Religionsillusionen

Religion

Der Glaube an fremde unsichtbare Mächte ist wohl so alt wie die Menschheit. Der Mensch konnte sich die Naturgewalten nicht anders erklären als durch die Annahme von Geistern, Dämonen oder Göttern, die das Naturgeschehen bewerkstelligen und welche die Welt geschaffen haben. So ersann sich der Mensch mächtige Wesen, mit denen in Verbindung treten zu können selbsternannte Schamanen und Priester behaupteten.

In vielen religionskritischen Büchern werden die verschiedensten Mängel und unsinnigen Behauptungen zu Recht kritisiert. Dabei wird „vergessen“, dass ja schon die grundlegenden Glaubensinhalte falsch oder sinnlos sind und sich daher jede weitere Kritik eigentlich erübrigt.

Gott

Der ägyptische Pharao Echnaton ersetzte die vielen Götter durch einen einzigen Gott (Aton), zog sich dadurch allerdings den Zorn der Priesterschaft zu, die nach seinem Tod auch sogleich die alten Götter wieder einsetzten. Echnatons Monotheismus wurde vermutlich von den Juden übernommen. Von ihnen übernahmen ihn die Christen und später die Moslems.

Der Buddhismus zeigt, dass es eine vorwissenschaftliche Welterklärung auch ohne Götter gibt.

Dass die Idee eines Gottes und Schöpfers des Universums Unsinn ist, zeigt allein die Tatsache, dass Gott stets menschlich (als alter Mann mit Bart, nicht jung und schon gar nicht als Frau) vorgestellt wird und von uns auch nicht anders vorgestellt werden kann. Der Zoologe Ernst Häckel hat Gott „ein gasförmiges Wirbeltier“ genannt. Gott, dieses Wesen außerhalb von Raum und Zeit (!) denkt, fühlt, will wie ein Mensch – nur das alles ohne Gehirn! Und wodurch ist er existent geworden? Wenn Gott ewig ist, kann man dies auch vom Universum (oder den Multiversen) postulieren (allerdings nicht vorstellen).

Der Gottesbegriff des Christentum ist außerdem sehr widersprüchlich: Allmacht, Allwissen und Allgüte sind inkompatibel. Wenn aber schon der Begriff eines solchen Gottes widersprüchlich ist, dann existiert dieses Wesen auch nicht, und wenn die Theologen die Qualitäten ihres erfundenen höchsten Wesens noch so vernebeln.

Ein Problem, das für den Atheisten natürlich nicht existiert, ist das Gebet: Der propagierte Gott als „Dialogpartner“ (Uwe Lehnert) würde – so es ihn gäbe – in einer ganz anderen Seinsebene existieren und ein „Gespräch mit dem Transzendenten“ würde als reale Wechselwirkung naturwissenschaftliche Prinzipien verletzen. (Bernulf Kanitscheider)

Sohn Gottes

Unter heftigem Widerspruch von Judentum und Islam behaupten die Christen, dass dieser Gott einen menschlichen Sohn gezeugt habe, um ihn dann abschlachten zu lassen, um die Menschheit von einer vererbbaren Schuld (!) zu „erlösen“. Was für ein Unsinn und welcher Größenwahn. Der imaginierte Gott kümmert sich ausgerechnet um die Menschheit auf einem winzigen Staubkorn im Universum – sogar um jeden einzelnen von uns, und er erhört unsere Gebete und bestraft uns für schlechtes Benehmen. Geflissentlich übersehen wird, dass der „liebende Gott“ des NT auch alle Bosheit und alles Übel der Welt „zulässt“, was zu den unglaublichsten intellektuellen Verrenkungen im Theodizee-Problem geführt hat.

Übrigens: Bei einer Jungfernzeugung – so es sie beim Menschen gäbe – könnte immer nur ein Mädchen entstehen, da ja das männliche Y-Chromosom fehlt. Die Idee einer Jungfernzeugung durch eine „Gottesmutter“ finden wir auch in anderen (früheren) Religionen. Sie ist – wie so vieles – vom Christentum „geklaut“ worden.

