1. Einleitung und Zusammenfassung

In diesem Artikel wird die sehr komplexe Physik des Fahrradfahrens in einer möglichst einfachen Form vorgestellt. Obschon bereits ums Jahr 1900 die Fahrradphysik in ihren wesentlichen Zügen korrekt von sehr prominenten Wissenschaftlern beschrieben wurde, tauchten später und bis zum heutigen Tag immer wieder unsinnige Erklärungen auf. Das Ziel dieses Beitrages ist es, die korrekte Physik des Fahrradfahrens in einer allgemein verständlichen Sprache darzustellen.

Schon kurz nach dem sich das Fahrrad verbreitete, waren Wissenschaftler von der erstaunlichen Stabilität des Systems fasziniert und begannen Erklärungen zu ersinnen. Zu den ersten die sich mit dem Thema beschäftigten gehörte Rankine (1) mit seiner Arbeit von 1869. Die ersten realistischen linearisierten Gleichungen der Fahrradbewegung stammen vermutlich von Whipple (2) aus dem Jahr 1899. Die für das Fahrverhalten wesentlichen Elemente der Rahmengeometrie (Nachlauf, Winkel der Steuerrohrachse) wurden bereits korrekt in Gleichungen gefasst. Basierend auf den Arbeiten von Whipple haben Klein und Sommerfeld (3) im Jahr 1910 die Physik des Fahrradfahrens untersucht. Eine wichtige Aussage ihrer Arbeit ist, dass die aufrichtende Wirkung der Kreiseldrehmomente vernachlässigbar ist und dass das autonome (Fahrer durch ein Gewicht ersetzt) Fahrrad in Abwesenheit von Dämpfungseffekten nur einem sehr engen Geschwindigkeitsbereich stabil ist.

Ein Stand des Wissens, wie man ihn normalerweise in den Wissenschaften kennt, in dem realistische Modelle weltweite Akzeptanz finden und als Grundlage für weiterführende Arbeiten dienen, hat sich in Erklärungen des Fahrradfahrens nie etablieren können. Immer wieder werden noch heute falsche Modelle der Stabilität propagiert. Insbesondere wird die Rolle der Kreiseldrehmomente inkorrekt dargestellt. Dies erstaunlicherweise meist von Hochschulprofessoren. Viel zur Mythologie haben Vorlesungsexperimente begleitet von grundfalschen Erklärungen beigetragen. Das "Fahrrad" im Experiment besteht aus zwei winzigen Rädchen verbunden durch ein nahezu masseloses Drahtgestell. Dieses Spielzeug surrt, durch Kreiselkräfte aufrecht gehalten, quer durch den Vorlesungsaal. Daraus wird flugs geschlossen, dass Kreiselkräfte das reale Fahrrad stabilisieren. Würde man die korrekten Masseverhältnisse (Fahrer - Rad) und die Schwerpunktsposition einrechnen, so würde das amüsante Experiment zeigen, dass aufrichtende Kreiselkräfte beim realen Fahrrad irrelevant sind. Hier ist wenigstens die Physik, angewendet auf das Spielzeug, korrekt. Bei einem zweiten beliebten Vorlesungsexperiment ist auch die Physik falsch. Dort wird der Fahrradrahmen gekippt, was am rotierenden Vorderrad eine Winkelgeschwindigkeit dΨ /dt um die Steuerachse auslöst. Beim Einzelrad bedeutet eine konstante Winkelgeschwindigkeit eine stationäre Kreisbahn. Beim Fahrrad besteht die Winkelgeschwindigkeit des Vorderrads aus der Summe der Winkelgeschwindigkeiten von Hinterrad und derjenigen der Steuerrohr Achse.

In der Gleichung oben bedeutet Ψ einen Winkel in einem beliebigen ortsfesten ebenen Koordinatensystem. dΨ /dt ist die Winkelgeschwindigkeit des Vorderrads, σ der Auslenkwinkel des Vorderrads im Koordinatensystem des Rahmens. Der Präzessionsterm wirkt sich einzig auf das Vorderrad aus und erzeugt ein von Null verschiedenes dσ/dt. Ein stationärer Zustand erfordert dσ/dt = 0. Das Ignorieren von elementarster Fahrrad Kinematik in weiten Teilen des akademischen Unterrichts und der populärwissenschaftlichen Literatur offenbart eine beträchtliche kreiselinduzierte Betriebsblindheit.

