Veröffentlichungen in Büchern
Gedanken zur Humanisierung der Lebensräume, in Themen der Zeit. (Passagen Politik) 1994 Franz Vranitzky (Hrsg.)
Gedanken zur Humanisierung der Lebensräume
1) Problemstellung
1.1 Was heißt human?
Der Begriff human läßt sich wohl am ehesten als Oberbegriff für die sozial-
demokratischen Grundwerte wie
- Freiheit, Pluralismus
- Gleichheit, Toleranz
- Gerechtigkeit
- Solidarität
- Achtung des Menschen und der Natur
einordnen.
1.2 Welche Lebensräume?
a) Das globale Umfeld oder die Voraussetzungen für eine humane Lebens-
form
Ohne existentielle Sicherheit verlieren die humanen Grundwerte ihren
Sinn. Will man humane Grundwerte durchsetzen, so bedeutet dies daher,
daß zunächst die Existenzgrundlagen gesichert sein müssen. Das heißt
- Sicherung der politischen Ordnung und des Friedens, weil sonst jede
Steuerungsmöglichkeit verloren geht
- Sicherung der ökologischen Lebensgrundlagen
- Sicherung der ökonomischen Lebensgrundlagen
b) Das lokale Umfeld
- Wohnen
- Arbeiten
- Freizeit
c) Das geistige Umfeld
- 2 -
1.3 Was heißt humanisieren?
Will man humane Lebensvoraussetzungen in unserer Gesellschaft schaffen,
muß man zunächst untersuchen, von welchen Steuerungsinstrumenten oder
Mechanismen die Gesellschaft gesteuert wird. Diese Steuerungsinstrumente
lassen sich hierarchisch ordnen.
In der obersten Ebene werden die gesellschaftlichen Prozesse von den Wer-
ten gesteuert.
Als grundlegende Elemente der zweiten Hierarchie-Ebene könnten
- das politische System (zB Demokratie)
- das Rechtssystem
- das ökonomische System (zB Marktwirtschaft)
- das Informations- und Kommunikationssystem
gesehen werden.
Im Sinne dieser grundlegenden Gliederung der Problemstellung befassen sich die
Beiträge von E. Glötzl (Kapitel 2 und 3) mit den grundlegenden Änderungen im
Wertesystem und ihrer Beziehung zu den globalen Voraussetzungen für eine
humane Lebensform, nämlich der Sicherung der ökologischen und ökonomischen
Lebensgrundlagen (Makrostrategie). Die Beiträge von C. Einem (Kapitel ........)
befassen sich in erster Linie mit dem politisch-rechtlichen System, dem
Informations- und Kommunikationssystem und zwar vor allem im Hinblick auf
das lokale und geistige Umfeld des Einzelnen (Mikrostrategie).
Das Wechselfieber der Volkswirtschaften, in GELD STATT ARBEIT, Föhrenbergkreis, (IWIP 1999), S.23-33
Kernaussage
Gesellschaftliche Katastrophen:
Römische Proskription 43 v. Chr.
Französische Revolution 1789
Weltwirtschaftskrise 1929
Herkömmliche These
Politikversagen
Menschliches Versagen
usw.
Meine These
Systemversagen der Wirtschaftsmechanismen
Guthaben und Schulden wachsen rascher als BSP
Kapitaleinkommen + Kapitalakkumulation wächst
Verteilungsfalle
Zusammenfassung
Weitergabe des Produktivitätsfortschritts:
Junge Volkswirtschaft:
höhere Löhne (niedrigere Preise)
Arbeitszeitverkürzung
Alte Volkswirtschaft:
höhere Kapitaleinkommen
Therapie
Herkömmliche Ökonomie:
Verhinderung des Sinkens der Summe der
Arbeitseinkommen durch Wirtschaftswachstum
Meine These:
Verhinderung des exponentiellen Wachstums der
Kapitaleinkommen und der Kapitalvermögen durch
Besteuerung von
Kapitalvermögen (Vermögenssteuer)
Kapitaleinkommen (KEST)
Liquiden Mittel (Gesell, Keynes)
Finanztransaktionen (Tobin-Steuer)
Durchsetzung
Internationale Harmonisierung
größte politische Herausforderung für das
21. Jahrhundert
„Wer aus der Geschichte nicht lernt, muss sie
wiederholen“
Die Krise einer alternden Volkswirtschaft, in Im Roulette der Finanzmärkte, Widowitsch et al (Hg), Promedia 2002 (Hg.)
