Gott der Bibel
Der Gott der Bibel
Gedanken zum Trinitätsglauben
(Quelle: ′glaubensSachen′ von Tomas Cramer, ISBN 978-1-5352-4846-4)
Vor einigen Jahren blieb ich an einem Informationsstand einer freikirchlichen Gemein-schaft in der Oldenburger Fußgängerzone stehen.
Es entwickelte sich ein gutes Gespräch über Jesus Christus, das Evangelium, über das Leben und Gott.
Mein Gesprächspartner erwähnte den dreieinigen Gott, an den er glaube und ich bemerkte, dass hier unsere Gemeinsamkeiten endeten. Als ich sagte, dass ich den Begriff ′Dreieinigkeit′ ablehne, da er nicht biblisch sei und dass dieser Titel oft missverständlich verwendet würde, erntete ich einen entrüsteten Blick. Schließlich sei nach seiner Meinung die Trinität aus dem Textzusammenhang der Bibel erkennbar.
Sollte ich den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist ablehnen (was ich gar nicht tue), stünde ich nicht mehr auf biblischen Fundament ...
Menschliche Gottesvorstellungen
Darauf folgte seine Definition: "Stellen sie sich ein Dreieck vor. Es erhält seine Form durch diese drei Ecken, die aber in einer geometrischen Fläche vereint sind." Bei diesen Worten zeichnete er mit seinem Zeigefinger ein unsichtbares Dreieck in die Luft. "So muss man sich die Dreieinigkeit vorstellen."
Das klang simpel. Viele Theologen haben sich im Laufe der letzten 1.700 Jahre hierüber den Kopf zerbrochen und nun hing die Lösung ganz einfach in Form eines imaginären Dreiecks vor mir ...
Die römisch-katholischen Kirche zum Beispiel lehrt, die Dreifaltigkeit sei ein großes Geheimnis (lat. mysterium stricte dictum
), das nicht einfach zu erfassen sei. Also doch nicht so einfach?
Viele christliche Gruppen verwenden den Dreieinigkeitsbegriff, ohne ihn näher zu definieren. Sie beschränken sich darauf, dass Christus ebenfalls Gott und der Heilige Geist eine dritte ′Person′
Gottes sei. Derartige Beschreibungen gipfeln in der Vorstellung, Gott sei am Kreuz gestorben und Christus sei der Schöpfer der Welt. Aber ist das noch biblisch? Oder nicht eher das Bemühen, Gott, Christus und den Heiligen Geist in ein typisch menschliches Vorstellungsschema zu pressen?
Typisch menschlich, weil diese ′drei-in-eins′ und ′eins-bestehend-aus-drei′ - Konstruktionen nicht neu sind. Bereits im ägyptischen Mysterienkult, sowie in der griechischen und römischen Götterverehrung waren solche drei/eins - Konstellationen keine Seltenheit.
Beispiele aus dem ersten Jahrhundert sind die Apis-Trinitätslehre, Sarapis-Trinitätslehre, Trinität der Dionysosreligion, die kapitolinische Trias: Jupiter, Juno, Minerva, der dreieinige Weltgott Hermes (allein ganz und dreimal einer).
Biblische Gottesdarstellung
Woher stammt die Dreiecksvorstellung und was ist davon zu halten?
In der Apostelgeschichte des Evangelisten Lukas findet sich jene Erzählung von der Hinrichtung des ersten christlichen Märtyrers, des Stephanus in Jerusalem. In seiner Verteidigungsrede entfaltet Stephanus die Heilsgeschichte Israels von der Erwählung Abrahams bis zu den Propheten und beruft sich zur Rechtfertigung seines christlichen Glaubens ausdrücklich auf den Mose erschienen 'Gott der Väter', den 'Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs'. Erst in den letzten beiden Sätzen erwähnt er ohne Namensnennung den Tod Jesu. Unmittelbar nach der Verurteilung–vor Stephanus' Tod – hat er eine Vision: "Da er aber voll heiligen Geistes war und fest zum Himmel schaute, sah er die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen; und er sprach: Siehe, ich sehe die Himmel geöffnet und den Sohn des Menschen zur Rechten Gottes stehen!
