Die Huflederhaut scheint im operierten Bereich zunächst noch anfälliger für Entzündungen zu sein. Offenbar steckte dort noch monatelang eine latente Entzündung, die immer mal wieder etwas aufflammte.
Die Qualität des nachgewachsenen Strahlhorns war lange noch nicht wieder so gut wie bei den gesunden Hufen. Beides hatte wetterabhängige Auswirkungen, die ich im Folgende beschreibe.
Verblieben ist ein immer mal wieder schmerzhafter Ballen. Auch das Saumband scheint hin und wieder schmerzhaft zu sein. Das ist dann der Fall, wenn es längere Zeit geregnet hat, der Boden also naß ist. Die mittlere Strahlfurche ist dann manchmal sehr tief und kann ebenfalls zu Schmerzen neigen. Das Horn quillt auf. In diesen Fällen behandle ich Strahlfurche und Ballen bis in die Fesselbeuge mit reichlich Jod-Lösung. Bereits am nächsten Tag ist meist eine deutliche Besserung spürbar. Die Behandlung setze ich über mehrere Tage oder sogar über die gesamte Nässeperiode fort.
Der Bereich um den Kronrand und der Ballen reagieren bei Entzündung gut auf die Behandlung mit OTC-Spray.
In dieser Zeit achte ich darauf, für die Säuberung und Behandlung den Fuß nur am Horn anzufassen und zu halten, damit ich am Kronrand und am Ballen keine Schmerzreaktion auslöse.
Insgesamt scheinen diese schmerzhaften Phasen aber seltener zu werden.
Bei lang anhaltender Trockenheit entstehen im Bereich des ehemaligen Hufkrebses Risse. Diese Risse können sehr tief gehen und dann ebenfalls Schmerzen in der Lederhaut verursachen. Diese Risse behandle ich dann mit Rivanol (entzündungshemmend) im Wechsel mit Jod: zwei bis drei Tage Rivanol, einmal Jod. Auch das wirkt innerhalb weniger Tage deutlich schmerzlindernd und scheint die Entzündung zu dämpfen.
Wird der Boden dann wieder naß, entsteht viel weißes, krümeliges Material, das mit dem Hufmesser gründlich ausgeräumt werden muss, damit sich dort keine Bakterien ansiedeln können. Danach behandle ich die Bereiche einmalig mit Kupfersulfatlösung.
In den Trockenperioden mache ich deshalb tägliche Hufbäder, um eine so weitgehende Austrocknung des Horns zu vermeiden. Am besten klappt das Abspritzen der Beine mit dem Wasserschlauch. Danach lasse ich Theo noch eine Weile im entstandenen Matsch herumpatschen. So kann ich die Rißbildung verhindern.
Da Theo den Hufkrebs im Alter von knapp zwei Jahren bereits mitbrachte, kennt er Schmerzen im linken Hinterhuf seit seiner Kindheit. Er hat deshalb gelernt, damit umzugehen: Theo lahmt nicht - er vermeidet!
Das merke ich beim Reiten: Möchte er nicht links abbiegen und hat er vermehrt Probleme beim Bergabreiten, dann hat er wieder Schmerzen im linken Hinterhuf. Das kann ich dann durch Abtasten verifizieren und die Behandlung beginnen. Nach zwei, drei Tagen nimmt seine Linksabbiegeschwäche dann für gewöhnlich wieder ab.
Natürlich säubere ich täglich Theo's Hufe ganz normal mit dem Hufkratzer.
Jeden Tag reinige ich die mittlere Strahlfurche des betroffenen Hufes, indem ich eine zusammengefaltete Mullkompresse hindurchziehe, bis ich keinen schwarzen, schmierigen, übelriechenden Schmutz mehr herausziehe. Danach desinfiziere ich mit Jod. An den Tagen, wo die Mullkompresse weiß bleibt, erübrigt sich auch die Jodanwendung.
Jeden Ansatz von Strahlfäule oder Horntaschen entferne ich sofort nach Entdeckung mit dem Hufmesser.