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung Seite 3
2. Die Sichtweise der herkömmlichen Ökonomie Seite 3
3. Geld als Grundlage für materiellen Wohlstand Seite 5
4. Die Unterlegenheit der Schuldner in einer
„Geld“-Wirtschaft Seite 6
5. Das Fundamentalparadoxon der Geldwirtschaft: Seite 7
die Ohnmacht der Schuldner
6. Das Wachstum von Guthaben und Schulden Seite 8
7. Das Wachstum der Kapitaleinkommen Seite 9
8. Die wachsende Umverteilung und
Arbeitslosigkeit Seite 10
9. Der Zusammenbruch Seite 11
10. 2. Hauptsatz der Volkswirtschaftslehre Seite 11
11. Die internationale Ebene Seite 12
12. Zusammenfassung Seite 12
13. Historische Ansätze zur Problemlösung Seite 13
14. Kapitalbesteuerung als einzig mögliche Therapie Seite 15
Einleitung
Im Laufe der Geschichte ist es immer wieder zu gesellschaftlichen
Katastrophen unterschiedlichen Ausmaßes gekommen. Erinnert sei dabei
beispielsweise an die römische Proskription 43 v. Chr., die Französische
Revolution 1789 und die Weltwirtschaftskrise 1929. Die Vorgänge der letzten
Vergangenheit in Japan, Ostasien und zuletzt in Rußland, Argentinien und
Brasilien weisen auf die Aktualität dieses Themas hin. Dieses weitgehend
unabhängig von der Art der Wirtschaftssysteme periodisch immer wieder
auftretende Phänomen gleicht einem immer wiederkehrenden Wechselfieber.
Wesentlichste These dieser Arbeit ist, daß es sich dabei nicht immer um
Politikversagen oder um menschliches Versagen sondern sehr oft um ein
Systemversagen handelt, das von der herkömmlichen Ökonomie tabuisiert wird.
Von Politikversagen kann nur insofern gesprochen werden, als die Politik
(noch?) nicht bereit ist, ernsthaft über Systemänderungen zu diskutieren oder
diese Diskussion von der Wissenschaft einzufordern.
Nach jedem Zusammenbruch wie zB nach einem Krieg kommt es in der Regel
wieder zu einem Neubeginn. Als Alter einer Volkswirtschaft wollen wir die
Anzahl der Jahre verstehen, die seit einem solchen Neubeginn verstrichen sind.
Sieht man die Währungsreform im Jahr 1948 als Neubeginn nach dem
2. Weltkrieg an, so sind unsere heutigen Volkswirtschaften in Mitteleuropa also
etwa 50 Jahre alt.
Langfristige Entwicklung der Schulden und Einkommen, in Die Finanzkrise als Chance, Hörmann/Häseler (Hg),LexisNexis 2009
Anyone who believes exponential growth
can go on forever in a finite world is either
a madman or an economist.
Kenneth Boulding
Inhaltsverzeichnis
1. Motive 3
2. Zusammenfassung 5
3. Allgemeine Annahmen und Definitionen 7
4. Das Wachstum des realen BIP 11
5. Das Wachstum der aggregierten Schulden und Guthaben 12
6. Das Wachstum der Arbeitseinkommen 17
7. Das Wachstum der Privaten + Öffentlichen Schulden 18
8. Modellrechnungen 20
9. Interpretation der Modellrechnungen 25
10. Grundsätzliche Schlussfolgerungen und Maßnahmen 26
11. Symptome der beginnenden Krise ihre Ursachen und 28
Auswirkungen
12. Die endgültige Krise 36
13. Das Problem der internationalen Verschuldung 37
14. Neuordnung des internationalen Zahlungs- und Schuldenausgleichs 40
Motive
Noch nie war der technologische Fortschritt so groß, noch nie wurde weltweit soviel
produziert wie heute.
Trotzdem nimmt das Unbehagen über viele Entwicklungen in der heutigen Zeit in
weiten Teilen der Gesellschaft immer mehr zu.
Warum?
