Die Zuchtauslese auf Krankheitsunanfälligkeit bleibt eine große Herausforderung!
Starke Erkrankungen an der Nosema Apis im Frühjahr, Völkerverluste durch die Tracheenmilbe, ernsthafte Erkrankungen an Kalkbrut oder der Europäischen Faulbrut (Sauerbrut) sind heute eine Ausnahme. Dies war aber nicht immer so! Anfang der 1910er bis in die 50iger Jahre hinein hat beispielsweise die Tracheenmilbe sehr große Bienenvölkerverluste verursacht und Nosema-Erkrankungen waren lange Jahre derart bedrohend, dass die Bienenvölker mit Antibiotikum behandelt werden mussten. Heutzutage wäre bei den Bienen der Einsatz von Antibiotikum undenkbar. Beide Krankheiten stellen in der aktuellen Carnica-Bienenzucht kein nennenswertes Problem mehr dar. Das Gleiche gilt für die Kalkbrut und die Europäische Faulbrut.
Bei der Kalkbrut handelt es sich um eine Pilzerkrankung der Bienenbrut, die zum Absterben der Larven führt. Völkern bei den Kalkbrut beobachtet wurde, werden bei der Nachzucht nicht mehr berücksichtigt. Diese harte Selektion hat dazu geführt, dass an zahlreichen Bienenständen seit Jahren keine Kalkbrut mehr beobachtet werden konnte. Völker mit Kalkbrut-Symptomen sollten schellst möglich umgeweiselt werden. Neben den Standortbedingungen hat Kalkbrut auch genetische Ursachen. Darum sollten die Drohnen von kalkbrutanfälligen Völkern bei der natürlichen Paarung nicht mehr zum Zug kommen.
Die geringe Anfälligkeit für die genannten Krankheiten gilt aber nicht für alle Regionen und Bienenrassen in Zentraleuropa. Insbesondere in der Schweiz geraten Erkrankungen an der Europäischen Faulbrut langsam außer Kontrolle. Auffallend dabei ist, dass sich die Problemzonen mit Regionen decken (Baselland/ Bernerland), in denen vornehmlich die Dunkle Biene (Apis mellifera mellifera) gehalten wird. In angrenzenden Kantonen oder Nachbarländern wo die Dunkle Biene keine Verbreitung findet, treten diese Krankheitsprobleme weniger auf.
Neben den verbesserten Haltungsbedingungen durch die Magazinbetriebsweise hat eine konsequente Auslese auf Krankheitsunanfälligkeit dazu geführt, dass die Carnica-Biene (Apis mellifera carnica) wenig anfällig gegen die genannten Krankheiten ist. Die Zuchtfortschritte sind beachtlich und werden inzwischen als selbstverständlich betrachtet!
Aktuell stellt die Varroamilbe die größte Gefahr für unsere Bienenvölker dar. Die Varroamilbe wurde 1977 vom Bieneninstitut Oberursel durch Importe der Östlichen Honigbiene (Apis cerana) nach Deutschland eingeschleppt. Nur kurze Zeit später waren im Umkreis des Institutes hunderte Bienenvölker von der Varroamilbe infiziert. Inzwischen hat sich die Varroamilbe über den gesamten europäischen Raum verbreitet.
Die Östliche Honigbiene – der Ursprungswirt von der Varroamilbe - wird nur unwesentlich geschädigt. Um die Vermehrung der Milben einzuschränken, hat sich bei der Östlichen Honigbiene über Jahrtausende hinweg eine ausbalancierte Parasit-Wirt-Beziehung entwickelt. Einerseits werden vornehmlich nur Drohnenlarven befallen, anderseits werden stark befallene Drohnenzellen nicht geöffnet, was die Vermehrungsrate der Milbe begrenzt. Außerdem sind die Bienen beim Erkennen und Entfernen des Parasiten erfolgreicher als die Westliche Honigbiene (Apis mellifera).
Lange sind wir davon ausgegangen, dass bei der Westlichen Honigbiene diese Abwehrmechanismen gänzlich fehlen. Inzwischen konnten auch bei der Westlichen Honigbiene Bienenvölker ausgelesen werden, die auf natürlicherweise mit der Varroamilbe besser zurechtkommen als andere Bienenvölker (Beispiel Gotlandprojekt).
Neue Perspektiven eröffnet auch die Varroatoleranzzucht. Bei dieser stehen nachfolgende Varroatoleranzmerkmale im Vordergrund:
Bewertung der Varroabefallsentwicklung: Es gibt Bienenvölker, bei denen der Anstieg des Varroabefalls deutlich flacher verläuft als bei Völkern, die im Frühjahr mit vergleichbar vielen Milben in die Saison gestartet sind. Mit Hilfe der Auswertung des natürlichen Milbenfalls können solche Völker ermittelt werden (Messung im Frühjahr, Sommer, Spätsommer und Herbst). Laut der Arbeitsgemeinschaft Toleranzzucht beträgt die Erblichkeit für das Merkmal Befallsentwicklung nach ihren letzten Berechnungen 24%.
Nadeltest zur Beurteilung der Bruthygiene/Ausräumrate: Über den Nadeltest wird bewertet, in welchem Umfang geschädigte/erkrankte Larven oder Puppen erkannt und von den Bienen ausgefressen bzw. ausgeräumt werden. Inzwischen ist bekannt, dass das "Hygieneverhalten" einen zentralen Abwehrmechanismus gegen die Ausbreitung von Krankheiten darstellt (Viren, Bakterien, Einzeller, Milben).
Vitalitätstest potenzieller Zuchtvölker: Bienenvölker die im Rahmen der Varroabefallsentwicklung und der Bruthygiene sich als besonders geeignet erweisen, können sich im Vitalitätstest bewähren. Bei den Völkern wird im Spätsommer keine Varroabekämpfung durchgeführt. Völker die unbehandelt und mit höherem Milbenbefall eine hohe Winterfestigkeit aufweisen, sind in besonderem Maße als Zuchtvölker für die weitere Auslese geeignet.
Unabhängig von den oben genannten Zuchterflogen erschwert aber auch eine Vielzahl neuer Infektionserregern (Israeli Acute Paralysis, Virus - IAPV, etc.) aber auch der Einfluss der intensiven Landwirtschaft (z.B. Monokulturen, Saatgutbeizmittel, Pestizide) dem Züchter die Auslese und dem Imker die Bewahrung gesunder Bienenvölker.