-uwa- Steinfurt / Horstmar / Nottln (Eig. Ber.). Hinter Gräften und hohen Bäumen liegt einsam Haus Alst bei Horstmar. Vorgestern noch hat es auf dem Adelssitz von Polizisten gewimmelt, Leichenspürhunde zerrten an ihren Leinen. Denn hier ist in einer leeren Voliere der 23jährige Thomas Storb aus Nottuln-Schapdetten am Freitag mit drei Kopfschüssen getötet worden. Gestanden hat die Tat - wie berichtet - ein 22jähriger Mann aus Laer. Gegen ihn erging Haftbefehl wegen Totschlags. Der Staatsanwalt will aber beweisen: Es war Mord.
Nur noch eineinhalb Stunden zu leben hat Autoverkäufer Storb, als sich am Freitag um 8.30 Uhr sein letzter Kaufinteressent vor einem Horstmarer Spiellokal zu ihm in den roten BMW setzt. Uneinigkeit über die Finanzierung des 21000 Mark teuren Fahrzeugs, um das es dem Laerer geht, führt zu heftigem Streit, sagt er später aus. Die Auseinandersetzung endet damit, daß er den Wagen mit einem Fußtritt gegen die Tür verläßt.
Storb folgt dem davonfahrenden Kunden in seinem Auto. An einer stillgelegten Fabrik kommt es zu einer Schlägerei, in deren Verlauf der Laerer den Autoverkäufer mit einem Faustschlag niederstreckt und ihn zunächst für tot hält. Er packt, so gibt Staatsanwalt Rolf Ruschka die Aussage des Beschuldigten wieder, den leblosen Körper in den Kofferraum des roten BMW und fährt in seinem eigenen Wagen davon.
Als er spter zurückkommt und nachsieht, fleht Storb: "Laß mich hier raus, ich kriege keine Luft mehr." Doch der Laerer schlägt die Klappe des BMW zu und fährt damit zum Haus Alst. Dort kennt er sich aus, ist kein Unbekannter. Gelegentlich geht er dem Jagdaufseher zur Hand, und schießt mit dem Kleinkalibergewehr auf die Ratten an der Gräfte. Förster wollte er einmal werden.
Als der den Kofferraum öffnet, wirkt Storb für ihn erneut leblos. Er legt ihn in einer leeren Voliere ab. Doch der Autoverkäufer regt sich wieder. Der Laerer holt das Kleinkalibergewehr, dessen Standort er kennt. Damit will er den 23jährigen einschüchtern. Plötzlich löst sich ein Schuß, der Storb in den Kopf trifft. Dieser schreit um Hilfe, der ein Jahr jüngere Mann lädt und schießt erneut. Drei Kopfschüsse werden bei der Obduktion gezählt.
Storbs Hilfeschreie und ein Schuß werden von Zeugen gehört. Sie rufen den Notarztwagen an. Als sie vor dem Haus den Laerer treffen, beruhigt sie dieser: Er sei in eine Tierfalle getreten und habe geglaubt, sich nicht selbst befreien zu können. Dem Notarzt wird wieder abgesagt. Niemand schöpft Verdacht, eine Zeugion verbindet dem 22jährigen noch die verletzten Hände, gibt die Staatsanwaltschaft die Aussagen des geständigen Laerers wieder. Und dennoch: "Seine Einlassungen und unsere Untersuchungen stimmen nicht überein", zweifelt Rolf Juschka vor allem an dem zufällig gelösten Schuß. Die Obduktion ergebe ein anderes Bild.
Noch am Tatort ist die Leiche entkleidet und verstümmelt worden. Um ihre Identifizierung unmöglich zu machen denkt der Täter auch an Verbrennen, verwirft dies aber wieder, um sich nicht selbst zu gefährden. Den Kopf des Tote, Bekleidung, Küchenmesser, Axt und Benzinkanister findet die Polizei nach der Beschreibung des Beschuldigten zwei Kilometer von Haus Alst entfernt im Umkreis von 100 Metern vergraben. Storbs Aktenkoffer schwimmt ungeöfnet bei Burgsteinfurt in der Aa.
Bei der Suche nach einem Motiv tappt die Mordkommission noch im dunkeln. Streit um eine Finanzierung hält der Staatsanwalt für wenig stichhaltig, Drogenabhängigkeit oder Homosexualität habe ebenfalls keine Rolle gespielt. Opfer und Täter kannten sich erst seit Donnerstag. Mehr Erkenntnnisse erhoffen sich die ermittelnden Beamten von weiteren waffentechnischen und medizinischen Untersuchungen.
(Quelle: Westfälische Nachrichten, Mittwoch, 9. November 1988)