" (Apg 7, 55 - 56)
Hier ist die Rede von Vater, Sohn und heiliger Geist. Aber Stephanus sieht nicht – wie oft in der christlichen Kunst dargestellt – ein Dreieck am Himmel oder eine dreigesichtige Gottheit (Trikephalos) oder drei gleichgestaltige Männer. Der heilige Geist ist in ihm selbst! Die von Gott ausgehende unsichtbare Kraft und Macht erfüllt ihn und öffnet ihm die Augen: Ihm zeigt sich der Himmel offen. Gott selber aber bleibt verborgen, nur Seine Herrlichkeit (hebr. kabod, griech. doxa) ist sichtbar. Jesus aber steht nicht vor Gott, sondern zu seiner Rechten.
Als Sohn Gottes erhöht und aufgenommen in Gottes Gegenwart ist er Gottes und zu-gleich als Mensch auch der Menschen Stellvertreter. Nach alter orientalischer Sitte ist derjenige, welcher zur Rechten des Königs steht oder sitzt, sein Sohn oder Stellvertreter.
Dieses Beispiel zeigt, dass die Begriffe Gott Vater, Sohn und heiliger Geist in dieser Abhandlung nicht verworfen, sondern in der richtigen – der biblischen – Sichtweise dargestellt werden soll. Das biblische, aber durch kirchliche Traditionen verwehte Fundament darf gehoben und neu bebaut werden, nachdem es im Laufe der Jahrhunderte durch die philosophisch - polytheistische Begriffswelt verschüttet war.
Es liegt nahe, dass Christen ihren Glauben und das Wissen um solche Definitionen in erster Linie den Aussagen Jesu Christi und seiner engsten Vertrauten (den Jüngern) entnehmen. Man wird feststellen, dass der Glaube an den einen, einzigen und alleinigen Gott eine Grundannahme des Urchristentums war (Matt 23, 9; Röm 3, 30; 1. Kor 8, 4-6; Gal 3, 20; 1. Tim 2, 5).
Kein anderer Gott
Das Morgen-, Abend- und auch Sterbegebet der Juden lautet seit dem babylonischen Exil bis auf den heutigen Tag: "Höre [Sh'ma] Israel: Jahwe ist immer Gott, Jahwe als einer allein !" (nach 5. Mose 6, 4)
Gott ist für unsere älteren Brüder und Schwestern im Glauben der einzig Eine, das bedeutet: - es gibt keine Nebengottheiten, wie in anderen Religionen, - keine weibliche Partnergottheit (das Wort ′Göttin′ gibt es im Hebräischen nicht) - keinen konkurrierenden bösen Gott, wie z. B. im Persertum. Nicht einmal in der Zeit der persischen Vorherrschaft konnte sich neben dem guten Prinzip der ′Widersacher′ oder ′Ankläger′ (hebr. satan, griech. diabolo = Verleumd er, davon deutsch ′Teufel′) als gleichwertiges Prinzip durchsetzen (vgl. 'Abschied vom Teufel', Herbert Haag).
Jehovah ist also der Gott der Väter Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Gott des Volkes Israel, der eine und einzige Gott, neben dem es nicht nur keine höheren, gleich hohen oder niederen, sondern überhaupt keine anderen Götter gibt. Er ist der Unvergleichliche – und nicht nur zuständig für Teilbereiche des Lebens, wie die Götter anderer Kulturen (Liebe, Tod, Fruchtbarkeit). Er gibt alles: Liebe, Leben, ewiges Leben, und auch ′Unglück′ !
"Ich bin der HERR und sonst keiner. Außer mir gibt es keinen Gott. Ich gürte dich, ohne dass du mich erkannt hast, damit man erkennt vom Aufgang der Sonne und von [ihrem] Untergang her, dass es außer mir gar keinen gibt. Ich bin der HERR – und sonst keiner –, der das Licht bildet und die Finsternis schafft, der Frieden wirkt und das Unheil schafft. Ich, der HERR, bin es, der das alles wirkt." (Jesaja 45, 5-7)
Dieser strenge Ein-Gott-Glaube zeichnet seit jeher das Volk Israel aus. Er ist zugleich auch eine Gabe an die Völker der Erde und eben auch an Christen (1. Thess 5, 21; 1. Joh 4, 1; Apg 17, 11). Überdies entthront der Monotheismus vergöttlichte Welt- und Naturmächte, aber auch viele Götter unserer Zeit ohne Titel, wie z. B. den Gott des Kapitals, der Wissenschaft, Sexus, Kultur, Kunst, Nationen, Parteien usw.
