Historie

der Schützengesellschaft / Schützenbruderschaft St. Pankratius Zieverich von 1875/1949

(aus "Zieverich - Geschichte eines rheinischen Dorfes", Festschrift zur 1100-Jahrfeier von Zieverich 1998) von Josef Berger


Im Jahre 1875 gründeten sieben selbstbewusste und ehrenwerte Männer der kleinen selbstständigen Zivilgemeinde Zieverich die Schützengesellschaft. Da sie alle praktizierende Katholiken waren, stellten sie die Gesellschaft unter das Patronat des heiligen Pankratius. St. Pankratius war seit altersher der Hauptpatron der Pfarrgemeinde Paffendorf, zu der auch Zieverich gehörte. Die Gründungsmitglieder der Schützengesellschaft waren die Herren: Karl Jakob Schmitz, Christian Schmitz, Josef Hambloch, Gerhard Schumacher, Peter Erken, Wilhelm Jahn und Wilhelm Reisiger.

Aus den noch vorhandenen spärlichen Unterlagen der St. Pankratius Schützengesellschaft aus der damaligen Zeit ist nicht eindeutig erkennbar, was die eigentlichen Kriterien waren, die zur Gründung der Gesellschaft führten. War es der Stolz und der Patriotismus, den die Deutschen nach dem gewonnenen Krieg über Frankreich 1870/71 empfanden und der im Kaiserreich fast alle Bevölkerungskreise erfasst hatte? Wollte man in Zieverich da nicht nachstehen? Oder war der Gründungsanlass ein örtliches Schutzbedürfnis vor den aufkommenden geistigen Fährnissen in Zeiten des Kulturkampfes? Hatten die Gründer die Gefahren des anbrechenden Industriezeitalters und des aufkommenden Materialismus erkannt, in der christliche Überzeugungen, einen schweren Stand hatten?

In jedem Fall sollte und wollte die Schützengesellschaft ein Hort der Brüderlichkeit, der Heimatliebe, des Patriotismus und des Christentums sein. Aber ebenso sollte die Gesellschaft ein Hort von Frohsinn und Geselligkeit sein, Beistand und Hilfe in Freud und Leid, Gemeinschaft und Freundschaft in guten und in bösen Tagen. Alle diese Ideale sollten durch die Schützengesellschaft gepflegt und von den Schützen gelebt werden.

Ein wichtiges Anliegen der Satzung der Gesellschaft war die Ausrichtung eines Dorffestes, des Schützenfestes, sowie das gesellschaftliche Schießen im Rahmen und mit Waffen der damaligen Zeit. Scheiben- und Vogelschießen war zu dieser Zeit wohl der einzige Sport, der in einem bäuerlich strukturierten kleinen Dorf wie Zieverich möglich war.

Zieverich im Jahr 1900

Eine Fahne für die Gesellschaft wurde bald angeschafft, was finanziell wohl sehr belastend war. Sie war beiderseitig kunstvoll bestickt. Sie wurde bei allen Veranstaltungen der Schützen gezeigt oder vorangetragen, auch bei Prozessionen. Die Fahne zeigte auf der einen Seite zwei verschlungene Hände, die Einigkeit, Brüderlichkeit und allzeit festes Zusammenstehen symbolisieren sollten und mit den Worten ,,Für Glauben - Sitte - Heimat" groß umkränzt waren. Auf der anderen Fahnenseite war das Bildnis des heiligen Pankratius und der Schriftzug ,,Schützengesellschaft Zieverich 1875" zu sehen.

Diese Fahne konnte über zwei Weltkriege gerettet werden. Der Schellenbaum der Gesellschaft ging leider verloren. Die Fahne der Schützengesellschaft wurde 1949 von der neu gegründeten Nachfolgegesellschaft, der Schützenbruderschaft Zieverich, übernommen und von ihr bei allen Festveranstaltungen vorangetragen. Zu Beginn der 70er Jahre dieses Jahrhunderts wurde diese alte Fahne originalgetreu völlig restauriert. Nach Anschaffung einer zweiten, neuen Fahne der Bruderschaft wird die alte Fahne nur noch zu ganz besonderen Anlässen getragen. Ansonsten wird die alte historische Fahne wie ein Augapfel gehütet und an einem sicheren Ort aufbewahrt.

