Obduktion: Verkäufer erschossen und enthauptet
Verhafteter gab bereits zwei unterschiedliche Geständnisse ab
Von Werner Hinse
Steinfurt (Eig. Ber.). Nun scheint alles doch wieder ganz anders zu sein: Der 23jährige Autoverkäufer aus Nottuln-Schapdetten ist am Freitag voriger Woche durch drei Kopfschüsse getötet – und anschließend enthauptet worden. Das steht nach Angaben des münsterschen Staatsanwalts Rolf Juschka fest. Verdächtigt wird ein 22jähriger Betriebschlosser aus Laer, der – wie berichtet – am Dienstag wegen Totschlags verhaftet worden ist. Doch der junge Mann macht der Mordkommission die Arbeit nicht leicht. Deren Leiter Harry Heithorn gestern in Steinfurt: "Bei den Verhören kam immer wieder ein Stückchen Wahrheit ans Licht.
Der Mann aus Laer, der ein Auto bei einem Händler in Nottuln kaufen wollte, tischte wohl bereits zwei Versionen des Tatablaufs auf. Fest steht für Staatsanwalt und Ermittlungsbeamten: Der Schapdettener ist am Freitag nach Horstmar gefahren, um sich dort mit dem 22jährigen Kaufinteressenten, der bereits am Donnerstag eine Probefahrt gemacht hatte, zu treffen. Bewiesen sei inzwischen, so Juschka, daß der Autoverkäufer gegen 10 Uhr auf Haus Alst, einem Gräftenhof bei Horstmar, in einer Voliere durch drei Schüsse aus einem Kleinkalibergewehr starb. Dann habe der Täter mit Küchenmesser und Axt den 23jährigen enthauptet.
Zwei Zeugen hätten am Freitag bei Haus Alst einen Schuß und Hilfe-Rufe gehört, hätten schon den Notarzt alarmiert. Da sei der 22jährige hervorgekommen und habe die Hilferufe erklärt: "Das war ich. Ich bin in eine Tierfalle geraten." Eine Zeugin verband dem Mann aus Laer die blutende Hand. So wurde der Notarzt wieder abbestellt.
Am Samstag hatte der Verhaftete dann etwa drei Kilometer von Haus Alst in einem Wäldchen den abgetrennten Kopf vergraben. Einen Spaten dazu hatte er sich bei Anliegern geliehen.
Beim Termin vor dem Haftrichter am Dienstag hatte der 22jährige eine neue Version erzählt. Danach hätten sich er und der Verkäufer in Horstmar über den Verkaufspreis gestritten. Daraus habe sich eine Verfolgungsjagd mit einer Schlägerei an einer alten Fabrik in Horstmar ergeben. Er habe den Schapdettener niedergeschlagen, sogar geglaubt, ihn getötet zu haben. Dann habe er ihn in den Kofferraum des BMW gelegt und den eigenen Wagen weggebracht. Später, als er wieder nach dem Mann geschaut habe, habe dieser gestöhnt: "Laß' mich hier raus. Ich krieg keine Luft. Ich habe Herzbeschwerden."
Mit dem Verkäufer im Kofferraum sei er dann nach Haus Alst gefahren. Dort hätten sie verhandelt, sogar Zigaretten geraucht, berichtete Juschka über das Teilgeständnis. Als der Schapdettener habe flüchten wollen, habe der Schlosser ihn mit dem Gewehr in Schach halten wollen. Dabei habe sich dann der Schuß gelöst. Anschließend habe er in Panik das ganze Magazin auf den Verkäufer verschossen. Um die Tötung zu vertuschen, habe er die Leiche teilweise entkleidet und enthauptet.
Juschka über die Angaben des 22jährigen: "Das kann gar nicht so gewesen sein." Das hätten die Obduktion und die bisherigen Ermittlungen schon ergeben. In der ersten Version der Tat habe der Verhaftete am Montag erklärt, er sei, nachdem er den Autoverkäufer erschlagen habe, mehrfach nach Münster gefahren und habe dort für 200 Mark einen Stadtstreicher dazu überredet, den Toten zu enthaupten. Diese Erklärung habe der Mann aus Laer wiederrufen. Der Streit ist für den Staatsanwalt kein ausreichender Grund für die Tötung.
Juschka überlegte gestern, ob es vielleicht möglich sein könnte, dem Verhafteten "niedrige Beweggründe" nachzuweisen, um den Haftbefehl von Totschlag auf Mord "umstellen" zu können.
(Quelle: Westfälische Nachrichten, Donnerstag, 10. November 1988)