Alle rein kreiselbasierte Argumente der Fahrrad Stabilität beruhen auf einer weiteren Ignoranz der Fahrrad Kinematik. Ohne Nachlauf, resp. ohne Bodenkontakt des Rads ist der Drehimpuls des Vorderrads in der z-Richtung (senkrecht) eine Konstante der Bewegung. Alle Kreiselmodelle beruhen auf dieser Annahme. Beim realen Fahrrad bewirkt der Nachlauf, resp. die durch ihn am Bodenkontaktpunkt des Vorderrads ausgelösten Kräfte, ein Drehmoment in der z-Richtung. Dies verändert den Charakter der Bewegungsgleichung des Lenkersystems fundamental. Diese verwandelt sich in die Gleichung eines harmonischen Oszillators und hat mit der ursprünglichen Kreiselgleichung kaum mehr etwas zu tun. Von Drehimpulserhaltung kann keine Rede sein. Da der Autor wiederholt von Professoren darauf angesprochen wurde, wurde ein neuer Abschnitt "Märchenstunde im Hörsaal" eingefügt. Wer einzig an der Bedeutung der Kreiselterme interessiert ist, kann direkt zu diesem Abschnitt im Kapitel "Freihandfahren" wechseln.

Erhaltungssätze können grundsätzlich die Stabilität eines Systems erklären. Sie erklären, wieso ein Einzelrad rollen kann ohne umzufallen. Erfährt ein rollendes Rad eine geringfügige Störung, so fällt es deswegen nicht um. Es geht jedoch nach der Störung in einen neuen stationären Zustand über. Ganz anders das autonome Fahrrad. Im Gegensatz zu einem rollenden Rad besitzt das autonome Fahrrad nur einen einzigen stabilen Zustand: Die Geradeausfahrt mit Kippwinkel Null. Nach einer Störung kehrt das autonome Fahrrad, Stabilität vorausgesetzt, von sich aus in den Sollzustand zurück. Die bedeutet zwingend, dass man Freihandfahren mit Hilfe von Regeltechnik erklären muss. Erhaltungssätze stabilisieren einen Momentanzustand, Regeltechnik führt das System auf den Sollzustand zurück. Dass dieser Unterschied zwischen Rad und Fahrrad kaum je bemerkt wurde, spricht nicht für die Beobachtungsgabe der Artikelverfasser.

Erstaunlicherweise werden kaum je die Fragen präzisiert, die es zu beantworten gilt. Fragt man nach dem Gleichgewicht der Kräfte, der Stabilität des Gleichgewichts oder der Stossantwort? Von diesen drei ist im Grunde genommen einzig die Stossantwort von praktischem Interesse. Sobald man beim Erlernen des Fahrens das Anfängerstadium hinter sich gelassen hat, ist die Stabilität kein Thema mehr. Dies unabhängig davon, ob sich das Fahrrad sich in einem eigenstabilen Geschwindigkeitsbereich befindet oder nicht. Der Fahrer muss als Teil eines Regelsystems im Allgemeinen selbst für Stabilität sorgen und kann dies auch mühelos tun. Beim Freihandfahren geschieht dies über die Anpassung der Rahmen Kippung, beim gelenkten Fahren durch angepasste Lenkerbewegungen. Viel interessanter ist die Frage nach der Stossantwort, der Art und Weise wie das System nach einer Störung in den Ausgangszustand zurückkehrt. Diese Frage wird aber kaum je gestellt. Dabei ist die Stossantwort der wichtigste Parameter für das Fahrverhalten. Sie ergibt sich aus dem Zusammenspiel der intrinsischen Reaktion des Fahrrads und dem aktiven Einwirken des Fahrers. Es zeigt sich, dass moderne Fahrräder den Fahrer in fast jedem Geschwindigkeitsbereich unterstützen. Dies gilt sogar für den intrinsisch instabilen Bereich bei sehr tiefen Geschwindigkeiten, in dem die Instabilität eine Voraussetzung ist für gutes Fahrverhalten.

