Eine theoretische Analyse möglicher Mechanismen, die zu einem Wachstumszwang führen
Erhard Glötzl
13.2.2017 Version 3
Einleitung
Kernaussagen
(In diesem Kapitel werden die Kernaussagen formuliert und kurz begründet. Ausführlicher wird auf die einzelnen Wachstumsmechanismen in den Kapiteln 5 bis 9 eingegangen.)
In dieser Arbeit werden theoretisch mögliche Ursachen und Mechanismen diskutiert, die theoretisch zu Wachstum oder zu einem Wachstumszwang führen könnten. Die Frage, welche Bedeutung diese Mechanismen als Ursache für das real beobachtbare Wachstum haben, wird dadurch nicht unmittelbar beantwortet. Die theoretische Analyse kann aber helfen, diese Frage zu klären. Man kann davon ausgehen, dass nicht ein einziger Mechanismus für das beobachtbare Wachstum hauptverantwortlich ist, sondern Wachstum durch das Zusammenspiel vieler Mechanismen zustande kommt.
Letztlich beruht Wachstum immer auf technischem Fortschritt, also einer Erhöhung der Effizienz menschlicher Arbeit zur Produktion von Gütern und Dienstleistungen. Rein quantitatives Wachstum ohne technischen Fortschritt ist wegen der Beschränktheit der Arbeit nicht dauerhaft möglich und wird im Folgenden daher nicht weiter betrachtet. Technischer Fortschritt entsteht in der Regel durch produktive Investitionen im weiteren Sinn, d.h. sowohl durch Investitionen in produktives Sachkapital als auch Investitionen in Humankapital. Die durch den technischen Fortschritt erhöhte Produktionskapazität kann entweder zu einer Arbeitszeitverkürzung oder bei gleichbleibender Arbeit für zusätzlichen Konsum oder für weitere zusätzliche (Netto-) Investitionen genutzt werden. Wird der technische Fortschritt zu einer Arbeitszeitverkürzung genutzt, kommt es zu keinem Wachstum. Wird er zu zusätzlichem Konsum genutzt, kommt es zu einem einmaligen Wachstumsschub. Zu dauerhaftem Wachstum kommt es genau dann, wenn der technische Fortschritt dauerhaft zu zusätzlichen (Netto-) Investitionen führt. Wachstum hängt daher letztlich davon ab, wie ein technischer Fortschritt verteilt wird.
Die Frage nach der Ursache von Wachstum oder Wachstumszwang ist daher letztlich gleichbedeutend mit der Frage nach der Ursache von Investionen (im weiteren Sinn) oder von Zwang zu Investitionen (im weiteren Sinn). Von Zwang kann man nur dann sprechen, wenn etwas für alle unerwünscht ist oder wenn es zumindest für einen Teil der Bevölkerung unerwünscht ist. Folgende Ursachen können dazu führen, dass es zu (von allen oder von einem Teil der Bevölkerung) unerwünschten Investitionen kommt und damit zu unerwünschtem Wachstum kommt:
„echter Wachtstumszwang“, strukturelle Ursachen
„Wettbewerbszwang“
Uneingeschränkter Wettbewerb führt dazu, dass die durch technischen Fortschritt erzielte zusätzliche Produktionskapazität im Sinne des Gefangenendilemmas vollständig für weitere Investitionen genutzt werden muss, um ein Ausscheiden aus dem Markt zu verhindern.
Beachte: Ein charakteristisches Merkmal von Wettbewerbssituationen und Gefangenendilemma-Situationen besteht darin, dass es dabei zu nicht-selbstbezüglichen Nutzenfunktionen kommt! D.h. dass der Nutzen eines Agenten nicht nur von den eigenen Variablen oder vom eigenen Verhalten abhängt, sondern auch von denjenigen der anderen Agenten.
Lösungsmöglichkeit:
Überwindung des Gefangenendilemmas durch Kooperationsverträge
„Arbeitszwang“
Wenn es eine gesellschaftliche Norm gibt, die festlegt, dass das BIP ausschließlich entsprechend den Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit verteilt wird, ist jeder, der kein Kapitaleinkommen hat, gezwungen, ein Einkommen aus Arbeit zu erzielen, um zu überleben. Wird der technische Fortschritt für zusätzlichen Konsum oder zusätzliche Investitionen verwendet, kommt es zum Wachstum. Wird der technische Fortschritt zur Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich genutzt, kommt es zu keinem Einkommensverlust und zu keinem Wachstum. Führt er aber wegen unvollständiger oder ungleicher Verteilung der Arbeitszeitverkürzung zu Arbeitslosigkeit und damit zu Einkommensverlusten, muss zusätzliche Arbeit z.B. durch keynesianische Investitionspolitik geschaffen werden, wenn eine gesellschaftliche Norm nur Einkommen durch Arbeit zulässt. Damit führt diese Norm im Fall der Arbeitslosigkeit zu einem Wachstumszwang.
