23.01.18
Tagtäglich verstehe ich die Hunde besser und mein Hundeabwehrsystem wird immer raffinierter. Jemand könnte ja auf die Idee kommen, die Tiere machen das extra, von wegen! Da liegen sie friedlich am Strassenrand, denken nichts böses und werden vom Velofahrer plötzlich aus ihrer Lethargie gerissen. Zuerst vielleicht nur ein Hund, jetzt hellwach! Horchen! Ein paar Schritte zur Strasse, basta. Aber halt, da erwacht nebenan noch einer, vielleicht ein Puddel, nichts Ernstes, aber er bellt: das Signal, das alles ins Rollen bringt, quasi Trigger. Denn jetzt bellt auch der Erste und zwar so laut, dass für den zweiten Klar wird, wer den Gringe zuerst entdeckt hat. Der zweite bellt nun aggressiver, da beleidigt. Zusammen wecken sie die ganze Nachbarschaft. Alle Hunde jetzt hellwach, rennen im Rudel auf die Strasse, da gemeinsam weniger Angst.
Ab hier, mehrere Varianten: Var. 1: Alle Hunde rennen und bellen neben mir her, plötzlich Probleme in der Gruppe, sprich Hierarchie, und sie beissen sich gegenseitig in die Lefzen. Ich fahre weiter. Var. 2: Alle Hunde rennen rechts von mir. ich sehe Gegenverkehr, schwenke im letzten Moment auf die linke Strassenseite. Die Hunde werden weggehupt, rennen jetzt dem Auto nach. Ich fahre weiter. Var. 3: Das Oberarsch ist zu vorderst, kriegt eins mit der Gerte auf die Schnauze. Ich halte an, weil, es reicht noch nicht. Erst wenn sich nichts mehr dreht, kehrt Ruhe ein. Aha interessant! Da ruhen sich die schwerbeschäftigten armen Tiere ein wenig aus, die ganze Nacht durchgebellt und jetzt ein bisschen Schlaf verdient. Oder sie können den ganzen Tag kein Auge zudrücken, vielleicht wegen Stress mit Touristen. Oder sie müssen mal ein paar Schafe holen. Also, verdiente Ruhe. Und genau dann kommt Gringo. Vor lauter Bellkrampf die ganze Nacht, das Hirn komplett entzündet und jetzt auch noch Sachen, die Hirn empfindliche verdrehen: Räder. Kurbel. Pedale. Füsse. Waden. Einfach alles, jetzt zuviel! Fass voll, Kübel um! Da versteht jeder, dass die armen Tiere auf die Strasse rennen, 1. Mai nichts dagegen. Nur leider keine Pflastersteine, nur Bellen und Zähne. Hommage á Wolf Haas
Cerro de Pasco
22.01.18
Heute mal was anders: es ist Morgen, ich öffne die Augen... nein. Es ist Morgen, die Sonne scheint...nochmals von vorne. Es ist Morgen, die Musik von gestern dröht bereits wi... ok lassen wir das. Es ist Morgen, über Nacht schüttete es was das Zeug hält. Nun ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die die Sonne scheint. Ich gehe mal raus auf die Strasse, frage wo es hier Kaffee gibt. Die Verkäuferin deutet mit dem Kinn auf die andere Strassenseite, dort sehe ich den Eingang zu einem Mercado. Sie sagt: "hay todos", was leicht übertrieben ist, aber Kaffee hat es.
120km von Huánuco entfehrnt und auf 4338m liegt die Mienen-Stadt Cerro de Pasco. Sie ist eine der höchstgelegenen Städte der Welt, hier herrschen Temperaturen wie im Kühlschrank. Wikipedia: Das Klima in Cerro de Pasco ist hauptsächlich durch die Höhe bestimmt. Das Jahr ist in zwei Jahreszeiten einzuteilen, eine regnerische Periode von September bis Mai und eine trockene Periode von Juni bis August. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt 4,2 °C. Im Ort übernachten ich, bevor ich auf die Hochebene von Junin komme, einem kargen Weideland, das vor allem den Lamas und den Schafen gehört.
