Gippel und Göller

Wer kennt schon Gippel und Göller?

Kurzfassung einer wunderbaren Geheimtipp-Wanderung:

Es tut mir leid, dass diese Webseite ziemlich altmodisch ist, - aber ich bin es auch.

Ich habe mir jedenfalls Mühe gegeben, und das fällt mir von Jahr zu Jahr schwerer...

Ilse

Für alle, die in Ostfriesland oder im Erzgebirge auf diese Seite gestoßen sind, eine Beschreibung, wo sich diese Berggipfel befinden:

Österreich - Niederösterreich - südlich von St. Pölten, etwa an der Grenze zur Steiermark (gehört auch noch zu Österreich!) - zwischen Oetscher im Westen und Schneeberg im Osten .

Zu erreichen von St. Pölten über das Traisental

oder von Mariazell auf das Gscheid nach Kernhof.

.."In den südlichen Umgebungen Aegyds erheben sich, durch die Hofalpe (1542m) und den Schwarzkogel (1383m) verbunden, der Göller (1761m) und östlich von ihm der Gippel (1667m) in die Alpenregion..Leider ist das Betreten aller Wege, die auf den Gippel, die Hofalpe und den Göller führen, seit 1892 von der gräflich Hoyosschen Forstverwaltung verboten, und stehen an vielen Wegen die betreffenden Tafeln aufgerichtet; doch wird in der Regel (besonders außer der Jagdzeit) desungeachtet r u h i g ihres Weges ziehenden Touristen kein Hindernis in den Weg gelegt. Gesuche um Bewilligung einzelner Besteigungen werden meistens abgewiesen..."

Keine Angst, der Wanderführer heißt

"Försters Touristenführer in Wiens Umgebungen - Wegweiser bei Ausflügen im Wienerwalde, im österreichisch-steirischen Alpenlande"

von Karl Ronniger,

Im Jahr 1914 herausgegeben von Alfred Hölder, k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler, Wien.

An neuzeitlichem Kartenmaterial war uns hilfreich:

Österreichische Karte 1 : 25 000 V Nr. 73 und 74

Wanderkarte WK 012 1: 50 000 von freytag & berndt

Erforderliche Kondition: mittel

Ausrüstung: Gutes Schuhwerk, guter Rucksack (oder ein Kamel vom nahegelegenen Kameltheater in Kernhof mitführen),

Jause nur für zwischendurch, schließlich wollen die Hüttenwirte auch noch etwas verkaufen.

WASSER!Wasser!WASSER!, denn es gibt keine Quellen!

... und jetzt gehts los:

Freitag, 3.9.04

15.00 Uhr Aufstieg vom Wanderparkplatz Gscheid bei Kernhof, 963m, gegenüber der kleinen Kapelle (rote Markierung).

17.30 Uhr Wir stehen am Göller-Kreuz 1766 m hoch und haben einen sagenhaften Blick!

18.30 Uhr Ankunft bei der Göller-Hütte, 1440 m, die von Ostern bis Anfang Dezember am Wochenende geöffnet ist(außer Mitte Sept.-Mitte Oktober! Tel. Auskunft: 0663/882275) Die freiwilligen Helferlein der Ortsgruppe Naturfreunde St. Pölten( Tel. 02742/353345) servierten gekonnt Linsensuppe mit Semmelknödel und ein kühles Blondes gab es außerdem.Ich habe versprochen, demnächst ein Exemplar meines Buches"Petticoat und Pferdeschwanz" für die Hüttenbibliothek zu stiften.

Wir verziehen uns bald ins Matratzenlager. Es sind außer uns nur noch 3 Wandersleut aus Wien da, Platz ist aber für 60 oder mehr.

Wieder habe ich vergessen, eine Taschenlampe einzupacken! Die neuen, superleichten Seiden-Schlafsäcke, die nach einem weniger anstrengenden Urlaubstag noch zum Schleiertanz verführen könnten, werden eingeweiht.