Lösungsmöglichkeit:
Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich
Ein bedingungsloses Grundeinkommen. Das bedeutet allerdings eine Aufgabe der gesellschaftlichen Norm, dass Einkommen sich nur durch die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital ergeben dürfen.
„Konsumzwang“
Technischer Fortschritt kann über Wettbewerbszwang und Arbeitszwang unmittelbar (gleichsam angebotsseitig) zu zusätzlichen Investitionen führen. Daneben kann technischer Fortschritt aber auch zu einer steigenden Nachfrage an Gütern führen und damit indirekt zu zusätzlichen Investitionen und zusätzlichem Wachstum führen. Auf diesen Sachverhalt hat insbesondere Andreas Siemoneit <2016> unter dem Begriff „Effizienzkonsum“ hingewiesen. Gemeint ist damit, dass technische Innovationen wie z.B. das Mobiltelefon dazu führen, dass sich die Gesellschaft dadurch vollständig neu organisiert und es deshalb schwer bis unmöglich wird, in dieser neuen Gesellschaft ohne die Nutzung dieser technischen Innovationen zu „überleben“. Gemeint ist damit aber auch, dass neue Technologien (wie z.B. die Mobilität durch öffentliche oder private Verkehrsmittel) dazu führen, dass effizienter konsumiert, d.h. z.B. Freunde leichter besucht werden können. Diese neuen Technologien produzieren daher automatisch eine höhere Nachfrage und es ist daher gesellschaftlich kaum möglich, einen technologischen Fortschritt nur zu einer Arbeitszeitverkürzung zu nutzen. Damit führt aber jeder technologische Fortschritt gleichsam zwingend zu einer höheren Konsumnachfrage und damit letztlich auch zwingend zu einem Wachstum.
Lösungsmöglichkeit:
Verzicht auf technischen Fortschritt, Verzicht auf eine arbeitsteilige Wirtschaft und Rückkehr zur Subsistenzwirtschaft
„Wachstumstreiber“
Als Wachstumstreiber kann man diejenigen Ursachen für Wachstum betrachten, die durch Interessen und nicht durch systemische Zwänge hervorgerufen werden.
das ungleiche Interesse und die ungleiche Machtverteilung,
In einer Mangelwirtschaft besteht sowohl von den Arbeitern als auch den Kapitaleigentümern ein gleichgerichtetes Interesse an Wachstum. Die Gesamtnutzenfunktion von Arbeitern hängt aber nicht nur vom Nutzen der Einkommen sondern auch von den Kosten für die Arbeit ab. Wenn die Kosten für zusätzliche Arbeit höher werden als der Nutzen durch zusätzliche Einkommen, besteht kein Interesse mehr an zusätzlicher Arbeit. Der negative Rückkoppelungsmechanismus durch die steigenden Kosten der Arbeit verhindert dann ein Interesse der Arbeiter an zusätzlichem Wachstum.
Aber gerade dieser negative Rückkoppelungsmechanismus fehlt jedoch bei den Kapitaleinkommen. In einer Überflusswirtschaft entwickelt sich daher das Interesse von Arbeitern und Kapitaleigentümern in die entgegengesetzte Richtung. Denn die Nutzenfunktion der Kapitaleigentümer hängt vom Nutzen der eigenen Kapitaleinkommen ab (und damit letztlich von der Arbeit der Arbeiter), sie hängt aber nicht von den Kosten der eigenen Arbeit ab. Die Nutzenfunktion der Kapitaleigentümer ist also nicht-selbstbezüglich, bzw. Nutzen und Kosten fallen zumindest teilweise auseinander: „Der Starke erhält den Nutzen, der Schwache trägt die Kosten“. Insgesamt führt dies also dazu, dass es im Gegensatz zu den Arbeitseinkommen bei den Kapitaleinkommen keinen negativen Rückkoppelungsmechanismus gibt, der das Interesse an zusätzlichen Kapitaleinkommen einschränken würde.
Um ihr ökonomisches Interesse an wachsenden Kapitaleinkommen auch durchsetzen zu können, bedarf es einer entsprechenden ökonomischen Macht für die Kapitaleigentümer. Folgende Kategorien von Macht sind für Kapitaleigentümer möglich:
Macht auf der Geldebene,
Macht auf der Realgüterebene und
Macht auf der politisch institutionellen Ebene.
Dementsprechend können auch die Ursachen für Wachstum danach eingeteilt werden.