Huánuco bis hierhin: alles bergauf. 120km, 2400hm. Wer einen Rechner hat, der rechne. Sprich, moderate Steigung. Trotzdem nehme ich ab und zu den Lift, hänge mich an altersschwache, asthmatöse Laster oder Laster die zwar stark aber hoffnungslos überladen sind. Quasi gleich schnell, nur viel stärker. Sobald sie geradeaus mehr Tempo aufnehmen, lasse ich sie ziehen. Einmal hat ein etwas schnellerer Laster beim Überholen gehupt. Ich schaue nach links, sehe den Beifahrer wie er mit seiner rechten Hand ein Zeichen gibt. Streicht sich mit dem Zeigefinger quer über seinen Hals. Was er wohl sagen will? Vielleicht, dass es ihm im Hals raspelt? Ich weiss es nicht. Wenn ich eine Hand frei hätte würde ich ihm auch ein Zeichen machen, denn seit zwei Tagen krazt es mich auch ein wenig im Hals, dazu Schnupfen. Aber ich habe keine freie Hand: links am Laster, rechts Gegensteuer. Also grüsse ich mit dem Kopf und lasse sie ziehen. Ein anderes Mal, schon deutlich höher, an so einem amerikanischen Truck mit langer Schnauze und schwerer Ladung hält der Chauffeur und ich denke bei mir: ujujuj, jetzt gibts Ärger! Aber nein, er fragt, ob ich in der Kabine mitreiten will, da auf 38oom doch schon deutlich kühler und auch ein bisschen Regen. Ich lehne dankend ab. Bei einer kleinen Abfahrt lasse ich ihn ziehen, vielleicht -denke ich mir - sind wir ja schon oben. Aber nein, erst später sehe ich dass quasi an den Susten obendrauf noch die Furka kommt. Strasse weit hinauf und karges Land. Und was ist denn da vorne los? Probleme mit den Camions am Strassenrand oder was? Aber nein, hallo! dort steht mein roter Laster mit der amerikanischen Schnauze und wartet auf mich. Sobald ich bei ihm bin fahren wir weiter. Ich habe den Schwerverkehr noch nie so geliebt wie heute.
21.01.18
Pachamanca
Ich will Honig kaufen, der schweizer Honig von Antonia ist alle. Mein Velo habe ich vor dem Restaurant abgeschlossen. Beim Aufschliesse komme ich mit zwei Polizisten ins Gespräch. Am Anfang das Übliche: woher, wohin und mit WAS? mit dem Velo?? Wir wechseln in's Englische. Sie wollen die ID sehen, vermutlich um meinen Namen zu lesen, den ich ihnen genannt habe. Ein Polizist zeigt auch mir seine Karte, die ähnlich aussieht wie die CH-ID. Sie vergessen kurz ihren Job und werden lustiger, beginnen zu strahlen, können nicht glauben, dass ich von Trujillo bis hierhin mit dem Velo gefahr bin und mit dem Velo noch weiter will. Als sie mit ihrem Handy auf meinem Blog das Velo im Schnee sehen lachen sie, schauen sich das Werkzeug und die Trinkflasche an und wünschen mir alles Gute, nachdem sie mir erklärt haben, wo ich Honig kaufen kann. Wieder ganz Polizist scheinen sie mich beim zurückradeln nicht mehr zu kennen.
20.01.18
Huánuco bereitet sich auf die Fasnacht vor! - FALSCH! Die Kinder informierten mich, dass es nur eine Prozession ist. Dabei hat mir eine Verkäuferin erzählt, dass es der Anfang der Fasnacht ist:(
für mich eigentlich wichtiger:
Lluvias de moderada a fuerte intensidad afectarán la zona andina del país, principalmente sobre la vertiente occidental, hasta este sábado 20 de enero. Informó el Servicio Nacional de Meteorología e Hidrología del Perú.
Niederschläge von mäßiger bis starker Intensität werden die Andenregion des Landes, hauptsächlich auf dem Westhang, bis diesen Samstag 20. Januar beeinflussenden. Nationaler Dienst der Meteorologie und Hydrologie von Peru berichtet.