Der Mittler
Die persönliche Beziehung zu Christus verändert sich, je nachdem, auf welche Weise Gott verehrt wird. Die Frage lautet:
Wer ist Gott, wenn er auch Jesus ist? Ist es möglich, dass jemand der Unsterblichkeit besitzt und bei dem keine Veränderung ist, am Kreuz sterben kann und anschließend mit einem Auferstehungsleib überkleidet wird? Wozu bedarf es dann noch der Mittlerrolle Christi? Wozu eines Opfers? Ist Gottes Liebesbeweis nicht viel überzeugender, wenn Sein über alles geliebter Sohn stirbt, als Er selber (der gar nicht sterben kann)?
Schnell geraten die Begriffe durcheinander. Dabei sollen vor allem Christen eines Geist es sein, primär wenn es um das Ziel aller Verehrung geht: "Befleißigt euch, die Einheit des Geistes zu bewahren durch das Band des Friedens: Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung eurer Berufung.
Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in allen ist." (Eph 4,3-6)
Abweichungen von dieser gesunden Lehre wurden umgehend angemahnt:
"Wenn aber auch wir oder ein Engel aus dem Himmel euch etwas als Evangelium entgegen dem verkündigten, was wir euch als Evangelium verkündigt haben: er sei verflucht! Wie wir zuvor gesagt haben, so sage ich auch jetzt wieder: Wenn jemand euch etwas als Evangelium verkündigt entgegen dem, was ihr empfangen habt: er sei verflucht!" (Gal 1, 8.9)
Und Johannes schrieb:
"Seht auf euch selbst, damit ihr nicht verliert, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfangt. Jeder, der weitergeht und nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat Gott nicht; wer in der Lehre bleibt, der hat sowohl den Vater als auch den Sohn." (2. Joh 8.9)
Die biblische Lehre, von der Johannes spricht, kennt den Begriff ′dreieinig′ nicht, er fand seine konkrete Formulierung erst ab dem dritten Jahrhundert. Im Neuen Testament wird die Unterscheidung von Sohn und Vater stets beibehalten. Der Vater sei ′größer′ als Jesus, und es gäbe Dinge, die nur der Vater weiß, Christus jedoch nicht (vgl. Joh 10,29; 14, 28; Mk 13,32). Auch ist nirgends von der Mensch - oder Fleischwerdung Gottes die Rede. Es geht stets um Gottes SOHN oder das WORT (gr. logos, was auch Plan oder Absicht bedeutet), das Fleisch geworden ist. Es geht um Jesu Identifikation mit dem Vater, in Bezug auf göttliche Eigenschaften, nicht um eine ′körperliche′ oder ′substantielle′ Einheit.
Jesus wird fast nie direkt ′Gott′ genannt, selbst von Paulus nicht. Man kann festhalten, der Titel ′Gott′ besagt nicht, dass der so Betitelte einen substantiellen Anteil am Vater besäße, wie es das Dreieinigkeitsdogma behauptet. Der Titel ′Gott′ ist neutral zu verstehen, beispielsweise wurde auch Mose von Gott Jehovah zum ′Gott′ über Aaron gesetzt (2. Mose4, 16).
Jesus Christus ist die Offenbarung der Kraft Gottes und Seiner Weisheit (1. Kor 1, 30) als Mittelpunkt der Schöpfung (vgl. 1. Kor 11, 3; 8, 6; Kol 1, 15-18; 2, 10; Eph 4, 15f), als Ebenbild Gottes (vgl. 2. Kor 4, 4.6; Röm 8, 29; Kol 1, 15). So ist es verständlich, dass Jesus von Johannes nicht nur als Wort Gottes (Joh 1, 1-14), sondern indirekt als Gott gleich (Joh 5, 18f; 10, 33-38; 19, 7), ja als Herr und Gott (Joh 20, 28; 1. Joh 5, 20) bezeichnet wird.
