Der für zwei Fahrzeuge ausgewiesene Behindertenparkplatz vor dem Geschäft JYSK ist bei Belegung des gesamten Parkraumes zu eng. Gründe dafür sind der Verteilerkasten und eine mit Kantsteinen umrandete Grünfläche. Dort musste einst ein Baum weichen - doch eben nicht komplett.
Der naturbelassene Weg hinauf zum Amtsturm und zur dortigen Frei- und Veranstaltungsfläche ist für Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen beschwerlich. Ein Handlauf und Sitzmöglichkeiten für eine Rast würden den Aufstieg erleichtern. Fotos: K. H. Schulz
Lüchow. Die Planung für eine sogenannte resiliente Innenstadt Lüchow müsste eine direkte Bürgerbeteiligung erfahren. Die Entwicklung dieses noch weit in den Kinderschuhen steckenden Vorhabens müsse konsequent und zeitnah erfolgen. Und Menschen mit Handicaps müssten in dem Gesamtkonzept eine Mitbestimmung eingeräumt werden. Diese Kernpunkte hatten sich für das Forum zum Ende der Veranstaltung von "Treffpunkt barrierefrei", dem offenen Angebot des DRK-Ortsvereins Lüchow, am Sonnabend. 4. Mai, im Rot-Kreuz-Zentrum der Stadt herauskristallisiert. Zu diesem Treffen kamen mehrere gesundheitlich und körperlich eingeschränkte Personen, Senioren wie auch kerngesunde Personen aus dem direkten Stadtbereich und stadtnahen Orte.
Ein Thematik, die sich durch die gesamten zwei Stunden des Treffs zog, betraf ausgewiesene Behindertenparkplätze im Stadtbereich. Der auf einem Rollstuhl angewiesene Peter Czorny monierte dabei, dass solche Parkplätze oder -buchten im gesamten Stadtbild Lüchow eher die Seltenheit sind. Was insbesondere fehle, sei eine digital einfach nutzbare Präsenzkarte, die diese Parkplätze besonders ausweise, was im Übrigen auch für öffentliche barrierefrei Sanitäranlagen gelte müsse. Das Mitglied von "Menschen mit Behinderungen Lüchow-Dannenberg" bedauerte zudem, "dass in Sachen resiliente Innenstadt noch niemand von der Stadtverwaltung mit uns als Vertreter für eine inklusive Gesellschaft im Landkreis Kontakt aufgenommen hat".
Ein weiteres Problem, so Czorny: "Häufig sind diese Behindertenparkplätze von Fahrzeugen ohne die besonders dafür benötigten amtlichen Parkausweise besetzt. Einsicht solcher Verkehrsteilnehmer gleich Null. Und darüber hinaus kommen einige eben nicht als barrierefrei Parkplätze in Frage, wie beispielsweise der Raum für zwei Behindertenparkplätze auf dem Parkplatz an der Amtsfreiheit vor dem JYSK-Geschäft." "Davon ist ja auch nur einer komplett nutzbar", so der ebenfalls stetig auf Gehhilfen und einem Elektromobil angewiesene Hugo Schmidt. Der Lüchower und die gesamte Runde sprachen sich auch deshalb für eine Beteilung von Menschen mit Behinderungen an dieser Städteplanung aus, weil Behinderte sich lokal und tagtäglich mit diesen Widrigkeiten auseinandersetzen müssten. "Woran wohl beispielsweise kein körperlich gesunder Mensch denkt, ist die stetig ansteigende Strecke vom Parkplatz Dr.-Lindemann-Straße hinauf zur Langen Straße. Dabei wären Behindertenparkplätze in der Lapp- oder/und Schmiedestraße so nah und auf Ebene der Innenstadt."
Auch die Kirchstraße wäre mit baulichen Veränderungen ideal nah der Langen Straße für Menschen mit Handicap, befand der Mediziner Karlheinz Pralle, der viele Jahre in der Nähe seine Arztpraxis betrieben hatte. Der ehemalige Hausarzt, Sportmediziner und Fachmediziner für Geriatrie kennt auch aus mittlerweile persönlichem Leidensdruck wie wichtig Parkmöglichkeiten für eben das sogenannte ältere Semester mit starken gesundheitlichen Beeinträchtigungen, Menschen mit Behandlungsbedarf oder schweren Dauerleiden sind. Seine Eingaben in Sachen Behindertenparkplätze jedenfalls fanden keine Gehör mit Wirkung, so Pralle. Dabei wären solche Möglichkeiten wahre Hilfen für mehr Barrierefreiheit in Lüchow. Das gilt selbstverständlich nicht allein für Arztpraxen. Auch muss mit einbezogen werden, dass diese Personen in aller Regel gegen ihre Leiden Medikamente nutzen. Und die bekommen sie in Lüchows Apotheken, wo Behindertenparkplätze in nächster Nähe derzeit nicht vorzufinden sind, sieht Pralle Handlungsbedarf.
Eine andere Sichtweise kam von Heidi Arlt, die als Stadtführerin in Lüchow bekannt ist. Für sie wäre es unter anderem wichtig, dass die Wege vom Burgmühlenweg zum Amtsturm und der dortigen Freifläche hinauf einen sanfteren Anstieg erfahren würden. Wichtig wäre zudem stabile Handläufe und für den naturbelassenen Anstieg Sitzgelegenheit zum Pausieren.
Für sie als Lüchows Einwohnerin, eben ohne körperliche Beeinträchtigungen, zieht es Cornelia Kamphausen vom Vorstand des DRK-Ortsvereins Lüchow zum Einkaufen doch eher zu den Angeboten der Geschäfte außerhalb der Innenstadt. "Wir werden es auch jetzt wieder zur Kulturellen Landpartie erleben, dass jeder Parkplatz in der Innenstadt heiß begehrt sein wird. Und so verhält es sich auch häufig ohne "die Kulturelle", urteilte Kamphausen. Ihre und die aus dem Forum zu entnehmende Vision für mehr stressarme Einkaufsfreude in der Innenstadt wäre eine Einbahnstraßenlösung mit einer Fahr- und einer Radspur sowie Fußwegen, wobei Behindertenparkplätze mit Priorität eingeplant werden sollten. Das wäre eine Grundlage, um zügig zu praxisnahen Ergebnissen zu gelangen.
Dass die Kaufkraft für Innenstädte dabei nicht sinke, würden nahe Nachbarstädte wie Lüneburg und Celle aufzeigen, so der Vorsitzende des Rot-Kreuz-Ortsvereins Karl Harald Schulz. Entscheidend in der Folge sei stets das Stadtmarketing. Schon jetzt wäre notwendig, dass in Lüchow die Kontrolle der Parkvorgaben für die Stadtverwaltung und den Parkplatz suchenden Bürger zu Alltag gehören sollte. Anderenorts sei das ein offenes Geheimnis, um kein "Knöllchen" zu kassieren. Text/Foto: Karl Harald Schulz