Feste in Sopachuy

Feste in Sopachuy

In letzter zeit waren einige Festivitäten in Sopachuy, über die ich noch nicht berichtet habe:

Promoción der 6st Klässler

Letztens war die Promoción der sechst Klässler meiner Schule! Das heißt sie wurden verabschiedet und kommen nach den Sommerferien in die Weiterführende Schule. Dazu waren alle Eltern eingeladen und man hat sich in der geschmückten cancha, also der Sporthalle der Schule getroffen. Wie bei den meisten offiziellen Veranstaltungen wurde die Nationalhymne gesungen und die Flagge gehisst.

Ich war auch bei der Promoción der Kindergartenkinder dabei, spannend wer nächstes Jahr so in die Grundschule kommt! Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie stolz die Bolivianer auf ihr Land sind. Auch die kleinsten Kindergartenkinder kennen die Hymne auswendig! Die Personen, die bei diesen Veranstaltungen Reden halten, bauen gerne mal etwas ein, wie: „Que viva Sopachuy!“ Und alle rufen dann „Que viva!“ Und strecken die Faust hoch (In etwa „Hoch lebe Sopachuy“, „Es lebe hoch!“) In Deutschland wäre das heute zu Tage glaube ich undenkbar, sich so stolz für sein Land zu präsentieren, was ich irgendwie ein bisschen schade finde!

Naja, nach der Hymne liefen die Kinder mit ihren Eltern ein und durften sich ganz vorne hinsetzen. Die anderen Klassen haben verschiedenes vorbereitet. Viele haben etwas vorgetanzt, vorgesungen, Gedichte ausgesagt oder auch Reden gehalten. Ich war wie viele andere Lehrer, Eltern und Schüler ein bisschen emotional.

Ich habe sie jetzt drei Monate in Englisch unterrichtet und freue mich immer fast zu Tode wenn ich ihr Interesse sehe! Zum Beispiel waren wir letztens im Fluss baden und haben geschaut wer unter Wasser länger die Luft anhalten kann! Und alle haben laut auf Englisch mitgezählt! Aber auch einfach wenn sie auf der Straße „good morning teacher!“ sagen! Eine Schülerin aus der sechsten Klasse hat mich immer wieder überrascht, indem sie mich gefragt hat, ihr englische Liedtexte zu übersetzen! Sie war wirklich sehr engagiert! Trotzdem gibt es natürlich auch die Art von Schüler die immer unaufmerksam sind und ihr Heft vergessen… wenn sie überhaupt eins haben… Bei manchen wiederholt man sich nur und hat das Gefühl es bleibt trotzdem nichts hängen.


Ich bin gespannt wie es ihnen im weiteren Englischunterricht drüben bei Thorn geht!

Todo Santos

Allerheiligen wird hier auf jeden Fall ausführlicher zelebriert las in Deutschland! Am Mittwoch, den ersten November hat uns unsere Freundin uns mit auf den Friedhof genommen. So gefühlt das ganze Dorf war an diesem Abend dort und außerdem noch viele, die weiter weg wohnen aber hier Familienangehörige haben. Es gab eine Art Gottesdienst und alle Leute, die in diesem Jahr gestorben sind wurden aufgezählt. Traditionellerweise geht man dann zu den Gräbern von Bekannten, Freunden oder auch Familie und betet dreimal das Vaterunser, das Ave Maria, und das Gloria. Die letzen beiden sind bekannte katholische Gebete hier. Und anschließend bekommt man von der Familie, die bei diesem Grab sitzt chicha, ein alkoholhaltiges Getränk eingeschenkt und Gebäck geschenkt.

Ich persönlich habe mich sehr unwohl gefühlt. Natürlich ist es schön zu sehen wie das ganze Dorf versammelt ist und an die Verstorbenen gedacht wird. Überall waren Kerzen und Gemurmel. Die Leute hier beten die drei Gebete drei mal für Menschen die sie gekannt haben, ich allerdings kannte sie nicht und fand es irgendwie unangemessen für sie zu beten. Außerdem fand ich es ungewohnt, den sonst so ruhigen Friedhof so zu sehen… Das es an jeder Ecke Alkohol gab hat mich an die Weinwanderung der Bergstraße erinnert. Die Kleidung der Frauen hier im Dorf ist total typisch, ich muss euch mal ein Bild zeigen! Die Röcke sind kurz, etwas übers Knie und haben gaaanz viele Falten! Die Blusen sind sehr unterschiedlich aber meistens doch sehr tief ausgeschnitten. Ich hätte mich in Deutschland nicht getraut so in eine heilige Kirche oder einen Friedhof zu gehen. Für die Katholiken hier ist das aber normal. Das hat mich wirklich sehr überrascht, weil hier in vielen Punkten alles sehr religiös und streng gehandhabt wird!