Einerseits sind es die offensichtlichen Probleme der Arbeitslosigkeit und des immer
mehr spürbaren Auseinanderbrechens unserer Gesellschaft in Arm und Reich oder
kurz, die zunehmend spürbare Instabilität unserer Gesellschaft. Andererseits spüren
viele, dass hinter all den neuen Entwicklungen wie Deregulierung, Liberalisierung,
Privatisierung und Globalisierung eine gemeinsame Triebkraft steht, die sich aber
nicht so leicht fassen lässt.
Eine Triebkraft, die vom gewollten gesunden Wirtschaftswachstum schon längst zu
einem Wachstumszwang geführt hat, ohne den alles zusammenbrechen würde. Eine
Triebkraft, die vom gewollten gesunden Druck auf den effizienten Einsatz von Mitteln
längst zum Sparzwang geführt hat.
Keine politische Kraft hat bisher trotz vieler Bemühungen ein echtes Rezept im
Kampf gegen die Arbeitslosigkeit oder die zunehmende Ungleichheit gefunden. Of-
fensichtlich haben alle bisher eingesetzten Mittel zur Bekämpfung dieser Symptome
bestenfalls eine lindernde oder aufschiebende Wirkung. Dies ist ein Hinweis darauf,
dass die wahre Ursache primär nicht in einem Fehlverhalten in der täglichen prakti-
schen Politik liegt, sondern dass die Ursache tiefere Wurzeln hat. Bevor wir aber die-
se Ursache nicht erkannt haben, können wir keine wirkungsvollen Lösungen finden.
Was aber ist die wahre Ursache? Die Antwort darauf zu finden, ist genau das Ziel
dieser Arbeit.
Die ökonomischen Zusammenhänge sind leider sehr komplex. Komplexe Probleme
kann man aber nur dann verstehen, wenn man sie ausreichend vereinfacht, ohne die
Grundzusammenhänge aufzugeben.
Es ist wie beim Versuch, den Fall eines Blattes von Baum zu verstehen. Freilich ist
die Bewegung des Blattes um vieles komplexer, als sie durch die einfachen Fallge-
setze (im luftleeren Raum) beschrieben wird. Aber ohne Zweifel kann man den Fall
des Blattes ohne Kenntnis der einfachen Fallgesetze nicht verstehen. Vereinfachen
heißt also keineswegs, blind zu sein gegenüber der Komplexität der realen Vorgänge
sondern heißt, das Problem auf seinen wesentlichen Kern zu reduzieren.
Je komplexer ein Problem ist, umso gefährlicher ist es, sich allein auf anschauliche
Begründungen zu verlassen. Umso eher ist es daher notwendig, die Definitionen,
Voraussetzungen, Annahmen und Aussagen möglichst präzise zu formulieren und
vor allem die Begründungen und Beweise so weit wie möglich mit einer formalen
Sprache zu führen. Dies ist auch ein Anliegen dieser Arbeit.
2. Zusammenfassung
Bei den wesentlichen Industrienationen hat sich das reale BIP in den letzten 50 Jah-
ren nicht exponentiell (d.h. gleichbleibende relative Wachstumsrate) sondern eher
linear (d.h. gleichbleibende absolute Wachstumszuwächse, bzw. sinkende relative
Wachstumsrate) entwickelt. Daraus ergibt sich auch ein im wesentlichen lineares
Wachstum des realen Volkseinkommens. Im Gegensatz dazu entwickeln sich die
gesamten realen Geldvermögen (bzw. die gesamten realen Kapitalvermögen)
exponentiell wegen:
1. des Zinszinsmechanismus
2. weil Geldvermögensbesitzer (bzw. Kapitalvermögensbesitzer) kein
Interesse haben ihre Kapitaleinkommen zu verkonsumieren
3. weil die Gesamtheit der Schuldner (wegen der „Ohnmacht der Schuldner“)
keine Möglichkeit hat die Summe aller Zinsen zu bezahlen.
Da die realen durchschnittlichen Zinsraten (insbesondere die realen Kapitalmarkt-
zinsen) typischer Weise eine untere Grenze nicht unterschreiten, wachsen die Zins-
einkommen wegen des exponentiellen Wachstums der Geldvermögen ebenfalls an-
nähernd exponentiell. Dasselbe gilt grundsätzlich auch für die realen Eigenkapital-
gewinne.