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, was es heißt, dass in Christus die ganze Fülle der Gottheit wohnt (Kol 2, 9) und dass Gottes Wort Fleisch geworden ist (Joh 1, 14 + Jes 55,11).
Der Schöpfer-Gott ist der eine und einzige; und weder darf von Gott einfach wie vom Menschen, noch vom Menschen einfach wie von Gott geredet werden. Der Sohn ist nicht einfach der Vater, und der Vater nicht einfach der Sohn. Da aber der Vater den Sohn kennt und der Sohn den Vater, und sie im Charakter, Denken und Handeln eins sind, gilt:
Wer den Sohn sieht, sieht auch den Vater (Joh 10 - 14). Im Wirken und in der Person Jesu begegnet uns in einmaliger Art Gott selber.
Was aber bedeutet dann:
Gottes Sohn in Ewigkeit? Wurde Christus nicht von Gott gesandt? Existierte Christus bereits vor seiner Geburt? Der Neutestamentler Wilhelm Thüsing schreibt dazu:
"Sendung des Sohnes setzt nicht voraus, dass der zu Sendende als solcher vor der Sendung exist iert hat, d. h. präexistent im temporalen (= zeitlichen) Sinn gewesen ist. 'Sendung des Sohnes' kann meines Erachtens im paulinischen und auch sonstigen neutestamentlichen Sinn durchaus die Erschaffung des Menschen Jesus implizieren!" (Christologie – systematisch und exegetisch, S. 250, Freiburg - Basel - Wien 1972)
Aus Gottes Sicht mag aufgrund Seiner Vorhersehung und Erwählung, schon vor Grundlegung der Welt alles existent sein (vgl. Eph 1, 4; 1. Petr 1, 20). Denn Christus wurde gezeugt (er hatte einen Anfang , Hebr 1, 5) durch den Heiligen Geist Gottes (Luk 1, 35) und war Mensch (1. Tim 2, 5). Dieser Offenbarung Gottes kann nichts anderes hinzugefügt werden. Johannes schrieb: "Was ihr von Anfang an gehört habt, bleibe in euch. Wenn in euch bleibt, was ihr von Anfang an gehört habt, werdet auch ihr in dem Sohn und dem Vater bleiben. Und dies ist die Verheißung, die er uns verheißen hat: das ewige Leben." (1. Joh 2, 24)
Man kann festhalten: Jesus Christus ist der Sohn Gottes. In ihm ist uns der menschenfreundliche Gott nahe, durch ihn hat der liebevolle Vater selbst zu uns gesprochen, gehandelt, sich offenbart.
Der Geist Gottes
Es entspricht vielleicht dem zeitgmäßen, charismatischen Trend sich ′vom - Geist - bewegt′ zu fühlen, sich gar nicht mit der von Gott inspirierten Schrift auseinandersetzen zu wollen.
Viele fühlen sich entweder berufen oder vom Geist Gottes gelehrt.
Ein Trugschluss, da sich die vielen Glaubensgemeinschaften in ihren Kernaussagen nicht selten eklatant widersprechen. Was ist dran, am ′Geist′?
Greifbar und doch nicht greifbar, unsichtbar und mächtig, wie energiegeladene Luft, wie der Wind oder ein Hauch, lebenswichtig wie die Luft, die man einatmet: so haben sich die Menschen vergangener Zeit vielfach den ′Geist′ [hebr. ruach, griech. pneuma] vorgestellt.
′Geist′ biblisch verstanden meint – im Gegensatz zu ′Fleisch′ – die von Gott ausgehende Kraft oder Macht. Die unsichtbare Gotteskraft und Gottesmacht, welche schöpferisch oder auch zerstörerisch, zum Leben oder zum Gericht, in der Geschichte oder in der Schöpfung wirksam ist.
