Beschreibung Fahlenwerder 1853 und 1920

Fahlenwerder um 1853

(aus Landbuch der Mark Brandenbuch, geographisch, historisch, statistische Beschreibung, Berghaus, 1856)

Der Große Fahlenwerder, welcher an dem nach ihm benannten zur Mietzel führenden Abwässerungs- und Flößkanal belegen ist, bestand im Jahr 1853 in den 3 Abtheilungen der Ober-, Mittel- und Unterlinie, und mit Einschluß der Ansiedlung Dicke-Bruch aus 126 Kolonistenstellen, mit 181 Wohnhäusern, 2 Windmühlen und 4 Schmieden. Die Feldmark dieses neuen Dorfes ist 3669 Morgen 41 Quadrat-Ruthen groß, einschließlich von 59 Morgen 47. 58 Hof- und Baustellen, 76. 33 Gärten, 1969. 47 Ackerland, 1246. 110 Wiesen und 329. 153 Hütungen. Nach einer anderen Angabe beträgt das Acker-Areal 1569. 64 und die Wiesenfläche 1530 Morgen. Die Haupt-Nahrung des Ortes besteht in Viehwirtschaft; es werden in der Regel 500 Kühe und 250 Stück Jungvieh gehalten. Da die Ansiedler theils lutherischer, theils reformirter Confession waren, so war die Kirche eine Simultankirche, worin einen Sonntag um den anderen für beide Gemeinden abwechselnd Gottesdienst gehalten wurde, Lutherischerseits vom Prediger zu Staffelde, Reformirterseits von Prediger der reformierten Gemeinde zu Soldin. Seit der Union beider Konfessionen ist Groß Fahlenwerder selbst eine evangelische Mutterkirche mit eigenem Pfarrer geworden, obwohl sich 2/3 der Einwohner noch immer Lutheraner und 1/3 Reformierte nennen, letztere die Nachkommen der eingewanderten Pfälzer. Der Domainenzins, welcher an das Amt Karzig zu entrichten ist, beträgt 1464 Thaler 10 Silbergroschen 7 Pfennige 12 Kolonisten waren im Jahr 1850 vorhanden, welche den Grundzins abgelöst hatten und demnach freie Eigentümer geworden waren.

Der kleine Fahlenwerder bestand im Jahre 1850 aus 29 Kolonistenstellen, mit einem Gesammtareal von 242 M. 145 Q.-R., darunter 4. 77 Hof- und Baustellen, 3. 41 Gärten, 79. 33 Ackerland und 165. 168 Wiesen. Der Wohn- und Wirtschaftsgebäuden waren 81 im Jahre 1853 vorhanden. Der Ort ist nach Groß Fahlenwerder eingepfarrt und nährt sich hauptsächlich von Tagelöhnerei. 28 Kolonisten zahlen jährlich 49 Thlr. 3 ½ Sgr. Domainen-Zins und einer entrichtet 5 Thlr. 15 Sgr. Erbpachts-Canon.

1853 wurde noch nach dem magdeburgischem Feldmass gemessen. Es entspricht aber schon in etwa dem metrische Flächenmaß von 1872, welches noch gültig ist. Das seit 1813 eingeführte preußische Feldmaß war mit dem Magdeburgischem identisch, lediglich die Hufe als große Einheit entfiel, es wurde nur noch in Morgen und Quadrat-Ruten gemessen.

1 Morgen = 180 Ruthen (Quadrat-Ruthen)

in heutigem Maß:

1 Q.-R. = 14,1846 m2

1 Morgen = 25,5322 Ar = ca. ¼ Hektar

1 Ar = 100 m2

1 Taler = 24 Silbergroschen

1 Silbergroschen = 12 Pfennig

Beschreibung der Gegend von Fahlenwerder aus der Sicht eines Zeitgenosssen um 1920

(Julius Lippert aus Lippehne, geb. in Klein-Fahlenwerder)