All diese Fälle von Macht führen aber nicht zu einem systembedingten Wachstumszwang sondern zu Wachstum im Interesse der Kapitaleigentümer und zumindest in der Anfangsphase auch zu Wachstum im Interesse der Gesamtbevölkerung. Langfristig liegt dieses Wachstum aber möglicherweise nicht im Interesse des Großteils der Bevölkerung, weil die Kosten für die Arbeit den Nutzen aus dem Wachstum übersteigen oder es durch das Wachstum zu sonstigen unerwünschten Folgen kommt.
Der Unterschied zwischen fremdkapital-finanzierter Wirtschaft und eigenkapital-finanzierter Wirtschaft
Ob eine Wirtschaft (a) mehr über Fremdkapital oder (b) mehr über Eigenkapital finanziert ist, hängt von den äußeren Bedingungen ab (z.B. Verhältnis von Zinsrate zu Gewinnrate oder historisch begründeten Gewohnheiten). Jedenfalls können sich beide Wirtschaftsformen zumindest theoretisch leicht ineinander umwandeln, indem Eigenkapital entnommen und als Fremdkapital zur Verfügung gestellt wird bzw. Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt wird. Der Mechanismus wie es zu Wachstum kommt, ist in beiden Systemen grundsätzlich gleich: Eine positive Kapitalrendite gemeinsam mit dem Interesse der Kapitaleigentümer, ihr Kapitalvermögen zu erhöhen, und ihrer Macht, dieses Interesse auch durchzusetzen, führt zu Wachstum.
In der Literatur werden in erster Linie Ursachen für Wachstumszwang auf der Geldebene diskutiert, d.h. der Fall einer fremdkapitalfinanzierten Wirtschaft betrachtet. (<Bartkowski>, <Richters, Simoneit>:
Positiver Zinssatz <Creutz>
Liquiditätspräferenz <Löhr>, <Creutz>
„fehlendes Geld“ <Binswanger>
Keiner dieser Ansätze allein führt zu Wachstum. Einerseits muss jeder dieser Ansätze modifiziert und auf eine fremdkapital-finanzierte Wirtschaft erweitert werden und andererseits führen nur alle 3 Ansätze zusammen zu Wachstum.
Positiver Zinssatz → positive Kapitalrendite, d.h.
(a) positive Zinsrate
(b) positive Gewinnrate
Liquiditätspräferenz → Interesse der Kapitaleigentümer
(a) Erhöhung Geldvermögen
(b) Erhöhung Realkapital
„fehlendes Geld“ → Macht der Kapitaleigentümer
(a) Fundamentalparadoxon der Geldwirtschaft: Macht der Gläubiger bzw. Ohnmacht der Schuldner
(b) Macht der Eigentümer der Produktionsmittel
Die verschiedenen Mechanismen, die zu Wachstum führen, sind vor allem durch die unterschiedlichen Formen der Macht der Kapitaleigentümer charakterisiert. Daher gliedern wir im Folgenden diese Mechanismen nach den unterschiedlichen Kategorien der Macht.
Machtverhältnisse auf der Geldebene:
In einer Geldwirtschaft werden die Schulden in Geld gemessen und müssen daher in Geld getilgt werden. Das Fundamentalparadoxon der Geldwirtschaft besagt, dass die Änderung der Gesamtheit der Guthaben (und damit auch der Gesamtheit der Schulden) nicht durch die Summe der Schuldner sondern durch die Summe der Gläubiger bestimmt wird. Schuldner können zwar Waren produzieren aber kein Geld. Wenn die Summe der Gläubiger nicht bereit ist von der Summe der Schuldner Waren zu kaufen, haben die Schuldner kein Geld, um insbesondere die Zinsen in Geld zu tilgen. Gläubiger können aber nicht zum Kauf von Waren gezwungen werden. Geld führt damit zu ungleichen Machtverhältnissen zwischen Gläubigern und Schuldnern.
In einer jungen Mangelwirtschaft haben Geldvermögensbesitzer möglicherweise noch ein Interesse daran, ihre Zinsen zu konsumieren oder zu investieren und damit Waren von den Schuldnern zu kaufen. In einer reifen Überflusswirtschaft aber haben die Besitzer von großen Geldvermögen in der Regel weder ein Interesse daran, ihren Konsum zu steigern (weil sie ohnehin schon alles haben), noch haben sie ein Interesse in reale produktive Sachvermögen zu investieren, weil die Investitionen in einer Überflusswirtschaft wegen der stagnierenden Nachfrage keine Gewinne erwarten lassen. Ihr Interesse liegt daher vorwiegend in einem Wachstum der Geldvermögen. Und dieses Interesse können sie wegen des Fundamentalparadoxons der Geldwirtschaft auch durchsetzen, solange die Zinsrate positiv ist.
Die wachsenden Schulden müssen letztlich durch Realgüter besichert werden, was letztlich nur durch reales Wachstum möglich ist.
