Ein relativ junges Blatt; darauf eine Blüte, zerlegt in Stempel (Fruchtknoten, Griffel, Narbe) und Krone (Staubblätter, Kronblätter, Kronröhre).
Entwicklungsgeschichtlich ist die Blüte eine Ansammlung von Blättern mit unterschiedlich ausgestalteter Funktion an einer gestauchten Sprossachse. Wir unterscheiden von aussen (unten) nach innen (oben) Kelch–, Blüten–, Staub– und Fruchtblätter.
Diese so genannte Metamorphose des Blattes wurde 1798 durch Goethe elegisch umgesetzt, siehe Lit.
Unbedarfte Goethe-VerehrerInnen bezichtigen ihn als Entdecker dieses Phänomens. Doch weit gefehlt! Im Jahre 1759 hatte Caspar F. Wolff (1734-1794) in seiner Doktorarbeit Theoria Generationis den wissenschaftlichen Beweis für Pflanzen und Tiere erbracht, siehe Lit. Deutsche Übersetzung, Teil 1, Pflanzen, siehe Lit.
Quelle: COFFEE GROWING: with Special Reference to East Africa. John Holt McDonald (1869-), East Africa Ltd., London, 1930
Koffein = 1,3,7–Trimethylxanthin
Wie erwartet enthalten alle Blütenorgane (ursprünglich sind sie ja aus Blättern hervorgegangen) das Purin-Alkaloid (PuA) Koffein. Die höchste Konzentration befindet sich jedoch im Pollen, dem Blütenstaub.
Auch der Nektar enthält Purin-Alkalloide (PuAe) und bewirkt damit, dass sich das bestäubende Insekt an die Blüte (Lage, Duft, Gestalt) erinnert: Visitor Loyalty oder einfach 'Kundenbindung' wird dies genannt!
Nicht nur Kaffeeblätter sondern vor allem frische (oder getrocknete) Kaffeeblüten eignen sich hervorragend für die Zubereitung eines koffeinhaltigen Tees. Neuerdings wird erforscht, ob und wie die nach der Befruchtung abgeworfene Blüte (eigentlich nur die Krone) in der Plantage gesammelt und dank ihrer bioaktiven Inhaltsstoffe medizinisch verwertet werden könnten, siehe Lit. Der Gehalt an Koffein soll 1 % betragen.
Biene auf Kaffeeblust in der Neuen Welt
Die Art Coffea arabica ist, im Gegensatz zu C. canephora, selbstbestäubend (und selbstbefruchtend) , was bedeutet, dass sie keinen Vektor (Biene, Schmetterling etc.) benötigt, der den Pollen von einer anderen Pflanze (der gleichen Art) auf die Narbe überträgt. Der Fruchtansatz ist also garantiert, und die Bestäubung findet z.T. sogar in der noch geschlossenen Kaffeeblüte statt!
Vor etwa 20 Jahren haben sich Forschende die Frage gestellt, ob die Präsenz von Bienen allenfalls doch zu einem höheren Ertrag beisteuere.
In der Tat, die Anwesenheit von Bienen aller Art (soziale oder solitäre) führt zu einem grösseren Bestäubungserfolg d.h. Fruchtansatz, wobei nicht die Individuen- sondern die Artenzahl ausschlaggebend ist.
Koffeinarmer Kaffee in Blüte. Bemerkenswert ist, dass die noch nicht geöffneten Blütenknospen blasig aufgetrieben sind. Es fehlt ihnen das formgebende Korsett, das 'Kolleter-Harz'. Vergleiche dazu die Knospen in der folgenden s/w–Illustration.
Blütenknospen sind wie die Blattknospen von einer schützenden harzartigen Schicht überzogen. Diese wird auch hier von so genannten Kolletern gebildet. Das sind mikroskopisch kleine, epidermale Strukturen, die an den Stipeln (Nebenblättern) in der Blütenknospen-Anlage angesiedelt sind.
Über die Funktion dieser Schicht konnte bis anhin nur spekuliert werden: Schutz vor mikrobiellen Infektionen, Fressfeinden, Austrocknung etc.
Im Falle des Arabica-Kaffees hat sich nun eine weitere Türe aufgetan: Auf der Suche nach der natürlich koffeinfreien Kaffeepflanze haben meine brasilianischen KollegInnen mit einem Screening unter tausenden Pflanzen ein paar koffeinfreie Individuen aufgespürt. Im Feldanbau zeigte es sich jedoch, dass decaffito so der Name dieser Mutante, die Blüten vorzeitig (vor der Selbstbestäubung) öffnet und von Bienen mit Pollen aus den 'koffeinhaltigen Nachbarplantagen' bestäubt wird, was dann zu koffeinhaltigen Bohnen führt und in diesem Fall nicht erwünscht ist!
Blütenknospen, Blüten und junge Früchte der koffeinhaltigen Arabica-Pflanze.
Der Pollen auf der Narbe keimt und bildet einen Schlauch, der bis zur Eizelle in der Samenanlage (Embryosack) wächst, wo es durch die beiden Spermazellen zu einer Doppelbefruchtung kommt: Aus der Eizelle entsteht der Embryo und aus dem Zentralkern das Endosperm. Die Blütenkrone verwelkt und fällt ab. Der Fruchtknoten entwickelt sich (nach Verlust von Griffel samt Narbe) in die Frucht, wie wir das an diesem Ast von Coffea arabica sehen.
Schon an den ganz jungen Früchten können wir den Diskus erkennen, also jene Stelle, wo der Nektar produziert wurde und die 'Narben' des Ansatzes von Korolla und Griffel zurückgeblieben sind.
Die Bildung von Früchten ist für die Pflanze eine hohe Investition. Um dem Verlust vorzubeugen, haben sich im Laufe der Evolution einige Strategien herausgebildet:
Die jungen Stadien sind unauffällig (grün) gruppiert in den Blattachseln und stark koffeinhaltig.
Das eigentliche Nährgewebe der späteren Samen ist noch nicht entwickelt. Seine Bildung setzt erst ein, wenn die Frucht auch mechanisch geschützt ist: Diese hochkomplexe Orchestrierung der Entstehung der Kaffeebohne ist auf den nächsten Seiten beschrieben.