Illusionen: Seele, Willensfreiheit, Lebenssinn

Seele

Medizin und Neuropsychologie haben längst bewiesen, dass es ohne funktionierendes Gehirn kein Erleben gibt. Jedem Erleben und Verhalten liegt ein neurophysiologischer Prozess zu Grunde. Bewusstsein ist eine emergente Eigenschaft von Hirnprozessen und das Substrat geistiger Vorgänge sind Erregungskonstellationen spezifischer Neuronenverbände. Und wenn dieses Organ defekt ist, kommt es zu entsprechenden Ausfällen (Gemütskrankheiten oder z.B. Alzheimer). Mit dem Absterben des Zentralnervensystems erlöschen daher selbstverständlich auch die psychischen Prozesse, das Erleben. Anzunehmen, dass Erleben unabhängig vom Gehirn und sogar nach dessen Tod existieren könnte, ist blanker Unsinn. Es gibt weder eine nach dem Exitus weiter lebende Seele noch eine „Seelenwanderung“. Das ist vorwissenschaftliches Wunschdenken.

Wenn es psychische Vorgänge nur in einem materiellen Objekt (Gehirn) geben kann, versteht sich von selbst, dass es auch keine Geister, Dämonen, Feen, Engel, Teufel oder Götter gibt, die ohne Gehirn(!) denken, erleben und handeln wie ein Mensch mit einem komplexen Denkapparat. Alle Diskussionen über die Unabhängigkeit seelischer Vorgänge und damit auch über „paranormale“ Erscheinungen (Hellsehen, Telekinese usw.) sind müßiges Gerede. Die Idee einer gehirnlosen Seele ist genau so eine von unserem Gehirn produzierte Illusion wie die eines freien Willens oder Gottes.

Die Annahme eines Jenseits, in welchem der Mensch (ohne Leib!) ewig weiterlebt, entstammt dem Wunsch nach einer unbegrenzten Existenz des Ich, dessen Ende sich der Mensch nicht vorstellen kann. Auch hofft der Naive, dort seine (körperlosen!) Angehörige wieder zu treffen – an einem „Ort“ außerhalb von Raum und Zeit.

In der Kirche wurde auch lange gestritten, ob die Seele unsterblich sein soll, ob auch die Frau eine Seele habe, wann in der Embryonalentwicklung sie in den Körper einfährt oder ob es eine Seelenwanderung gibt. Die sich modern gebenden Theologe haben auch noch das Problem, an welchem Punkt der Hominiden-Evolution eine menschliche Seele erstmals aufgetreten sein soll.

Sogenannte „Nahtod-Erlebnisse“ sind durch Sauerstoffmangel im Gehirn zu erklären und haben nichts zu tun mit einem eingebildeten Blick in ein „Jenseits“.

Willensfreiheit

Unser Handeln ist selbstverständlich durch unsere Motivation bestimmt. Ein motivloses Handeln wäre rein zufällig. Das Tun des Menschen wäre unberechenbar. Sein Verhalten wird bestimmt durch seine Anlagen und durch Umwelteinflüsse. Nur in diesem Rahmen kann er Entscheidungen treffen. Die Erfindung der „Hölle“ diente dazu, die Menschen in Sinne der kirchlichen Potentaten durch die Androhung von Höllenpein zu einem gewünschten Verhalten zu manipulieren.

Lebenssinn

Die Wertvorstellungen der Menschen sind sehr verschieden und es gibt viele unterschiedliche und höchst persönliche Lebensziele. Einen „Sinn des Lebens“ muss jeder selbst suchen und finden. Er kann nicht von einer (religiösen) Institution für alle Menschen vorgegeben werden. Die Vorstellung eines für alle gleichen von einem Gott festgesetzten Lebenssinns ist schlicht unsinnig.