Lösungsmöglichkeit:
Besteuerung von Zinsen und / oder Geldvermögen, um sicherzustellen, dass die Zinseinkommen nicht rascher wachsen als das BIP. Dies führt allerdings letztlich dazu, dass Fremdkapital tendenziell in Eigenkapital umgewandelt wird. Daher ist diese Maßnahme immer nur gemeinsam mit einer gleichzeitigen Besteuerung von Gewinnen oder gewinntragendem Sachkapital sinnvoll. Daher braucht man für eine Lösung also Kapitalsteuern (d.h. Steuern in Hinblick auf Geldvermögen und realen gewinntragenden Sachvermögen) in der Höhe, dass die Kapitaleinkommen nicht rascher wachsen als das BIP. Dabei ist unter Kapitalsteuern ein geeigneter Mix aus Kapitalvermögenssteuern, Kapitaleinkommenssteuern und Kapitaltransaktionssteuern gemeint.
Machtverhältnisse auf der Realgüterebene:
Die Macht des Eigentums an Produktionsmitteln, politische bzw. religiöse Macht und ökonomische Macht können zu Sklaverei, Feudalherrschaft oder indischem Kastenwesen führen. Dieser extreme Missbrauch von Macht ist im heutigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben nicht mehr denkbar. Dennoch spielen die Machtverhältnisse zwischen Großkonzernen auf der einen Seite und Arbeitern, Gewerbetreibenden und Kleinunternehmen auf der anderen Seite auch in der heutigen Wirtschaft eine wesentliche Rolle. Insbesondere durch die neoliberale Revolution haben sich die Machtverhältnisse durch Globalisierung, Liberalisierung und Privatisierung zugunsten der Großkonzerne verschoben. Auf den daraus resultierenden Wachstumsmechanismus wird in Kapitel … näher eingegangen.
Lösungsmöglichkeit:
Änderung der Machtverhältnisse (z.B. Stärkung der Gewerkschaften)
Umverteilung
Machtverhältnisse auf der politisch institutionellen Ebene
Die Macht der Kapitaleigentümer muss nicht unbedingt direkt wirksam werden sondern sie kann auch indirekt dadurch wirksam werden, indem die politische Macht genutzt wird, um Einfluss auf Strukturen zu nehmen. Erläutert sei dies am Beispiel der Umstellung der Altersvorsorge vom Umlageverfahren auf das Kapitaldeckungsverfahren.
Sowohl bei einem bestehenden Umlageverfahren als auch bei einem bestehenden Kapitaldeckungsverfahren kommt es im Gleichgewichtszustand zu keinen systembedingten zusätzlichen Investitionen und daher zu keinem Wachstumszwang. Im Umlageverfahren werden (im theoretischen Idealfall) alle Einzahlungen als Renten ausgeschüttet, im Kapitaldeckungsverfahren wird im Gleichgewichtszustand kein zusätzlicher Kapitalstock aufgebaut, daher werden alle Einzahlungen plus die Kapitalerträge als Renten ausgeschüttet. Bei der Umstellung vom Umlageverfahren zum Kapitaldeckungsverfahren muss aber der dafür notwendige Kapitalstock aufgebaut werden. Die Nachfrage nach renditetragendem Sachkapital wird daher größer, was letztlich auch zu höheren realen produktiven Investitionen und damit Wachstum führt. In der Umstellungsphase fehlen beim Umlageverfahren die Einzahlungen in das Kapitaldeckungsverfahren. Diese fehlenden Einzahlungen müssen daher entweder vom Staat oder über Rentenkürzungen von einem Großteil der Allgemeinheit getragen werden. Den Vorteil daraus ziehen langfristig die Teilnehmer am Kapitaldeckungsverfahren, weil die Renten langfristig zusätzlich zu den Einzahlungen auch über Kapitalerträge finanziert werden.
Beachte: Das Kapitaldeckungsverfahren ist daher im Interesse der Teilnehmer am Kapitaldeckungsverfahren aber gegen das Interesse der Allgemeinheit, die die Umstellung finanzieren muss.
Lösungsmöglichkeit:
Aufklärung und Demokratisierung
Verzicht auf die Umstellung auf das Kapitaldeckungsverfahren
„Reparaturzwang“, Zwang durch systematische Fehlbeurteilung von (insbesondere langfristigen) Investitionen:
systematische Abwertung der Zukunft
bei langfristigen Investitionen durch positiven Zinssatz. Das ist gleichbedeutend mit Aufschub von Problemlösungen in die Zukunft. (Oder retrospektiv gesehen mit Versäumnissen in der Vergangenheit,)
systematische Externalisierung
von langfristigen Folgekosten bei Investitionen
systematische Zeitverzögerung von Folgekosten
BIP anstelle von Wohlstand als Beurteilungsmaßstab
Lösungsmöglichkeit:
Gemeinwohlökonomie (C. Felber)
Begriffliche Klarstellungen
Um über Wachstum und Wachstumszwang sprechen zu können bedarf es zuvor einiger Klarstellungen
Welche volkswirtschaftlich relevante Variable wird betrachtet?