Nachts bin ich einmal aufgestanden und habe barfuß einen Rundgang um die Hütte gemacht.Wie schön und klar der Mond hier oben scheint! Es erfüllt mich mit Frieden!

Samstag, 4.9.04

Es gibt ein gutes Göller-Frühstück und auch noch eine Tasse Kaffee als Nachschlag.9.00 Uhr ab Hütte über Waldhüttsattel (1266m) zur Hofalm - Wir versinken im Nebel und ahnen nur die Richtung zur Pollwischalm.

Ups! Soll das der Weg sein? - Es folgt eine alpine Kletterei mit viel "Äkschn". Fritz meint, diesen Weg habe er nicht ausgesucht. Macht nichts, mir bereitet die Kletterei Spaß und es gibt ja eine Markierung, aber es wird wohl nicht die Nr. 622/655 sein, denn so wüst sah der Weg auf der Karte nicht aus!

Auf der großen Wiese der Pollwischalm machen wir Mittagsrast und sehen auch, dass wir wohl die schwierigere Variante über die Gamsmauer gewählt haben. Denn ab da gibt es zwei Wegweiser zurück in Richtung Hofalm. Wenn man zurückschaut, muss man wohl die linke, relativ eben aussehende Wegführung nehmen, - denken wir mal, aber wir werden es demnächst ausprobieren.

Durch Märchenwald und Schotterstrecke direkt am Berg entlang kommen wir über den Majewskisteig um 13.45 Uhr beim Gippeltörl an. Hier kommt der erste Aufstieg von St. Aegyd hoch. An einem knorrigen Baum hängt ein riesiger, gelber Briefkasten, der laut Aufschrift sogar während der Almzeit am Wochenende geleert wird. Na, ich würde mich nicht drauf verlassen!

Den kurzen Aufstieg(ca. 20Minuten) zum Gippel-Gipfel (1669m)haben wir uns geschenkt, - es war eh neblig. Wir begegnen einem jungen Vater, der mit seinem kleinen, höchstens 4-jährigen Buben an der Hand uns entgegenkommt. Ich denke, mein Gott, wollen die wirklich noch zur Göller-Hütte? Aber der Kleine macht einen forschen fidelen Eindruck, voller Gottvertrauen und mit Abenteuerlust im Gesicht.

Ich sage natürlich, Donnerwetter, du bist aber ein super Bergsteiger! -Da meint der Kleine: Das kann man wohl sagen!

Um 14 Uhr geht es weiter in Richtung Obersberg, wo wir unsere Übernachtung in der Waldfreundehütte( Tel.0676/7436876) angemeldet haben.

Wir stellen überrascht fest, dass es eine blau-weiß-blaue Markierung gibt, die auf unserer Freitag und Bernd-Karte noch nicht eingezeichnet ist.

Für 45 Minuten bietet sich uns ein Wahnsinns-Blick auf Traisensattel und Ötscher.

Dann geht es steil hinunter!

Sehr steil! Sehr, sehr steil! -

Es ist anstrengend und gefährlich, weil die Steine glitschig sind. Fritz ist glücklich, dass er seine Wanderstöcke hat und ich bin glücklich, dass ich keine habe!

Um 15.20 Uhr machen wir am nächsten Abzweig nach St. Aegyd (Preineck-Sattel , 1305m) eine 10-Minuten-Pause, um die zitternden Knie ein wenig zu beruhigen.

Wir müssen sparsam sein mit dem Wasser. Ich bereue, dass wir uns in der Hütte nicht noch eine Flasche Mineralwasser gekauft haben, denn es gibt hier oben keine Quellen, zumindest nicht, ohne große Umwege zu machen.

Das kostbare Nass wird vor dem Hinunterschlucken erst noch von einer Backe in die andere gespült, später nur noch ein homöopathisches Schlückchen zum Zahnlöcher ausfüllen...