Fahrradfahren wird in einfachster Form durch zwei gekoppelte Differentialgleichungen beschrieben. Die Gleichung für die Lenkerausdrehung beim Freihandfahren entspricht der eines normalen Pendels. Diejenige des Schwerpunktsystem entspricht einem invertierten (auf den Kopf gestellten) Pendel. Stabilität bedingt, dass das Zusammenspiel der beiden Gleichungen derart ist, dass eine genügend grosse Gegenkopplung erzielt wird um die aufrechte Lage des Schwerpunkts zu stabilisieren. Vermutlich der erste, der sich nicht nur theoretisch, sondern auch experimentell mit der Stabilität des Fahrrads befasste, war David Jones (4) im Jahr 1970. Jones ersetzte die Räder durch winzige Kugellager und eliminierte dadurch die Kreiseldrehmomente. In einem weiteren Experiment liess er ein parallel montiertes und, um Bodenkontakt zu vermeiden, etwas kleineres Rad im Gegensinn drehen. Damit konnte er Kreiseldrehmomente kompensieren oder sogar überkompensieren. Solche Fahrräder waren problemlos fahrbar.

Jones überlegte sich, dass er erst dann begriffen hat wieso das Fahrrad stabil ist, wenn es ihm gelungen ist ein instabiles Fahrrad zu bauen. Die Elimination der Kreiseldrehmomente erreichte das Ziel nicht. Als Jones jedoch ein Fahrrad mit einer Gabel mit überlanger Kröpfung versah, dermassen dass der Bodenkontaktpunkt des Vorderpneus vor der Steuerrohrachse lag, erwies sich das Fahrrad als im Wesentlichen unfahrbar. Jones fand, dass der Nachlauf, die Distanz des Bodenkontaktpunkts zur Steuerrohrachse, der entscheidende Parameter für die Stabilität ist. Liegt der Kontaktpunkt hinter der Steuerrohrachse, so spricht man von Nachlauf. Der Nachlauf erzeugt ein automatisches Regelverhalten, das den Fahrer unterstützt. Ein Vorlauf dagegen bewirkt ein instabiles Verhalten, das Freihandfahren verunmöglicht. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Sie findet sich bereits bei Whipple und bei Klein und Sommerfeld. Jones hatte aber offensichtlich keine Kenntnis der früheren Arbeiten. Das Ganze ist ein Beispiel dafür, dass sich kein weltweiter Stand des Wissens etabliert hatte und dass die Fahrradphysik mit stark wechselndem Erfolg stets neu erfunden wurde. Insbesondere existiert noch heute der Mythos, dass Kreiseldrehmomente für die Stabilität gegen Kippen wichtig sind. Dies hat die amerikanische Zeitschrift "Physics Today" veranlasst, im Jahr 2006 den Artikel von Jones in voller Länge nachzudrucken. Leider wird auch dies nicht genügen, um den Mythos auszurotten.

Im vorliegenden Beitrag betrachten wird zunächst das Fahren mit der Hand am Lenker. Dabei muss man zwischen zwei Geschwindigkeitsbereichen unterscheiden. Oberhalb der Selbstausrichtungsgeschwindigkeit vcrit von etwa 7 - 8 km/h ist bei aufrechtem Rahmen die gerade Position des Lenkers stabil. Wird der Rahmen verkippt, so dreht sich der Lenker aus. Dafür verantwortlich sind in erster Linie die am Boden-Kontaktpunkt des Vorderpneus angreifenden Kräfte. Diese Kräfte erzeugen ein Drehmoment in der Lenkrohrachse mit dem Nachlauf als Kraftarm. Dabei wirkt die Schwerkraft ausdrehend, die Zentrifugalkraft rückstellend. Bei einer stationären Verkippung und geneigtem Steuerrohr tritt zusätzlich ein schwaches Kreiseldrehmoment auf, das ebenfalls rückstellend wirkt. Aus dem Zusammenspiel der Drehmomente ergibt sich eine von der Fahrgeschwindigkeit und der Rahmenverkippung abhängige Gleichgewichtsausdrehung des Lenkers Diese Ausdrehung des Lenkers stellt dem Fahrer eine Art Regelsystem zur Verfügung, das ihm hilft Stabilität zu bewahren. Notwendig ist dieses Regelsystem jedoch nicht. Sogar wenn man die Regelung zerstört, indem man zum Beispiel ein Gewicht einseitig am Lenker befestigt, ist gelenktes Fahren immer noch möglich. Die Ausdrehung des Lenkers induziert eine Kurvenfahrt und damit eine aufrichtende Zentrifugalkraft. In einer stationären Kurvenfahrt ist es die Zentrifugalkraft, die das System aufrichtet und am Kippen hindert. Die aufrichtende Wirkung des Kreiseldrehmoments liegt, unabhängig von der Fahrgeschwindigkeit, im Promillebereich.

