Um welchen Gott geht es?

Um welchen Gott geht es?

Die Originaldokumente des Christentums, vorrangig die Evangelien und die Apostelgeschichte, sind historische Dokumente. Das gilt in geringerem Maße auch für die Briefe der Apostel, doch sie befassen sich hauptsächlich mit den theologischen Folgen der Auferstehung Jesu.Mit „historisch“ argumentiere ich nicht im Sinne von sehr alt oder vergangen, obwohl das natürlich auch zutrifft. Damit meine ich vielmehr, dass diese Dokumente von Ereignissen, Personen und Orten berichten. Sie erzählen, wer was getan hat und wo und wann dies geschah. Das hat nichts mit Fantasie oder historischen Romanen zu tun. Die erwähnten Orte gibt es wirklich, sie sind wohlbekannt. Es gibt kein Geheimnis um die Örtlichkeiten, an denen die Ereignisse stattfanden. Die Evangelien und die Apostelgeschichte sind achtbare Realität. Sie beschreiben die Wanderungen und Lehren Jesu und berichten von einer Gruppe von Fischern und anderen unscheinbaren Personen.

In der Apostelgeschichte begegnen wir erneut diesen Menschen und einer wirklich bedeutenden Person: Saulus von Tarsus. Es wird von ihnen berichtet, wie sie auf ganz gewöhnliche Weise zu ganz gewöhnlichen Orten wanderten und reisten, um zu predigen. Diese gläubigen Menschen stellten Zelte her, führten Debatten über die Religion, wurden geschlagen, reisten zu Fuß oder mit dem Schiff und machten die Erfahrungen des alltäglichen Lebens. Sie töteten keine Drachen, retteten keine Prinzessinnen und brachen nicht aus ihrer unmittelbaren Umgebung aus. An dieser ganzen Sache gibt es nichts Mythologisches, Heroisches oder Fantasievolles. Außer den Berichten über die übernatürlichen (jenseits der Naturgesetze liegenden) Wunder (die Auferstehung Jesu eingeschlossen), sind diese Berichte für jeden Leser völlig plausibel. Sind nun die Wunder eine zu große Ausnahme, um glaubwürdig zu sein? Meines Erachtens überhaupt nicht. Ein solcher Einwand hat allenfalls etwas mit einer eingeschränkten Perspektive und Voreingenommenheit zu tun. Wir haben im vorangegangenen Kapitel (20, Prüfet Alles 70/6) gesehen, dass die Ablehnung des Übernatürlichen keine Grundlage hat, sondern auf ungerechtfertigten Vorurteilen beruht.

Unter der sehr wahrscheinlichen Annahme, dass Gott existiert und gläubige Menschen Ihn repräsentierten, sollte es nicht im Geringsten überraschen, solche Manifestationen der göttlichen Macht anzutreffen. Beachtenswert da-bei ist, dass solche Manifestationen (wie zum Beispiel die Heilung eines Aussätzigen oder die Vervielfältigung der Brotlaibe für die hungernde Menge) stets dem größeren Zusammenhang des oben beschriebenen gewöhnlichen Lebenslaufs dienten. Eine faire und durchaus berechtigte Frage ist: Woher kamen diese Schriften, wenn die Auferstehung nicht stattgefunden hat? Dass die berichteten Ereignisse vor fast zweitausend Jahren geschahen, gibt uns nicht das Recht, sie als unwichtig beiseite zu schieben – so nach dem Motto: Das ist schon so lange her, es ist nicht möglich zu beweisen, dass diese Sache tatsächlich geschehen ist und ob die Leute, von denen dort die Rede ist, jemals gelebt haben. Meinungen dieser Art zeugen von einem gravierenden Mangel an Geschichtsverständnis.