Die Provinz Mark-Brandenburg reichte mit ihren nord-östlichem Flügel der Neumark über die Oder und Warthe hinaus. Die Neumark ist, wie der ganze norddeutsche Landrücken, reich an Wald und Seen. Sie entwässern sich in ihrer östlichen Hälfte durch die Kladow bei Landsberg in die Warthe und durch die Zantze und Dräge in die Netze, alle 3 in südlichem Lauf, während ihr Wasserüberschuss auf dem Nordrand von Plön, Mörike und Ina in nordwestlicher Richtung zur Oder geführt wird. Den westlichen Teil füllt im übrigen die Mietzel aus. Sie kommt aus dem Soldiner See und macht Miene in südlicher Richtung die Warthe zu gewinnen, wird aber durch das breite und verhältnismäßig hohe Böschungsufer derselben nach Westen abgelenkt und der Warthe parallel laufend zur Oder gewiesen. Ein ebenso unüberwindliches Hindernis südlich zur Warthe durchzubrechen, findet dann auch das östlich der Mietzel lang hingestreckte „Fahlenwerdersche Luch“, das in seinem östlichen Zipfel den jetzt noch etwa 600 Morgen großen, 58 m tiefen und fischreichen Stegsee umschließt. In einer Ausdehnung von 15 km ist ihm die Wartheböschung vorgelagert. Um dieses ausgedehnte Sumpfgebiet zu erschließen, verschaffte ihm Friedrich der Große in der Zeit zwischen dem 1. und 2. Schlesischen Krieg einen geordneten Abfluß nach Westen, indem er vom Stegsee bis zum Mietzelknie durch die Mitte des Luches den 15 km langen Mietzelkanal graben ließ und damit das überflüssige Wasser des Luches in den Mietzelfluss leitete. Dadurch wurde der Wasserspiegel etwa 3 m gesenkt, die Ufer des Sees traten weit zurück und er wurde zur Feldnutzung ca. 7000 Morgen, teils Torfwiesen und teils Mergelgeschiebe gewonnen. Der nun wasserfreie Boden wurde vielfach den angrenzenden Gemeinden zugeteilt, im Zentrum des Neulandes aber ließ der König das große 7 km lange Kolonistendorf Groß-Fahlenwerder anlegen.

Der Mietzelkanal bildet in seiner ganzen Länge die Grenze zwischen den Kreisen Soldin und Landsberg. Fahlenwerder liegt an der Nordseite des Kanals, also zum Kreis Soldin gehörend. Auf der Südseite liegen Fahlenwerder gegenüber, die durch Entwässerung gewonnenen Hohenwalder Wiesen, der Stegsee mit seinem angrenzenden Moorgebiet auf der Ost- und Nordseite gehörte nach Marwitz (ebenfalls Kreis Landsberg). Auf dem Nordrande des Luches (Krs. Soldin) beginnt die Große Karziger Heide. In seinem südlichen Teil dem königlichen Oberförstereibezirk Lichtefleck. Sie wurde in früheren Zeiten vom königlichen Rentamt Karzig verwaltet und die wenigen Ansiedlungen, die hier am Rande des Luches auf dem höhergelegenen sandigen Ufer entstanden, waren in Karzig zu Hand- und Spanndiensten verpflichtet.

Saugarten nordöstlich, weiter im Bogen nach Westen zu, die königliche Glashütte Klein-Fahlenwerder, dann die wenigen Kleinsiedlungen Dickebruch und Kurze-Stücken. Sie bildeten die Wohnstätten für die Waldarbeiter und für die Hirten, die im Sommer auf dem vom Wasser freiwerdenden Werdergrund und den Sumpfwiesen die Schafe und Fohlen weiden mussten. Insoweit wurde der Werder zur Aufnahme der Fohlen des königlichen Amtes benutzt. Ja, daraus ist wohl auch der Name des Ortes entstanden, denn jedenfalls heißt Fahlenwerder Fohlenwerder. Die älteren Bewohner sagten in ihrem eigenartigen Dialekt: „Min Fahlen“ statt „Fohlen.“ „Is gut, will mal siehn „ (statt sehen). Der süddeutsche Dialekt hat sich im Dort noch ziemlich erhalten, wenn auch durch fremde Einflüsse stark gemildert wurde. Man hört noch heute: „Das kenn’n mer nich drumrumreden, des da nich.“ “Ick hebb nischt“.

Die Amtsscheune war in ihrer vollen Größe noch lange erhalten. Der Schafstall ist zum Schutthaufen geworden. Dicke-Bruch hieß wohl früher Dickow-Bruch, weil es früher zum Ort Dickow bei Karzig gehörte. Auch Gut Gollin bei Staffelde hatte hier Weiderecht. Seine Schäferfamilie Diestler hatte dann mehrfach Kolonistenstellen inne. Die drei älteren Randsiedlungen Sau-Garten, Dicke-Bruch und Kurze-Stücken wurden mit dem neuen Dort Groß-Fahlenwerder zu einer politischen Gemeinde vereinigt, ihr Ortsschulze wohnte in Groß-Fahlenwerder. Dagegen Klein-Fahlenwerder in sich geschlossen, hatte seinen eigenen Ortsvorsteher. Klein-Fahlenwerder wurde aber mit Groß-Fahlenwerder und den Randsiedlungen zu einer Kirchengemeinde vereint; die Kirche steht in Groß-Fahlenwerder in der Mittellinie. Vor der Melioration gehörten die vorhandenen Bewohner, die natürlich lutherisch waren, zum Kirchspiel Staffelde. Die aus der Pfalz-Zweibrücken kommenden Neusiedler waren aber reformierte und wurden vom reformierten Pastor in Soldin kirchlich versorgt. Nach dem Bau der Kirche gingen beide Konfessionen zum gemeinsamen Predigergottesdienst.

