Luther Denkmal, Borna


 Rede zur Einweihung, 16. Oktober 2011

„Nie im Leben wird das ein Luther Denkmal!“ Diese Worte formulierte ein guter Freund, als er mich bei einem Besuch in meiner Werkstatt an dem fast fertigen Luther Kopf arbeiten sah.

Seine Bedenken waren natürlich verständlich: Luther mit Oberlippen- und Backenbart, ein ungewöhnliches, ein fremdes Bild. So stellt man sich eigentlich nicht den Luther vor.

Aber darum geht es mir: Die auf den ersten Blick auf dem Luther-Platz in Borna stehende Figur muss Luther sein, -aber dann doch die Irritation durch diese Art der Gestaltung: Luther als Junker Jörg dargestellt. Erst auf den zweiten Blick deutlich zu erkennen eben an dem durch Oberlippen- und Backenbart zugewachsenen Kopf nach einem Stich von Lucas Cranach.

Luther in einer für ihn gefährlichen Phase seines Lebens ins Bild gesetzt. Aufgrund der Verweigerung des Widerrufes von Kaiser Karl V. im Jahr 1521 wegen Ketzerei und Kirchenspaltung mit Reichsacht belegt, musste er befürchten, bei seiner Ergreifung auf dem Scheiterhaufen zu enden. Zum Glück ließ ihn der sächsische Kurfürst, Friedrich der Weise, -sein Landesherr-, auf der Wartburg in Sicherheit bringen.

Hier wird also nicht der selbstbewusste, anerkannte Luther dargestellt, wie man ihn gewöhnlich sieht. Hier wird der gefährdete Luther gezeigt. Gefährdet nicht nur durch des Kaisers Acht, gefährdet auch durch Selbstzweifel und kritische Fragen seitens des Elternhauses, der Freunde und Weggefährten.

Dazu habe ich diesen Junker Jörg mit einer Mönchskutte bekleidet, die er als solcher ganz sicher nicht getragen hat. Aber diesen Widerspruch habe ich bewusst eingesetzt, um den Betrachter ein wenig zu irritieren, ihn zu eigenem Nachdenken anzuregen.

Den Junker Jörg in der Mönchskutte auch deshalb, weil ich sicher bin, dass er auch in dieser Phase seines Lebens nie seiner Überzeugung untreu geworden ist und den Mut hatte, seine durch das Studium der Heiligen Schrift erworbene Wahrheit zu veröffentlichen. Dieses alles jedoch nicht gezeigt in großer Geste. Man muss schon genau hinsehen, z. B. die Hände betrachten. Die rechte Hand zur Faust geballt: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders!“ Die Linke, eine bittende, empfangende Hand: „Aus Gnade seid ihr selig geworden, durch Glauben, der Gottes Gabe ist, nicht aus Werken.“

Wer gedanklich diesen Weg gegangen ist, sich auf diese Weise mit der realen Luther Figur auseinandergesetzt hat, der ist auch ganz sicher bereit, durch die sich öffnende Kirchentür zu gehen. Die Tür, die natürlich an die Kirchentür zu Wittenberg erinnern soll, den Anschlagplatz für die 95 Thesen.

Ich habe die Türflächen genutzt, um markante und für Luther wichtige Sätze anzubringen. Sätze, teilweise ein wenig verschlüsselt und schwer verständlich, weil der Original Luther Text verwendet wurde. Andererseits aber auch deshalb, weil einer der Texte nur in Spiegelschrift lesbar ist, was aber schon auf die verschlüsselte Aussage der abstrakten Plastik hinweist. Sie soll die Nöte und Ängste dieses so mutigen Reformators zum Ausdruck bringen. Diese teilweise mit unglaublicher Gewalt zusammengefalteten, verkrümmten Metallträger sollen in erster Linie die Kräfte symbolisieren, mit denen Luther zu kämpfen hatte.

Man kann aber auch ganz andere Formen erkennen: Harmonische, fließende Bewegungen, die ganz im Gegensatz zu der Gewalt stehen, mit der sie entstanden sind. Ich meine, nicht zu weit zu gehen, wenn ich dieser Plastik auch eine ganz andere, gegenteilige Bedeutung gebe. Für mich liegt es nicht fern, darin die für Luther so wichtige Person der Katharina von Bora, seine Ehefrau, zu sehen. Die Leichtigkeit und Eleganz der fließenden Bewegungen, dazu die Standfestigkeit und Strenge, zeichnen doch ein deutliches Bild von dieser so hervorragenden Frau. Diese Einzelskulptur hat für mich eine dominierende Aussage für das Gesamtwerk.

Natürlich kann ich mir vorstellen, dass sich Bornaer Bürger an der realen Luther Figur reiben. Auch ich habe lange mit dieser Art der Darstellung gekämpft.

Mir geht es bei einer so großen Aufgabe, ein Luther-Denkmal zu fertigen, vor allen Dingen darum, mit dem Betrachter ins Gespräch zu kommen. Und ins Gespräch kommt man natürlich nur, wenn man die gleiche Sprache spricht. Das heißt, ich muss mit meiner Aussage und Ausführung verständlich sein. Ein Luther-Denkmal für Borna ist ein Denkmal für alle Bürger, nicht nur für eine Minderheit von Experten. Ich bin kein Befürworter der Kunst durch Provokation. Der Kunst also, die vor allen Dingen dem Künstler Befriedigung schafft. Mir geht es ums Innehalten, Beobachten, Weiterdenken. Für eigene Gedanken Raum schaffen und Raum lassen.

Zum Schluss ist es mir wichtig, der St. Marienkirchengemeinde und der Stadt Borna Dank zu sagen, dass sie mich mit dieser Aufgabe betraut haben. Die Arbeit hat mir gut 1 Jahr viel Freude gemacht und auch für viele schlaflose Nächte gesorgt. Dank ebenso Herrn Naß, der mich mit seinem umfangreichen Luther Wissen und einer Fülle von Literatur auf die Spur gebracht hat. Und Dank natürlich Herrn Schmidt, der mit seinem technischen Know-how beim Aufbau des Denkmals eine unverzichtbare Hilfe war.

Sollte dieses Denkmal einen Namen erhalten, plädiere ich für:

Martin Luther, Mut und Demut.

Presseberichte und Links

Juni 2011:

http://www.pankratius.de/content/gemeinde/partnergemeinden/141/1309764024.html

September 2011:

http://www.luther2017.de/node/13551

Oktober 2011:

http://www.pankratius.de/content/gemeinde/partnergemeinden/141/1318250056.html

http://nachrichten.lvz-online.de/region/borna/lutherdenkmal-wird-am-sonntag-eingeweiht/r-borna-a-109509.html

http://www.evlks.de/aktuelles/nachrichten/17175.html

http://www.pankratius.de/content/gemeinde/partnergemeinden/141/1319183925.htm

Dezember 2011:

http://www.rund-blick-borna.de/lvzs.site,postext,sehenswuerdigkeiten,artikel_id,38999.html

http://www.kirche-borna.de/index.php?option=com_content&view=article&id=65&Itemid=41

http://en.wikipedia.org/wiki/Young_Man_Luther

2021:

Schöpfer des Bornaer Lutherdenkmals gestorben 

Presseinformationen Lutherweg:

Lutherweg