Drei Arten von Fragen zum Beweis der Auferstehung

Wenn wir überprüfen möchten, ob für die reale Auferstehung Jesu ein Nachweis erbracht werden kann, dann müssen wir uns zunächst im Klaren darüber sein, dass sich die Frage, die wir heute stellen, erheblich von der Frage unterscheidet, die zur Zeit des frühen Christentums gestellt wurde. Ich werde die „Auferstehungsfrage“ aufteilen und unter drei Aspekten betrachten, die ich – kaum überraschend – die primäre, die sekundäre und die tertiäre Frage zur Auferstehung nenne.

Die primäre Frageform befasst sich mit der Zuverlässigkeit unserer Sinne und der Vertrauenswürdigkeit unserer kognitiven Wahrnehmungen. Das war wohl die Frage in den ersten Augenblicken und Tagen nach der Auferstehung. Jene, die Jesus damals sahen, stellten diese primäre Frage: Können wir dem trauen, was wir gerade sehen und erleben? Für die Frauen am Grab, die Jünger (und später auch für Saulus von Tarsus, als er sich Damaskus näherte) hatte die Frage nichts damit zu tun, was sie gelesen oder in Verkündigungen gehört hatten, sondern war schlicht Zweifel, ob sie dem, was sie gerade leibhaftig vor sich sahen, den Herrn Jesus nämlich, trauen konnten oder ob ihnen nicht doch ihre Fantasie Trugbilder vorspiegelte. Haben wir Jesus tatsächlich wieder lebendig gesehen? War er es wirklich, der da zu uns redete? Als er sagte: „Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig“ (Joh 20,27)? Und dann: „[ ...] was wir gehört, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir angeschaut und unsere Hände betastet haben [ ...]“ (1Jo 1,1). Schriftstellen wie diese stützen das unmittelbare Zeugnis derer, die dem auferstandenen Christus begegnet sind; sie sind es, die mit Gewissheit wussten, dass ihr Herr auferstanden war. Die sekundäre Frageform wurde von denen erhoben, die das Zeugnis der unmittelbaren Zeugen zu hören bekamen. Die Menschenmengen, die den Berichten der ersten Jünger, den jetzigen Aposteln, zuhörten, stellten die sekundäre Frage: Können wir den Zeugen vertrauen? Die Hörer der Predigten im ersten Jahrhundert wurden sozusagen zur „zweiten Generation“ von Gläubigen. Die christliche Bewegung hätte nicht überlebt, wären sie nicht bereit gewesen dem Zeugnis derer Glauben zu schenken, die Jesus Christus wieder lebendig gesehen hatten. Warum nun haben sie den Verkündern des Evangeliums geglaubt? Zweifellos hatten die Aufrichtigkeit und Vertrauenswürdigkeit der Prediger und Lehrer hier eine wichtige Rolle gespielt. Bei einer jüdischen Zuhörerschaft erwies sich die Fähigkeit der Prediger, einen Zusammenhang zwischen den hebräischen Schriften und dem Leben, Sterben und der Auferstehung Jesu darzulegen, als mächtiger Faktor. Und selbstverständlich waren es auch die verliehenen Gaben des heiligen Geistes, die unwiderlegbare Beweise für die Echtheit der Botschaft lieferten.

Und nun kommen wir zur tertiären Form der Frage:Ist Jesus wirklich von den Toten auferstanden? Das ist die Frage in unseren Tagen: Können wir diesen Dokumenten vertrauen?Die se ersten beiden Fragen verschwanden verhältnismäßig schnell von der Bühne. Bereits zu Beginn des zweiten Jahrhunderts nach Christus haben Menschen, die sich damit auseinandersetzten, diese Frage nicht mehr aus Zweifel an ihren Sinneseindrücken gestellt noch wegen der Glaubwürdigkeit der unmittelbaren Berichte der Augenzeugen, denn sie hatten es jetzt mit geschriebenen Dokumenten zu tun. Wenn wir die Auferstehung untersuchen, dann fragen wir genau genommen da-nach, ob wir den schriftlichen Überlieferungen trauen können. Während wir also diese Frage von verschiedenen Seiten zu klären suchen und ihre Implikationen betrachten, so befassen sich die meisten unserer Überlegungen mit der Zuverlässigkeit dieser Dokumente, insbesondere der vier Evangelien. Es gibt darüber hinaus auch einige außerbiblische Nachweise, wodurch dem Argument für die Auferstehung nicht mehr nur die Glaubwürdigkeit der Evangelien zugrunde liegt.