BIP
stock-Variable
Kapitalstock im weiteren Sinn
produktives Sachkapital
produktives Humankapital
technologischer Fortschritt
Schulden bzw. Guthaben
Staatsschulden
private Schulden
Unternehmensschulden
Geldmenge
flow-Variable
Investitionen im weiteren Sinn bzw. Konsum
Kapitaleinkommen bzw. Arbeitseinkommen
Ressourcenverbrauch
Bei der Diskussion von Wachstumszwang wird in erster Linie das BIP als relevante Größe betrachtet. Da ein Bevölkerungswachstum bei gleicher Arbeitszeit oder die Erhöhung der Jahresarbeitszeit bei gleicher Bevölkerung in trivialer Weise zu einem Wachstum führt, betrachtet man sinnvollerweise nur den Fall von Wachstum bei gleichem Arbeitseinsatz. Wachstum bei gleichem Arbeitseinsatz ist nur durch höhere Arbeitsproduktivität möglich. Höhere Arbeitsproduktivität ist nur durch einen qualitativ bzw. quantitativ höheren Kapitalstock im weiteren Sinn möglich. Der höhere Kapitalstock im weiteren Sinn umfasst produktives Sachkapital, produktives Humankapital und technologischen Fortschritt).
BIP-Wachstum ist damit äquivalent zu wachsendem Kapitalstock (im weiteren Sinn) und damit äquivalent dazu, dass die Nettoinvestitionen (im weiteren Sinn) größer als 0 sind, d.h. dass die Bruttoinvestitionen höher sind als die Abschreibungen.
Andere flow-Variable wie das BIP oder stock-Variable haben bei der Betrachtung von BIP-Wachstum insofern eine Bedeutung, als das BIP-Wachstum möglicherweise erst eine Folge des Wachstums dieser anderen flow- oder stock-Variablen ist, bzw. dass Wachstum dieser anderen flow- bzw. stock-Variablen die Ursache für das BIP-Wachstum ist.
Das Verhältnis von BIP und Wohlstand
BIP-Wachstum bzw. (äquivalent dazu Kapitalstock-Wachstum im weiteren Sinn) ist offensichtlich weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung für Wohlstandswachstum. Zu einem Wohlstandswachstum kommt es
entweder wenn durch positive Nettoinvestitionen die Produktivitätszunahme größer ist als allfällige durch den Kapitalstock selbst oder den Konsum der produzierten Güter verursachte Folgekosten (Das können neben Umstellungskosten und Wartungskosten für den Kapitalstock insbesondere externe Kosten sein, wie z.B. Umweltverschmutzungen, Ressourcenverbrauch, Entsorgungskosten, Sicherheits-Aufwendungen bzw. –Risiken. Intrastruktur-Aufwendungen, allgemeiner staatlicher Verwaltungsaufwand usw.)
oder wenn bei negativen Nettoinvestitionen die vermiedenen Folgekosten größer sind als der Produktivitätsverlust
Welches Wachstum wird betrachtet?
zum aktuellen Zeitpunkt
langfristiges Wachstum
exponentielles Wachstum
Wachstumsrate dauerhaft größer 0
sich verlangsamendes Wachstum bis zu stationärem Zustand
längerfristiges Wachstum mit anschließendem Zusammenbruch
Was heißt Wachstumszwang?
Die Kernfragen lauten:
Liegt die wesentliche Ursache, dass es zu einem Wachstum kommt, darin, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ein Interesse an steigendem materiellem Wohlstand und damit an einem Wachstum hat?
Oder gibt es Mechanismen, die zu einem Wachstum führen, obwohl die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung daraus keinen Nutzen ziehen kann oder daraus sogar Nachteilen ausgesetzt ist?
Oder gibt es Mechanismen die systembedingt, d.h. unabhängig von Interessen von Teilen der Bevölkerung, zwingend zu Wachstum führen?
Und führt in diesem Fall ein Verzicht auf Wachstum dazu, dass es dadurch systembedingt zu einem Zusammenbruch der Wirtschaft kommt, dass also ein Nullwachstum zwingend eine grundlegende Systemänderung erfordert?