Die Gesamtheit der Arbeitseinkommen ergeben sich als Differenz von linear
wachsenden Volkseinkommen minus den exponentiell wachsenden Zinsein-
kommen und Gewinnen. Daraus folgt, dass die Summe der realen Arbeitsein-
kommen zunächst im Laufe der Jahre ansteigt, ab einem gewissen Zeitpunkt aber
real sinken muss.
Die Summe von Staatsschulden und privaten Schulden ergibt sich als Differenz
von den exponentiell wachsenden Kapitalvermögen (abzüglich der Eigenkapitalver-
mögen) minus den Unternehmensschulden. Unter der Annahme eines konstanten
(Produktions-) Kapitalkoeffizienten ergibt sich wegen des linearen Wachstums des
realen BIP ein lineares Wachstum der Unternehmerschulden. Daraus folgt, dass die
Summe von Staatsschulden (wie z.B. besonders in Europa) und privaten Schulden
(wie z.B. besonders in USA) ab einem gewissen Zeitpunkt stark ansteigen muss und
zwar genau in der Höhe in der das Bruttoinlandsprodukt nicht exponentiell wächst.
Ohne Eingriff des Staates ist diese Entwicklung der Arbeitseinkommen und der
Summe von Staatsschulden und privaten Schulden systemnotwendig. Sie führt
letztlich zum Zerbrechen der Gesellschaft.
Die einzige Möglichkeit diese Entwicklung zu verhindern besteht in der Besteuerung
von Kapital (Vermögen bzw. Einkommen) in dem Ausmaß, dass Kapitaleinkommen
nicht exponentiell, sondern nur gleich schnell wie das BIP (nämlich linear) wachsen.
Die Geldfalle, in Zwischen Zeiten & Unzeiten, Gerhard Senft (Hg.), Vlg. Max-Stirner-Archiv, Leipzig, 2007
Einleitung
Im Laufe der Geschichte ist es immer wieder zu gesellschaftlichen
Katastrophen unterschiedlichen Ausmaßes gekommen. Erinnert sei dabei
beispielsweise an die römische Proskription 43 v. Chr., die Französische
Revolution 1789 und die Weltwirtschaftskrise 1929. Die Vorgänge der letzten
Vergangenheit in Japan, Ostasien und zuletzt in Russland, Argentinien und
Brasilien weisen auf die Aktualität dieses Themas hin. Dieses weitgehend
unabhängig von der Art der Wirtschaftssysteme periodisch immer wieder
auftretende Phänomen gleicht einem immer wiederkehrenden Wechselfieber.
Wesentlichste These dieser Arbeit ist, dass es sich dabei nicht immer um
Politikversagen oder um menschliches Versagen sondern sehr oft um ein
Systemversagen handelt, das von der herkömmlichen Ökonomie tabuisiert wird.
Eine effiziente Wirtschaft benötigt zwar jedenfalls Geld als Tauschmittel und
Kreditmittel, aber es liegt im Wesen des Geldes als Kreditmittel, dass
Geldkredite – wie wir zeigen werden – zu einer „Ohnmacht der Schuldner“
führen. Diese „Ohnmacht der Schuldner in einer Geldwirtschaft“ ist eine der
wesentlichsten Triebkräfte der Volkswirtschaft. Sie führt aber ohne
systematische Umverteilungspolitik systemnotwendigerweise zu
Kapitalakkumulation und Kapitalkonzentration und letztlich zu einem
Zerbrechen der Gesellschaft. Eine ausführlichere und formale Begründung für
diese Ausführung findet man in <8>.
Diese notwendige systematische Umverteilungspolitik wird aber noch immer zu
wenig als für die Stabilität der Gesellschaft unabdingbare Maßnahme gesehen,
sondern bestenfalls unter ethischen Gesichtspunkten halbherzig betrieben. Von
Politikversagen kann nur insofern gesprochen werden als die Politik (noch?)
nicht bereit ist, ernsthaft darüber zu diskutieren oder diese Diskussion von der
Wissenschaft einzufordern.
Um allgemeinen materiellen Wohlstand dauerhaft zu erreichen, hat eine
Volkswirtschaft daher nicht nur das Produktionsproblem zu lösen sondern vor
allem auch das Verteilungsproblem. Die herkömmliche Ökonomie befasst sich
allerdings fast ausschließlich mit der Lösung des Produktionsproblems. Das
Verteilungsproblem wird dagegen noch immer weitgehend ausgeklammert.