Eine weitere Überlegung

Ich möchte noch eine weitere Hintergrundsache ansprechen, ehe wir die besonderen Gründe für den Glauben auflisten. Wenn die Auferstehung nicht stattgefunden hat, dann brauchen wir eine plausible Alternative. Einem skeptischen Standpunkt wie dem, dass niemand beweisen kann, dass Jesus tat-sächlich als Person existiert hat, fehlt einfach die intellektuelle Reife. Den vorliegenden Fakten, nämlich den Evangelien von der Auferstehung Jesu und der Apostelgeschichte über die Ausbreitung des Christentums, muss Rechnung getragen werden. Ein Skeptiker muss eine alternative plausible Erklärung oder ein Szenario liefern, das den Anforderungen von Geschichtskriterien gerecht wird. Die Alternative muss den wörtlichen Berichten entsprechen oder sie gar übertreffen, und zwar in den verschiedenen historischen Parametern, die normalerweise verwendet werden, um historische Beweise und im Widerstreit liegende Ansprüche abzuwägen und zu bewerten. {Craig, William Lane (1995): Did Jesus rise from the Dead?, in Wilkins, Michael J.; Moreland, J. P. (Hrsg.): Jesus under Fire.Grand Rapids, Michigan, Zondervan Publishing House, S. 141-176. Craig zitiert sieben Standard-Kriterien, die kürzlich von einem säkularen Historiker aufgestellt wurden, um historische Ansprüche zu bewerten. Dieses Kapitel bereitet einen ausgezeichneten Hintergrund, umalternative Erklärungen der Auferstehung zu bewerten. }

Ich werde mich nachfolgend mit dieser Sache ausführlicher beschäftigen. Hier geht es mir nur darum, die Aufmerksamkeit auf diesen Punkt zu lenken. Wir können das Problem nicht einfach so vom Tisch wischen. Wer die Auferstehung nicht als historische Tatsache zu akzeptieren bereit ist, der muss eine einleuchtende Alternative vorschlagen, die sowohl den neutestamentlichen Dokumenten als auch der nachfolgenden Geschichte des Christentums gerecht wird. Kritiker haben in der Tat einige Vorschläge gemacht und haben damit den richtigen Weg eingeschlagen mit dem Versuch, andere sinnvolle – zum Teil ziemlich weit hergeholte – Erklärungen für die biblischen Berichte und die Geschichte des frühen Christentums zu liefern. Nachfolgend werde ich diese Alternativen untersuchen. Ich möchte meine Vorüberlegungen, die in diesem und dem vorangegangenen Artikel dargestellt wurden, wie folgt zusammenfassen: 1.) Wir werden keine a priori festgelegte Ablehnung des Übernatürlichen dulden; 2.) wir anerkennen, dass die wirkliche Auferstehung Jesu die Grundlage der christlichen Theologie ist, die damit erheblichen Einfluss auf das Thema Objektivität in der Religion hat; 3.) wir verwenden die tertiäre Form der Auferstehungsfrage, das heißt wir befassen uns mit den schriftlichen Nachweisen; 4.) wir werden die wörtliche Bedeutung nicht zurückweisen, es sei denn, wir können eine Alternative anbieten, die besser einleuchtet und den Zusammenhang erklärt.


Besondere Beweislinien, die die Wahrheit der Evangelien stützen

Nun endlich können wir die vorgeschlagenen Beweisführungen untersu-chen. Die meisten davon beziehen sich auf die Zuverlässigkeit der Nieder-schriften; andere berufen sich auf weitere historische Quellen. Ich beginne an dieser Stelle mit der Abarbeitung der Liste, die sich jedoch auch durch dienächsten Artikel ziehen wird, aber selbst diese Vorgehensweise wird nur für eine knappe Darstellung der verfügbaren Informationen reichen. Einige Punkte behandeln Standardfragen der Apologetik. Davon habe ich einige wen ige für diese Artikelserie entwickelt.

