José erinnert sich

José im Heimatdorf - 14 Jahre nach dem Militär-Massaker

Im März/April 1996 waren wir erneut in El Salvador und auch wieder in Guarjila. Dort lernten wir José kennen, einer der im Krieg verschwundenen Kinder. Auch er lebte bis zur Familienzusammenführung im SOS-Kinderdorf. Im Esperanza-Info vom Mai 1996 berichteten wir darüber. Nachfolgend dieser Artikel in leicht gekürzter Form.

weiterhin erschwert SOS-Kinderdorf die Kontakte

Pro Búsqueda war im vergangenen Jahr erfolgreich. Es wurden weitere Kinder aufgefunden. Teilweise fand man sie in SOS-Kinderdörfern in El Salvador, aber man stellte auch fest, dass einige Kinder aufgrund gefälschter Papiere ins Ausland (Frankreich, Italien) zur Adoption vermittelt wurden. Den Adoptiveltern wurde erzählt, dass die Eltern tot seien.

SOS-Kinderdorf in El Salvador ist weiterhin nicht bereit mit Pro Búsqueda kooperativ zusammenzuarbeiten, im Gegenteil, es wird keine Gelegenheit ausgelassen, durch willkürliche Maßnahmen die Arbeit von Pro Búsqueda zu behindern und die aufgefundenen Jugendlichen zu schikanieren.

Lehnte SOS-El Salvador anfangs jeglichen Kontakt der Jugendlichen zu ihren Herkunftsfamilien ab (nur die SOS-Mütter und -Väter sind die guten Eltern), mussten sie unter dem Druck der Öffentlichkeitsarbeit von Pro Búsqueda den Kontakt erlauben. Doch gibt es keine grundsätzliche Reglung. Es wird immer im Einzelfall entschieden, ob die Jugendlichen (auch wenn sie 18 oder 20 Jahre alt sind) ihre Eltern besuchen dürfen und wie lange. So wurde für Ostern festgelegt, dass sie nur einen Tag (Mittwoch vor Ostern und Gründonnerstag) zu ihren Eltern dürfen, die etwa 100 Kilometer nördlich von San Salvador auf dem Land leben. Hinzu kam jeweils ein Anreise- und Abreisetag. Bedingung war auch, dass die Jugendlichen von jeweils einem Familienmitglied abgeholt werden. Für die Familienmitglieder geht dadurch Arbeitszeit verloren und das Fahrgeld für die öffentlichen Verkehrsmittel ist aufgrund der Armut kaum aufzubringen. Außerdem dauert eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmittel mehr als fünf Stunden.

Grundsätzlich hatte SOS-Kinderdorf dem Pater Jon Cortina verboten, die Jugendlichen mit seinem PKW abzuholen oder hinzubringen, da er einen schlechten Einfluss auf die Jugendlichen und die Familien hätte und sie nur aufhetzen würde. Zu Ostern hatte SOS erlaubt, dass Jon Cortina die Kinder wegbringt. Die Ankunftszeiten im SOS-Kinderdorf waren aber so festgelegt worden, dass es für den Priester wegen der zu haltenden Messen nicht möglich war, die Jugendlichen wegzubringen, was die SOS-Dorfleitung genau wusste. Die Betroffenen empfinden es als Schikane.

José aus Nueva Trinidad

José in Nueva Trinidad mit den Bildern des Massakersvor seinem geistigen Auge

José, ein junger Mann von 20 Jahren, lebt nun nicht mehr in einem SOS-Kinderdorf. In ein solches Dorf ist er vor 14 Jahren gekommen, nachdem das Militär in sein Heimatdorf Nueva Trinidad eingefallen war und u.a. seine Oma erschoss, die sich schützend vor ihn gestellt hatte. Ein Journalist, der die Militärs bei ihren Operationen begleitete, brachte ein Foto mit dem schockierten Kind auf die erste Seite der "La Prensa Gráfica", mit der Überschrift, dass Guerrilleros in Nueva Trinidad ein Massaker begangen hätten. Vom Journalisten wurde der 6-jährige mitgenommen und zunächst beabsichtigte der Reporter das Kind zu adoptieren (was er dem Jungen auch gesagt hat). Nach drei Monaten entschloss er sich jedoch, das Kind im SOS-Kinderdorf abzugeben. Die Tante von José hatte ihn über Pro Búsqueda gesucht und im SOS-Kinderdorf gefunden. Sie hat ihn inzwischen bei sich aufgenommen. Mit José sind wir dann auch in seinen Heimatort gefahren. Alle Erinnerungen an die schrecklichen Ereignisse im Jahre 1982 wurden wach und lebendig. Obwohl es nun viele neue Häuser gibt (die alten Häuser sind im Krieg teilweise zerbomt worden), erkannte er sofort den noch vorhandenen Dorfplatz, auf dem die Bevölkerung vom Militär zusammen getrieben worden war. Dort wurde seine Großmutter ermordet.José beim Besuch seiner Mutter in Acatao

Anschließend begleiteten wir José nach Arcatao, wo seine Mutter lebt. Bisher hatte er seine Mutter nur einmal besucht. Nach so vielen Jahren war dies für beide sehr schwer. Nun rang sich José dazu durch, sie wieder zu besuchen. Es war nicht leicht. Doch lief dieser Besuch diesmal viel entspannter ab.