Hochkulturen sind immer dann entstanden, wenn eine Gesellschaft das
Produktionsproblem gelöst hat. Wir haben heute das Produktionsproblem gelöst.
Aber Hochkulturen sind sehr oft daran zerbrochen, dass sie das
Verteilungsproblem nicht gelöst haben. Die größte politische Herausforderung
für das 21. Jahrhundert ist daher die Lösung des Verteilungsproblems.
Zusammenfassung
Ein systembedingtes Versagen der Wirtschaftsmechanismen war im
Laufe der Geschichte oft Ursache gesellschaftlicher Katastrophen. Das
Systemversagen besteht darin, dass in einer Geldwirtschaft Schulden
und Guthaben rascher als das BIP wachsen müssen und bisher nur
durch Wirtschaftszusammenbrüche wieder auf ein für die Gesellschaft
verträgliches Maß reduziert werden konnten.
Der einzig mögliche Weg, ein übermäßiges exponentielles Wachstum
der Gesamtverschuldung zu verhindern, besteht in einer geeigneten
wirksamen Kapitalbesteuerung. Die Einsicht in diese Tatsache und die
Umsetzung dieser Konsequenz wird die größte politische
Herausforderung für das 21. Jahrhundert.
Interview mit Christian Stenner, in Kritik des Kapitalismus, Chr. Stenner (Hg.), Promedia Wien, 2010
„Das System lässt sich nur stabilisieren, wenn
die Ungleichheit verringert wird“
Umverteilung ist nicht nur eine Forderung, deren Erfüllung aus Gründen
der Gerechtigkeit dringend nötig wäre; sie ist auch nötig,
um ein Wirtschaftssystem zu stabilisieren, das genau wegen
der zunehmenden Ungleichgewichtigkeit der Einkommens-
und Vermögensverteilung in Schieflage geraten ist.
Zu diesem Thema sprach KORSO-Herausgeber Christian
Stenner mit dem Linzer Finanzwissenschafter, Mathematiker
und ehemaligem Vorstand der Linz AG Erhard Glötzl.
23 Thesen für eine krisenfreie Zukunft, in Stadtgesellschaft, Werte und Positionen, K.Luger, J.Mayr (Hg.), SPÖ Linz 2011
23 Thesen für eine krisenfreie Zukunft
(Erhard Glötzl, 23.1.2011)
ALLGEMEINES
These 1 (Macht des Geldes)
Soziale Schulden entstehen immer dann, wenn jemand Anderen ohne unmittelbare Gegenleistung hilft und darauf vertrauen kann, dass ihm zu einem späteren Zeitpunkt von den Anderen ebenfalls geholfen wird. Durch diese gegenseitige Hilfe und das damit verbundene gegenseitige Vertrauen werden soziale Schulden zum Kitt für den Zusammenhalt einer Gesellschaft.
Durch die zunehmende Monetarisierung unserer Gesellschaft werden soziale Schulden immer mehr durch monetäre Schulden ersetzt, wodurch sie immer mehr an Bedeutung verlieren. Im Gegenzug dazu wachsen die monetären Schulden in unserer Gesellschaft immer rascher. Damit schreitet einerseits die Macht des Geldes in unserer Gesellschaft immer weiter fort, andererseits nimmt der gesellschaftliche Zusammenhalt immer weiter ab.
K. H. Brodbeck [1] geht in seiner Analyse über das Geld noch einen Schritt weiter. Für ihn ist Geld eine universelle Denk- und Kommunikationsform des Menschen geworden und hat damit einen vergleichbaren Einfluss auf die Gesellschaft wie z.B. die Sprache. „Die universelle Herrschaft der Geldgier ist damit keine zufällige Entgleisung, sondern die dem Geld eigentümliche Form der Vergesellschaftung“.
Der Zeitgeist des Neoliberalismus, lässt immer mehr Menschen glauben, dass es moralisch gerechtfertigt und volkswirtschaftlich sinnvoll ist, alleine in Geldkategorien und ohne Bezug zur Realwirtschaft zu denken. Sie können oder wollen daher nicht mehr unterscheiden, ob ein persönlicher monetärer Gewinn durch Schaffung von realem Mehrwert oder nur durch Umverteilung zustande gekommen ist. Wohlstand in Summe und allgemeiner Wohlstand können allerdings nur in der Realwirtschaft geschaffen werden. Spekulative Finanztransaktionen und viele andere Instrumente der modernen Finanzindustrie hingegen schaffen in der Regel keinen Wohlstand, sondern dienen nur einer Umverteilung von Wohlstand: nämlich einer Umverteilung weg von den Uninformierten hin zu den Informierten und weg von den Ohnmächtigen hin zu den Mächtigen. Geld kann niemals arbeiten, arbeiten können immer nur Menschen.