1. Historische Genauigkeit, Stil und Details der Evangelien

Ein unvoreingenommenes Durchlesen der Evangelien enthüllt, dass Jesus gekreuzigt wurde, in der Grabhöhle des Joseph von Arimathäa begraben wurde und danach wieder lebendig auferstand. Die Evangelien weisen weder symbolische noch poetische, weder transzendentale noch ikonenhafte, weder mythologische noch sonst irgendeine Schriftform auf, die uns dazu führen könnte, die Auferstehungsberichte als nicht wörtlich zu interpretieren. Alle vier Evangelisten legten in großer Sorgfalt den historischen Rahmen für die Lehre und die Wunder Jesu dar. Sie lokalisierten den Ort seiner Geburt, schrieben darüber, wo er wohnte, wo er predigte und anderes mehr. Das ganze religiöse Material ist eingebettet in geografische und zeitliche Zusammenhänge. Wir haben allen Grund zu glauben, dass die Schreiber bewusst ihre Berichte als historisch nachprüfbare Dokumente verfassten. Mit Sicherheit hätten sie nicht mit so großem Einfluss überlebt, wenn das Ganze nur reine Erfindung gewesen wäre. Die Autoren schrieben in aufrichtiger Weise die mit vielen Details angereicherten Geschehnisse auf. Dass sie historisch korrekt sind, kann nicht ignoriert werden. Wer sie dennoch leugnet, bescheinigt sich selbst Ignoranz. Dennoch stellen Kritiker und Skeptiker oft die Frage: Wenn die in den Evangelien geschilderten Ereignisse wirklich wahr sind, würden wir dann nicht in der säkularen (weltlichen) Literatur Hinweise darauf finden? Die Frage geht von der Annahme aus, dass die Evangelien nichts weiter als „religiöse Berichte“ seien, und wir daher keine „echten“ historischen Nachweise besäßen. Dieser Angriff auf das Christentum, der sich auf das Fehlen „echter“ historischer Zeugnisse beruft, zeugt von einem Fehlurteil über die Evangelien. Gerade die Evangelien selbst sind ja die von den Kritikern vermissten historischen Berichte. Die Schreiber der Evangelien, besonders Lukas, waren ja die Historiker des ersten Jahrhunderts. Wir besitzen also vier zuverlässige historische Berichte. Es sollte uns nicht weiter überraschen, dass die in den Evangelien geschilderten Ereignisse keinen Raum in der allgemeinen römischen Geschichtsschreibung haben, genauso wenig wie die Tatsache, dass John Thomas (Gründer der ersten christadelphischen Glaubensgemeinden) nirgendwo in den amerikanischen Geschichtsbüchern des neunzehnten Jahrhunderts erwähnt wird. Allgemein berichten Historiker über Kriege, Eroberungen, Politiker und dergleichen. Wären die Christadelphians eine große Religionsgemeinschaft und der Regierung lästig geworden, dann wären sie vielleicht in den Standardwerken verzeichnet worden. Als die Christen des ersten Jahrhunderts genau das wurden – groß und lästig –, fanden sie allgemein Eingang in die historischen Werke jener Zeit. Das Leben, der Tod und die Auferstehung Jesu sind viel besser historisch dokumentiert als wahrscheinlich jedes andere Ereignis in der antiken Geschichte. Keine Geschichte ist rein weltlich; alles hat eine Ursache oder einen Zweck, der dem Bericht zugrunde liegt. Wer besonders an Geschichte interessiert ist, berichtet und interpretiert zugleich die Ereignisse. Wir anerkennen durchaus den religiösen Charakter der Evangelien, doch lenkt uns das keineswegs ab von der offensichtlichen Absicht der Autoren, genaues und nachprüfbares Material vorzustellen. Wir stützen unseren festen Glauben auf die historischen Dokumente und die mit ihnen in Wechselbeziehung stehende Geschichte jener Bewegung im ersten Jahrhundert, die das Christentum genannt wird.

