Freie Schrift für Historie & Genealogie im Schneeberger Raum

Correctura - Ist das "Schnorr-Haus" am Markt wirklich das Stammhaus der Familie & ehemaliger Wohnsitz von Veit Hans Schnorr (von Carolsfeld)?

Guss-Tafel am Haus >Markt 15<

An der Fassade des Hauses am Markt 15 kann der interessierte Besucher der Bergstadt auf einer Hinweistafel lesen, dass dieses Haus im Mühlviertel das Stammhaus der Familie Schnorr (von Carolsfeld) sei und darin der Herzog Philipp von Holstein-Wiesenburg wohnte.

Lage des Schnorr-Hauses am Markt 

Doch stimmen diese Angaben auf dieser Tafel? 

Wir haben uns auf die Suche nach Quellen dafür gemacht und sind fündig geworden.

Was berichten uns die alten Texte, welche uns zur Verfügung stehen, zum Haus der Familie Schnorr?

Als erstes fällt uns das Jahr 1620 ins Auge. In dieser Zeit gab es noch gar keine von Carolsfeld. Die Adelung fand erst 1687! statt. 

Richtig ist aber: Das erste Kind von Johannes Schnorr (1564-1637), dem Großvater von Veit Hans, dem Jüngeren, ist 1619 in Schneeberg geboren.

Haus >Markt 15<

Das Wohn- & Brauhaus der Familie Schnorr (von Carolsfeld) befand sich laut Christian Meltzers Chronik "in der wieder aufgebauten alten Schul":

Meltzer-Chronik S. 143

"in die 50 Jahr" lag das Grundstück wüst bis es wieder als ein Privathaus aufgebaut und nun Veit Hans Schnorr (von Carolsfeld) gehört:

Meltzer-Chronik S. 124

Erst war das alte Gebäude das "Fundgrübner-Haus" bis es zum "Fürsten-Haus" - worin die Kurfürsten einkehrten - (im Laufe der Jahrhunderte gab es mehrere Fürstenhäuser in Schneeberg) umfunktioniert wurde, bis man es schließlich zur "Latein-Schule" umbaute, welche am 10.07.1623 bis auf die Grundmauern nieder brannte und eben 50 Jahre lang unbebaut blieb:

Meltzer-Chronik S. 144
Meltzer-Chronik S. 124

Als "correspondiert" (gegenüber) mit dem Haus der Münze wird hier das Schnorr`sche Haus erwähnt und galt als "gleicher Gestalt schön erbauet und manierlich angeleget". Es hatte Hintergebäude mit anliegenden Lust- und Pflanzgärten. 

Meltzer-Chronik S. 147

1678 war das Pulverunglück im Schnorr-Haus, was wieder eindeutig als "neben der lateinischen Stadt-Schulen", also dem heutigen Gebäude >Schulgasse 9<, lokalisiert wird.

Dies beweist ebenfalls, dass die Mutter Rosina Schnorr (mit den Kindern ihrer in Hamburg verstorbenen Schwester), welche die Geschäfte ihres vermissten Ehemannes weiterführte, in dieser Zeit bei Ihrem Sohn Veit Hans lebte.

Meltzer-Chronik S. 1039/ 1040
Meltzer-Chronik S. 1021

Mit diesen Informationen von Christian Meltzer konnten wir unsere Häuserforschung vertiefen. Jedoch mussten wir schnell feststellen, dass uns und andere Leser der Chronist hier unbeabsichtigt in die Irre führte, denn Veit Hans Schnorr (von Carolsfeld) hatte nachweislich gleichzeitig mehrere Häuser! 

Dazu gehörten unter Anderem:

Ohne Hintergrundwissen ist das Auseinanderhalten der Häuser fast unmöglich.

Was hat der Herzog von Holstein-Sonderburg-Wiesenburg mit Schneeberg zu tun und wo starb dieser? 