These 2 (Werthaltungen und Menschenbild)
URSACHENANALYSE der Finanzkrise
These 3 (unkontrollierbarer Ausgleichsvorgang)
These 4 (wesentliche Ursache der Finanzkrise: die Diskrepanz zwischen linearem Wachstum der Realwirtschaft und exponentiellem Wachstum der Finanzwirtschaft)
These 5 (Theoretische Begründung des exponentiellen Wachstums der Finanzwirtschaft: Kapitaleinkommen/Macht des Geldes)
Die theoretische Begründung für das exponentielle reale Wachstum von Schulden, Guthaben und Kapitaleinkommen findet sich im Wesen des Kapitalismus, nämlich einerseits in den Kapitaleinkommen und andererseits in der Macht des Geldes, diese auch durchzusetzen.
These 5.1 (1. Hauptsatz der Volkswirtschaftslehre)
In einer geschlossenen Volkswirtschaft ist die Summe aller Schulden stets gleich hoch wie die Summe aller Guthaben
These 5.2 (die Macht des Geldes: Das Fundamentalparadoxon der Geldwirtschaft – die Ohnmacht der Schuldner)
Die Gesamtheit der durch Zinseszins entstandenen Schulden kann nur in dem Ausmaß abgebaut werden, in dem die Gesamtheit der Gläubiger bereit ist, ihre durch Zinseszins entstandenen Guthaben abzubauen und damit Waren oder Dienstleistungen der Schuldner zu kaufen.
Die allgemeine Gültigkeit dieses nur für die Gesamtheit, nicht aber für einzelne Schulden geltenden Paradoxons kann man sich an folgenden Beispielen verdeutlichen: Das Schuldnerland (=Importüberschussland, z.B. Griechenland / USA / Entwicklungsland) kann seine Schulden nur dann bedienen, wenn das Gläubigerland (=Exportüberschussland, z.B. Deutschland / China / Industrienation) bereit ist, seine Überschüsse durch Kauf von Waren der Schuldnerländer abzubauen.
These 5.3 (das Wesen des Kapitalismus)
Das Interesse der Gläubiger am Wachstum der Guthaben ist aber im Durchschnitt wesentlich größer als das Interesse an Konsum oder Investition in Eigenkapital. Daher ergibt sich:
These 5.4 (2. Hauptsatz der Volkswirtschaftslehre)
In einer geschlossenen (ungestörten) Volkswirtschaft wächst die Summe aller Schulden bzw. Guthaben annähernd exponentiell. Ohne Staatseingriffe kann die Summe aller Schulden bzw. Guthaben nur durch unerwünschte Ausnahmeereignisse wie Finanz- oder Wirtschaftskrisen, Hyperinflation, Währungsreform oder Krieg abgebaut werden.
These 5.5 (Staatsfinanzierung durch Staatsanleihen)
Neben Steuern finanzieren sich die Staaten heutzutage vor allem über Staatsanleihen auf den Finanzmärkten. Die Finanzierung der Staaten über Staatsanleihen ist nicht nur die teuerste Form der Finanzierung, sondern sie trägt selbst auch ganz wesentlich zur Destabilisierung der Wirtschaft und der Gesellschaft bei. Staatsanleihen führen nicht nur zu einer unerwünschten Umverteilung von Arbeitseinkommen zu Kapitaleinkommen, sondern tragen durch ihre vermeintliche Sicherheit auch wesentlich dazu bei, dass das Volumen von Schulden und Guthaben und die damit verbundene Ungleichheit insgesamt ein derart hohes Ausmaß annehmen kann.
Die Ursache der Eurokrise liegt damit - neben anderen Faktoren, auf die hier nicht eingegangen werden soll – auch in der prinzipiellen Form der Staatsfinanzierung durch Staatsanleihen.