In den ersten Jahren nach der Gründung der Schützengesellschaft traten fast alle Zievericher Männer der Gesellschaft bei. Nur wenige stellten sich abseits.

Zieverich im Jahr 1910

Die kleine Gemeinde Zieverich zählte 1875 rund 300 Einwohner und gehörte kirchlich zur katholischen Pfarrgemeinde St. Pankratius/Paffendorf. Diese Zugehörigkeit Zieverichs zu Paffendorf bestand schon seit dem Mittelalter. Einen eigenen Sakralraum hatten die Katholiken in Zieverich anfänglich nicht.

Von Anbeginn des Bestehens der Zievericher Schützengesellschaft durften auch evangelische Christen Mitglied werden. Voraussetzung hierfür war jedoch, dass sie die Satzung der katholischen Gesellschaft anerkannten und voll respektierten. Ökumene wurde in Zieverich schon damals praktiziert.

Vom Gründungstag der Schützengesellschaft an war die Familie von Langen ihr Förderer und Gönner. Obwohl sie ja selbst evangelisch war, unterstützte sie großzügigerweise die katholische Gesellschaft und half ihr, manche finanzielle Schwierigkeiten zu lösen. Ebenso stand die Familie von Langen fördernd und unterstützend der freiwilligen Feuerwehr Zieverich bei, die offiziell die Größe eines Halblöschzuges hatte, aber von der Mannschaft her recht stark besetzt war. Aus Dankbarkeit für die finanzielle und materielle Großzügigkeit der Familie von Langen wurde jährlich eine groß angelegte Feuerwehrübung auf dem Gelände der Burg Zieverich durchgeführt. Danach wurde die Feuerwehr vom Burgherrn beköstigt und mit Getränken versorgt.

Freiwillige Feuerwehr Zieverich um 1930

Natürlich waren auch alle Feuerwehrleute von Zieverich Mitglied in der Schützengesellschaft. Das war doch Ehrensache!

Schützenfest 1925

In den Jahren bis zum 1. Weltkrieg entwickelte sich die Schützengesellschaft Zieverich zu einem blühenden, recht aktiven Verein. Regelmäßig am ersten Sonntag im Mai wurde das Schützenfest gefeiert. Mussten noch bis Ende der siebziger Jahre im vorigen Jahrhundert Büchsen und Gewehre bei Nachbargesellschaften für das Zievericher Schützenfest ausgeliehen werden, so hatte man doch recht bald eigene Gewehre und Donnerbüchsen angeschafft. Die Donnerbüchsen waren Vorderlader.

Die Würde des Schützenkönigs wurde immer an den Schützenfesttagen ausgeschossen. Dieser Brauch wurde bis 1939 beibehalten.

Zu jedem Schützenfest feierte die Schützengesellschaft in der Paffendorfer Pfarrkirche ihren Festgottesdienst. Es war Ehrensache, dass alle Mitglieder an der Messe teilnahmen. Mit klingendem Spiel marschierte man nach Paffendorf und zurück. Es war auch selbst-verständlich, dass jeder verstorbene Mitbruder der Gesellschaft von allen anderen Mitgliedern zur letzten Ruhe auf dem Paffendorfer Friedhof bestattet wurde.

Am Beerdigungstag wurde jeder Zievericher Verstorbene im geschlossenen Sarg vor seinem Wohnhaus aufgebahrt, vom jeweiligen Paffendorfer Pastor oder Kaplan in Zieverich abgeholt und im Trauerzug mit geschmücktem Leichenwagen, der von einem aufgeputzten Pferd gezogen wurde, zum Friedhof gebracht und beigesetzt.

