Wie modern dachten die alten Griechen?

(von Alois Reutterer)

Ein Wellensittich, eine Katze, ein Hund vor einem Spiegel: Sie alle kommen niemals auf die „Idee“, dass ihr Spiegelbild, das sie ja auch sehen, sie selbst sind. Malt man jedoch einem Schimpansen – ohne dass er es merkt – einen Farbklecks auf die Stirn, so beginnt er, wenn er sich in einem Spiegel sieht, sofort an seinem Kopf zu kratzen und versucht, den Farbtupfer zu entfernen. Er weiß also, dass das da drin er selbst ist, er hat ein einfaches Bild von sich selbst, er hat eine Art Selbstbewusstsein. Das wird bei den ersten aufrechtgehenden menschenartigen Wesen, die vor 4,5 Millionen Jahren im Ostafrikanischen Regenwald auftauchten, nicht viel anders gewesen sein: Auch sie hatten – so dürfen wir aufgrund der relativ geringen Hirngröße vermuten – nur ein primitives Wissen um sich selbst. Dieses Selbstbewusstsein ist in der langen Geschichte der Menschheit langsam gewachsen. Doch erst vom modernen Menschen, dem homo sapiens kennen wir Mythen, die uns zeigen, dass er schon früh versucht hat, die Welt und sein Dasein zu erklären und zu verstehen. Hinter den Naturerscheinungen und Naturgewalten wurden unsichtbare Dämonen und dann Götter vermutet, welche diese Phänomene hervorbringen und schließlich auch die Welt und den Menschen geschaffen haben sollten.

Die „Achsenzeit“

In der Zeit zwischen 800 und 200 vor Christus, im Wesentlichen aber um 600 v. Chr., traten überall auf der Welt markante Persönlichkeiten auf, Männer, die die Welt mit ihren Ideen verändert haben. Der deutsche Philosoph Karl Jaspers hat diese Epoche wegen ihrer Wichtigkeit für die Geschichte der Menschheit „Achsenzeit“ genannt.

  • In China waren es Lao-tse und Kung-fu-tse, welche eine hochstehende Moral der Nächstenliebe entwickelten.
  • In Indien formulierte Buddha, der Erleuchtete, seine Lehre – eine atheistische Religion und pessimistische Weltsicht.
  • In Persien trat der Religionsstifter Zarathustra auf und
  • In Israel lebten die Propheten des Alten Testaments.

So sehr auch alle diese Männer die Geschichte der Menschheit geprägt haben: aus heutiger Sicht ist etwa zur selben Zeit etwas noch viel Bedeutsameres im alten Griechenland passiert.

Hier begann vor nunmehr zweieinhalb Jahrtausenden das großartigste geistige Unternehmen der Menschheit, die Wissenschaft – ein Unternehmen, das ohne diese bedeutenden Griechen nicht stattgefunden hätte und das nirgendwo anders auf der Welt gestartet wurde und aufgrund fehlender Voraussetzungen sich wohl auch gar nicht hätte entwickeln können.

Bertrand Russell: Warum entstand Wissenschaft nur in Europa?

„Die Philosophie und die exakte Wissenschaft, wie wir sie heute auffassen, sind griechische Entdeckungen. Die Entstehung der griechischen Kultur, welche zu diesem Aufblühen der geistigen Aktivität führte, ist eines der wunderbarsten Ereignisse in der Geschichte. Weder vorher noch nachher geschah etwas Ähnliches. Innerhalb kurzer Zeit von zwei Jahrhunderten verströmten die Griechen eine erstaunliche Fülle von hervorragenden Werken in Kunst, Literatur, Wissenschaft und Philosophie, welche die allgemeinen Grundlagen der abendländischen Kultur bilden.

Unter den Kulturen der Welt kam die griechische ziemlich spät auf. Die ägyptische und die Mesopotamiens sind um mehrere Jahrtausende älter. Diese ackerbauenden Gesellschaften entstanden längs den großen Flüssen und wurden von theokratischen Königen, einer militärischen Aristokratie und von einer mächtigen, über ein verzwicktes polytheistisches Religionssystem herrschenden Priesterkaste regiert. Die Masse der Bevölkerung bestand aus Leibeigenen, welche das Land bebauten.

Auch Ägypten wie Babylonien entwickelten manche Erkenntnisse, die die Griechen später übernahmen. Aber weder das eine Land noch das andere schuf exakte Wissenschaft und Philosophie. … Wesentlich ist,… dass die Religion die Verwirklichung des geistigen Abenteuers in keinem der beiden Länder förderte.

In Ägypten befasste sich die Religion viel mit dem Weiterleben nach dem Tode. Die Pyramiden sind monumentale Grabmäler. Astronomische Erkenntnisse waren für erfolgreiche Voraussagen der Überschwemmungen des Nils notwendig; und außerdem entwickelten die Priester als Verwalter eine Art von Bilderschrift. Für andere Gebiete blieben wenig Mittel übrig.“

Das sechste Jahrhundert v. Chr. ist also einer der bedeutendsten Wendepunkte in der Menschheitsgeschichte. Das Volk der Griechen wurde zum Träger der weltgeschichtlichen Entwicklung und näherte sich bereits dem Höhepunkt seiner Geschichte, dem „Goldenen Zeitalter“ des Perikles. Damals vollzog sich der Schritt vom Mythos zum Logos, von der bildhaften-magischen Weltdeutung zur rationalen, vernunftgeleiteten Welterklärung.

Die Griechen hatten zu jener Zeit überall um das Mittelmeer Kolonien gegründet, etwa 200 an der Zahl. Besonders berühmt waren die Städte an der kleinasiatischen Küste, in Ionien, in der heutigen Türkei. Auf schmalem Küstensaum am Westrand Kleinasiens entlang der Ägäis hatten die Ionier, der genialste griechische Stamm, zwölf blühende Städte gegründet. Hier endeten die großen Karawanenstraßen, die aus dem Innern des asiatischen Kontinents kamen, hier wurden die von dort ankommenden Waren auf Schiffe verladen und nach Griechenland verfrachtet. Mit dem Warenstrom aus dem Osten kam die Kenntnis vieler kultureller Errungenschaften der asiatischen Völker auf diesem Wege zu den Griechen. Astronomie und Kalender, Münzen und Gewichte, vielleicht auch die Schrift, kamen aus dem Osten zunächst zu den kleinasiatischen Ioniern und wurden von ihnen den übrigen Griechen vermittelt. Hier gab es offenbar auch eine größere geistige Freiheit als im Mutterland und speziell in Athen, in dem das traditionelle Denken viel stärker verwurzelt war. Die südlichste der zwölf ionischen Städte war Milet, im 6. Jahrhundert v. Chr. ein bedeutender Handelshafen und vielleicht die reichste Stadt der damaligen griechischen Welt. Diese Stadt, in der sich Rassen, Sprachen und Religionen kreuzten, ist die Geburtsstätte der griechischen und damit auch der abendländischen Wissenschaft und Philosophie.

