Nachdenkliches - 1

Nachdenkliches

von Arthur Schopenhauer

über Leben und Tod

Arthur Schopenhauer 1853

Das Leben ist eine missliche Sache,

ich habe mir vorgesetzt,

es damit hinzubringen,

über dasselbe nachzudenken.

Arthur Schopenhauer ,
Gespräche, neue Ausgabe,
hrsg. von Arthur Hübscher, Stuttgart 1971, S. 22.

Wenn ... das beängstigte Herz sein altes Klagelied anstimmt:

" Ich sehe alle Wesen durch die Geburt aus dem Nichts entstehn

und diesem nach kurzer Frist wieder anheimfallen:

auch mein Dasein, jetzt in der Gegenwart,

wird bald in ferner Vergangenheit liegen,

und ich werde Nichts sein!"-

so ist die richtige Antwort:

"Bist du nicht da? Hast du sie nicht inne, die kostbare Gegenwart,

nach der ihr Kinder der Zeit alle so gierig trachtet,

jetzt inne, wirklich inne?

Und verstehst du, wie du zu ihr gelangt bist?

Kennst du die Wege, die dich zu ihr geführt haben,

daß du einsehn könntest, sie würden dir durch den Tod versperrt?

Ein Dasein deines Selbst, nach der Zerstörung deines Leibes,

ist dir seiner Möglichkeit nach unbegreiflich:

aber kann es dir unbegreiflicher sein, als dir dein jetziges Dasein ist,

und wie du dazu gelangtest?

Warum solltest du zweifeln,

daß die geheimen Wege,die dir zu dieser Gegenwart offenstanden,

dir nicht auch zu jeder künftigen offen stehn werden? "

Arthur Schopenhauer , Die Welt als Wille und Vorstellung II, 4. Buch, Kap.41,

Ueber den Tod und sein Verhältniß zur Unzerstörbarkeit unsers Weses an sich

(Zürcher Ausgabe, Werke in zehn Bänden, Band IV, S. 574).


Wenn, was uns den Tod so schrecklich erscheinen läßt,

der Gedanke des Nichtseins wäre,

so müßten wir mit gleichem Schauder der Zeit gedenken,

da wir nicht waren.

Denn es ist unumstößlich gewiß,

daß das Nichtsein nach dem Tode

nicht verschieden sein kann von dem der Geburt,

folglich auch nicht beklagenswerter.

Arthur Schopenhauer , a. a. O., S. 546.


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