Es soll nicht verhehlt werden, dass nach der Beerdigung in einer Paffendorfer Wirtschaft und danach noch in einer der vier (!) Zievericher Gaststätten mit Schnaps und Bier noch stunden-lang dem toten Vereinsmitglied und Schützenbruder nachgetrauert wurde.

Für jedes verstorbene Mitglied wurde seitens der Schützengesellschaft eine heilige Messe lesen lassen. Bei allen kirchlichen Festen waren die Schützen in Paffendorf dabei, um Gott die Ehre zu geben. Nötigenfalls beteiligte sich die Gesellschaft auch finanziell daran.

Auch den Armen und Bedürftigen in Zieverich wurde finanzielle Hilfe durch die Schützengesellschaft zuteil. Das weisen die alten Kassenbücher zur Genüge aus. Die Namen der Bedürftigen blieben natürlich anonym.

Waren es bei der Gründung der Gesellschaft 1875 nur ein knappes Dutzend Mitglieder, so waren es 1910 bereits 72 Männer des kleinen Dorfes, die mit Begeisterung der Schützengesellschaft angehörten. Damals betrug der Jahresbeitrag 1,50 Reichsmark. Derselbe Betrag wurde auch noch 1940 erhoben. Vor dem 1. Weltkrieg betrugen die Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft zwischen 400 und 500 Reichsmark.

Der im Spätsommer 1914 ausbrechende Weltkrieg setzte dem blühenden Vereinsleben ein jähes Ende. In großzügiger und patriotischer Weise spendete die Zievericher Schützengesellschaft 500 Reichsmark an das Deutsche Rote Kreuz. 1915 zahlte sie 800 Mark Kriegsanleihe, fast den gesamten Kassenbestand. In den weiteren Kriegsjahren trat die Schützengesellschaft kaum noch in Erscheinung. Zwar verschickte man noch regelmäßig an die Zievericher Frontsoldaten Feldpostpäckchen und Heimatgrüße und ließ jedem der vier gefallenen Zievericher Soldaten Gedenkmessen lesen; aber sonst regte sich in der Gesellschaft nichts mehr.

Erst nach dem Ende des 1. Weltkriegs raffte man sich 1919 auf und ließ die Schützengesellschaft neu erblühen. Unter dem neu gewählten Präsidenten Kaspar Berger erstarkte die Schützengesellschaft recht bald wieder. Zum 5Ojährigen Jubelfest 1925 zählte die Gesellschaft 82 Mitglieder, wurde im Sinne der Gründer geführt und gestaltete dem Dorf ein großes Fest. Ganz Zieverich war eine Familie.

Zu diesem Fest stifteten die Frauen der Mitglieder der Gesellschaft einen kunstvoll bestickten samtenen Wimpel, der auch heute noch die alte Fahne zusätzlich schmückt.

Seit Jahren waren Auswärtige schon Mitglied der Schützengesellschaft Zieverich. Sie kamen aus Thorr, Paffendorf und Bergheim. 1930 zählte die Gesellschaft bereits 113 Mitglieder, obwohl das Dorf nur knapp 360 Einwohner hatte.

Vereinsausflug nach Glesch im jahr 1935

In den 20er und frühen 30er Jahren - bis zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten - gehörten der Gesellschaft Mitglieder und Wähler aller damaligen politischen Parteien an. Von links (den Kommunisten) über die demokratischen Parteien bis rechts und extrem rechts (NSDAP) waren alle Mitglieder, trotz unterschiedlicher politischer Anschauungen, in der Schützengesellschaft friedlich vereint, getragen von dem Glauben an den gütigen und gerechten Gott und Schöpfer.

Dann wurden 1933 nach der Machtergreifung Hitlers vom Naziregime alle demokratischen Parteien und die KPD verboten. Die NSDAP wurde Staatspartei und begann in ganz Deutschland den Judenhass zu schüren.

