AVINUS
Es ist kein Geheimnis: Neben meiner Arbeit als Universitätsprofessor und Medienwissenschaftler bin ich seit 1992 als Verleger tätig, nachdem ich zuvor als Publizist für zahlreiche Tageszeitungen und Zeitschriften aktiv war und im gleichen Jahr auch meine Dissertation bei einem anderen Verlag veröffentlich hatte. Aus diesen Erfahrungen heraus und durch lange Diskussionen mit einer recht heterogenen Gruppe von Menschen, von denen jeder andere Anliegen, Ausbildungen, Fähigkeiten und Talente mitbrachte, entstand 1992 die Idee, gemeinsam einen Verlag zu gründen: den AVINUS Verlag.
Dieser wurde als Kooperative aufgebaut, in der Freiberufler, Selbständige und MitarbeiterInnen anderer Institutionen wie Universitäten, Museen, Organisationen oder anderer Verlage ihre Kompetenz nebenberuflich in die Arbeit für AVINUS einbringen. Dabei steht im Mittelpunkt immer die Programm- und Projektarbeit, nicht die Orientierung an Profiten und Gewinnen (auch wenn eine Firma selbstverständlich kostendeckend arbeiten muss).
AVINUS ist "kooperativ" strukturiert. Die AVINUS GbR wurde als "Gesellschaft bürgerlichen Rechts" gegründet, hatte aber von Anfang an eine vergleichsweise hohe Anzahl von Gesellschaftern und Teilhabern, von denen jeder Stimmrechte - unabhängig von seinen wirtschaftlichen Anteilen - ausüben konnte. Diese Konstruktion ist eine gute Übung in Sachen Demokratie, die manchmal anstrengend ist, aber letzthin durch die Suche nach einem Konsens bessere Lösungen findet als Einzelpersonen es könnten. 2004 wurde der AVINUS GbR der als gemeinnützig anerkannte AVINUS e.V. zur Seite gestellt, um stärker non-profit orientierte Projektbereiche betreuen zu können.
Eine Übersicht über die verschiedenen Aktivitäten finden sich auf der Website AVINUS Netzwerk.
Der AVINUS Verlag fokussiert Arbeiten, die unter kulturellen, sozialpolitischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Aspekten hohe Qualität und öffentliche Relevanz aufweisen, sich häufig aber nur an einen kleinen Leserkreis wenden. Die Zielgruppen sind in erster Linie Wissenschaftler/innen aus den o.g. Themenfeldern sowie Bibliotheken und wissenschaftliche Buchhandlungen. Die Konzentration auf eine vergleichsweise geringe Anzahl von Neuerscheinungen pro Jahr ermöglicht eine individuelle Betreuung der Autor/innen und eine auf die einzelnen Projekte zugeschnittene Publikationsstrategie. Neben Büchern werden auch Filme, Online-Magazine oder digitale Informationssammlungen publiziert.
Der AVINUS Verlag hat verschiedene Reihen aufgebaut, wie z.B. „Forschung Visuelle Kultur“ (FVK), „Mediologie“ oder „Kaleidoskop“ (für Übersetzungen aus dem Französischen) oder die Editionslinie Medienkulturforschung, die als Peer-reviewed-Format unterschiedliche Ansprüche und Größenordnungen abdeckt wie open access Publikationen oder dazugehörige hybrid publizierte Print-Ausgaben. Insbesondere im Bereich des Dokumentarischen wurden in den letzten Jahren weitere neue Reihen entwickelt wie z.B. die Edition Dokumentarfilmgeschichte (open access), oder die hybrid publizierte Reihe Edition dokART, in der auch ungewöhnliche, vor allem auch audiovisuelle Formate integriert werden.
AVINUS hat sich dabei schon früh nicht nur auf die klassische Verlagsarbeit beschränkt. Neben einer routinierten und professionellen Publikation von Printprodukten hat AVINUS immer auch Projekte angeregt: Veranstaltungen und Tagungen, Publikationsprojekte (die keineswegs nur Printprojekte umfasst, sondern mehr und mehr Projekte, bei denen ganz unterschiedliche Medien miteinander vernetzt werden), mithin sogar Forschungsprojekte oder auch Kampagnen für spezifische Themen. Trotz bescheidener Mittel sind dadurch immer wieder wichtige Debatten angeregt und einem größeren Publikum bekannt gemacht geworden wie z.B.:
das Feld der in den 1990er Jahren zunächst in Frankreich aufgekommenen Mediologie, die durch AVINUS auch einem deutschen Fachpublikum bekannt und dann weiter entwickelt wurde. Während meines Aufenthaltes in Paris von 1993 bis 1998 war ich mit einer ganzen Reihe von hochkarätigen AutorInnen aus dem Umfeld der Cahiers de Médiologie in Kontakt gekommen, darunter insbesondere Régis Debray, Louise Merzeau und Daniel Bougnoux, mit denen ich dann in den nachfolgenden Jahren immer wieder zusammenarbeitete. Dabei haben wir uns nicht nur darauf beschränkt, wichtige Bücher, wie z.B. "Vie et mort de l'image" von Régis Debray zu übersetzen, sondern formulierten und organisierten auch eigene Ideen und Projekte zur Weiterentwicklung der Mediologie.
das Thema "bedingungsloses Grundeinkommen". Nach der Publikation von Leben ohne zu arbeiten des 2002 noch unbekannten Autors Manfred Füllsack, das zahlreiche Diskussionen auslöste und eine Fülle von Folgepublikationen nach sich zog, setzte sich AVINUS immer wieder für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein und regte in den 2000er Jahren quer über Parteigrenzen hinweg durch direkte Dialoge mit verschiedenen Akteuren zahlreiche politische Diskussionen und Veranstaltungen über die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens an.
der deutsch-französische Austausch von wissenschaftlichen Publikationen. Nach dem wir in den 1990er Jahren einen Schwesterverlag von AVINUS gleichen Namens, die Éditions AVINUS, in Paris gegründet hatten, gab es die Idee, eine wirkliche, in beide Richtungen benutzbare Brücke zwischen beiden Ländern zu bauen, um wichtige, oft aber vergessene oder ignorierte AutorInnen dem Publikum des jeweils anderen Landes bekannt zu machen. Um es vorweg zu nehmen: die Idee der beidseitigen Begehbarkeit scheiterte schon nach wenigen Jahren und wir mussten die Éditions AVINUS in Paris wieder einstellen. Aber es entstanden faszinierende Projekte, die als Einzelstücke auch beim französischen Publikum großen Erfolg hatten. Insbesondere erwähnen möchte ich hier die von uns angeregte und publizierte Übersetzung von Siegfried Kracauers Studie "Die Angestellten", die gleich in mehreren Auflagen nachgedruckt und schon früh in die Edition der MSH aufgenommen wurde. Auf deutscher Seite ist eine gewisse Expertise für die Übersetzung gewichtiger französischer AutorInnen geblieben. Neben Régis Debray, haben wir u.a. die deutschen Übersetzungen der Arbeiten von Christophe Charles, von Bernard Lahire und insbesondere auch von Dominique Wolton herausgegeben und daneben zahlreiche anderer Publikationen im deutsch-französischen Feld.