Die gesellschaftliche Bewertung von Wachstum und Wachstumszwang
Das Wachstum des BIP´s wird von der Politik und der Mehrheit der Ökonomen in der Regel als erstrebenswert, als positiv und oft auch als unverzichtbar angesehen, denn auch wenn das BIP Wohlstand nicht direkt misst, gibt es eine starke Korrelation zwischen BIP und Wohlstandsindikatoren. Insbesondere hilft Wachstum auch Verteilungskonflikte leichter zu beherrschen. Nur eine Minderheit sieht derzeit Wachstum und insbesondere einen Wachstumszwang, so ferne er existiert, als problematisch an. Das liegt nicht daran, dass (BIP-)Wachstum an sich problematisch ist, sondern weil man davon ausgeht, dass (BIP-) Wachstum realistischer weise wegen des damit verbundenen Ressourcenverbrauchs und der Umweltbeeinträchtigungen langfristig nicht mit einem nachhaltigen Wirtschaftssystem verträglich sein kann. Deshalb ist es wichtig, sich mit den Ursachen von Wachstum und insbesondere einem Wachstumszwang auseinander zu setzen.
Unabhängig von diesen konträren Standpunkten, die wir hier nicht weiter diskutieren wollen, scheint es aber allein schon deshalb wichtig, sich mit der Frage nach Wachstum und Wachstumszwang eingehender zu beschäftigen, weil dies zu tieferen Einsichten über die Funktionsweise des bestehenden Wirtschaftssystems führt. Jedenfalls würde jeder Zwang, falls er existiert, zu erheblichen Einschränkungen der politischen und ökonomischen Handlungsmöglichkeiten führen und kann daher in keinem Fall wünschenswert sein.
Grundsätzliches
Im Kapitel 2. wurden bereits die wesentlichen Mechanismen, die theoretisch zu einem Wachstumszwang führen können, dargestellt. Eine erste Analyse dieser möglichen Mechanismen zeigt, dass folgende Elemente eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Wachstumszwang spielen können:
nicht-selbstbezügliche Nutzenfunktionen
Macht- und Interessensverhältnisse auf der Güterebene
Macht- und Interessensverhältnisse auf der Geldebene
Grundelemente einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung: Eigentum, BIP-Verteilung ausschließlich entsprechend den Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit
systematische Fehlbeurteilungen.
Auffallend dabei ist, dass im ökonomischen Mainstream-Denken nicht-selbstbezügliche Nutzenfunktionen und Machtverhältnisse weitgehend ausgeblendet werden. Ein Grund dafür könnte darin liegen, dass diese beiden Elemente in der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie keinen Platz haben, dass aber das grundsätzliche Denken der meisten Ökonomen gerade durch die Gleichgewichtstheorie geprägt ist.
Dass eine (z.B. durch einen Produktivitätsfortschritt verursachte) Arbeitslosigkeit durch Arbeitszeitverkürzung oder insbesondere eine keynesianische Investitionspolitik verhindert werden kann, wurde ebenfalls nicht von der Mainstream-Ökonomie sondern eben gerade von Keynes betont. Dass die tiefere Ursache dafür in der gesellschaftlichen Norm „ohne Arbeit kein Einkommen“ zu suchen ist, findet sich meines Wissens aber nicht in der ökonomischen Literatur.
Die systematische Externalisierung von Kosten und die schlechte Eignung des BIPs zur Beurteilung von Wohlstand wird in der Mainstream-Ökonomie zwar theoretisch analysiert, allerdings haben diese theoretischen Analysen bisher kaum einen Einfluss auf die realen ökonomischen Entscheidungen gehabt.
Ob und in welchem Sinn in der realen Ökonomie tatsächlich ein systematischer Zwang zu Wachstum existiert, ist weniger leicht zu beurteilen als die vorangehende theoretische Analyse. Falls tatsächlich ein systematischer Wachstumszwang besteht, ist er aber vermutlich nicht auf eine einzelne Ursache zurückzuführen sondern eine Folge des Zusammenspiels aller angeführten theoretisch möglichen Mechanismen.
Im Folgenden werden die angeführten Mechanismen im Einzelnen etwas ausführlicher dargelegt.
Wettbewerbszwang
Wettbewerb kann im einfachsten Fall als folgendes Gefangenendilemma formuliert werden.
2 Wettbewerbsteilnehmer A und B haben die Entscheidungsmöglichkeiten „Konsumieren“ oder „Investieren“. Der Nutzen für A hängt nicht allein von seiner eigenen Entscheidung ab sondern auch von der Entscheidung von B. Denn wenn B investiert und A konsumiert wird B wachsen und damit A vom Markt verdrängen. Dasselbe gilt in analoger Weise auch umgekehrt. D.h. die Nutzenfunktionen von A und B sind nicht-selbstbezüglich.