2. Bewertung neutestamentlicher Dokumente

Aufgrund historischer Analysen können die neutestamentlichen Schriften einen weit höheren Wert beanspruchen als jedes andere Dokument aus der Antike. Ganz allgemein ausgedrückt, summieren sich die vorhandenen Abschriften der Schreiber der Antike (wie zum Beispiel Tacitus, Suetonius, Aristoteles, Plinius der Jüngere) jeweils zu einer Handvoll, vielleicht auch zehn oder zwanzig Manuskripten; das älteste bekannte Manuskript wird typischer-weise auf etwa tausend Jahre nach dem Ableben des Autors datiert. Homer ist der einzige, der diese Zahlen mit etwa 650 antiken und vollständigen Abschriften übertrifft. Die Früheste wird auf etwa 500 Jahre nach der Entstehung des Originals durch den Autor selbst datiert. {Es vergingen zweifellos einige Jahrhunderte, eheHomers große Werke Ilias und Odyssee überhaupt niedergeschrieben wurden. Fast gewiss ist, dass diese Werke für mehrere Generationen nur mündlich überliefert wurden, ehe sie schließlich in einem Manuskript in ihrer jetzigen Form festgehalten wurden. }

Im Gegensatz dazu sieht die „Bedienung“ der neutestamentlichen Dokumentation so aus: Hier gibt es 6 000 vollständig erhaltene griechische Manuskripte und darüber hinaus zahlreiche Fragmente. Die Ältesten stammen aus einer Zeit etwa 100 Jahre nach der Entstehung des Originals. {Alle Manuskriptdatenaus http://www.carm.org/questions/trustbible.htm }

Die Autoren der ersten Jahrhunderte nach Chr istus – bekannt unter dem Namen „Kirchenväter“ – verwendeten über 30 000 Hinweise und Zitate aus dem Neuen Testament und bestätigten so nahezu jeden Vers in diesem Buch. {McDowell, Josh (1972): Evidence that Demands a Verdict.San Bernardino, Kalifornien, Campus Cru-sade for Christ, S. 43-55. Ich glaube, dieses Buch ist inzwischen überarbeitet worden und unter dem Titel „A Ready Defense“ neu erschienen }

Was bedeuten nun diese Zahlen? Zweierlei: Erstens sagen sie uns, dass das Neue Testament schon sehr früh nach seiner Entstehung äußerst populär war. Denken wir dabei nur an die vielen handschriftlich erstellten Kopien, denn einen Copy-Shop gab e s noch nicht. Zweitens sagen die Zahlen, dass wir darauf vertrauen können, auch tatsächlich das zu lesen, was die Autoren ursprünglich geschrieben hatten. Das Originalmanuskript, das der Autor selbst oder sein beauftragter Schreiber anfertigte, wird Autograph (Originalhandschrift) genannt. Weil es so viele Abschriften gibt, die zeitlich sehr eng beieinanderliegen und nur winzige Abweichungen aufweisen, können wir davon ausgehen, dass diese Abschriften die Originalhandschriften von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes getreu wiedergeben. Nehmen wir jetzt ein mal an, ich hole mir wahllos ein Buch aus dem Regalund es ist „Die fünf Komödien des Aristophanes“. Aristophanes (445-385 v.Chr.) schrieb annähernd vierzig Bühnenstücke, von denen heute noch elf existieren. Seine Werke kennt man aus lediglich zehn Abschriften, von denen die älteste aus der Zeit um 900 n. Chr. stammt; das ist eine Zeitspanne von 900 + ca. 400 Jahren = 1 300 Jahren. Dennoch zweifeln weder ich noch sonst jemand daran, dass das, was wir dort lesen, ein Bühnenstück von Aristophanes ist; ja, wir lesen, was er tatsächlich geschrieben hat. Wenn wir nun anhand einer so mageren Beweislage akzeptieren, dass uns die (übersetzten) tatsächlichen Worte des Aristophanes vorliegen, was werden wir dann zum Neuen Testament sagen, mit seinen um Größenordnungen bedeutenderen Beweisen? Die Bewertung der Dokumente wird zu einem wichtigen Faktor, wenn Kritiker und Skeptiker sich in die Verteidigung der „späteren Einfügungen“ flüchten, womit sie behaupten, dass die Abschreiber, Herausgeber und Behörden den ursprünglichen Handschriften gewisse Teile später hinzugefügt hätten. Der massive Dokumentennachweis – einzigartig in der antiken Geschichte – liefert überzeugende Argumente, dass wir im Neuen Testament Schriften mit sehr hoher Zuverlässigkeit vor uns haben. {Es gibt bestimmte Zweifelsfälle, besonders das Ende des Markusevangeliums sowie der Bericht von der beim Ehebruch ergriffenen Frau (Joh 8,1-12), doch haben diese nichts mit unserem Thema der Auferstehung zu tun. }

