Seit Anfang des Jahres gelten auch in Niederösterreichs Gemeindestuben gesetzliche Regelungen für Mutterschutz und Karenz. Zum Schutz der Amtsträgerinnen und zur Attraktivierung des Amtes für Frauen wurde Bürgermeisterinnen die Möglichkeit eingeräumt, für die Dauer des allgemeinen bekannten Beschäftigungsverbots (für Dienstnehmerinnen) nach mutterschutzrechtlichen Vorschriften einseitig und schriftlich zu erklären, dass sie ihr Amt nicht ausüben.
Hierbei handelt es sich für den Gesetzgeber nicht um einen Amtsverzicht, sondern um eine Verhinderung der Amtsausübung für die Dauer des Schutzzeitraumes. Sollte eine Bürgermeisterin diese Möglichkeit nicht in Anspruch nehmen, kann sie ihr Amt natürlich weiterhin ausüben.
Dies bedeutet, dass auch in Niederösterreich eine Bürgermeisterin acht Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung schriftlich eine „Verhinderung der Amtsausübung“ bekanntgeben kann, die als (analoge) „Mutterschutz“-Regelung gesehen wird. Acht Wochen vor der Entbindung beträgt die Bezugsfortzahlung 100%, acht Wochen nach der Geburt 80%. Die Inanspruchnahme des Schutzzeitraumes kann von den Bürgermeisterinnen widerrufen und somit auch das Amt früher wiederangetreten werden.
Ebenso kann eine Bürgermeisterin (ungeachtet des Zeitraumes eines Mutterschutzes), aber auch ein Bürgermeister schriftlich erklären, ihr oder sein Amt zum Zweck der Kinderbetreuung für eine bestimmte Dauer nicht auszuüben (Karenzzeit). Die Karenzzeit beginnt frühestens mit der Geburt des Kindes und endet spätestens mit Ablauf des ersten Lebensjahres des Kindes. Wurde von der Bürgermeisterin bereits Mutterschutz beansprucht, kann die Karenzzeit unmittelbar im Anschluss an die Mutterschutzzeiträume in Anspruch genommen werden. Während der Dauer der Karenzzeit wird der Bezug des Amtsträgers auf 50% gekürzt. Insofern die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister sonstige Sozialleistungen (z.B. Kinderbetreuungsgeld) in Anspruch nehmen, die eine niedrigere Zuverdienstgrenze vorsehen, reduziert sich der Bezug während der Karenzzeit auf den nach diesen Vorschriften höchstzulässigen, aliquoten monatlichen Zuverdienst.
In den Gemeinderat rückt während der Beanspruchung von Mutterschutz oder Karenzzeit ein Ersatzmitglied formell nach. Diese so entstandene Mitgliedschaft zum Gemeinderat endet mit der schriftlichen Bekanntgabe des/der Bürgermeister:n, dass keine Verhinderung mehr vorliegt, jedenfalls aber mit gesetzlichem Ablauf der Mutterschutz- bzw. Karenzzeit.
Die kommunalen Änderungen in Niederösterreich sind für die Steigerung des Frauenanteils in der Politik ein Schritt in die richtige Richtung. Viele politische Laufbahnen starten auf der kommunalen Ebene, Mutterschaft kann daher zur Unterbrechung oder gar zum Ende von politischen Karrieren führen. Als kleinste territoriale Einheit im Staatsgefüge sind die Gemeinden und die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister Anlaufstelle für sämtliche Angelegenheiten in der Gemeinde. Ihre Aufgaben beschränken sich dabei nicht auf die Wahrnehmung von behördlichen Zuständigkeiten und der Privatwirtschaftsverwaltung, sondern sie schlichten Konflikte zwischen Gemeindeeinwohner:innen und nehmen für die Bürgernähe viele Veranstaltungstermine auf Gemeinde- und übergemeindlicher Ebene wahr. Um diesen Aufgaben und Anforderungen gerecht zu werden, bedarf es nicht nur eines hohen Maßes an persönlichem Engagement und einer Vielzahl an persönlichen Kompetenzen, sondern auch erheblicher Zeitressourcen. Mutterschutz und Karenzregelungen waren daher längst nötig.
Sabine Blecha
Verbandsjuristin
Verband sozialdemokratischer Gemeindevertreter:innen in NÖ