Von der Zievericher Schützengesellschaft ging die Initiative aus, im Ort einen katholischen Kapellenbauverein zu gründen, der u.a. die finanzielle Grundlage zum Bau einer Kapelle in Zieverich schaffen sollte. Dort sollten dann Sonntagsgottesdienste gefeiert werden, damit die Katholiken von Zieverich nicht immer bei Wind und Wetter zur Paffendorfer Kirche mussten. Das war für jüngere Kinder und für ältere Menschen besonders strapaziös. Nach Paffendorf hin und zurück waren es immerhin 4 Kilometer. Der Kirchgang zur sonntäglichen Messe - und für Kinder und Jugendliche auch noch zur Andacht - musste ausschließlich zu Fuß bewältigt werden. Selbst in den 30er Jahren war es eine Seltenheit, ein Fahrrad zu besitzen.

Die Gottesdienste an Sonntagen in Zieverich abzuhalten wäre damals keine Schwierigkeit gewesen, denn die kleine Pfarrei Paffendorf hatte neben dem Pfarrer auch ständig einen Kaplan. Das Wort Priestermangel war zwischen den Weltkriegen noch kein Begriff.

Mit dem Beginn der Naziherrschaft kam dann langsam das Aus für den Kapellenbauverein, an dem auch die Schützengesellschaft regelmäßig Beitrag zahlte. Fast alle katholischen Familien waren Mitglied des Vereins und zahlten Beiträge nach ihren finanziellen Möglichkeiten. Die Aufwertung der angesparten Summe des Kirchenbauvereins wurde nach dem 2. Weltkrieg der Pfarrei überwiesen.

Nach der Machtübernahme in Deutschland durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 trat eine wesentliche Änderung in der Führung der Schützengesellschaft Zieverich ein. Alle Vereinsvorstände in Deutschland mussten nach einer neuen Regierungsverordnung gleichgeschaltet werden.

Das hieß, die jeweiligen Vereinsvorsitzenden oder Vereinspräsidenten mussten falls ihre Organisationen nicht sowieso verboten wurden - auch gleichzeitig Mitglied der NSDAP sein. Kaspar Berger, der damals Präsident der Schützengesellschaft und auch Bürgermeister von Zieverich war, musste mit noch anderen Männern seines Vorstandes ihre Ämter zur Verfügung stellen. Die Führung der Gesellschaft wurde dem Mitglied Anton Dederichs übertragen, der jedoch kein NS-Fanatiker war.

Bis zum Ausbruch des 2. Weltkriegs 1939 wurde aber trotzdem das Schützen- und Volksfest in althergebrachter Weise gefeiert. Unter derselben Fahne mit dem Bild des hl. Pankratius marschierten die Schützen von Zieverich auch weiterhin durch die Dorfstraßen, die zur damaligen Zeit noch recht wenig von Auto- und Motorradverkehr belastet waren. Nur die jetzige Aachener Straße - bis zum Ende der Selbständigkeit Zieverichs hieß sie Hauptstraße und war die Reichsstraße 55 - war schon mehr belebt.

Mit Beginn des 2. Weltkriegs stellte die Schützengesellschaft ihr öffentliches Wirken ein. Bis 1942 wurde zwar von den Mitgliedern noch Beitrag gezahlt, aber die Sorgen und Nöte der Kriegszeit ließen jedes Vereinsleben ruhen. Der unselige Krieg, von Deutschland entfesselt, hatte ganz Europa erfasst und in tiefste Abgründe gestürzt, große Leiden über die Völker gebracht und das jüdische Volk fast vollständig ausgerottet.

Am 18. Februar 1949 wurde die Schützengesellschaft neu gegründet und am gleichen Tag in die Schützenbruderschaft St. Pankratius umgewandelt, die sich sofort dem Bund der ,,Historischen deutschen Schützenbruderschaften" mit Sitz in Leverkusen-Bürrig anschloss. Alle 18 in der Gründungsversammlung anwesenden Männer erklärten ihren Übertritt in die Bruderschaft. Erster Präsident wurde Fritz Reisiger, der die neue Bruderschaft bis 1962 führte, getreu dem Grundsatz der Bruderschaften ,,Für Glaube, Sitte und Heimat."

