staat schwach ist, steht das Verbrechen bereit zum Einspringen.


Das Vertrauen in Politik erodiert schneller als die Möglichkeit Lösungen auch nur vorzuschlagen - dazu tragen viele bei, die Kontrolle für wichtiger halten als Vertrauen