Zu einer never ending Story in meinem Programmiererdasein wurde seit dem Besitz eines C64 das Programm, das mich im Schach schlägt ohne die Regeln zu mißachten. Die Ressourcen waren, verglichen mit heutigen Computern, recht bescheiden.
Man kam an Maschinensprache nicht vorbei, aber Assembler lag mir von Anfang an. Damit hatte man das Gerät voll im Griff, das langsame BASIC kam eh nicht in Betracht, an graphischer Oberflächlichkeit war mir nichts wichtig, kurz gesagt konnte ich mich auf das wesentliche konzentrieren, ohne allerdings viel zu erreichen.
Ein kurzer historischer Rückblick mag dem geneigten Leser die Dinge ins rechte Licht rücken. Die First United States computer chess championship fand 1970 in New York statt. Ein Programm hatte dort einen wie ich finde recht amüsanten bug: "... a program with a bug that caused it to select the worst , rather than the best , moves..." [Chess Skill in man and machine]
Doch auch ohne Bug war die Performance 1970 noch für durchschnittlich gute Anfänger beherrschbar
The Marsland Program gegen J. Biit (Just Because it is there von Hans Berliner)
Burroughs 5500 IBM 360/91
1. c4 Sf6
2. d4 e6
3. Dd3 Sc6
4. Sf3 d5
5. Se5 dxc4
6. Dxc4 Lb4+
7. Ld2 Lxd2+
8. Kxd2?? Sxe5
9. Dc5 Se4+
10. Aufgegeben
Solcherlei Leistung ermutigte einen Anfang der 70er, sich selbst an solch einem Programm zu versuchen. Aber!!
Es brauchte zuviel Zeit, um wirklich gute Algorithmen hinzukriegen, und als Dorfbewohner fehlte mir vor allem eine Bücherei, um mich theoretisch zu bewaffnen. Kurz gesagt wurde aus dem Projekt auf dem C64 nie ein gutes Schachprogramm. Das sollte sich mit meinem ersten PC ändern, den ich mir als frischer Ingenieur leistete, ein 80286er mit 4 MByte RAM, einer riesigen Festplatte mit 100 MByte und das ganze ging mit 12 MHz und Turbo C dann doch etwas schneller voran als mit meinem alten Commodore.
Als dann ein gutes Jahr später auch noch ein VGA-Monitor auf dem Schreibtisch stand (die Hercules Karte wurde nun wirklich zur Antiquität) erwachte sogar mein Interresse an einer richtigen graphischen Bedienoberfläche, und schließlich hatte ich in meiner Hochschulzeit einiges nützliche für die Programmierung von Schachprogrammen gelernt. Leider verzettelte ich mich etwas mit der optischen Erkennung eines richtigen Schachbretts und dem Roboterarm, der die Figuren bewegte. So blieb dann die Qualität der eigentlichen Engine wieder leicht auf der Strecke, der Übergang von der Eröffnungsbibliothek zum Mittelspiel wollte nicht so recht. Die Eröffnungstheorie ist eine Sache, die zu seinem Programm passenden Varianten leider eine andere. Müßig zu betonen daß ich selbst ja auch immer besser Schach spielte und mein Bobby so halt nach wie vor alt aussah, selbst gegen mich.
So blieb es denn bis zum nächsten PC, diesmal ein 80486er, für den ich eine völlig neue Engine konzipierte (wie man es NICHT macht wußte ich mittlerweile sehr gut) Frustrierend wurde die Qualität der Schachcomputer aus dem Kaufhaus, die Mephistos ließen mich regelmäßig alt aussehen und raubten mir auch die Freude am Fernschach. Meine Gegner hatten offensichtlich alle die Hilfe eines Mephisto, während ich regelmäßig in 12-zügige Fallen tappte, schließlich war da jetzt auch ein Job. Als Diplomand konnte ich mir die eine oder andere Nacht noch leisten, das ging jetzt bestenfalls am Wochenende, aber etwas feiern wollte ich meinen neuen Reichtum nach etlichen mageren Bafög-Jahren schließlich auch.
Mit Fritz hörte ich dann auf, mich weiter selbst zu bemühen. Ich spielte, ließ mich von Fritz schlagen, und werkelte an speziellen Problemen aus der Schachprogrammierung herum, etwa Endspiele wie König + Figur gegen König Bauer, die komplett durchgerechnet auf der Platte lauerte, um die Spieler mit einem Matt in 70 Zügen zu beeindrucken. Allerdings kam ein Treffer der entsprechenden Endspielposition so selten vor, daß mir auch daran irgendwann der Spaß verging.
Dann kam das Internet, und damit war´s endgültig vorbei mit der Schachprogrammiererei, soviel neues interressantes war zu entdecken und schließlich schlug mich nun selbst die lausigste Freeware im Schach, von Bobby ganz zu schweigen. Es wäre allerdings falsch zu sagen, ich hätte 20 Jahre für die Katz programmiert und gebastelt, denn Spaß hat es immer gemacht, am meisten mit dem C64.
Der große Vorteil der 8-Bit Rechner war die relativ leicht zu überblickende Hardware, man verstand noch was da vor sich ging, je nach Kenntnisstand konnte man aus allen IC das letzte herauskitzeln. Das ist heute anders, die Chipsätze bieten derart viele hochkomplexe Funktionen, daß es schlicht nicht mehr machbar ist, den Computer als Hobby zu behandeln, da surft man doch lieber oder was das Net noch so alles hergibt, das ist jetzt nicht mal zynisch gemeint. Der normale Computerbenutzer kann einfach nicht mehr über das Know How verfügen, um mit dem Lötkolben ans Motherboard zu gehen, von der Multilayertechnologie her ein Ding der Unmöglichkeit, die Vielzahl der Kontakte, die der Kolben überbrückt tut das übrige hinzu. Das soll keine nostalgische Schwärmerei sein, es geht halt nur um die Kenne von Grund auf, die mitte der 80er noch möglich war. Keinesfalls will ich mich mit nem 2400 Baud Modem rumärgern oder den Telefonknochen in nen Akkustikkoppler pressen müssen, die Zeiten sind zum Glück vorbei.
Was ich allerdings mit 100000 Applikationen für mein Handy soll erschließt sich mir nicht wirklich. Da kann man doch irgendwie den Wald nicht finden, den die Bäume verstecken. Oder ist das ein ernsthaftes Generationsproblem, schließlich definiere ich mich ja auch nich über die Farbe der Ohrstöpsel meines iPott, oder tun das eh nur die Amis? Ich gönne Steve seinen Erfolg, aus Prinzip, weil ich dem Ass das Microsoft einst zu den Fenstern führte aus Prinzip nichts gönne.
Und wieso die Diebe des Walkman den MP3 Player verpennt haben werd ich sowieso nie kapieren, das muss definitiv ein Generationsproblem sein, bei mir und bei Sony.