These 6 (Verstärkungsmechanismen)
notwendige SYSTEMÄNDERUNGS-MASSNAHMEN zur Vermeidung von Krisen
These 7 (Hochkulturen)
These 8 (Historische Maßnahmen)
These 9 (notwendige Maßnahmen)
These 10 (progressive Kapitalsteuern)
These 11 (Regulierungen)
These 12 (Staatsfinanzierung, Monetative)
These 13 (Moralische Erneuerung)
MASSNAHMEN zur Überwindung der Krise
These 14 (Bankbilanzen)
These 15 (Ablauf der Krise)
These 16 (Kürzung der Kapitalansprüche)
These 17 (Konjunkturprogramme)
These 18 (ungeeignete Maßnahmen)
ZUSAMMENFASSUNG
These 19 (Die nächste Krise kommt bestimmt)
These 20 (Niemand weiß wann und wie)
These 21 (4 Argumente für Kapitalsteuern)
These 22 (Gesellschaftliche Katastrophe)
Der Markt ist zwar imstande das Produktionsproblem zu lösen, er ist aber nicht imstande das Verteilungsproblem zu lösen. Umverteilung ist daher nicht nur eine Forderung, deren Erfüllung aus Gründen der Gerechtigkeit dringend nötig wäre; sie ist auch nötig, um ein Wirtschaftssystem zu stabilisieren, das genau wegen der zunehmenden Ungleichheit in der Einkommens- und Vermögensverteilung in Schieflage geraten ist.
Kapitalismus braucht daher für seine Stabilität nicht nur Regeln sondern vor allem auch eine permanente Umverteilung von Kapitaleinkommen zu Arbeitseinkommen. Präziser formuliert braucht Kapitalismus für seine Stabilität eine progressive Besteuerung von Kapital (Vermögen, Zuwachs, Einkommen und Transaktionen) in der Höhe, dass die Kapitaleinkommen nicht schneller wachsen als das BIP und damit auch nicht schneller wachsen als die Arbeitseinkommen.
Es ist für alle und letztlich auch für die Besitzer von Kapitalvermögen von größerem Vorteil, wenn Kapital reguliert und besteuert wird, als dass es in einer gesellschaftlichen Katastrophe vernichtet wird. Denn wer aus der Geschichte nicht lernt, muss sie wiederholen.
These 23 (Durchsetzung)
Die international harmonisierte Durchsetzung des Prinzips „Kapitalismus braucht für seine Stabilität Regeln und permanente Umverteilung von Kapitaleinkommen zu Arbeitseinkommen“ ist die größte politische Herausforderung für das 21. Jahrhundert, analog wie es für das 20. Jahrhundert die Durchsetzung der Demokratie und des Sozialstaates war.
Die Geschichte von Henry Ford und seinen Kindern, in Leben mit dem Privatkonkurs, ASB Schuldnerberatung 2015
Ein ökonomischer Essay in Form eines Kunstmärchens
Dieser Essay zeigt, welch katastrophale Folgen es hat, wenn man den Unterschied zwischen
Mikroökonomie und Makroökonomie nicht versteht, die Brisanz von Konsumkrediten unterschätzt und
wenn man nicht weiß, wie man aus einem Gefangenendilemma herauskommt.
• Henry Ford war ein kluger Mann. Darum baute er mit Hilfe seiner Arbeiter seine Autos sehr
effizient.
• Und weil er sehr klug war, verstand er – im Gegensatz zu vielen anderen - vor allem auch den
Unterschied zwischen Mikroökonomie und Makroökonomie2
. Daher wusste er vor allem zwei Sachen:
1. Ich muss meine Arbeiter gut bezahlen, denn sonst haben die Arbeiter kein Geld, um meine
Autos zu kaufen.
2. Ich muss dem Staat ordentlich Steuern zahlen, denn sonst hat der Staat kein Geld, um
Straßen für meine Autos zu bauen.
• Henry Ford und seine Arbeiter waren ein Team und bauten daher immer bessere und immer mehr
Autos. So lebten sie glücklich und zufrieden bis Henry Ford starb und ...
die Kinder des Henry Ford
• seine Firmen übernahmen. Die Kinder des Henry Ford waren aber nicht so klug wie ihr Vater, dafür
aber umso gieriger. Vor allem aber verstanden sie nicht den Unterschied zwischen Mikroökonomie
und Makroökonomie.
• Sie dachten: Warum sollen wir eigentlich unsere Arbeiter gut zahlen? ......
......