In Milet wurde der menschliche Geist sich erst wahrhaft seiner selbst bewusst. „Nachdenkliche Menschen richteten ihren fragenden Blick nicht länger auf ein kultisches Heiligtum, in der Hoffnung, von imaginären Göttern eine orakelhafte Antwort zu erhalten; sie traten vielmehr direkt an die Natur heran, beobachteten das Geschehen und abstrahierten ihre Beobachtungen zu Deutungen und Gesetzen, zu Weltbildern. Indem sie scheinbar vertraute Sachverhalte unter einem neuen Gesichtspunkt betrachteten und überkommenen Vorstellungen eine radikale Absage erteilten, vollzogen die ersten Philosophen die wohl abenteuerlichste Kehrtwendung der Geistesgeschichte.“ (Manfred Schlapp in „Versuch und Irrtum“)

John Burnet: „Die moderne Naturwissenschaft lässt sich treffend kennzeichnen als das Nachdenken über die Welt nach Art der Griechen.“

Aber wie hat diese „Mutation des Geistes“ begonnen?

Im Mythos wird versucht, das Dasein von Mensch und Welt in bildhaft-anschaulicher Weise zu erklären. Denn Unerklärliches wirkt bedrohlich. Hinter den Naturerscheinungen werden menschenartige aber mit übermenschlichen Fähigkeiten und Kräften versehene Götter vermutet. Die Namen vieler Götter und Helden der griechischen Sagenwelt sind uns auch heute noch wohlvertraut und selbst die Wissenschaft, die nun wahrlich nichts von mythologischen Erklärungen der Welt hält, verwendet ständig Namen griechischer Gottheiten, Helden und Sagengestalten. Denken wir nur an die Astronomie: Viele Namen von Planeten und Monden, von Sternen und Sternbildern sind der griechischenMythologie entnommen. Uranos, die Marsmonde Phobos und Deimos, die Sternbilder Kassiopeia, Perseus und Hydra. Aber auch Namen wie Atlas, Europa, Ödipus, Demeter, Apollo, Aphrodite, Dionysos, Helena, Eros, Kassandra und viele andere sind bekannte Namen aus den griechischen Götter- und Heldensagen, die in unsere Umgangssprache Eingang gefunden haben. Die griechische Mythologie ist in unserer Sprache wahrlich allgegenwärtig.

Homer (9. Jh. V. Chr.)

Eingeleitet wurde die skizzierte geistige Wende durch einen der größten Dichter der Menschheit, durch Homer, der im 9. Jahrhundert v. Chr. lebte, vorbereitet wurde und dass eigentlich er als der erste abendländische Philosoph zu gelten hätte, eine Ehre, die üblicherweise dem Thales von Milet zuteil wird.

Dank Homer haben sich die Ionier „von den Göttern erholt“ (Heuser in „Als die Götter lachen lernten“). Dieser Dichter war ein Aufklärer, er hat dem Denken Wege gewiesen, auf denen wir noch heute gehen (oder gehen sollten). Zwar beschreibt Homer das Leben der Götter, aber er vermenschlicht sie und macht sich fast über sie lustig. Homer hat auch die Seele abgeschafft oder besser: sie bis zur Unkenntlichkeit verdünnt. Sie rührt sich während des Lebens überhaupt nicht und entweicht beim Tod als Schatten- oder Traumbild, um im Totenland eine Schattenexistenz zu führen, eine „Existenz“, die man nicht so nennen sollte und keineswegs mit einer gediegenen Unsterblichkeit verwechseln darf. Mit dem Tod ist alles aus. Dieses eine Leben auf dieser Erde ist das einzige. Nur dieses eine Leben kann gelebt, gestaltet, genossen und erlitten werden. Das ist die oft gerühmte und noch öfter gerügte „Diesseitigkeit“ Homers und seiner Ionier.

Homers diesseitiger Geist lässt erstmals aus dem narkotischen Dunst von Mythos und Magie etwas aufsteigen, das dann in Milet festere Konturen gewinnen wird:

Die nur im Medium der Diesseitigkeit mögliche Vorstellung einer durch sich selbst existierenden, autonomenerkannt werden. Um sie erkennen zu können, muss er gegen allen Geisterglauben den ungeheuren Gedanken fassen, die Natur sei gesetzlich geordnet, nicht der Spielball von Göttern und Dämonen. Diese unendlich folgenreiche „Entzauberung der Welt“ hebt an in Ionien, und sie wird auf den Weg gebracht durch Homer.

Bei Homer heißt es, Okeanos ist der Ursprung aller Dinge, auch der Götter. Vielleicht ist hier schon der Satz des Thales vorweggenommen, das Wasser sei der Ursprung aller Dinge.

Die Frage, woher der Okeanos oder das Wasser kommen, wird nicht beantwortet. Der Urstoff muss seit ewigen Zeiten anfanglos da sein, weil ihn andernfalls nur eine anstößige Magie aus dem Nichts hervorgezaubert haben könnte. Diese These bedeutet eine Vorwegnahme des Satzes von der Erhaltung der Materie, bzw. Erhaltung der Energie – einem der fundamentalsten Sätze der Physik. Die Vermutung liegt nahe, dass eine Wissenschaft von der Natur überall dort nicht entstehen konnte, wo man an eine Erschaffung der Welt glaubte.

Es geht um eine völlige Umkehr der Blick- und Denkrichtung – weg von unberechenbaren Machinationen unberechenbarer Mächte, hin zum „Projekt geordnete Natur“. Diese ionische Kehre ist die radikalste Wende in der menschlichen Geschichte, und sie hat die radikalsten Folgen gehabt. An ihrem Anfang steht Homer. Und diesem ionischen Geist verdanken wir das Wiegengeschenk der Rationalität und Wissenschaft. Den Alten war Homer mehr als nur ein Dichter, er war ihnen „der weiseste der Griechen“, und Philosoph. Wie jeder Philosoph musste Homer destruktiv sein, wie es jeder echte Philosoph sein muss, der dem Denken neue Bahnen brechen will und dazu das alte Denken erst einmal ab- und wegschaffen muss.

Die Vorsokratiker

Die griechischen Denker vor dem berühmten Sokrates nennt man „Vorsokratiker“.

Thales aus Milet (ca. 624 - 546 v.Chr.)

galt den Alten als einer der Sieben Weisen, er ist einer der Wendepunkte des europäischen Denkens. Mit ihm beginnt, was wir Wissenschaft nennen.

Er war weitgereist und ermittelte z.B. auch die Höhe der ägyptischen Pyramiden durch Messung ihres Schattens zu einer bestimmten Tageszeit.

Er fand eine Anzahl grundlegender Lehrsätze der Mathematik, deren einer noch seinen Namen trägt.

Als erster erkannte er die Blindheit des Subjekts für sich selbst.

Tugend ist, dass wir niemals tun, was wir an anderen verurteilen. (Das ist eine Vorwegnahme des Kategorischen Imperativs von Kant!)

Einer der wichtigsten Tage in der Denkgeschichte der Menschheit ist der 28. Mai 585 v. Chr.: Thales gelang es nämlich, für dieses Jahr erstmals eine Sonnenfinsternis vorherzusagen. Wir wissen nicht, ob Thales je von „Naturgesetzen“ gesprochen hat, aber die Sache selbst muss ihm an diesem denkwürdigen Tag klar geworden sein.

Die wichtigste Ansicht von Thales ist die Behauptung, die Welt sei aus Wasser entstanden. Von manchen wird diese These allerdings einem seiner Nachfolger zugeschrieben.