Wenn wir den Evangelien die Wunderwerke hinzufügen, so müssen wirdafür nur Raum schaffen, indem wir zugeben, dass Wunder nicht unmöglich erscheinen – vorausgesetzt, Gott existiert und die Evangelien berichten von dem Sohn Gottes, der den Charakter und die Macht Seines Vaters offen-barte. Da wir gerade über die Originaldokumente reden, sollten wir auch darauf hinweisen, dass die Entstehung der Evangelien tatsächlich viel früher anzu-setzen ist als die allgemein aus angeblich „gelehrten“ Quellen propagierten Zeiten. Säkulare Forscher müssen geradezu das Konzept der Inspiration ig-norieren. Ebenso weiß der unachtsame Leser solcher Werke (oder der Hörer im Hörsaal) nicht, dass für die spät angesetzten Zeiten – gewöhnlich um das Ende des ersten bis zum Beginn des zweiten Jahrhunderts – keinerlei hand-feste Beweise existieren; es sind lediglich Vermutungen, die sich von vorn-herein auf ein Vorurteil gegen die wahre Quelle des vorliegenden Materials stützen. In dem Bemühen, das menschliche Denken zum ultimativen Schiedsrichter zu machen und das Göttliche aus den Überlegungen zu tilgen, verkünden solche Schreiber, dass hierbei „strenge historische Methodologie“ angewendet wurde. Ich weiß jedoch nicht, warum historische Methodologie den gesunden Menschenverstand ausschalten sollte. Wenn Du Augenzeuge der Auferstehung Jesu gewesen wärest (oder selbst nur meinst, dabei gewe-sen zu sein – wir wollen das für diesen Moment ein mal gelten lassen), wür-dest Du zwei Generationen lang warten, bis Du darüber etwas nieder-schreibst?Wäre es nicht völlig normal für die Verkündigung im ersten Jahrhundert, Berichte über das Leben und die Lehre Jesu zu verwenden? Matthäus, der für eine jüdische Leserschaft schrieb, war ohne Frage früher dran als Markus, der an die Heiden schrieb und von dessen Evangelium allgemein behauptet wird, es sei das früheste. Matthäus und Johannes waren Augenzeugen, Lu-kas schrieb die Berichte der Augenzeugen nieder (Lk 1,1.2). Der einleitende Kommentar in Johannes 5,2 zum Fall des Mannes, der 38 Jahre lang ge-lähmt war, lautet: „Esist aber zu Jerusalem beim Schaftor ein Teich ...“ Das sind Orte, die den Johannesbericht vor das Jahr 70 n. Chr. legen. Andere interne Beweise deuten auf eine sehr frühe Datierung der Evangelien und auf glaubwürdigen historischen Gehalt hin. {Blomberg,Craig (1995): „Where Do We Start Studying Jesus?”, in Wilkins und Moreland, op. cit., S. 17-50. Blombergs Kapitel in diesem Buch widmet sich hauptsächlich der Widerlegung der radikal anti-christlichen Ansprüche des Jesus-Seminars. Trotzdem liefert es einen guten, kurzen und prägnanten Bericht über die Zuverlässigkeit des Neuen Testaments. }