Die beiden Lehrer, die neben der Kirche wohnten, den Küsterdienst versahen, Orgel spielen, vorsingen bei Taufen und Begräbnis etc., weilten bei dem gemeinsamen Sonntags- und Predigtgottesdiensten abwechselnd ihres Amtes (der erste Lehrer ist als lutherischer und der zweite als reformierter Kirchenbeamter berufen); dagegen bei Abendmahlfeiern, Hochzeiten, Taufen und Begräbnissen ist je nach der Konfession der betreffenden Gemeindemitglieder die Mitwirkung der Lehrer zugeordnet.

Ursprünglich hatte Groß-Fahlenwerder nur die beiden Lehrer in dem Doppelschulhause an der Kirche. Um den Kindern aber den Schulweg zu kürzen und auch die überfüllten Klassen zu entlasten, sind im Jahre 1900 noch 2 einklassige Schulen erbaut, und zwar die eine in der Unterlinie und die andere am Kloppin für Sau-Garten und der angrenzende Teil der Oberlinie. Klein-Fahlenwerder hatte seine eigene einklassige Schule, auch hatte es seinen eigenen Friedhof, gleichfalls Sau-Garten, während die Bewohner von Dicke-Bruch und Kurze-Stücken auf den Friedhof in Groß-Fahlenwerder an der Kirche gelegen, ihre Ruhestätte fanden. Die Bewohner des ganz vom Wald umgebenen und abgeschlossenen Kirchspiels sind gewöhnt, fleißige Kirchgänger ebenso fleißige Bebauer ihrer Scholle, dabei offenen und sehr heiteren Charakters und es durfte daher im Dorfe auch nicht an notwendigen Trink- und Tanzstätten fehlen. Wie der König bei der Anlage von Groß-Fahlenwerder in der Mittellinie, Oberlinie und Unterlinie eine solche Kulturstätte (Gaststätte) einrichtete, finden wir eine solche auch in Sau-Garten und Klein-Fahlenwerder.

Es kann sich jeder, der diese weit auseinandergezogene Siedlung durchschreitet, genügend oft stärken und der Sonntagseinkehr hält, kann ausgiebig beobachten, wie man hier spielt, trinkt, tanzt, singt, „ja sich sogar bemüht, auf den Brettern, die die Welt bedeuten“.

Fahlenwerder hatte zuerst keine eigenen Seelsorger im Dorfe wohnhaft, die lutherischen wurden von Staffelde und die reformierten von Soldin aus betreut. Erst nachdem 1817 durch Friedrich Wilhelm III die Union Preußen erklärt, erhielt Fahlenwerder die gemeinsamen eigenen Pfarrer. Da neben der Kirche für denselben kein Bauplatz mehr vorhanden war, ist das Pfarrgehört am Kloppin zwischen Mittel- und Unterlinie auf dem nördlichen Teil der Karziger Amtswiesen errichtet und zugleich davon mit Acker dotiert.

Die Affäre von Fahlenwerder!

„Ihr meint also, Seydlitz, mein Unteroffizier

hat als Schulze in Fahlenwerder wenig Pläsier?

Aber gefallen hat's ihm? – Er empfiehlt eine Reise

nach dem verrufenen Soldiner Kreise?“

So sprach der Fritz zum General, der unerkannt

gewandert war, durchs Neumärkische Land.

„Jawohl Majestät, ich kann nur sagen,

dass die Fahlenwerderschen nicht mehr klagen.“

(Dass er aber durch eine blühende Wiese gegangen,

von den Bauern dabei wurde abgefangen

und vom Schulzen für diese Freveltat

5 Schläge erhielt auf die Hosennaht,

verschwieg er wohlweislich und mit Bedacht,

weil’s ihm doch einigen Ärger gemacht.)

„Es geht dort zu nach Gesetz und Recht,

und unser Schulze regiert nicht schlecht.“

So endet so voll Hinterlist,

Und Friederikus, wie der so ist,

kommt hin, verkleidet als Arbeitsmann,

verfehlt den Weg, will durch die Wiese zum Dorf heran,

stapft durch das Gras, wird aufgegriffen,

beschimpft, gestoßen mit Pfiffen und Kniffen

und kriegt, weil er nicht bezahlen mag,

10 Hiebe, nachdrücklich berechnet Schlag für Schlag.

Doch als er einst später mit dem General

in Sanssouci saß beim großen Mahl,

blinzelt der Fritz mit den Augen den blauen:

„Seydlitz sage er mir im Vertrauen,

er ist doch auch in Fahlenwerder gewesen

und kennt die verfluchten struppigen Besen.

Wieviele Hiebe, gestehe er’s mir,

empfing er vom Schulzen-Unteroffizier?“

„Fünf!“ lächelt Seydlitz mit feinem Verstehen.