Gleich das erste Auftreten der jungen Schützenbruderschaft - aber unter der alten Fahne der Schützengesellschaft Zieverich von 1875 - wurde ein Jubel- und Freudenfest: das Schützenfest von 1950.

Schützenfest 1950

Erster Schützenkönig der Nachkriegszeit war Mathias Nießen. Elf Nachbarbruderschaften gaben den Schützen von Zieverich die Ehre und waren mit Abordnungen vertreten. Es war aber auch praktisch das Fest der Wachablösung. Die verdienten Veteranen der Schützengesellschaft übergaben ihr Vertrauen an die jungen hoffnungsfrohen Mitglieder der Bruderschaft.

Von nun an ging es mit der Bruderschaft stets aufwärts. Im Ort Zieverich verheilten langsam die äußeren Wunden des Krieges. Es wurde auf- und neugebaut.

Viele Vertriebene aus den deutschen Ostgebieten wurden nach hier verschlagen und Zieverich wurde ihre neue und zweite Heimat. Die Bruderschaft darf von sich behaupten, diesen Menschen in besonderem Maße geholfen zu haben, hier schnell neuen Halt und neue Freundeskreise gefunden zu haben. Die Vielzahl der Mitglieder in der Bruderschaft aus den Reihen der Heimatvertriebenen ist dafür ein zählbarer Beweis. Die Bruderschaft ist besonders darauf stolz, dass bis 1971 vier dieser ehemals entwurzelten Menschen in Zieverich Schützenkönig wurden. In den Jahren bis heute folgten noch mehr nach.

Nach dem 2. Weltkrieg durften die Schützenbruderschaften nur mit Armbrüsten ihren Schiesssport durchführen, ehe man über Luftgewehre wieder zum sportlichen Kleinkaliberschießen kam, denn die Siegermächte des letzten Krieges trauten zunächst keinem Deutschen, der ein richtiges Gewehr für seinen Sport oder die Jagd brauchte.

Die Zievericher Bruderschaft schoss ihre ersten Schützenkönige anfangs der 50er Jahre auf einer alten Kegelbahn mit einem Luftgewehr aus. Einen Schießstand hatte man nicht. Später kaufte sie sich ein KK-Gewehr. Nun musste zunächst der große ummauerte Hof des Mitgliedes Jakob Bodewig als Schießstand herhalten. Eine hohe Wand aus dicht gestapelten Strohballen diente als Kugelfang.

Als dann endlich die Stadt dem stetigen Drängen der Bruderschaft nachgab und ihr in den Erftwiesen an der evangelischen Kirche ein Stück Land zuwies, baute sie dort einen ortsfesten Schießstand als Hochstand. Mit den Jahren entstand an dieser Stelle aus kleinsten Anfängen ein ansehnliches Schützenhaus in Eigenleistung und Gemeinschaftsarbeit. Leider hatte dieser Schießstand nur ein gutes Jahrzehnt Bestand. Er musste der fortschreitenden Wohnungsbebauung weichen.

Mit Hilfe der Stadt und Bürgermeister Rheinfelds war es aber wiederum möglich, 1974 an benachbarter Stelle am Bootshaus einen neuen und noch schöneren Schießstand mit Schützenhaus zu erbauen, auch diesmal wieder in Eigenleistung und Gemeinschaftsarbeit. Bei der Einsegnung des Schießstandes und des Schützenhauses waren alle Schützen und die vielen Gäste froher Hoffnung, dass die Bruderschaft Zieverich hier auch das neue Jahrtausend einschießen wird.