Heute wissen wir, dass zwar nicht Wasser, aber doch Wasserstoff tatsächlich das Urelement ist, aus dem in den Sternen alle anderen chemischen Elemente aufgebaut werden. Die Ansicht aber, alle Materie sei eins, ist eine ganz achtbare wissenschaftliche Hypothese. Thales hat seine Annahme, der Ursprung aller Dinge sei das Wasser, vermutlich aus der Beobachtung abgeleitet, dass das Meer an dem er ja lebte, voller Leben ist, dass alles Leben Wasser benötigt und er sah, wie die Sonne das Wasser verdunstet, wie sich daraus Nebel bildet, der sich wieder in Form von Regen niederschlägt. Die Erde ist also eine Art konzentriertes Wasser. Es ist eine hervorragende Leistung, entdeckt zu haben, dass eine Substanz dieselbe bleibt bei verschiedenen Zustandsformen.

Thales behauptete auch, dass die Gestirne aus ordinärer glühender Erde bestünden – eine Respektlosigkeit gegenüber der frommen Weisheit Babylons, dass die Gestirne Götter seien.

Anaximandros aus Milet (ca. 611 - 545 v.Chr.)

Manchen gilt er als der eigentlicher Begründer der Philosophie. Auch schrieb er das erste Buch in Prosa. (Das Wort »Philosophie« kommt von philos = Freund und sophia = Weisheit. Der Philosoph ist also ein Freund der Weisheit.)

Die Erde sei, so meinte Anaximander, ein frei im Weltraum schwebender Zylinder, auf dessen einer Endfläche die Menschen leben.

Dieser Zeitgenosse von Thales nahm an, dass unsere Erde von unzähligen anderen Welten umgeben sei. Die Welt bedeutete ihm etwas Ähnliches wie unser heutiges Milchstraßensystem.

Vor allem aber hatte er eine äußerst „moderne“ Ansicht bezüglich der Abstammung des Menschen. Lebewesen entstanden aus dem Feuchten, von wo sie auf das Trockene wanderten und hier ihre Lebensform änderten.

Aus der Beobachtung der langen Zeit, welche die Menschenkinder gepflegt und beschützt werden müssen, zog er den Schluss, dass der Mensch, falls er immer so gewesen wäre wie heute, nicht hätte überleben können. Infolgedessen musste er einst anders gewesen sein, d.h. er muss sich aus einem Tier, das viel früher für sich sorgen kann, entwickelt haben.

Anaximander – der antike Darwin – vertrat die These, dass die Menschen ursprünglich wie Delfine in fischähnlichen Leibern herangewachsen, unter dem Einfluss von Wärme zur Reife gekommen und in der Folge an Land gekrochen seien. Solche Vorstellungen muten heute naiv an. Gleichwohl enthalten sie die wesentlichen Elemente der Evolutionstheorie.

Auch hat er die Mechanismen der Evolutionslehre Mutation (Erbänderung) und Selektion (Auslese der Tüchtigen) vorweggenommen. Missgestaltet Lebewesen überleben nicht. Zu den wichtigsten Erkenntnissen der altgriechischen Naturphilosophen zählt die Einsicht, dass der Mensch nicht das fertige Produkt eines überirdischen Schöpfungsaktes ist, sondern das Ergebnis einer langwierigen Evolution, die von definierbaren Naturgesetzen gesteuert wird.

Diese dynamische Weltsicht wurde freilich durch das statische Weltbild eines Platon und Aristoteles, das keinerlei Entwicklung kennt, verschüttet und erst nach 2000 Jahren wieder zum Leben erweckt.

Anaximander erkannte auch, dass das Wasser das Urmilieu allen Lebens ist und sich die ersten Lebensprozesse im Wasser abgespielt haben. Mehr noch: er übertrug den Entwicklungsgedanken auf den gesamten Kosmos. Das Universum des Anaximander war grenzenlos an Ausdehnung und Dauer; es befindet sich in ständigem Wandel. Alles Geschehen – im Kosmos wie im biologischen Bereich – ist ein endloser Prozess von Entstehen und Vergehen.

In der Frage nach dem Urstoff, der arche aller Dinge, glaubte Anaximander, seinem Freund Thales nicht folgen zu können, denn das woraus alles wird, kann selbst nicht schon etwas Bestimmtes sein. Für ihn war daher der Urstoff das grenzenlos Unbestimmbare, Formlose, das Apeiron. Die Eigenschaften des Apeiron können nicht exakt beschrieben werden und aus heutiger Sicht könnte man es am ehesten mit Energie vergleichen, die ja, wie wir seit Einstein wissen, zu Masse, also Materie aller Art, umgewandelt werden kann. Nach ewigen Gesetzen gehen aus dem Unbestimmt-Grenzenlosen unzählige, immer neue Welten hervor und kehren wieder in dasselbe zurück. Wir haben hier eine Theorie des periodischen Wechsels von Weltentstehung

und Weltzerstörung, ein pulsierende Universum und eine Parallelweltentheorie, wie sie heute wieder diskutiert wird.

Anaximenes aus Milet (ca. 585 - 528 v.Chr.)

Der dritte der milesischen „Physiker“, führte die Luft als arche ein, wobei man diesen Begriff nicht wörtlich nehmen darf. Anaximander hatte aus dem apeiron die Gegensätze heraustreten lassen. Nach Anaximenes kann das Gleichmäßige sich nicht qualitativ verändern, sondern nur quantitativ: kraft einer Bewegung kann der Urstoff sich an einem Ort verdichten, an einem andern verdünnen und so können verschiedene Dinge der Sinnenwelt entstehen. Sie sind der immer gleiche Urstoff in verschiedenen Dichtegraden. Es war eine geniale Idee, qualitative Unterschiede auf quantitative zurückzuführen. Es war ein wichtiger Schritt zur Mathematisierung der „Physik“. Und ebenfalls wichtig: Neben der Frage nach dem Ur-Stoff stellte er erstmals die Frage der Ur-Kräfte.

Er lehrte ebenfalls periodischen Wechsel von Weltentstehung und Weltzerstörung. Anaximenes hat auch als erster behauptet, dass der Mond sein Licht von der Sonne bekomme. Anaximandros und Anaximenes haben den Begriff der Unendlichkeit erfunden, ohne den weder die Mathematik noch der Glaube auskommen.

Gemeinsam ist den drei „Physikern“ aus dem freigeistigen Milet das eine Entscheidende, womit die Wissenschaft erst möglich wird: dass in ihren Theorien Götter und Dämonen erstmals ohne Funktion und Arbeit sind. Die Natur besteht aus sich selbst heraus und kann aus sich selbst heraus verstanden werden. Es ist ein endgültiger Bruch mit uralten Animismen und der tiefste Einschnitt in der Geschichte der Menschheit – tiefer und wirkungsmächtiger als der gleichzeitige Umbruch des Buddha in Indien oder des Zarathustra in Persien. Die Milesier haben einen neuen Weg gesucht und gefunden: den Weg der Welterkenntnis anstelle der Gotteserkenntnis. Platon meinte, wer sich der Astronomie und verwandten Wissenschaften widme, werde zum Atheisten, sobald er zur Erkenntnis gelangt sei, dass alles aufgrund von notwendigen Ursachen entstehe. Und noch Augustinus, Bischof von Hippo, tadelte um 400 n. Chr. Thales und Anaximander ausdrücklich dafür, dass sie in ihrer Physik dem Geist Gottes kein Tätigkeitsfeld gelassen hätten.

Homer - der erste Philosoph (9. Jh. v.Chr.)

Okeanos – Ursprung aller Dinge, auch der Götter

Seele nur ein Traumbild, Götter vermenschlicht.