Am nächsten Tag ging das ganze in etwa so weiter. Nur das man von Haus zu Haus gewandert ist, dort wo im vergangenen Jahr jemand gestorben ist hat man wieder die drei Gebete dreimal gebetet und chicha sowie ein Mittagessen bekommen. Man kann sich also vorstellen, das man am Ende von diesem Tag ziemlich vollgefressen war und der ein oder andere auch etwas angetrunken. Sehr ungewohnt für mich etwas Heiliges so zu zelebrieren. Trotzdem absolut interessant mal miterlebt haben zu dürfen!

Ganz vorne ist ein Bild, der verstorbenen Person und auf dem langen Tisch das typische Gebäck, dass sie einem schenken, wenn man, wie die Kinder am Rand für die Person betet.

Entrada

In jeder Stadt oder auch in den meisten Dörfern gibt es eine sogenannte Virgen, eine Jungfrau, die alle beschützt und die Region repräsentiert. Sie heißt zwar in jedem Ort anders, aber eigentlich ist immer die Heilige Jungfrau Maria gemeint. Hier in Sopachuy heißt sie Virgen Remedios. Einmal im Jahr wird diese dann gefeiert. Das heißt es gibt Messen und Gottesdienste ihr zu Ehern. Aber auch Straßenumzüge, bei denen alle mit Laternen und der Sopachuyflagge mitlaufen. Was auch sehr lustig war, waren die Stierkämpfe. Als ich gehört habe, dass sie Stierkämpfe veranstalten, war ich erstmal sehr geschockt, ich persönlich finde das ist keine schöne Art der Unterhaltung… Naja ich geh da mal hin, um zu sehen was dort los ist. Letzten Endes war einfach das ganze Dorf wieder versammelt, irgendwo in der Ecke eines großen Platzes stand ein Ochse, graste und auf der anderen Seite wedelte dann jemand mit seinem Pulli…

Natürlich wurde aber auch wieder getanzt. Die Woche vorher trafen sich die verschiedensten Gruppen und haben ihre Tänze eingeübt. Es gibt soo unglaublich viele traditionelle Tänze und sie werden so schön erhalten, weil die Leute so begeistert davon sind und bei jeder möglichen Gelegenheit tanzen. Wirklich die meisten kennen zumindest den Grundschritt, der Tänze. Alina und Katrin haben mit dem Krankenhaus diablada getanzt, Thorn mit den Lehrkräften morenada und ich mit ein paar Mädchen aus der weiterführenden Schule caporales. Hier mal ein bild von unseren unterschiedlichen Kostümen:

Oben ein Bild von Katrin, Jhandira, die uns immer überall mit hin nimmt und uns alles zeigt, sie wurde in Sopachuy geboren und kennt sich super aus, mir und Alina.

Unten ein Bild von Jhandira, Julia, eine Freiwillige, einer anderen Organisation, die aber auch in Sopachuy arbeitet, Thomas, der mit Julias Organisation hier ist, Thorn, Katrin und Theresa, auch sie arbeitet mit Thomas un Julia. Die beiden Jungs, sind die in den bärtigen Masken und Röcken.

Dadurch, dass ich in Deutschland oft getanzt habe, war das für mich besonders interessant zu vergleichen.

Wenn wir eine Aufführung hatten haben wir mindestens ein halbes Jahr vorher angefangen, die Choreografie zu üben.

Hier haben wir die Woche vorher angefangen uns jeden Abend zu treffen. Ich bin zum vereinbarten Haus gegangen und habe erwartet, dass jemand vielleicht ein großes Wohnzimmer hat wo wir üben. Tatsächlich haben wir aber einfach auf der Straße geprobt. Irgendjemand hatte dann Boxen und Musik dabei und los gings! Das macht ja aber auch viel mehr sinn da die entrada ja auch auf der Straße getanzt wurde.

