Für und mit

Für und Mit

Zum Starez Stepan Michailowitsch kam Wassilii Petrowitsch Kortin und klagte: „Es geht nicht mehr, ich kann nicht mehr! Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Sollen die Leute sehen, wie sie zurechtkommen. Die Welt ist nicht mehr, was sie war. Ich kenne mich selber nicht mehr aus, wie soll ich da die Gemeinde leiten?!“ Starez Stepan Michailowitsch sprach: „Gut, dass du kommst, mein Sohn. Ich wollte gerade etwas lesen. Aber meine Augen schmerzen, und es fällt mir schwer. Darum bitte ich dich, lies mir vor.“ Wassilii wollte einwenden, nicht zum Lesen gekommen zu sein, doch der Starez beharrte darauf: „Bitte, lies!“ Er gab ihm ein recht abgegriffenes Büchlein. Kortin begann zögernd daraus vorzulesen:

“Eines Tages wurde Boris Stepanowitsch Marenko von mehreren jungen Leuten aufgesucht. ‚Verehrter Boris Stepanowitsch, wir haben gehört, du seiest schon einmal den weiten Weg nach Belolessu mitgegangen. Sieh, wir haben nun eben dieses Ziel. Darum bitten wir dich, geh mit uns und führe uns.’ Marenko wandte ein: ‚Das ist lange her. Ich bin selbst geführt worden. In den Jahren haben sich womöglich Wald und Wege verändert. Ich bin nicht in der Lage, euch sicher zu führen.’ Die Besucher drängten in ihn: ‚Boris Stepanowitsch, du musst uns helfen. Wir kennen weder Richtung noch Weg und wissen nicht, was uns erwartet.’ Sei es wegen des beharrlichen Zuredens, sei es, dass ihn das Ziel neuerlich reizte, Boris Stepanowitsch Marenko willigte schließlich ein. So rüsteten sie sich für die bevorstehende Reise, empfahlen sich im Gebet dem Herrn, der heiligsten Jungfrau sowie allen Engeln und Heiligen und brachen auf. Sie waren schon einige Tage gut vorangekommen, als man an Boris Stepanowitsch eine nicht zu übersehene Unruhe bemerken konnte. Er sprach kaum, ließ öfter rasten und entfernte sich immer häufiger von der Gruppe. So ging es wohl eine gute Weile, bis sie ihn zur Rede stellten. Er entgegnete: ‚Ich habe es euch ja gleich gesagt, ich kenne mich nicht mehr aus. Lasst mich und geht allein weiter. Der Herr sei mit euch!’ Darauf sprachen seine jungen Freunde zu ihm: ‚Boris Stepanowitsch, wenn du uns nicht führen kannst, so suche mit uns gemeinsam den Weg. Vielleicht kommen wir zu einer Stelle, die dir bekannt ist, so dass du uns wieder sicher führen kannst. Bis dahin halte unsere Gruppe zusammen und entscheide, welche Wege wir einschlagen sollen. Dir allein sind Ziel und Richtung bekannt. Ohne dich gehen wir ganz sicher in die Irre.’ Daraufhin begaben sie sich wieder zusammen auf den Weg.“

“Wenn du uns nicht führen kannst, so suche mit uns gemeinsam nach dem Weg“, sinnierte der Starez vor sich hin. „Ich verstehe“, antwortete leise und nachdenklich Wassilii Petrowitsch. Dabei erhob er sich. Stepan Michailowitsch begleitete ihn hinaus. „Noch eins, mein Sohn: Vergiss nie, auch und gerade der, welcher die anderen führt, hat das Recht, Ortskundige vertrauensvoll nach dem Weg zu fragen. So wird auch Boris Stepanowitsch ans Ziel gelangen. Gott segne dich!”