Der heilige Geist (′heilig′ wird im Urtext übrigens nicht groß geschrieben) wird vom unheiligen Geist des Menschen und seiner Welt unterschieden. Er ist niemand anderes als Gott selbst, sofern er den Menschen nahe ist als die ergreifende, nicht aber greifbare, die schenkende, nicht aber verfügbare, die lebenschaffende, aber auch richtende Macht und Kraft.
Der heilige Geist ist kein Drittes, keine weitere Person zwischen Gott und Mensch, sondern die persönliche Nähe Gottes zu den Menschen. Viele Missverständnisse über den heiligen Geist stammen wohl daher, dass man ihn mythologisch von Gott trennt und verselbständigt. Der heilige Geist ist nicht eine eigene Kraft, sondern immer Kraft und Geschenk Gottes, der weht, wo und wann er will. Niemand besitzt den Geist zur Rechtfertigung ein er Kirchenlehre oder eines Dogmas, aber jeder darf immer wieder neu darum bitten.
Der urchristliche Glaube wurde verändert
Gott schafft Heil durch Jesus im Geist. Es geht um die richtige Zuordnung der biblischen Begriffe. Natürlich wird man nie eine umfassende Gotteserkenntnis erfahren, da Er über allem erhaben ist und Seine Gedanken nicht unsere Gedanken sind.
Gehen wir zurück an die Anfänge der biblischen Erzählung. Es wird deutlich, dass sich der Gott des Wortes grundlegend von den Göttern anderer Völker unterscheidet.
Zu Beginn der Geschichte Israels bemängelte Gott das Verhalten seines Volkes, dessen Bestreben es war, die religösen Rituale anderer Völker nachzuahmen – besonders wenn es um die Verehrung ihres Gottes ging:
"Wenn der HERR, dein Gott, die Nationen ausrottet, zu denen du kommst, um sie vor dir zu vertreiben, und du vertreibst sie und wohnst in ihrem Land, so hüte dich, dass du dich ja nicht verführen lässt, [es] ihnen nach[zutun], nachdem sie vor dir vernichtet sind, und dass du nicht nach ihren Göttern fragst, indem du sagst: Wie dienten diese Nationen ihren Göttern? Auch ich will es so tun! Dem HERRN, deinem Gott, sollst du so [etwas] nicht antun. Denn alles, [was] dem HERRN ein Greuel [ist], was er hasst, haben sie für ihre Götter getan..." (5. Mose 12, 29-31, vgl. Jer 10)
Umso erstaunlicher ist es zu erfahren, dass die Vorstellung von der Dreieinigkeit Gottes auf persisch-hellenistisch-römischen und somit heidnischen Gottesvorstellungen beruht, die in kirchlichen Dogmen fortgeführt wurden.
Das gesamte Neue Testament zeigt, dass das Urchristentum in der apostolischen Zeit die Lehre von der ′Dreieinigkeit′ Gottes nicht kannte. Paulus warnte insbesondere vor der Philosophie, die seine Botschaft relativierte. Das war teilweise vergebens – etwa ab dem zweiten Jahrhundert wuchs der Anteil griechisch-christlicher Philosophen, deren Interpretationen die christliche Lehre beeinflussten.
Origenes (185-253) aus dem ägyptischen Alexandrien, der Stadt der Wissenschaft, schuf das erste Modell einer wissenschaftlichen Theologie. Er strebte eine Versöhnung von Christen - und Griechentum an.
Zu Beginn glaubten die Urgemeinden:
1. Dass der gekreuzigte Mensch Jesus von Gott zu neuem Leben erweckt worden war und als Messias über die Erde herrschen wird, und
2. ,dass Gott, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs auch der Gott ist, den Jesus seinen Vater nannte.
Nach dem Untergang Jerusalems (ca. 70 n. Chr.) geriet jenes ursprüngliche Bekenntnis mehr und mehr ins Hintertreffen. Theologische Dispute des dritten Jahrhunderts drehten sich weniger um die Rechts - und Machtstellung Jesu Christi, als vielmehr seine philosophisch verstandene Abkunft. Begriffe wie: Wesen, Natur, Substanz, Hypostase bekamen wachsende Bedeutung.