Die 3 großen milesischen „Physiker“:

Thales aus Milet (ca. 624 - 546 v.Chr.)

arche (Urstoff) aller Dinge ist das Wasser.

Gestirne bestehen aus glühender Erde

Anaximandros aus Milet (ca. 611 - 545 v.Chr.)

Unzählige Welten, Entwicklung von Kosmos und Leben

arche ist das apeiron (das Unbestimmbare).

Anaximenes aus Milet (ca. 585 - 528 v. Chr.)

Urstoff ist die Luft, die Dinge entstehen durch Verdichtung und Verdünnung.

Qualitative Unterschiede werden auf quantitative zurückgeführt!

Der Mond bekommt sein Licht von der Sonne.

Pythagoras von Samos (ca. 580 - 496 v.Chr.)

Der Name dieses bedeutenden Mannes ist allen Schülern durch den pythagoreischen Lehrsatz bekannt: a2 + b2 = c2. Ob diese Erkenntnis von ihm stammt, oder ob er sie von den Babyloniern übernommen hat, ist nicht sicher. Jedenfalls aber spielt für ihn die Zahl eine große Rolle. Es ist wahrscheinlich, dass er über die Musik zur Theorie gekommen ist, dass alle Dinge aus Zahlen bestünden, bzw. wie die Töne nach Verhältnissen der Saitenabschnitte eines Instruments geordnet sind. Pythagoras soll gesagt haben: „Nach Zahl und Proportion ist dieses All harmonisch zusammengefügt und in rechter Art geordnet.“ Nicht die Materie – wie für die ionischen Physiker – war für Pythagoras das Wesentliche, sondern die Form. Er suchte das Geheimnis der Welt nicht im Urstoff, sondern in einem Urgesetz, nämlich einer unveränderlichen zahlenmäßigen Beziehung unter den Bestandteilen der Welt, wie sie heute im Periodensystem der Elemente eine wichtige Rolle spielt. = c

Der vielfältigen Erscheinungwelt liegt eine abstrakte Struktur zugrunde, die mit Hilfe der Mathematik beschrieben werden kann. Ist erst einmal die quantitative Struktur erfasst, so haben wir die Kontrolle über die Welt. Diese Sichtweise nimmt die Weltauffassung der modernen Naturwissenschaften, vorweg.

Es ist dieses pythagoreische Ertasten des quantitativen Aspekts der Natur, das Anfang und Wegweiser einer Mathematisierung der Wissenschaft von der Natur und damit einer tiefreichenden Weltveränderung geworden ist.

Galilei meinte viel später: „Das Buch der Natur ist in mathematischen Lettern geschrieben.“ Auch Kant hielt viel von der Mathematik. Er meinte sogar, in jeder Disziplin sei nur so viel Wissenschaft, wie in ihr Mathematik stecke. Und Einstein wollte die gesamte Physik auf Mathematik zurückführen.

Die Milesier hatten einen „materialistischen Monismus“ propagiert: Die ganze bunte Welt ist nichts als die Modifikation eines einzigen Urstoffs. Die Pythagoreer verkündeten einen „mathematischen Monismus“: Die ganze bunte Welt ist nichts als geronnene Mathematik. Beide Monismen sind heute noch aktuell. Noch immer suchen die Physiker nach dem „Urstoff“ (bisher sind sie bis zu den „Quarks“ gelangt) und die moderne Kosmologie ist wesentlich mathematischer Natur.

Pythagoras glaubte wie die Milesier, dass es viele Welten gebe und er lehrte als erster, dass die Erde eine Kugel sei.

Nebenbei trat Pythagoras als eine Art Guru und Sektengründer auf, er selbst sollte nach dem Glauben seiner Schüler von Apollo abstammen. Dennoch wurde hier eine neue religiöse Richtung entwickelt und die alte olympische Religion beiseite geschoben. Insbesondere die von den Pythagoreern vertretene Seelenwanderungslehre war ein Element, das in der griechischen Mythologie keinen Platz findet.

Aus dem Dionysoskult war die „Orphik“ entstanden, deren Gründer der sagenhafte Sänger Orpheus aus Thrakien mit seiner wundersamen Musik gewesen sein soll. Die Orphiker waren – nach Heuser – die ersten Theologen des Christentums. Der Mensch ist ein Doppelwesen, zusammengesetzt aus einem sichtbaren Leib und einer unsichtbaren Seele, die weit substanzieller war als Homers flatterndes Traumbild. Diese Seele sei göttlich und unsterblich. Aus früherer Schuld sei sie in den miserablen Leib verbannt wie in ein Gefängnis oder Grab. Um die Rückkehr in die überirdische Heimat zu bewerkstelligen, musste man der Weltlust und dem Weltschlamm abschwören. Askese und Verzicht auf Fleischnahrung waren oberstes Gebot. Den Frevler aber erwarten unabsehbare Qualen in einem Abgrund ewiger Finsternis. Die noch nicht erlösungsreife Seele wird in einen neuen

Elendsleib verbannt und dann vielleicht wieder in einen neuen usw. - bis sie nach endlich geglückter Reinigung den Kreis der Wiedergeburten durchbrechen und sich aufschwingen kann zur Gottheit und zur ewigen Seligkeit. Unsterblichkeit und Seelenwanderung sind die beiden Zentraldogmen der Orphik.

Die Orphik war etwas radikal Neues im griechischen Leben: eine weltverneinende Offenbarung aus dem Jenseits, die den ehemals einen Menschen in zwei feindliche Stücke zerriss, in Leib und Seele; eine Religionsindustrie, die Erlösungsbedarf weckte und deckte; eine Verkündigung, die sich dogmatisch auf „heilige Bücher“ stützte, geschlossene Gemeinden bildete und eine eifernde Mission betrieb.

Pythagoras ließ sich „der Göttliche“ nennen, lehnte jedoch die Bezeichnung eines „Weisen“ ab und nannte sich bloß einen „Freund der Weisheit“, einen Philosophen.

Parmenides (540 - 480)

vertritt einen Rationalismus. Die Sinne sind Quelle allen Irrtums. Die Sinnenwelt ist bloßer Schein. Nur die Vernunft führt uns zur Wahrheit. Denken = Sein. Und: Es gibt kein Werden, nur beharrendes Sein. Diese

Lehre kann (zusammen mit pythagoreischen Gedanken) als Vorstufe zu Platons Ideenlehre angesehen werden.

Herakleitos aus Ephesos (ca. 544 - 480 v.Chr.)

Heraklit aus der neben Milet mächtigsten Handelsstadt Kleinasiens war einer der ersten, der lautes Bedenken am menschlichen Erkenntnisvermögen anmeldete. „Ich erforsche mich selbst“ ist ein berühmter Ausspruch dieses Denkers. Er war ein Einzelgänger, Verächter der Masse und ein Feind der Demokratie und erinnert damit an Nietzsche. Er schuf Ansätze für eine skeptische Philosophie, ja er forderte bereits jene radikale In-Frage-Stellung, die die späteren Sophisten mit Methode betrieben.