Diese tägliche Behandlung dauert jeweils nur wenige Minuten.
Ein Sportpferd wird Theo nicht mehr. Aber er kann mich auf seinem Rücken im Schritt und im Trab tragen. Problemlos eine Stunde lang. Auch kleine Galoppstrecken sind manchmal möglich.
An den Tagen, an denen er nicht links abbiegen kann, ist dreimal Rechtsabbiegen für mich auch einmal Linksabbiegen! Das heißt, ich muss dann Rücksicht nehmen und größere Bögen reiten. Trotzdem brauche ich auch dann den Druck auf seinem linken Hinterhuf, damit der Hufkrebs nicht wiederkommt. Ich reite dann also vorsichtiger weiter. Diese Einschränkungen werden in der letzten Zeit seltener.
Offenbar dauert es nach den Op's noch ein bis zwei Jahre, bis sich die Huflederhaut wieder weitgehend erholt.
Wirtschaftlich gesehen ist das Unsinn, was ich da treibe. Emotional aber die einzige Möglichkeit, denn Theo ist für meine Tochter und mich längst Familienmitglied. :-)
Seit ein paar Monaten ist der Zustand von Theo's damals erkranktem Huf stabil. Er hat offenbar keine Schmerzen mehr, die mittlere Strahlfurche hat nicht mehr eine solche Tiefe wie früher erreicht. Die Hornqualität seines linken Hinterhufes hat sich in der letzten Zeit verbessert. In Ballennähe ist er meiner Ansicht nach noch empfindlich. Der Schmied sagt, daß dort nichts mehr wehtun kann.
Die Hornqualität ist gut und eine mittlere Strahlfurche gibt es nicht mehr bzw. sie ist vollständig geschlossen! So kann sich dort auch keine Strahlfäule mehr festsetzen. Die Trachten brauchen nicht mehr flach gehalten werden. Lediglich in Ballennähe reagiert Theo nach wie vor empfindlich.
Ich lerne unter Anleitung des Hufschmieds, Theo's Hufe selbst auszuschneiden. Seit den vielen Operationen läßt Theo Hufschmiede nicht mehr gern an seine Hinterhufe. Immer wieder zieht er die Hufe weg und setzt sie wieder ab. Bei mir tut er das nicht.
Ich schneide aller drei Wochen und der Hufschmied kontrolliert / korrigiert aller sechs Wochen. Auf diese Art entgeht mir nun auch keine tiefer sitzende, beginnende Strahlfäule mehr.
Leider steckt unter dem scheinbar intakten Strahlhorn eine latente Entzündung der Huflederhaut. Das Horn deckt diesen Bereich (wahrscheinlich von Anfang an) zu, so daß das bisher nicht aufgefallen ist. Daß Theo beim Hufschmied immer nur "Theater" gemacht hat, stimmt also nicht. Aufgefallen ist mir das nach einer längeren Nässeperiode, in der das Strahlhorn extrem aufgequollen war und die Schmerzempfindlichkeit zugenommen hatte. Ich habe mir den Bereich um die mittlere Strahlfurche freigeschnitten und gelange so mit der schmalen Tülle einer Plastikflasche in den darunter gelegenen Hohlraum. Hier kann ich mit Jod und einer weiteren Behandlungslösung behandeln. Innerhalb von wenigen Tagen erreiche ich damit eine sehr deutliche Schmerzlinderung. Ich behandle derzeit täglich. Es gibt aber noch keine Anzeichen für ein erneutes Ausbrechen des Hufkrebses.
Zu gegebener Zeit werde ich dazu einen weiteren Artikel mit den erforderlichen Details zu Ursachen, neuesten Forschungsergebnissen und Behandlung schreiben.
Desweiteren habe ich erfahren, daß Theo's Vater wegen derselben Symptomatik eingeschläfert werden mußte. Bei Theo ist also wohl eine ausgeprägte genetische Disposition vorhanden.