Scham

Ich glaube, sobald ich einen Mann in den Laden gehen sehe, ist es vorbei. Das kriege ich dann wirklich nicht hin. In meiner Vorstellung ist die Kundschaft von solchen Läden ausschliesslich männlich. Frauen shoppen diese Dinge, wenn überhaupt, dann nur online.

(Eva Rottmann, Fucking fucking schön, S. 55)

Ich erwidere kurz ihren Blick, dann starre ich wieder auf die Penis-Armada in dem Regal vor mir. Was meint sie denn damit? Was glaubt sie, für was ich so ein Ding brauche? Als Dekorationsobjekt? Zum Suppe umrühren? Ich habe gedacht, wenn man in so einen Laden geht, ist klar, was man dort will. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich auch noch Fragen beantworten muss.

(Eva Rottmann, Fucking fucking schön, S. 58)

Ich weiss gar nicht, wohin ich gucken soll, die Situation ist mir unangenehm. Aber die Verkäuferin scheint es nicht zu merken.

(Eva Rottmann, Fucking fucking schön, S. 62) 

Leyla wird ihren Freundinnen erzählen, was für ein Schlappschwanz ich bin, sie wird mich verlassen, ich werde unter meiner Roboter-Bettdecke liegen, ein paar neue Spermaflecken produzieren und ziemlich viel weinen, darauf wird es hinauslaufen. Ich hab die ganze Zeit gewusst, dass es darauf hinauslaufen wird. Ich meine, die ganze Stadt fragt sich wahrscheinlich schon seit zehn Wochen, was Leyla mit mir will.

(Eva Rottmann, Fucking fucking schön, S. 103)

Ich ziehe die Bettdecke um mich herum fester, vergrabe mein Gesicht im Kopfkissen und heule lautlos. Ich schäme mich so sehr, mein ganzer Körper brennt vor Scham, ich halte es fast nicht aus. Warum habe ich das gemacht? Warum habe ich mich einfach ausgezogen und Yasin so überfallen? Was habe ich mir dabei gedacht? Es war ihm anzusehen, wie unangenehm ihm das war. Er würde nie irgendwas sagen, das gemein ist oder verletzend. Dafür ist er viel zu lieb. Aber sein Gesichtsausdruck war eindeutig. Ich hatte meine Unterwäsche noch an, aber ich bin mir trotzdem noch nie in meinem Leben so nackt vorgekommen. Und so billig.

(Eva Rottmann, Fucking fucking schön, S. 107)