Kirche

Das Christentum wurde letztlich nicht von Christus, sondern von Paulus begründet und hat sich mehr oder weniger zufällig gegen den Mitraskult durchgesetzt. Durch Kaiser Konstantin wurde es zur Staatsreligion erhoben und seine Proponenten erreichten schließlich eine unglaubliche weltliche Macht, der sich auch Kaiser und Könige beugen mussten.

Eine „Kriminalgeschichte“ des Christentums zeigt, zu welchen Exzessen seine obersten Vertreter fähig waren (und sind): Nepotismus, Hurerei, Korruption und Mord waren immer wieder an der Tagesordnung. Die Niedermetzlung („Bekehrung“) indogener Völker oder die Hexenprozesse der Neuzeit dienten vor allem der Bereicherung der „Vertreter Gottes auf Erden“. Unsagbare Reichtümer wurden so angehäuft. Der Bau des Petersdomes wurde vor allem durch Ablasshandel und das Betreiben von Freudenhäusern finanziert.

Was stets überspielt oder verschwiegen wird: Altes und Neues Testament sind völlig inkompatibel: Im AT finden wir einen rächenden, Blutopfer verlangenden grausamen Gott, während im NT von einem liebenden Gott die Rede ist. (Allerdings gibt es auch im NT genügend grausame Stellen!)

Wer sich über das Christentum nicht empört, kenn es nicht. (Joachim Kahl)

Allen Monotheismen gemeinsam, aber vor allem im Katholizismus fest verankert, ist die unerhörte Annahme einer Minderwertigkeit der Frau, die (jedenfalls früher, z.B. vom großen Kirchenlehrer Thomas von Aquin) bestenfalls als verunglückter Mann gesehen wird – welche Überheblichkeit der Patriarchen der Kirchenhierarchie. Im Islam ist die Situation für die Frauen auch heute noch schlimm.

Aufgrund ihrer Geschichte hat die Kirche überhaupt kein Recht, Moralvorschriften zu erlassen. Außerdem kann Moral sehr wohl rational und empirisch begründet werden, wir brauchen keine „Gebotgebung“ durch einen imaginierten Gott.

Epilog

Der Streit um Details in der ganzen Religions-Debatte ist obsolet, weil ja schon die Grundvoraussetzungen – wie hier in Kürze dargelegt – völlig falsch sind, da diese allen unseren modernen Erkenntnissen widersprechen. Religionen sind heute rational nicht zu rechtfertigen. Sie entstammen einer vorwissenschaftlichen Epoche, in der man es „nicht besser wusste“ und der Mensch die Welt aber doch irgendwie „erklären“ wollte. Viele Menschen halten dennoch – weil entsprechend schon in ihrer Kindheit indoktriniert – an ihrem Glauben stur fest. Religiöse Tradition, Erziehung, aber auch Verdummung durch die Medien tragen dazu bei, dass der „Gotteswahn“ nicht ausstirbt. Was hier vor allem fehlt, ist eine bessere wissenschaftliche, (besonders naturwissenschaftliche) Bildung.

Die Polytheismen des Altertums sind weitgehend verschwunden. Man kann nur hoffen, dass auch den unseligen Monotheismen (Judentum, Christentum und Islam) dasselbe Schicksal widerfährt. Aber wenn man sich den Bildungsstand der meisten Menschen vor Augen hält, besteht wenig Hoffnung, dass das sehr bald geschieht.

Was Wissenschaft naturgemäß nicht kann ist, emotionale und soziale Geborgenheit v.a. angesichts des Todes zu bieten, was ja die Religionen gerade zu können behaupten. Eine nüchterne Sicht der Welt ist freilich nicht so bequem, aber die Wahrheit sollte gegenüber Lug und Betrug doch das höhere Gut sein.

Religion ist eines denkenden Menschen unwürdig. (Ludwig Feuerbach)

Und: Religionen spalten sich stets in verschiedene Glaubensrichtungen auf, wobei jede darauf besteht, die einzige Wahrheit zu besitzen. Die Geschichte zeigt, dass Religionen und das Sich-gegenseitige-Bekämpfen nur Unglück über die Menschheit gebracht haben und es besser wäre, ohne sie auszukommen.