Unterhalb von vcrit ist die gerade Stellung des Lenkers bei aufrechtem Fahrrad instabil. Die Zentrifugalkraft ist nicht mehr in der Lage die ausdrehende Wirkung der Schwerkraft zu kompensieren. Die stabile Ausdrehung ist in diesem Geschwindigkeitsbereich gegeben durch die Bedingung Kraftarm = Nachlauf = Null. Dies ist bei einem typischen aufrecht stehenden Fahrrad bei einer Ausdrehung von etwa 600 der Fall. Gleichzeitig wird unterhalb 7 - 8 km/h die Zentrifugalkraft zu schwach um das Kippen zu verhindern. An ihre Stelle tritt die sogenannte "Knickkraft". Der Name stammt daher, weil eine sprunghafte Drehung des Lenkers einen Knick in der Trajektorie des Vorderrads erzeugt. Die Knickkraft wirkt nur während man am Lenker dreht. Ihr Einsatz erfordert deshalb laufende Lenkerbewegungen. Jede Person die Fahrrad fährt, spürt bei abnehmender Geschwindigkeit den Übergang zwischen dem stationären Gleichgewicht im Bereich der Stabilisierung durch die Zentrifugalkraft und dem dynamischen, ständig Korrekturen erfordernden Gleichgewicht im Bereich der Knickkraft.

Die mit Abstand interessanteste Physik betrifft das Freihandfahren. Um die Stabilität beim Freihandfahren zu verstehen, betrachten wir zunächst die auftretenden Instabilitäten. Eine Vorbedingung für Freihandfahren ist, dass eine quasilineare Beziehung zwischen Rahmenverkippung und Lenkerausdrehung besteht. Nur so kann der Fahrer durch Regelung der Rahmenverkippung ein stabiles Fahrverhalten erreichen. Unterhalb der Selbstausrichtungsgeschwindigkeit vcrit ist dies nicht mehr der Fall. Freihandfahren ist bei geringen Geschwindigkeiten unmöglich. Wir betrachten im Folgenden nur Geschwindigkeiten oberhalb von vcrit.

Die Bedingung für Stabilität gegen Kippen lautet, dass eine Verkippung eine Lenkerausdrehung induzieren muss die genügt, um über die Zentrifugalkraft das Kippmoment zu kompensieren. Betrachtet man das System als Regelkreis (5), so heisst das, dass die statische Gegenkopplung grösser als eins sein muss. Für ein autonomes Fahrrad (Fahrer durch ein Gewicht ersetzt) ist dies oberhalb vcrit bis zu einer Geschwindigkeit von etwa 20 km/h erfüllt. Der Hauptgrund für die Instabilität oberhalb 20 km/h ist die Schrägstellung der Steuerrohrachse. Das rückstellende Kreiseldrehmoment in der schrägen Steuerrohrachse trägt ebenfalls in geringem Mass zur Instabilität bei. Im realen Fahrrad kann der Fahrer die Instabilität problemlos verhindern, indem er die Lenkerausdrehung über eine Rahmenverkippung vergrössert. Die oft in Lehrbüchern geäusserte Meinung, dass der Präzessionsterm proportional zur Verkippungsgeschwindigkeit dθ/dt verantwortlich für die Stabilität gegen Kippen sei, ist falsch. In ein statisches Gleichgewichtskriterium gehen keine Ableitungsterme ein. Die Aussage, dass der Nachlauf für Stabilität zwingend erforderlich ist, ist nur eingeschränkt korrekt. Erforderlich ist eine Gegenkopplung grösser als eins. In einem normalen Fahrrad ist dies tatsächlich nur mit Nachlauf möglich. Kürzlich wurde jedoch ein abstrus konstruiertes "Fahrrad" vorgestellt, das auch ohne Nachlauf eine genügend hohe Gegenkopplung aufweist und intrinsisch stabil ist (6).