Der „Dunkle“, wie er aufgrund seiner schwer verständlichen Sprache genannt wurde, war einer der schärfsten Gegner von Pythagoras. Er ist der Philosoph des Werdens. Die Ionier hatten einseitig den Stoff der Welt, die Pythagoreer einseitig die Form betont, vergaßen aber den Wechsel, das Werden an Stoff und Form. Alles jedoch ist stets im Werden begriffen. Nichts ruht. Alles fließt – pantha rei. Alle Dinge befinden sich im Fluss und im dauernden Wandel. „Wir können nicht zweimal in denselben Fluss steigen.“ Wo wir etwas Stabiles wahrzunehmen glauben, täuschen uns die Sinne. Für dieses ewige Werden steht das Bild des Feuers. Und: Alle Dinge entstehen durch Streit. „Kampf ist der Vater aller Dinge.“ Überall begegnen wir Gegensätzen: Tag - Nacht, Winter - Sommer, Krieg - Frieden, Sattheit - Hunger. Gegensätzliches gehört zusammen.

Damit liefert Heraklit ein erstes Modell der dialektischen Entwicklungslehre und nimmt damit insbesondere den Dialektischen Materialismus vorweg, nach dem sich ja auch alles nach dem Schema von These und Antithese entwickelt. Heute spricht die Naturwissenschaft von einem dynamischen Gleichgewicht, das z.B. in jedem Organismus herrscht. Aber auch die Flucht der Milchstraßen kämpft gegen die kontrahierende Schwerkraft und jeder Satellit, jeder Mond, jeder Planet umkreist sein Zentrum nur, weil ein Gleichgewicht besteht zwischen Anziehungs- und Fliehkraft.

Und noch eines hat Heraklit gesehen: Die Welt verhält sich gemäß strengen Regeln, die er als Logos bezeichnete. Diese Weltvernunft durchwaltet alles. Die Welt existiert ungeschaffen seit Ewigkeit.

Symbol für den Logos ist das Urfeuer, eine Urenergie, die zugleich das Göttliche ist und die Seele ist ein Teil davon. Nach dem Tode fällt sie in dieses zurück.

Zitat: „Diese Weltordnung, dieselbige für alle Wesen, schuf weder einer der Götter noch der Menschen, sondern sie war immerdar und ist und wird sein ewig lebendiges Feuer, erglimmend nach Maßen und erlöschend nach Maßen.“

Der Logos ist das Maß und die Notwendigkeit, die alles Geschehen nach strengen Gesetzen regelt. Damit hat Heraklit das vorweggenommen, war wir heute als Naturgesetze bezeichnen.

Xenophanes aus Kolophon (ca. 570 - 480 v.Chr.)

Mit Xenophanes wird der Mensch zum Gegenstand wissenschaftlichen Nachdenkens. Es beginnt eine rationale Anthropologie, die ohne den rationalen Geist der milesischen Physik schwer vorstellbar ist.

Wie Heraklit verachtete er die Religion seiner Zeit kämpft aber auch gegen Aber- und Wunderglauben sowie die Seelenwanderungslehre.

Vor allem verwarf er die herkömmlichen Göttervorstellungen: Sich die Götter in Menschengestalt zu denken, sei ein plumper Irrtum: „Völker und Rassen haben sich ihre ganz verschiedenen Göttervorstellungen nach dem eigenen Bilde selbst geschaffen. Doch wenn die Ochsen und Rosse und Löwen Hände hätten oder malen könnten mit ihren Händen und Werke bilden wie die Menschen, so würden die Rosse rossähnliche, die Ochsen ochsenähnliche Göttergestalten malen und solche Körper bilden, wie jede Art gerade ihre Form hätte.“ Ähnlich hatte im 19. Jahrhundert Ludwig Feuerbach Gott als Projektion menschlicher Eigenschaften betrachtet: „Der Gott des Menschen ist nichts andres als das vergötterte Wesen des Menschen.“ Es gibt nur einen einzigen Gott, der weder in Gestalt noch in seinen Gedanken dem Menschen vergleichbar ist. Dieser Gott ist allgegenwärtig, er ist mit dem Weltganzen identisch: So wurde Xenophanes zum Ahnherrn aller Pantheisten – alles ist Gott oder wie Spinoza sagte, Gott ist gleich Natur, die Natur ist gleich Gott.

Die griechische Mythologie hatte den Göttern angedichtet, was nur immer bei den Menschen Schimpf und Schande ist: Stehlen, Ehebrechen und sich gegenseitig betrügen.

Heuser: „Der Aufklärer von Kolophon wollte Gott durch Ent-Menschlichung retten und anständig machen. Die Milesier hatten sich um die Götter wenig gekümmert; ihr Anliegen war ja gerade gewesen, die Natur gott-los zu machen, um sie erforschen zu können. Xenophanes hat es ernst gemeint mit Gott. Das ist Gott nicht gut bekommen, denn der kolophonische Rationalist hat ihn entfleischt und entbeint, so vergeistigt und verdünnt, dass er schließlich in Rauch aufgegangen ist.“ Xenophanes ist aber auch Vater einer Erkenntniskritik und des Skeptizismus. Er misstraut unseren Sinnen. Der gerade Stab, ins Wasser gesteckt, erscheint geknickt. Wir dürfen daher nur der Vernunft vertrauen. Wir müssen bescheiden sein und erkennen, dass wir nicht alles wissen können.

Protagoras aus Abdera (ca. 481 - 411 v.Chr.)

Protagoras ist der erste und gleichzeitig bekannteste Vertreter der Sophisten, jener ersten Lehrer, die für Geld die Kunst der Rede lehrten. Dies sollte den Zögling befähigen, „sein eigenes Haus möglichst gut zu verwalten und in der Politik mitzuhandeln und mitzureden“. Wie Xenophanes und vor ihm schon Heraklit übte auch Protagoras Theologie-Kritik: „Von den Göttern vermag ich nichts festzustellen, weder dass es sie gibt, noch dass es sie nicht gibt.“ Dieser Satz brachte ihn vor Gericht und an den Rand des Todes. In Athen wurde ihm der Prozess wegen Gottlosigkeit gemacht. Er wurde aus Athen verbannt

und seine Bücher wurden auf dem Markt verbrannt, nachdem man sie durch öffentlichen Heroldaufruf allen Besitzern abgefordert und eingezogen hatte. Auf der Flucht nach Sizilien soll sein Schiff gesunken und der Siebzigjährige in den Wellen umgekommen sein.

Protagoras vertrat eine Naturrechtslehre, allerdings im Sinne vom Recht des Stärkeren. Und er lehrte die Gleichheit aller Menschen (Hellenen und Barbaren, Freie und Sklaven).

Die Hauptleistung des Protagoras bestand aber in etwas anderem: Die ionischen Physiker hatten die götterfreie Autonomie der Natur entdeckt; die Sophisten brauchten nur einen kleinen Schritt weiterzugehen, um zur götterfreien Autonomie des Menschen zu gelangen. Hier vollzieht sich eine anthropologische Wende. Auto-nom ist, wer sich selbst den nomos, das Gesetz gibt. Die Entgöttlichung der Natur machte den Weg frei für den Menschen als Selbstgesetzgeber. Protagoras sieht den Menschen allein auf sich und seine Geisteskraft gestellt. Sein berühmter Satz „Der Mensch ist das Maß aller Dinge“ gilt für unsere Erkenntnis genauso wie für Recht und Sitte. Diese sind Konvention, Übereinkunft und nicht naturgegeben.

Philosophische Lehren, die geliebte Glaubenssätze, die Tradition und Konvention in Frage stellen, führen zu Unbehagen, Unsicherheit. Feindseligkeit und Hass sind die Antwort der zeitgenössischen Spießbürger auf solch beunruhigende Thesen.

