Lübecker Stadtsiegel von 1256
Lübecks mittelalterliche „Koggen“-Siegel
symbolisieren frühe hansische Handelswege.
Historikerstreit, ausgelöst durch eigene Veröffentlichung vor mehr als 40 Jahren und heute wieder aktuell:
Anfang des 13.Jhd. „eroberten“ deutsche Kaufleute dank ihrer überlegenen Koggen den Handelsraum Ostsee – so die Vorstellungen älterer Historiker-Generationen „seit Kaisers Zeiten“. Nach diesem Selbstverständnis musste die älteste Schiffsdarstellung auf den Siegeln einer neuen deutschen Stadt an dem bisher von skandinavischer und slawischer Seefahrt beherrschten Meer eine frühe Kogge zeigen – eine bis in jüngste Zeit vorherrschende Lehrmeinung, der ich bereits 1978 widersprach :
Bei unvoreingenommener Betrachtung der Symbolik der drei Lübecker Stadt-Siegel des 13.Jhd. ist einerseits die Schwurgemeinschaft ( Hansa ) der ins Ausland reisenden Kaufleute augenfällig, andererseits aber ist der Schiffstyp skandinavisch, allenfalls den gleichzeitigen slawischen Schiffen ähnlich, wie Vergleiche mit archäologischen Funden zeigen.
Meine 1978 veröffentlichte ( ZVLGA, Zeitschrift Verein Lübsche Geschichte und Altertumskunde, Bd.58, S 111 ff ) Schlussfolgerung war, dass die frühen in den Ostseeraum drängenden deutschen Kaufleute sich anfangs diesen Handelsraum noch gewissermaßen als Chartergäste auf skandinavischen oder slawischen Schiffen von Schleswig oder Alt-Lübeck aus erschlossen.
Die Hanse und dieser altbekannte Handelsweg werden demnach mit den Siegeln symbolisiert, zugleich werbend für die neue Stadt. Der eigene Schiffbau mit dem später vorherrschenden, deutlich abweichenden Koggen-Typ war erst in Entwicklung.
Aus dem englischsprachigen und vor allem skandinavischen Raum kam viel Zustimmung für diese These, aus dem deutschsprachigen Raum von den Meinungsführern (Heinsius, Ellmers) vehemente Ablehnung.
Nunmehr, 30 Jahre danach, nahm Prof. Carsten Jahnke (an der Universität Kopenhagen tätig ) diese Gedanken auch für den deutschsprachigen Raum auf ( veröffentlicht in ZVLGA 88, 2008, S. 9 ff und ebendort 91, 2011, S. 305 ff ) und entwickelt hierbei eine differenzierte Sicht auf die frühen hansischen Handelsstrukturen.