Klein und Sommerfeld haben in ihrer Arbeit von 1910 eine weitere Instabilität untersucht. Sie äussert sich durch ein unbegrenztes Anwachsen von Oszillationen in der Lenkerausdrehung um die Gleichgewichtslage. Klein und Sommerfeld haben argumentiert, dass in Abwesenheit des dθ/dt Kreiselterms das Fahrrad in keinem Geschwindigkeitsbereich stabil wäre. Oberhalb 20 km/h würde es kippen, unterhalb 20 km/h würden oszillatorische Instabilitäten auftreten. Sie zeigen, dass der Kreiselterm zwar keinen Einfluss auf die Kippinstabilität oberhalb 20 km/h hat, aber die Tendenz zu oszillatorischen Instabilitäten reduziert und deshalb eine Stabilitätsinsel im Bereich von etwa 16 km/h < v < 20 km/h bewirkt. Dies ist mathematisch korrekt, aber für das Freihandfahren irrelevant. Die oszillatorische Instabilität ist ein Artefakt des von Klein und Sommerfeld als reibungsfrei und dämpfungsfrei gedachten Modells. In der Praxis treten Dämpfungen auf, zum Beispiel die "weiche" Kopplung zwischen Rahmenverkippung und Schwerpunktskippung und die Reibung im Lenkersystem. Dies unterdrückt weitgehend die Oszillationen auch in Abwesenheit eines Kreiselterms und vergrössert den Stabilitätsbereich beträchtlich.

Sollte auf Grund des oben gesagten der Eindruck entstanden sein, dass der dθ/dt Kreiselterm für das Freihandfahren irrelevant ist, so ist der Eindruck falsch. Die Aussage ist, dass er in das Stabilitätskriterum gegen Kippen nicht eingeht und dass die oszillatorische Instabilität die er verhindern soll gar nicht vorhanden ist. Die Konfusion über die Bedeutung des Kreiselterms entstammt einer falschen Fragestellung. Betrachtet man das System Fahrrad - Fahrer als Regelsystem und setzt man Stabilität voraus, so lautet die korrekte Fragestellung: Welchen Effekt hat der Kreiselterm auf die Stossantwort. Die Stossantwort beschreibt wie das System auf eine Störung reagiert. Versetzt man dem System einen Stoss, so soll idealerweise das System rasch und ohne lang anhaltende Oszillationen in den stationären Zustand zurückkehren. Es zeigt sich, dass der dθ/dt Kreiselterm einen bedeutenden und positiven Einfluss auf die Stossantwort hat. In der ersten Phase des Transienten beschleunigt er die Lenkerausdrehung und damit das Einleiten der aufrichtenden Zentrifugalkraft. In der zweiten Phase verzögert er die Rückkehr in den stationären Zustand und wirkt damit einem Überschwingen entgegen. Kurz gesagt: Der Kreiselterm hat mit der Stabilität nichts am Hut, hat aber einen positiven Einfluss auf das Fahrverhalten.

Literatur

(1) M.W. J. Rankine. On the dynamical principles of the motion of velocipedes.The Engineer, 28, pp. 79, 129, 153, 157 (1869)

(2) F. J. W. Whipple. The stability of the motion of a bicycle. Quarterly Journal of Pure and Applied Math., 30, pp. 312–-348 (1899)

(3) F. Klein und A. Sommerfeld. Über die Theorie des Kreisels, Heft IV.Teubner, Leipzig, 1910. pp. 863 -884 Download

(4) D. E. H. Jones. The stability of the bicycle. Physics Today, April 1970, pp. 34 -40.

(5) Karl J. Åström, Richard L. Klein and Anders Lennartsson, IEEE Control Systems Magazine, August 2005, pp. 26 - 47

(6) J. D. G. Kooijman, J. P. Meijaard, Jim M. Papadopoulos, Andy Ruina and A. L. Schwab, Science, Vol. 332, pp. 339 - 342.

http://www.sciencemag.org/content/332/6027/339

Tabelle 1: Zusammenfassung der Funktion der wichtigsten Geometrieparameter des Fahrrads

Tabelle 2: Kräfte und Stabilität in verschiedenen Geschwindigkeitsbereichen