Etliche Denker wurden als „Ketzer“ Opfer der damaligen Verfolgungspolitik:

Anaxagoras aus Klazomenai hatte behauptet, die Sonne sei nur eine glühendeGesteinsmasse. Er wurde auf Betreiben eines Vertreters der traditionellen gläubigen Bürgerschaft vor Gericht gestellt und zu einer hohen Geldstrafe verurteilt.

Aristarch von Samos hatte gelehrt, die Sonne stehe im Mittelpunkt der Welt und nicht die Erde. Man beschuldigte ihn der Irreligiosität.

Protagoras wurde in Athen der Prozess wegen Gottlosigkeit gemacht. Er wurde aus Athen verbannt und seine Bücher wurden auf dem Markt verbrannt.

Auch Aristoteles wurde aus rein politischen Gründen angefeindet und wegen Gottlosigkeit vor Gericht gestellt. Er entzog sich dem Urteil durch Flucht.

Das prominenteste Opfer war jedoch Sokrates – ebenfalls der Gottlosigkeit angeklagt –, der als erster Philosoph für seine Überzeugung gestorben ist.

Anaxagoras aus Klazomenai (etwa 499 - 428 v.Chr.)

Er ist der älteste Atomist. Er ging nämlich davon aus, dass es kleinste, von uns nicht wahrnehmbare Teile, die spermata, gibt, die ewig unzerstörbar sind und durch eine Kraft, den nous sich lösen und binden und so die uns bekannten Dinge ergeben. Der Nous ist

denkender, vernünftiger und allmächtiger, aber unpersönlicher göttlicher Geist und erster Beweger (wie wir ihn von Aristoteles kennen).

Alkmaion aus Kroton (um 500 v.Chr.)

Er bedeutet einen Wendepunkte in der Medizingeschichte: Er wagte als erster, eine Leichensektion vorzunehmen. Dabei entdeckte er, dass von den Sinnesorganen „enge Pfade“ (Nervenstränge) ausgehen, die im Gehirn endigen und er schloss daraus, dass sämtliche Sinnesvermögen irgendwie mit dem Gehirn zusammenhängen und dass die höchste Kraft der Seele im Gehirn sitze. Dies war eine epochale Entdeckung, auch wenn sie nicht sofort von jedem angenommen wurde. Noch Aristoteles glaubte, die psychischen Tätigkeiten seien im Herzen lokalisiert.

Hippokrates von Kos (460 - 377 v.Chr.)

Der große und bekannteste griechische Arzt, dessen Eid die angehenden Ärzte heute noch schwören müssen, gilt als Begründer der erfahrungswissenschaftlichen und rationalen Medizin, die ohne Dämonen auskommt. Hippokrates ist einer der großen Aufklärer der Denkgeschichte und Mitgestalter des modernen naturwissenschaftlichen Denkens. Er kämpfte gegen den Aberglauben im Krankenzimmer, gegen Quacksalber und Scharlatane und vertrieb das Magische aus der Medizin. Selbst die „heilige Krankheit“, die Epilepsie oder Fallsucht, versuchte er wie andere Krankheiten auf natürliche Ursachen zurückzuführen. Von ihm kam auch der Ruf nach dem „mündigen Patienten“. Der Kranke sollte nicht beruhigt werden, vielmehr sollte er zusammen mit dem Arzt sich gegen die Krankheit wehren. Es galt, die Heilkraft der Natur behutsam zu unterstützen. Dazu dienten hausbackene Mittel wie frische Luft, Bettruhe, warme Umschläge, Bäder und Wassergüsse, Wein, Honig und Wasser, Honig und Essig, Massage, Aderlass und Gerstenschleimsuppe.

Wichtig war für Hippokrates auch die Erfolgskontrolle – die auch in der modernen Naturwissenschaft und Medizin gefordert wird. Er war ein moderner Naturwissenschaftler.

Pythagoras von Samos (ca. 580 - 496 V.Chr.)

Alles ist nach Zahlen und Proportionen geordnet.

Mathematisierung der Wissenschaft.

Orphik: Unsterblichkeit und Seelenwanderung

Parmenides aus Elea (540 - 480)

Rationalismus. Die Sinne sind Quelle allen Irrtums. Die Sinnenwelt ist bloßer Schein. Nur die Vernunft führt uns zur Wahrheit. Denken = Sein. Und: Es gibt kein Werden, nur beharrendes Sein.

Herakleitos (Heraklit) aus Ephesos (ca. 544 - 480 v.Chr.)

Alles ist ständig im Werden begriffen. panta rhei.

Kampf ist der Vater aller Dinge. Die Weltvernunft (der Logos) durchwaltet alles: Naturgesetzlichkeit.

Xenophanes aus Kolophon (ca. 570 - 480 v.Chr.)

Rationale Anthropologie, Erkenntniskritik.

Götter sind menschliche Projektionen.

Protagoras aus Abdera (ca. 481 - 411 v.Chr.)

Sophist. Theologie-Kritik. Götterfreie Autonomie des Menschen: Der Mensch ist das Maß aller Dinge.

Alkmaion von Kroton (um 500 v.Chr.)

Wendepunkt in der Medizin. Sinne sind mit Gehirn verbunden.

Hippokrates von Kos (460 - 377 v.Chr.

Rationale Erfahrungsmedizin, Aufklärer, Kampf gegen Magie und Aberglaube. Naturheilmittel, mündiger Patient und Erfolgskontrolle werden gefordert.

Empedokles aus Agrigent (etwa 500 - 430 v.Chr.)

Auch der Wundermann und Zauberer vom Ätna war in gewisser Hinsicht äußerst modern. Er war Eklektiker und schuf sozusagen die erste Vereinheitlichte Theorie des Altertums. Jedes Ding dieser Welt ist für ihn proportional zusammengesetzt aus Erde, Wasser, Luft und Feuer, also aus vier Elementen oder Ursubstanzen (Wurzeln, rhizomata).

Das ist die Urform der chemischen Formel (wie etwa NaCl oder H2O). Die Chemie des sizilianischen Wundermanns gehört zu den wirkungsmächtigsten Konzeptionen der griechischen Wissenschaft und hat sich bis tief in die Neuzeit gehalten, ja taucht in der Esoterik unserer Tage wieder auf. Empedokles hat sogar – Einstein vorwegnehmend – schon behauptet, Licht breite sich mit endlicher Geschwindigkeit aus. Mehr noch: Ein erst vor wenigen Jahren in der Straßburger Nationalbibliothek gefundenes 2500 Jahre altes Papyrus-Dokument weist Empedokles als Stephen Hawking der Antike aus. Auch bei ihm begann alles mit einem „Urknall“. Am Anfang waren alle vier Elemente in einer riesigen Himmelskugel, dem Sphairos harmonisch vereinigt gewesen. Die Blase fliegt unvermittelt auseinander.

Angetrieben vom Streit, der trennenden Urkraft des Universums, beginnen sich die Grundstoffe abzusondern. Ihr Reinheitsgrad ist anfangs gering. In der Erde steckt noch viel Wasser und Feuer – nur die Luft hat sich schon völlig getrennt. Aus diesem Mischmasch lässt Empedokles alles Leben entstehen. Die Lebewesen sind spezifische Mischungen der Elemente. Auch den Gedanken einer Evolution kennt Empedokles: Unter den Lebewesen entstehen zuerst niedere, dann höhere Organismen, erst Pflanzen und Tiere, dann die Menschen.