Für den Stadtteil Zieverich und besonders für die Schützenbruderschaft ist es mehr als unbefriedigend, dass kein ordentlicher Festplatz vorhanden ist. Rückblickend bis 1950 erscheint es wie eine lange Odyssee, wenn man sich vor Augen führt, wo die Zievericher schon überall ihre Dorfteste feiern mussten. Dies wird sich auch zukünftig kaum ändern. Die Bruderschaft hat sich schon damit abgefunden und muss sich schon seit Jahren mit der Turnhalle am Kindergarten an der Von-Langen-Straße behelfen. Platz für Schausteller ist dort nicht vorhanden.

1969 sollte die Schützenbruderschaft Zieverich das Bundesfest für den Nordbund des Kreises Bergheim der ,,Historischen deutschen Schützenbruderschaften" ausrichten. Alle Festplanungen wurden vorbereitet, und Bürgermeister Hubert Rheinfeld, ein großer Förderer und Gönner der hiesigen Bruderschaft, wurde als Schirmherr gewonnen. Hubert Rheinfeld war 1968 zum Ehrenmitglied der Zievericher Bruderschaft ernannt worden. Er wurde jedoch vom Bruderrat des Nordbundes als Schirmherr nicht akzeptiert, weil er 25 Jahre vorher evangelisch geheiratet hatte und zum evangelischen Glauben konvertiert war. Da alle Verhandlungen mit dem Bruderrat zu keiner Einigung führten, gaben die Zievericher den Auftrag, das Bundesfest auszurichten, sehr verärgert zurück. Die meisten Nordbruderschaften hatten großes Verständnis für das Verhalten der Schützenbruderschaft Zieverich.

Der Zievericher Bruderschaft konnten schon immer evangelische Christen angehören, und seit der Neugründung auch Frauen, zwar zunächst nur als zahlendes, inaktives Mitglied. Dies ließ die Satzung der Bruderschaft zu.

Bei aller menschlicher Unzulänglichkeit und Schwachheit ist es der Bruderschaft Zieverich seit ihrem Bestehen immer gelungen, segensreich zu wirken. Dem ganzen Ort hat dies stets zum Guten gereicht.

In den 50er Jahren wurde auf ihre Initiative hin ein neuer Kirchenbauverein gegründet und von ihr auch finanziell unterstützt. Seit dieser Zeit hat die Bruderschaft auch die Ausrichtung und Durchführung des Martinszuges übernommen. 1971 baute die Bruderschaft an der Schillerstraße uneigennützig einen großen schönen Kinderspielplatz zum Wohl der Kinder und zu deren Freude. Die Dankesworte der Eltern und das vergnügte und sichere Spielen ihrer Kinder auf diesem Platz waren der Bruderschaft Entgelt genug für die geleistete Arbeit.

Seit vielen Jahrzehnten haben die Schützenbruderschaften Zieverich und Paffendorf es sich zur Pflicht gemacht, am Fronleichnamstag zur Verschönerung der Prozession und zur Verehrung Christi eine Musikkapelle beizustellen. Obwohl es nicht direkt zur Zielsetzung einer Schützenbruderschaft gehört, dabei mitzuwirken, dass der erftländische Karneval und der vaterstädtische Rosenmontagszug durchgeführt wird und erhalten bleibt, so waren sich die Schützen von Zieverich schon immer einig darin, dass es einer Bruderschaft wohl ansteht, auch bei diesem Volksfest mitzuwirken. Sie hat hier immer mitgemacht und bewiesen, dass sie auch auf diesem Gebiet ihr Metier versteht.

Schützenfest 1975

1975 feierte die Schützenbruderschaft ihr 100jähriges Stiftungsfest im großen Rahmen. Schirmherr war Bürgermeister Hubert Rheinfeld. Josef Könen war der Schützenkönig dieses Jubelfestes und trug entscheidend dazu bei, dass dieses Fest wirklich zum Jahrhundertfest für Zieverich wurde. An den Festtagen war ganz Zieverich auf den Beinen, und ungezählte Besucher kamen von nah und fern. Allein zehn auswärtige Bruderschaften waren beim Festzug durch den dekorativ geschmückten Ort dabei. Wahrlich ein Jahrhundertfest!

