Christina Eireiner, BEd, MSc
Geschäftsführende Gemeinderätin Marktgemeinde Tulbing
Vorsitzende der SPÖ Ortsgruppe Tulbing
Bachelor of Education für Umweltpädagogik
Master of Science für Erneuerbare Energiesysteme und technisches Energiemanagement
Unbeachtet von der Öffentlichkeit und den Medien trat am 28. Mai 2024 die EU-Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in Kraft. Es wird an der neuen Bundesregierung liegen, diese Richtlinie innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umzusetzen. Auf die Bauwirtschaft kommt jede Menge Arbeit zu! Zunächst muss ein Minimum-Energieeffizienzstandard für Gebäude definiert werden. Dabei kann zwischen Wohn- und Nicht-Wohngebäuden unterschieden werden. Dann muss ein Nationaler Gebäuderenovierungsplan mit der Zivilgesellschaft, mit Behörden aller Ebenen etc. erstellt und nach Brüssel geschickt werden, der alle fünf Jahre aktualisiert werden muss. Danach beginnt die eigentliche Arbeit. Denn bis 2050 sollen alle Gebäude auf Null-Emissionsgebäude umgebaut werden. Bei zwei Millionen Gebäuden in Österreich sind das 100.000 pro Jahr ab 2030. Das bedeutet eine Steigerung der Sanierungsrate von 1,4% 2018 auf dann jährlich 5%, somit mehr als das Dreifache!
Ausbildungsoffensive notwendig
Dafür wird eine Ausbildungsoffensive notwendig. Sowohl für die Handwerker:innen, die die Stromversorgung auf PV und Warmwasser auf Solarthermie umstellen, die die Fassaden mit nachhaltigen Materialien wie Hanf oder Steinwolle dämmen, die Türen und Fenster tauschen und die Heiz- und Kühlsysteme auf erneuerbare Systeme umbauen. Zusätzlich braucht es Berater:innen für die Gebäudeausweise, Gemeindebedienstete, die Daten sammeln und in eine gemeinsame Datenbank eintragen sowie die Transporteure und Logistiker:innen, die die Materialien von den Produktionsstätten zu den Baustellen bringen. Dies wird nur gelingen, wenn wir alle in Österreich lebenden Menschen einbinden – also auch Asylwerber:innen und Asylberechtigte in Ausbildung sowie Beschäftigung bringen und wenn AK, Gewerkschaften, AMS und WKO eng zusammenarbeiten.
Finanzierung
Für die Sanierung von 100.000 Gebäuden pro Jahr sind bei einem angenommenen Wert von EUR 80.000,- pro Gebäude acht Mrd. Euro Investitionskosten jährlich zu stemmen. Dazu wird es notwendig sein, die Kosten für öffentliche Gebäude direkt zu tragen und bei privaten Wohn- und Firmengebäuden für günstige Kredite und Förderungen zu sorgen.
Nachhaltigkeit weitergedacht
Die Richtlinie beinhaltet aber auch Vorgaben für nachhaltige Mobilität durch die Schaffung von Ladeinfrastruktur und Fahrradstellplätzen. Technische Gebäudeausrüstung soll für gesundes Raumklima sorgen und die graue (verbaute) Energie durch die Betrachtung des Lebenszyklus eines Gebäudes gesenkt werden. Die unökologische und klimaschädliche Praxis des kompletten Abrisses und Neubaus wird dadurch endlich auch wirtschaftlich unrentabel. Alternative Nutzungsformen, Mehrfachnutzung von Gebäuden als Geschäft, Büro und Wohnung, und Grünraumplanung an, auf und um die Gebäude herum machen Wohnen, Lernen und Arbeiten mittels kurzer Wege, gesundem Raumklima und einem raschen Return on Investment zu einem Erfolgsmodell, das wir noch innerhalb einer Generation erreichen werden.
Zusammenfassung:
– Für Neubauten gilt ein neuer Null-Emissions-Standard. Für neue öffentliche Gebäude ab dem 01.01.2028, für alle anderen neuen Gebäude ab dem 01.01.2030
– Der Altbestand muss bis 2050 schrittweise umgebaut werden, beginnend bei jenen Gebäuden, wo dies rasch möglich ist bzw. wo die Emissionen sehr hoch sind
– Der Standard basiert auf Kostenoptimalitätsberechnungen mit dem Ziel eines möglichst geringen Primärenergiebedarfs
– Der restliche Energiebedarf muss durch erneuerbare Energieträger gedeckt werden
„Alle Gebäude, die wir benötigen, sind bereits gebaut.“