Seien die Nutzenfunktionen (pay off Matrizen mit den Standardgrößen T Temptation, R Reward, P Punishment, S sucker´s pay off) im Einzelnen wie folgt:
B investiert
S = -2
P = 0
B konsumiert
R = 1
T = 2
A
A konsumiert
A investiert
B investiert
T = 2
P = 0
B konsumiert
R = 1
S = -2
B
A konsumiert
A investiert
Offensichtlich sind die Standardbedingungen für eine Gefangenendilemma-Situation erfüllt:
und
A kann seinen individuellen Nutzen durch eine Investitionsentscheidung in jedem Fall verbessern. Falls B investiert von -2 auf 0 (A wird nicht vom Markt verdrängt), falls B konsumiert von 1 auf 2 (A kann B vom Markt verdrängen). Dasselbe gilt für B. Daher wird auch B, um seinen individuellen Nutzen zu verbessern, eine Investitionsentscheidung treffen. Als Folge werden beide immer nur investieren und nie konsumieren. D.h. der Gesamtnutzen wird für beide dauerhaft 0 sein, obwohl es durch die laufenden Investitionen zu andauernden Produktivitätssteigerungen kommt und damit zu einem Wachstum des BIPs kommt.
Gäbe es keinen Wettbewerb wie z.B. im Zunftwesen, könnte der eine den anderen nicht vom Markt verdrängen. In diesem Fall würden sich beide für Konsum entscheiden. Beide hätten dauerhaft einen Nutzen. Allerdings bleibt der Nachteil, dass es auch zu keinen Produktivitätssteigerungen durch Investitionen kommt und damit auch zu keinem Wachstum des BIPs kommt.
Lösungsmöglichkeit: Ohne auf die möglichen Regelungen genauer einzugehen, liegt die volkswirtschaftlich sinnvolle Lösung offensichtlich in einem Mittelweg. Je weniger entwickelt eine Volkswirtschaft ist, desto eher braucht sie Wachstum für einen allgemeinen materiellen Wohlstand. Wegen der Möglichkeit eines weiteren Wachstums kommt es in wenig entwickelten Volkswirtschaften auch nicht zu einem (möglicherweise sozial unerwünschten) Verdrängungswettbewerb. Je entwickelter eine Volkswirtschaft ist, umso eher stößt sie an Wachstumsgrenzen. Zur Erhöhung des allgemeinen Wohlstandes benötigt sie dann eher nicht Wachstum sondern Arbeitszeitverkürzung.
Arbeitszwang
Ein elementares Beispiel
Angenommen der Pharao hätte nicht die unmittelbare Macht, über die Arbeit und die Arbeitszeit zu verfügen, aber der Pharao ist der einzige Arbeitgeber, für den Ali und Ben arbeiten können. Eine wie auch immer entstandene gesellschaftliche Norm besagt, dass der Pharao einen Tag Arbeit mit 1 kg Weizen entlohnen muss. Das ist gerade die Menge an Weizen, die zur Versorgung ihrer Familien gerade ausreicht. Durch den technischen Fortschritt benötigt der Pharao aber nur mehr Ali, um den Weizen für alle zu produzieren. Als Folge ist Ben arbeitslos und muss mit seiner Familie hungern, denn die sozialen Normen verlangen, dass niemand Weizen bekommen darf, ohne zu arbeiten. Um die sozialen Unruhen wegen der Arbeitslosigkeit zu vermeiden, bietet der Pharao Ben an, nicht am Weizenfeld sondern am Bau der Pyramiden zu arbeiten.
In diesem Beispiel ist es nicht die unmittelbare Macht und das Interesse des Pharao, die den Produktivitätsüberschuss in den Bau von Pyramiden lenken. In diesem Fall erzwingt eine (vermeintlich) unabänderliche gesellschaftliche Norm eine (staatliche keynesianische) Arbeitspolitik. Die überschüssige Arbeitskraft kann dabei für nicht weiter produktivitätssteigernden Tätigkeiten wie dem Bau von Pyramiden genutzt werden oder könnte auch zu weiter produktivitätssteigernden Maßnahmen wie dem weiteren Ausbau der Bewässerungstechnik genutzt werden. In jedem dieser Fälle kommt es zu einem durch den technischen Fortschritt ausgelösten Wachstum. Geht man davon aus, dass die gesellschaftliche Norm unabänderlich ist, führt der technische Fortschritt also zu einem Wachstumszwang oder zu sozialen Unruhen.
Der Wachstumszwang bzw. die sozialen Unruhen könnten nur verhindert werden
durch die Änderung der gesellschaftlichen Norm, indem z.B. nicht 1 Arbeitstag sondern schon 1/2 Arbeitstag mit 1 kg Weizen entlohnt wird
oder ohne die Änderung der gesellschaftlichen Norm durch ein arbeitsloses Grundeinkommen von ½ kg Weizen pro Tag. Dann würde Ali und Ben den notwendigen fehlenden Weizen durch jeweils ½ Tag Arbeit dazu verdienen können bzw. müssen.