Ebenso nimmt Empedokles die meist den Atomisten Leukippos und Demokritos zugeschriebene Bildchentheorie des Sehens vorweg.

Demokritos aus Abdera (ca. 460 - 370 v.Chr.)

Demokrit scheint wie ein antiker Leibniz das gesamte Wissen seiner Zeit innegehabt zu haben. Er lehrt, alles bestehe aus Atomen, kleinsten unteilbaren Teilchen, von gleicher Qualität, unterschiedlich in Form, Größe und Lage. Durch ihr Vermischen und Trennen entsteht Werden. Die Atome bestehen alle aus ein und demselben Stoff, einem Urstoff –Neuauflage der milesischen arche. Ein Ding wird ein anderes, wenn nur ein einziges Atom seinen Platz verändert. Er konnte nicht wissen, wie recht er damit hatte. Man darf freilich die Lehre vom Unteilbaren, den Atomen des Demokrit nicht mit der heutigen Atomtheorie vergleichen. Außer dem Namen hat sie mit dieser nicht viel gemein. Die Atome des Demokrit sind eher den heutigen Quarks vergleichbar, zumal Demokrit speziell von „Feueratomen“ spricht, die man modern als Energiequanten interpretieren könnte. Diese Atome sind unvergänglich und unveränderlich. Durch ihre Zusammensetzung können sie zahllos viele Welten bilden („Legostein-Modell“), von denen die unsere nur eine ist (wieder eine „Parallelweltentheorie“).

Die atomaren Vorgänge benötigen keinen (außenstehenden) planenden und lenkenden Geist, sie geschehen mit „innewohnender“ Gesetzmäßigkeit: Die Welt ist in sich selbst und von sich selbst bewegte Materie (Das Konzept der Selbstorganisation wird hier vorweggenommen).

Für Demokrit gibt es auch keinen Zufall, alle Vorgänge sind streng kausal (ursächlich) determiniert. Damit bietet die Atomistik des Demokrit und seines Lehrers Leukippos die erste Formulierung eines durchgängig mechanischen bzw. kausalen Weltbildes, das ganz auf dem Gesetz von Ursache und Wirkung aufbaut. Hier finden wir die erste klare Formulierung des Kausalgesetzes: „Kein Ding entsteht planlos, sondern alles aus Sinn und unter Notwendigkeit.“

Das war in der Antike ein wichtiger Schritt.

Interessant ist auch die Lehre vom Sehen, welche die Atomisten entwickelten, die aber von Empedokles vorweggenommen worden war: Danach geht vom gesehenen Gegenstand ein beständiger Strom (eine kontinuierliche Welle) von Bildchen (eidola) aus, die ins Auge eindringen. Diese Bildchentheorie kommt dem wirklichen Sachverhalt näher, als man vermuten möchte: Wissen wir doch heute, dass die Atome der Dinge Lichtquanten aussenden, die unsere Augen aufnehmen.

Nach Demokritos besteht auch die Seele aus extrem kleinen, sehr beweglichen kugelförmigen Atomen. Der Tod ist das Entweichen dieser mobilen Seelenatome aus dem Körper – und so ist denn die Seele vergänglich, mit dem Körper geht auch sie zugrunde. Sie zerstreut sich im Weltall.

Zitat: „Einige Menschen, die nichts von der Auflösung der sterblichen Natur wissen, quälen sich im Bewusstsein der schlechten Handlungen, die sie in ihrem Leben begangen haben, ihr Leben lang in Angst und Unruhe und erdichten sich Märchen über die Zeit nach dem Tode.“ Der Mensch ohne Jenseits muss sich im Diesseits einrichten.

Und über den Ursprung des Götterglaubens meint er: „Als die Menschen der Vorzeit die Vorgänge in der Höhe sahen, wie Donner und Blitz, das Zusammentreffen von Sternen und die Verfinsterungen von Sonne und Mond, da ließ ihre Angst sie denken, göttliche Wesen seien die Urheber dieser Erscheinungen.“

Epikuros von Samos (341 - 270 v.Chr.)

war von Demokrit beeinflusster Materialist und Freidenker, der auch gegen abergläubische Bräuche auftrat. Er vertritt eine Lebensauffassung, derzufolge der Weg zum Glück, zum seelischen Wohlbefinden über den maßvollen Lebensgenuss und die Beherrschung der Begierden durch den Verstand führt. Eine stille heitere Ausgeglichenheit macht den Menschen dem Schicksal überlegen. In gepflegten Gärten mit Freunden schöngeistige Gespräche zu führen, war für Epikur reinste Quelle des Glücks. Der Tod wird von ihm bagatellisiert: „Das schauerlichste Übel, der Tod, geht uns nichts an, weil, so lange wir sind, der Tod nicht da ist; ist er aber da, so sind wir nicht mehr.“

Epikur wollte die Menschen von neurotischen Ängsten und von unbegründeter Furcht befreien. Doch stieß er mit diesem Ansinnen auf heftige Ablehnung. Die Menschen von irrationalen Zwängen zu befreien, zu mündigen Bürgern zu erziehen, erregt Ärgernis. Wer nach Samos kommt, findet von Pythagoras eine Statue, Büsten aller Größen sind von ihm zu kaufen und überall wird ein Becher des Pythagoras verkauft. Von Epikur findet man nichts dergleichen, lediglich ein Straßenname erinnert an den großen unbequemen Denker.

Empedokles von Agrigent (ca. 500 - 430 v.Chr.)

Alle Dinge sind proportional aus 4 Elementen (Erde, Wasser, Luft, Feuer) zusammengesetzt. Urform der chemischen Formel!

Demokritos aus Abdera (ca. 460 - 370 v.Chr.)

Alles besteht aus kleinsten unteilbaren Teilchen, den Atomen, auch die Seele, die beim Tod zerfällt. Kausales Weltbild, kein Zufall

Epikuros von Samos (341 - 270 v.Chr.)

Freidenker, Materialist

Ethik: Maßvoller Lebensgenuß und Beherrschung der Begierde führen zu einem glücklichen Leben. Heitere Ausgeglichenheit macht den Menschen dem Schicksal überlegen.

Der Tod wird bagatellisiert.

Parmenides (540 - 480)

vertritt einen Rationalismus. Die Sinne sind Quelle allen Irrtums. Die Sinnenwelt ist bloßer Schein. Nur die Vernunft führt uns zur Wahrheit. Denken = Sein. Und: Es gibt kein Werden, nur beharrendes Sein. Diese Lehre kann (zusammen mit pythagoreischen Gedanken) als Vorstufe zu Platons Ideenlehre angesehen werden.

Sokrates (470 - 399 v.Chr.)

Dieser berühmte Denker war von Beruf ursprünglich Bildhauer. Mit seiner eher berüchtigten Frau Xanthippe, dem Urbild des bösen Weibes, hatte er 3 Kinder. Kein Wunder, dass sie ihm böse war, zog er es doch vor, mit der Jugend am Marktplatz von Athen zu diskutieren anstatt zu arbeiten und etwas zu verdienen. Sokrates war vor allem Ethiker. Es ging ihm nicht um die Materie, sondern um den Menschen. Wir sprechen daher in der Entwicklung des philosophischen Denkens von einer „anthropolgischen Wende“. (Ein diesbezüglicher Vorläufer war Xenophanes.) Der Mensch ist von Natur aus gut und soll seinem Gewissen (daimonion) folgen. „Tugend ist Wissen.“ Nur aus Unwissenheit über die Folgen seines Handeln tut er Böses. Von einzelnen Tugenden ausgehend sucht Sokrates das Wesen der Tugend überhaupt zu bestimmen. Das war der Ausgangspunkt für die Ideenlehre seines Schülers Platon.