Was ich auch super schön fand war, dass es keinen Lehrer gab, der eine Choreografie im Kopf hatte und sie den anderen beigebracht hat. Einige Mädchen kannten viele schritte, auf meine Frage hin, woher, meinten sie nur aus Videos und haben dann mit den anderen besprochen, wie sie den Tanz aufbauen. Das hat erstaunlicherweise so gut geklappt. Ich dachte am Anfang nur oje das gibt bestimmt Diskussionen ohne Ende, aber die Mädchen haben sich immer schnell geeinigt.

Vor meinen Aufführungen in Deutschland wurde jedes Detail, jede Finger- oder Kopfbewegung solange durchgesprochen, bis auch wirklich alle möglichst synchron getanzt haben! Ich habe einen Schritt des Tanzes nicht verstanden und eins der Mädchen gefragt, ob sie es mir langsam nochmal zeigen könne, wie viele male man, in welcher Reinfolge welchen Fuß benutzt. Sie konnte es mir nicht sagen. Ich habe sie gefragt mit welchem Fuß sie den Schritt anfängt und wie oft sie danach einen anderen Schritt wiederholt, aber sie meinte nur ich soll einfach die Musik hören und das machen was dazu passt. Also habe ich ein paar andere Mädchen gefragt, weil es mir wichtig ist die Schritte möglichst perfekt auszuüben. Meiner Lehrerin in Deutschland war es super wichtig, dass bloß alle den gleichen Fuß benutzen! Die Mädchen konnten es mir aber auch nicht erklären… was mich dabei gewundert hat, war das sie, obwohl sie nicht genau wussten wie der Schritt aufgebaut ist und funktioniert, alle synchron exakt das Gleiche getanzt haben! Ich hoffe ihr versteht was ich meine es ist sehr schwierig das zu veranschaulichen.

Aus Deutschland bin ich es auch gewohnt, das die Jungs kaum tanzen. Das war leider immer irgendwie eine Mädchensache und die Jungs haben Fußball gespielt. In meiner Tanzgruppe hier waren es glaube ich fast mehr Jungs als Mädchen, und sie haben alle so toll getanzt!

Fand ich tänzerisch gesehen total spannend! So jetzt aber genug Tanzanalyse!

Navidad

Und dann war natürlich auch Weihnachten. Generell die Adventszeit ist hier völlig anders. Ohne unseren warmen Kamin, Klavierspielen, versuchen kreativ zu sein und Karten an Freunde zu basteln, jedesmal die große Frage, wo man letztes Jahr die Wintermütze und die Fahrradlichter gebunkert hat und spröde Lippen. Zumindest sah Weihnachten für mich immer so oder so ähnlich aus.

Hier war Frühling, das heißt überall sind Katzen und Hundebabys und kleine Ferkelchen. Des weiteren Mücken ohne Ende… Es sind Sommerferien und es regnet öfter, sodass der Fluss anschwillt und man baden gehen kann! Am 24. waren wir bei einer Freundin zum Abendessen eingeladen. Man hat bis um 12 Uhr nachts gewartet und sich dann gegenseitig ein Frohes Fest gewünscht. Erst dann haben wir gegessen und dem Feuerwerk auf der Plaza zugeschaut!

Und auch an Weihnachten wird wieder getanzt. Ein paar Tage vor Weihnachten kann man sich aussuchen, in welcher Gruppe oder comparsa man mittanzten will, beziehungsweise welches T-Shirt einem am besten gefällt. Weiter unten in unserer Straße fängt man dann an und tanzt in Zweierpaaren bis hoch zur Plaza. Dabei stoppt man bei einigen Häusern und tanzt in einem größeren Raum vor. Die Besitzer des Hauses geben dann meistens etwas zu trinken für alle.

Hier seht ihr Julia, mich, unsere bolivianische Freundin Jhandira, Alina, Thorn, Melanie und Theresa, in unseren Weihnachtsshirts unserer Gruppe: Auténticos de corazon!

So das waren glaube ich alle Feste dieses Halbjahres...

Ihr seht es wird hier gerne gefeiert und alles mögliche zelebriert. Schade dass das in Deutschland ein bisschen ruhiger ist. Ich werde das vermissen!