975 hatte sich die Bruderschaft Zieverich eine neue Satzung gegeben. In loser Anlehnung an die Mustersatzung der ,,Historischen deutschen Schützenbruderschaften" und bei Beibehaltung der bewährten Passagen der alten Satzung und ihrer zeitgemäßen Fortschreibung wurde sie ohne Gegenstimme genehmigt und in Kraft gesetzt. Nun durften Frauen auch aktive Mitglieder der Bruderschaft werden.

Die St. Pankratius Schützenbruderschaft Zieverich ist der einzige Verein des Ortes und Stadtteiles von Bedeutung und Bestand. Sie wird auch stark und selbstbewusst ins nächste Jahrtausend gehen. Da braucht man kein Prophet zu sein. Und deshalb darf sie auch stolz auf ihre Leistungen sein.

Die Bruderschaft hat frohe und friedliche Zeiten erlebt, aber auch kriegerische und stürmische Jahre erlebt und überstanden. Auch innerhalb der Bruderschaft war nicht immer heile Welt. Oft prallten konträre Meinungen hart aneinander, manchmal wurde sogar einiges unter den Teppich gekehrt, aber nur auf Zeit. Dann wurde sich durchgerungen und verbindliche Regelungen getroffen, die alle mittragen konnten. Das erstrebte brüderliche Verhalten, die gegenseitige Achtung und Wertschätzung und der Wahlspruch ,,Für Glaube, Sitte und Heimat" setzten sich letztlich immer durch.

Ohne andere Mitglieder herabsetzen zu wollen, muss an dieser Stelle hervorgehoben werden, dass der Aufschwung der Zievericher Bruderschaft nach dem letzten Krieg und dem, was sie sich zum Ziel gesetzt und auch erreicht und geleistet hat und was hier vom Chronisten aufgezeigt und in Erinnerung gebracht wurde, ganz besonderes Verdienst der Nachkriegspräsidenten war.

Fritz Reisiger, der seiner Verdienste wegen 1974 zum Ehrenpräsidenten ernannt wurde, Mathias Hoch, Heinz Wirtz, Willi Clemens, Josef Klinckenberg, Karl Keßler, Cornelius Berger, der vom Schützenbund hoch ausgezeichnet wurde, Paul Juchem und Willi Wildschrey: alle haben der Schützenbruderschaft wirklich gedient und sich verdient gemacht und viel, viel Zeit geopfert. Mit Gottes Segen, mit Tatkraft und Energie der Mitglieder, mit Beständigkeit und Traditionsbewusstsein kann die St. Pankratius Schützenbruderschaft Zieverich vertrauensvoll das nächste Jahrhundert und Jahrtausend angehen.

Im Jahr 2009 hatte die Zievericher Bruderschaft erstmals eine Schützenkönigin.


Die Präsidenten der Schützengesellschaft / Schützenbruderschaft Zieverich

Karl Jakob Schmitz (1875-1897)

Christian Schmitz (Jahreszahlen sind unbekannt)

Heinrich Kürten

Josef Hambloch

Gerhard Schumacher

Franz Broich

Wilhelm Erken

Kaspar Berger (1919 - 1933)

Anton Dederichs (1933 - 1945)

Fritz Reisiger (1949 - 1962)

Mathias Hoch (1962 - 1965)

Willi Clemens (1965 - 1969)

Heinz Wirtz (1969 - 1974)

Willi Clemens (1974 - 1976)

Josef Klinkenberg (1976 - 1980)

Karl Keßler (1980 - 1982)

Cornelius Berger (1982 - 1990)

Paul Juchem (1990 - 1992)

Willi Wildschrey (1992 - 2010)

Kurt Lindner (2010 - 2013)

Jens Kullmann (2013 - 2016)

Willi Wildschrey (2016 - heute)


Erinnerungen aus dem Schützen- und Dorfleben