In Religionen und Philosophien der damaligen Zeit, empfand man eine Art Faszination für die Zahl drei, so dass sich der Gedanke an eine innergöttliche Dreiheit auch für die christliche Theologie geradezu aufdrängte: - eine Vielfalt in ein er geschlossen - geordneten Einheit (Primzahl 3), - ′magische′ Zahl 3 in Mythen, in der Kunst, der Musik, der Literatur, aber auch im Alltag, - wegen der ′Dreigottheiten′ nicht nur des alten Babyloniens und Ägyptens, Indiens und Chinas, sondern vor allem auch im hellenistischen Bereich: in Delphi, im Dionysos-Kult, in der Asklepios-Religion, im Kaiserkult; den metaphysischen Triaden in der Gnosis.
Die Trinitäts-Lehre ist das Ergebnis der Dogmenentwicklung seit dem Konzil zu Nicäa, im Jahre 325 nach Christus. Das Dogma von der Dreieinigkeit, Dreifaltigkeit oder Trinität (das Wort stammt aus dem dritten und die klassische Formulierung der Lehre aus dem vierten Jahrhundert) wird von der einen Richtung als ein zentrales Glaubensthema des Christentums herausgestellt (so auch von Luther übernommen) aber von der anderen Seite als schriftfremde Spekulation abgelehnt.
Während des Konzils zu Nicäa wurde das Dreieinigkeitsdogma mit folgenden Worten definiert:
"... Jesus Christus, den Sohn Gottes, aus dem Vater gezeugt, den Einziggeborenen, das heißt aus dem Wesen des Vaters, Gott aus Gott, Licht aus Licht, wahrhaftigen Gott aus wahrhaftigen Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater, durch den alle Dinge geworden sind ..." ('Epochen der Dogmengeschichte', Bernhard Lohse)
Zusammengefasst wird die trinitarische Lehre im Atanasianischen Glaubensbekenntnis des vierten bis sechsten Jahrhunderts wie folgt:
"... Wir verehren den einen Gott in der Dreifaltigkeit und die Dreifaltigkeit in der Einheit, ohne Vermengung der Personen und ohne Trennung der Wesenheit ... Aber Vater und Sohn und Heiliger Geist haben nur eine Gottheit, gleiche Herrlichkeit, gleich ewige Majestät ... So ist der Vater Gott, der Sohn Gott, der Heilige Geist Gott, und doch sind es nicht drei Götter, sondern es ist nur ein Gott ... Und in dieser Dreieinigkeit ist nichts früher oder später, nichts größer oder kleiner, sondern alle drei Personen sind gleich ewig und gleich groß ... Wir müssen glauben und bekennen, daß unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes, Gott und Mensch ist ... vollkommener Gott, vollkommener Mensch ... "
Viele Christen legen heute keinen großen Wert auf derartige Dogmen, die vor hunderten von Jahren von Gelehrten der Kirche formuliert wurden; wichtiger sind ihnen die Aussagen der Bibel als dem Wort Gottes. Von einer Dreieinigkeit ist dort zwar nichts zu lesen, allein die Vorstellung von einer Dreieinigkeit Gottes bleibt fest in den Köpfen der Menschen verankert. Wie kann das sein?
Für die älteren Geschwister im Glauben – die Juden – stellt der Dreieinigkeitsglaube eine Verfälschung ihres Gottesglaubens dar. Zu diesem Aspekt erreichte mich folgende Zuschrift:
"Schalom ... ich bin Jude und bin zufällig auf Ihre Internetseiten gestoßen. Dort behaupten Sie, dass Dreieinigkeit eine Irrlehre ist. Sie wissen, dass wir Juden schon seit 5.000 Jahren immer fest daran glauben, dass Gott eine Person ist und deshalb interessiert es mich, dass es überhaupt Christen gibt, die der jüdischen Lehre zustimmen. [...]
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" Dieser Umstand ist also nach wie vor zentrales Anliegen der Menschen, die Gott Jahwe ihren himmlischen Vater nennen. Für all jene, die sich Christen nennen, sind die Worte Jesu der Maßstab des richtigen Gottesverständnisses. Jesus Christus wies in seinem hohepriesterlichen Gebet auf die Auswirkung des urchristlichen Verständnisses hin als er sagte:
"Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen!" (Joh 17,3)