Platon (427 - 347 v.Chr.)

Nach Auffassung des englischen Philosophen Whitehead besteht die gesamte abendländische Philosophie lediglich aus einer Reihe von Fußnoten zu Plato. Daraus erkennt man die ungeheure Bedeutung der platonischen Philosophie. Im Rückblick hat diese in den folgenden 2 Jahrtausenden eine eher unglückliche Rolle gespielt. Platons Metaphysik stellt die vorsokratische Philosophie auf den Kopf. Plötzlich sollte die sinnlich wahrnehmbare Welt nur Schein sein. Zwar hatte schon Parmenides gelehrt, dass wir nur durch Denken zu wahren Aussagen über die Wirklichkeit kommen können. Und nach

Pythagoras ist alles nach Zahlenverhältnissen geordnet, die Zahl, die Form ist das Wesen der Dinge. Der große Lehrer des Platon, Sokrates, übernahm diese Lehre von den Ideen oder Formen. Die Idee ist vollkommen und wirklich, das einzelne hingegen unzulänglich und nur scheinbar. Sokrates suchte, von einzelnen Tugenden ausgehend, das Wesen, die Idee der Tugend überhaupt zu bestimmen. Platon aber weitet diese Lehre auf alle Dinge aus. Die irdische Sinnenwelt, die Materie ist nur Abklatsch, ein schlechtes Abbild der eigentlichen Welt der Ideen im Ideenhimmel. An diese Ideen erinnert sich die Seele von ihrer Existenz vor der Geburt her und dadurch ist der Mensch imstande, Begriffe zu bilden. Begriffe bilden heißt sich wiedererinnern (anamnesis). Die Seele sehnt sich nach der verlorenen Heimat und dies ist die platonische Liebe (eros). Der Leib ist das Grab der Seele (soma – sema wie bei Pythagoras!). Daher die Materie- und Leibfeindlichkeit platonischen Denkens, die später über Augustinus auch ins Christentum Eingang gefunden hat. Bei Augustinus werden die Ideen Platons zu Gedanken Gottes, nach denen dieser die Welt geformt hat. Der Mensch ist eigentlich Seele, die einen Leib nur in Gebrauch hat.

Bei Thomas von Aquin ist in Anschluss an Aristoteles die Seele das formgebende Prinzip des Körpers.

Der Platonismus spielt auch heute noch eine Rolle in der philosophischen Diskussion. Denn es stehen auch heute zwei Denkrichtungen gegenüber, die von den beiden grundlegenden Richtungen Materialismus und Idealismus beherrscht werden.

Im Übrigen hat Platon auch einen ziemlich brutalen, intoleranten kommunistischen Staat propagiert, der von negativen Elementen rein gehalten werde muss. Schlapp: „Indem Plato …den Kindermord empfahl und die Methoden der Viehzucht auf die menschliche Gesellschaft übertrug, machte er sich einer bedenklichen Verachtung des Menschen schuldig.“

Gegen Ende seines Lebens übrigens scheint Platon von seiner Ideenlehre abgerückt zu sein. In den späteren Dialogen Platons wird die Ideenlehre zunächst abgelehnt und verschwindet schließlich endgültig. Der alte Platon war anscheinend kein Platonist mehr. Demgegenüber hat die philosophische Tradition an der Ideenlehre in verschiedensten Varianten festgehalten und viele denken auch heute noch unbeirrt in platonischen Kategorien. Schlapp: „Bis zur Wiederentdeckung des Aristoteles im 12. Jahrhundert galt Platon als der Philosoph, an dem Kritik zu üben eine Sünde war. Der platonische Monopolismus verhinderte über 1000 Jahre lang Fortschritt auf dem Gebiet der Naturwissenschaften; zudem wandelte sich die dualistische Formel von einer zweigeteilten Welt und einem zwei-uneinigen Menschen zum heiligen Dogma.“

Aristoteles (384 - 322 v.Chr.)

Der große Schüler und spätere Gegner Platons war ein Universalgenie, das sich mit allen möglichen Gebieten beschäftigt hat.

Viele seiner Theorien (z.B. in der Physik oder Biologie) haben sich freilich als falsch herausgestellt.

Bleibendes Verdienst des Aristoteles ist die Begründung der Logik, der Lehre vom richtigen Denken.

In seiner Metaphysik wendet er sich gegen die „Weltverdoppelung“ Platons. Die Ideen sind als Formen in den Dingen. Die Seele ist das formgebende Prinzip des Körpers: Stoff-Form-Metaphysik.

Begriffe bilden wir durch Abstraktion, durch Absehen von den unwichtigen Eigenschaften der Dinge. Im Christentum lange als „Heide“ verpönt, wurde Aristoteles durch Thomas von Aquin in die kirchliche Lehre aufgenommen. Sein Werk wurde damit zur Grundlage der mittelalterlichen Scholastik und ist in der katholischen Dogmatik noch heute wirksam.

Die 3 klassischen Denker

Sokrates (470 - 399 v.Chr.)

Ethik: Der Mensch ist von Natur aus gut. Böses tut er nur aus Unwissenheit über die Folgen seines Handelns.

Platon (427 - 347 v.Chr.)

Ideenlehre. Irdische Dinge sind nur Schatten der eigentlichen Welt (Zweiteilung der Welt). Der Körper ist das Grab der Seele, die sich nach den Ideen sehnt. Verachtung der Materie, Leibfeindlichkeit. Vom Kirchenvater Augustinus von Hippo in die christliche Theologie übernommen.

Aristoteles (384 - 322 v.Chr.)

Universalgenie. Entwickelt Logik. Stoff-Form-Metaphysik. Von Thomas von Aquin ins kirchliche Lehramt übernommen, dort bis heute wirksam.

Sokrates, Platon und Aristoteles, das große Dreigespann der klassischen Periode der griechischen Philosophie, haben über verschiedene Schulen weitergewirkt und wirken bis auf den heutigen Tag. Aber auch die übrigen hier skizzierten Denker sind auch heute aktuell und haben viele modernen Gedanken und Theorien vorweggenommen. Sie haben begonnen, die Welt zu entzaubern und rational zu verstehen und wurden damit zu den Begründern der Philosophie und Wissenschaft. Platon und teilweise Aristoteles freilich haben gegenüber den „Vorsokratikern“ (mit diesem Begriff tut man Sokrates zu viel der Ehre an und unterschätzt die altgriechischen Denker der vorklassischen Periode) eine eher nach rückwärts gewandte Metaphysik installiert und damit eigentlich den Fortschritt gehemmt. Dennoch haben sich aus der Philosophie im Laufe der Zeit die verschiedensten Disziplinen abgelöst, v.a. die Naturwissenschaften. Aber ihren Ursprung hatten diese Wissenschaften, denen wir im Wesentlichen unsere Zivilisation verdanken, bei den alten griechischen Denkern, deren Leistung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Ohne sie hätten wir heute vermutlich eine gänzlich andere Kultur. Ob wir die von ihnen initiierte Wissenschaft und die darauf basierende Technik immer zu unserem besten anwenden, ist eine andere Frage.