Herzog Philipp Ludwig von Holstein-Sonderburg-Wiesenburg (*27. Oktober 1620 in Beck; 10. März 1689 in Schneeberg) hatte anno 1664 das Amt Wiesenburg erkauft. In diesem Jahr verstarb auch Veit Hans Schnorr, der Ältere, auf der Rückreise aus seiner russischen Gefangenschaft bei Wien. 

Durch die Förderung des Bergbaus in Schneeberg und Neustädtel wurde Herzog Philipp Ludwig recht vermögend und ließ seine Burg Wiesenburg umfassend umbauen und sanieren. Bis 1672 war Philipp Ludwig kaiserlicher Feldmarschall-Leutnant in einem Kürassier-Regiment, welches in Schneeberg stationiert war. Anno 1675 verkaufte er die Burg und das Amt Wiesenburg an seinen ältesten Sohn Friedrich.

Der Herzog und Veit Hans kannten sich sicher deshalb, weil Johannes Schnorr, der Großvater, 1604-1618 Pachtinhaber des Hauses und Amtes Wiesenburg war und sicher weiter Verbindung hielt mit den Herren auf der Burg.

Philipp Ludwig von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Wiesenburg 

"ein Fürstliches Privatleben auffm Schneeberg" führte, der zum dritten Male erst frisch am  28. Juli 1688 in Greiz verheiratete, Herzog Philipp Ludwig, in einer sicher standesgerechten Wohnung, bei seinem Freund Veit Hans Schnorr, der durch Adelung ab dem 4. April 1687, den Zunamen von Carolsfeld trug (diesen Beinamen aber selbst nie benutzte). Er "entschlief hochselig im geräumlichen Schnorrischen Hause auff der Stäte des alten Fürsten-Hauses anno 1689"

Meltzer-Chronik S. 1133

Bei Chronist Meltzer und im Kirchenbuch Schneeberg 1689 unter Nummer 61 finden wir seinen Sterbeeintrag vom 10. März "abends gegen 10 Uhr" im "Schnorrischen und nach der Zeit D. Fischerischen Hauß":  

Meltzer-Chronik S. 1415

Hier können wir an der Genealogie erkennen, warum das Wohnhaus später als "das D. Fischerischen Hauß" bezeichnet wird. Es ging an den Schwiegersohn und späteren Bürgermeister Dr. jur. Salomon Friedrich Fischer (1667-1718) über:

Meltzer -Chronik S. 505

Veit Hans Schnorr (von Carolsfeld), der Jüngere genannt, lies die sagenumwobene Schnorr-Pforte in die Kirchenwand schlagen, welche sich ja zumindest in der Nähe seines Wohnhauses befunden hatte. (siehe Schneeberger Bote, Die Schnorr-Pforte Teil 1-3).

Aber was ist nun mit der Angabe, dass das Haus am >Markt 15< ein Schnorr-Haus sei?

Dies ist auch richtig. Aber eben NICHT das Stammhaus der Familie.

Unsere belegbaren Forschungen gehen zurück bis ins Jahr 1780, wo es Friedrich Wilhelm Schnorr (von Carolsfeld) (1746-1824) besitzt - tatsächlich ein Nachfahre von Veit Hans. Ab 1816 bis 1841 gehört das Haus der Familie Schilbach, dann ab 1841 bis 1919 wieder einem Schnorr (von Carolsfeld) - Carl Wilhelm Heinrich - welcher sich einheiratet. 

Correctura-Fazit

Nun, wie wir sehen, ist das Haus am >Markt 15< NICHT das Stammhaus der Familie Schnorr (von Carolsfeld) und somit auch NICHT der Sterbeort vom Herzog Philipp von Holstein-Sonderburg-Wiesenburg. Dieser starb laut Meltzer "auff der Stäte des alten Fürsten-Hauses" und "Schnorrischen und nach der Zeit D. Fischerischen Hauß", was wir heute eindeutig dem Haus auf dem >Kirchplatz 9< - der sogenannten alten Kaserne - zuordnen können.

Quellen:

Urheberrecht © Ina Georgi, Heimatforscherin& Stefan S. Espig, GenealogeAktualisiert am 02.04.2024