3. Alternativen Erklärungen fehlt jede historische Grundlage

Kritiker und Skeptiker haben etwas gegen die tatsächliche Auferstehung und erklären, dass die Jünger zwar ehrlich und treu ergeben gewesen seien, aber sich in der Sache der Auferstehung geirrt hätten. In ihrem Eifer und dem Wunsch zu glauben, Jesus sei auferstanden, seien sie schließlich zu der Überzeugung gelangt, dass dies tatsächlich so geschehen sei. Entweder hat-ten sie Wahnvorstellungen, oder sie gingen zum falschen Grab. Eine weitere Erklärung ist die, dass Jesus ist gar nicht starb, sondern im Grab das Be-wusstsein wiedererlangte, und die Jünger dies als Auferstehung missverstanden. Solche fantasievollen Geschichten sind über die Jahrhunderte im-mer wieder aufgetischt worden, a ber keine kann sich auf irgendeine alterna-tive antike Quelle berufen. Keine dieser Theorien besteht den historischen und logischen Test und so sind sie auch von vielen Apologeten begraben worden.Zur Stützung solcher Argumente müssen Geschichten erfunden werden, für die es jedoch nirgendwo den geringsten Hinweis gibt, weder in historischen Berichten noch im Evangelium selbst. Und wer mit der Beschwerde argumentiert, die Evangelien seien doch nur religiöse Dokumente und kaum zuverlässige historische Belege, denen man historische Ereignisse entneh-men könne, der muss sich die Frage gefallen lassen, ob seine alternative Behauptung ohne historischen Beleg etwa fundierter und besser sei. Wir wol-len das ganze Thema so ausdrücken: Die Evangelisten beschrieben die vor-liegenden historischen Fakten der Mission Jesu als Hintergrund für seine Verkündigung und Wundertaten. Sie stellten seine Worte und Werke in einen historischen Zusammenhang. Darauf bin ich schon mehrfach zu sprechen gekommen. Jetzt aber will ich dies noch für einen weiteren Zweck verwen-den. Die Evangelien liefern uns einen historischen Bericht der Ereignisse, welcher besonders viele Details hinsichtlich der letzten Woche vor Jesu Tod enthält. Nehmen wir an, ein Kritiker, der unter der Prämisse „Wunder gibt es nicht“arbeitet, kommt zu dem Schluss, dass es einer anderen Erklärung für den Bericht bedarf. Er schreibt: „Es handelt sich um einen Irrtum. Die Frauen be-gaben sich zur falschen Grabstelle. Das Grab war leer, und so nahmen sie irrtümlich diese Tatsache als Beweis, dass Jesus auferstanden ist.“ Gibt es nun für diese Meinung einen historischen Beleg oder einen biblischen Hin-weis, dass sich die Geschichte genau so ereignet hat? Nein, hierfür gibt es nicht den geringsten Beweis! Die einzige Erwähnung einer anderen Alterna-tive wäre die Möglichkeit, dass „die Jünger den Leichnam Jesu gestohlen haben.“ Aber diese Geschichte wird natürlich klar als von Anfang an erlogen dargestellt (Mt 28,11-15). Damit bleibt der Vorschlag des Kritikers von der Grabverwechslung ohne jede historische Bestätigung. Der Kritiker hat im Be-mühen, eine bessere historische Begründung zu liefern, ausgerechnet eine unhistorische, nicht belegbare Geschichte angeboten. Es ist schon verwun-derlich, wie verbissen ein Mensch in der Verteidigung des Unglaubens werden kann.

David Levin