Rechtliche Beurteilung
lic. iur. Sandra Joos, Fachverantwortung Recht Pro Mente Sana, nimmt Stellung.
Im Artikel des Beobachters wurde ich zitiert mit «Diese Einweisung war nicht rechtens». Zu dieser Wertung kam ich nach Überprüfung der gesetzlichen Voraussetzungen bezogen auf den konkreten Sachverhalt.
Der Gesetzgeber hat mit Art. 426 ZGB die Zulässigkeit einer fürsorgerischen Unterbringung an strenge Anforderungen geknüpft, welche die Gerichtspraxis in zahlreichen Urteilen konkretisiert hat. Folgende Elemente müssen kumulativ gegeben sein:
1 Psychische Störung oder geistige Behinderung oder Verwahrlosung
2 Selbstgefährdung (akute, schwerwiegende und konkrete Gefahr von Gesundheit oder Leben der betroffenen Person)
3 Behandlungsbedürftigkeit und/oder Betreuungsbedürftigkeit
4 Subsidiarität (keine mildere Massnahme ambulant oder teilstationär möglich)
5 Einrichtung muss geeignet sein
Bei Peter Strahm gingen die Behandelnden im Spital Burgdorf fälschlicherweise von akuter Suizidalität aus. Suizidalität gilt als psychische Störung. Der Patient hatte indessen keinerlei suizidalen Absichten. Er hatte grosse Schmerzen und wiederholt geäussert «i ma nümme». Suizidgedanken in Richtung einer aktiven Selbsttötung bestanden zu keiner Zeit. Bei Unsicherheit darüber hätte das Pflegepersonal oder der behandelnde Arzt sich durch sorgfältige Rückfragen beim Patienten Gewissheit verschaffen können. Genau das wurde unterlassen, die Verantwortung wurde einem Psychiater übertragen, der nie persönlich mit Peter Strahm gesprochen hat. Im weiteren Verlauf - als die fürsorgerische Unterbringung im Raum stand - wurden Angebote der Angehörigen und des Hausarztes ausgeschlagen. Mildere Massnahmen wie eine Sitzwache oder die Überwachung durch den Bruder, welcher als Psychiater tätig ist, wurden nicht ernsthaft geprüft. Die Verantwortlichen haben damit das zwingende Gebot der Subsidiarität verletzt.
Somit komme ich zum Schluss, dass die gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben waren. Es bestand keine psychische Störung - und selbst wenn die bestanden hätte, wurde die Subsidiarität nicht beachtet. Die am 9. Februar 2024 vom Oberarzt Orthopädie des Spitales Burgdorf verfügte fürsorgerische Unterbringung in die psychiatrische Klinik Münsingen war nicht rechtens.
15. Mai 2025/Sandra Joos