Valentina, Luana und Yusvi in einem Restaurant in Huánuco
Auf morgen Sonntag wird von der Mama Pachamanca zubereitet. Ich werde schwer ermutigt, auf 10 oder 9 Uhr zum Essen zu kommen.
19.01.18
Von Tingo Chico nach Huánuco sind es 110km. Die Piste windet sich entlang einem reissenden Fluss durch Eukalyptuswälder vorbei an Bergdörfern bis auf fast 4ooom hoch. Danach kommt eine Abfahrt von 56km und 2000hm bis nach Huánuco. Huánuco ist eine kleine Stadt mit Stiel und liegt auf 1900m. Die Leute rühmen sich, dass sie hier das angenehmste Klima von ganz Peru haben, was man oben auf dem Pass nicht behaupten konnte. Auf der Höhe erzählten mir Kinder, dass sie dieses Jahr schon Schnee hatten. Bei 2ooohm runter in's Tal stellt man sich eine flotte Abfahrt auf Asphalt vor.
Dem war leider nicht so, richtig schönen Asphalt gab es erst die letzten 3km. Aber genau das ist der Reiz am Langsamreisen: es lädt zum Verweilen ein. Ich bin oft nur dagestanden und habe mir die grandiose Landschaft angeschaut.
17.01.18
Auf der Fahrt nach Tingo Chico baue ich mir ein Provisorium gegen das kurze Gewitter auf.
Sofort spricht mich ein Schafhiert an. Ein älterer Mann, von der Sonne gegerbte Haut, Hut, Poncho und ein Lächeln im Gesicht. Er informiert mich, dass hier im Gegensatz zu Lima Winter ist. Und im Winter regnet es. Alles klar! Ich warte unter meinem Provisorium, bis der Regen nachlässt, dann fahre ich weiter. Am Hang entlang oberhalb eines Flusses von Dorf zu Dorf und in einer rasanten Abfahrt runter nach Tingo Chico auf 3ooomüM., in dem ich einen speziellen Rest des Tages verbringen werde. Ich erlebe täglich die grosse Herzlichkeit der Bergbewohner hier. In la Union hat mich vorhin der Hotelzuständige herzlichst verabschiedet. Kurz ausserhalb der Stadt haben mir 3 Jungs 2 Torones geschenkt. Die meisten grüssen vom Strassenrand her, bevor ich sie grüsse. Dann der Hiert mit dem Lächeln, der sich erkundigt, woher ich komme und was bei uns so wächst.
Bei der Einfahrt in Tingo Chico steure ich auf das erste Restaurant zu und werde mürrisch zur nächsten Essbude verwiesen. Da auch dort der TV läuft, entscheide ich mich für die Garküche am Strassenrand, die von Mutter und Tochter betrieben wird. Dort gibts gerade nichts, also warte ich bis neue Fritten mit paniertem Pollo gemacht sind.
Die Tochter, Jhomira, setzt sich mit Kartoffeln zum rüsten zu mir. Sie erzählt von ihren Geschwistern, wer wo einen Laden führt oder in Lima Jus Studiert und dass sie selbst Architektur in Huánuco studieren möchte. Das Essen ist fertig und die Mutter und weitere Leute setzen sich hinzu. Ich bin mitten in ihrer Ausgelassenheit und verstehe nicht mal die Hälfte. Als sich die Gruppe auflösst, nimmt sich Jhomira Zeit, erklärt mir mit pädagogischem Geschick Wörter die ich nicht verstehe, lässt sich von mir am Arm verarzten, übersetzt Pflüsterli in's spanisch, holt mich um ein anderes Kind zu verarzten, schaut Fotos von zu Hause an, stellt mich einer Kollegin vor, die mir später beim Essen Gesellschaft leistet, organisiert für mich eine Unterkunft und am Morgen Frühstück, schaut sich nochmals im Detail Fotos von der Schweiz an... und das mit 14j. Wenn ich mir vorstelle wie wir als Kind auf Fremde reagiert haben... Es sind immer die Mädchen, die mit mir als Gringo in Kontakt kommen. Die Jungs schauen von Weitem zu, machen Witze oder flüstern den Mädchen in's Ohr, was sie von mir wissen möchten.