Ein Wanderpärchen kommt uns entgegen vom Schutzhaus. - Wie lang ist es noch bis dahin? Was?? Zwei Stunden noch? Aber immer schön bequem auf der Höhe, oder? -

Nein, es geht ziemlich bergauf, bergab. -

Relativ schnell sind wir auf dem Preineck-Kogel mit 1449 m, und wenn man weiß, dass das Waldfreundehaus nur rund 20 Meter höher liegt, sollte man wirklich meinen, es sei eine einfache, ebene Höhenwanderung.

Ich glaubte zu fliegen und war guter Dinge, bis, ja bis das eintraf, was uns die beiden vorher prophezeit hatten: Es ging wirklich noch oft bergab und noch schlimmer bergauf! Eine halbe Stunde vor der Hütte ging mir die gute Laune abhanden. Ich war müde und durstig und wäre am liebsten sitzen geblieben, bis mich ein Hubschrauber abschleppt. -

Dabei stellte ich fest, dass wir zwar unser Handy dabeihatten, aber keine Notrufnummer parat.(Zu Hause haben wir dann den alpinen Notruf 140 eingespeichert).

Natürlich sah Fritz die Hütte als erster, - und natürlich glaubte ich ihm nicht! -

Bei unseren Kindern haben wir auch immer so getan, als ob...

Aber nach genau 2 Stunden - wie vorausgesagt! - saßen wir um 17.30 Uhr in gemütlicher Runde in der Waldfreundehütte! -

Fast 8 Stunden reine Wanderzeit lagen hinter uns.

Die Wirtsleute Rudi und Erni Pöchl, Günther Gössler vom Service und die blonde Hermi Kaspar aus der Küche erfüllten uns jeden (auch unausgesprochenen) Wunsch und waren redlich bemüht, uns mit Mineralwasser, Bier, Suppe, Sauerkraut(toll!) und Blunzengröschtl und sagenhaften Rumpalatschinken wieder aufzupäppeln. Sogar so gut, dass wir nicht merkten, wie die Zeit in lustiger Runde verging und es plötzlich kurz vor elf war!!

Diesmal hatten wir den Luxus einer "Suite mit Morgensonnenaufgangsblick!"

Über uns im Matratzenlager eine lustige Gruppe Jugendlicher, die von Schwarzau /i.Gebirge aufgestiegen war.

Was hätten wohl meine Eltern gesagt, wenn ich als Teenager den Wunsch geäußert hätte, gemeinsam(!) mit Jungs(!) auf einer Berghütte zu übernachten(!)???

Sonntag, 5.9.04

Super-Frühstück mit Wurst und Käse, auf Wunsch auch Eier, - Die Sonne lacht, wir sind gut gelaunt und machen den Abstieg in 1 ½ Stunden zurück bis Preineck-Sattel. Von da in einer knappen Stunde steil bergab nach St. Aegyd - Schranke (Bis hierhin könnte man mit dem Auto heranfahren).10 Minuten bis zum Autoparkplatz beim Mostheurigen.

Ein junger Mann fährt uns - gegen Taschengeld - bis zu unserem Auto am Ausgangspunkt Kernhofer Gscheid.

Wir trauen unseren Augen nicht, als 2 lange und 2 kurze Beine uns auf der gegenüberliegenden Straßenseite bekannt vorkommen. Ich kurbele die Autoscheibe herunter und frage Vater und Söhnchen, ob wir sie irgendwohin mitnehmen könnten.

Da sagt der Kleine: Wir sind von St. Aegyd aufgestiegen und nun gehen wir zu unserem Auto! -

Das ist eine Erwachsenen-Tour von 2 Stunden St. Aegyd bis Törl, 4 Stunden bis Göller-Hütte,3 Stunden Abstieg am nächsten Tag!

Da habe ich mich fast geschämt, dass ich kurz vor der Waldfreundehütte so grantig geworden bin, wo ich doch viel längere Beine habe!

Ein feines Menü im Gasthaus "Zum Blumentritt" in Sankt Aegyd (Tel.02768/2277) hat unsere Bergtour abgeschlossen.

Hoffentlich lesen nicht zu viele Bergfreunde diesen Bericht,

damit Gippel und Göller auch weiterhin ein Geheimtipp bleiben!