Lösungsmöglichkeiten:
Arbeitszeitverkürzung mit (vollem) Lohnausgleich
arbeitsloses Grundeinkommen
Konsumzwang
Die Macht des Geldes
Das Fundamentalparadoxon der Geldwirtschaft: Die Ohnmacht der Schuldner
Das wesentliche Charakteristikum einer „Geldwirtschaft“ (Wirtschaftssystem mit Geldsystem) besteht darin, dass Kredite in Geld (und nicht in Waren oder sozialen Schulden) gemessen werden.
Die Asymmetrie zwischen Schuldner und Gläubiger besteht darin,
dass der Gläubiger Zinsen schöpft, die der Schuldner in Form von Geld bedienen muss, ohne selbst das Geld dafür zu haben oder schöpfen zu können.
dass der Schuldner nur die Möglichkeit hat, Waren (oder Dienstleistungen) zu produzieren, er aber keine Möglichkeit hat, den Gläubiger zu zwingen, seine Waren zu kaufen, um damit die Zinsen bezahlen zu können
Es gilt daher das Fundamentalparadoxon der Geldwirtschaft (die Macht der Gläubiger/die Ohnmacht der Schuldner):
In einer Geldwirtschaft kann die Gesamtheit der Schulden nur in dem Ausmaß abgebaut werden, in dem die Gesamtheit der Gläubiger bereit ist, ihre Guthaben (monetären Forderungen) dadurch abzubauen, dass die Gläubiger mit ihren Guthaben Waren oder Dienstleistungen der Schuldner kaufen.
Das Wachstum der Summe der Schulden und Guthaben wird durch die Interessen der Gläubiger und nicht durch die Interessen der Summe der Schuldner bestimmt, weil die Gläubiger wegen des Fundamentalparadoxons die Macht haben, ihre Interessen durchzusetzen.
Der 2. Hauptsatz der Volkswirtschaftslehre
Wenn man davon ausgeht, dass in einer reifen, gesättigten Volkswirtschaft, das Interesse der Gläubiger im überwiegenden Ausmaß im Wachstum der Summe der Guthaben (und damit auch der Schulden) besteht, folgt aus dem Fundamentalparadoxon, dass sie die Macht haben, dieses Interesse auch durchzusetzen.
Daraus folgt der 2. Hauptsatz der Volkswirtschaftslehre:
In einer geschlossenen, ungestörten, vorwiegend fremdkapitalfinanzierten Volkswirtschaft wachsen die Summe aller (Netto-)Guthaben und die Summe aller (Netto-)Schulden und die entsprechende Summe der Nettozinszahlungen ohne Staatseingriffe (!) oder geordnete Insolvenzen annähernd exponentiell. Dies führt zu einem Wachstumszwang für das BIP und letztlich zu einer Überschuldungskrise. Die Überschuldung kann nur durch unerwünschte Ausnahmezustände wie Finanzkrise, Bankenkrise, Wirtschaftskrise, Hyperinflation, Währungsreform oder Krieg abgebaut werden.
Wachstumszwang
Wenn der Schuldendruck im Laufe der Zeit steigt, müssen die Marktteilnehmer reagieren. Damit kommt es zu einem Ende der „ungestörten“ Entwicklung.
Die zunehmende Verschuldung der Unternehmen führt dazu, dass sie versuchen ihre Schulden auf andere Marktteilnehmer abzuwälzen:
andere Unternehmen: Gegenseitigem Druck der Unternehmer untereinander führt zu
Wettbewerbsdruck
Wachstumsdruck
Private: Druck der Unternehmen auf Private in Form von
Werbungsdruck zur Erhöhung der privaten Konsumschulden
Staat: Druck der Unternehmen auf den Staat.
zur Durchführung von Infrastrukturinvestitionen (z.B. Bau, Militär usw.)
Die zunehmende Verschuldung der Unternehmen führt aber auch dazu, dass die Gläubiger auf die Unternehmen einen Druck ausüben hinsichtlich
Gewinnerhöhung und damit auch hinsichtlich
Wachstumserhöhung
Die endgültige Krise
Zur endgültigen Krise kommt es spätestens dann, wenn
Gläubiger wegen mangelnder realer Nachfrage und Wachstumsmöglichkeit nicht mehr bereit sind zu investieren (d.h. keine Waren von den Schuldnern kaufen) und Zinsen daher nicht mehr gezahlt werden können und somit die Schulden ohne reale Deckung durch Investitionen weiterwachsen
Sicherstellungen bei der darauf folgenden Rezession oder Deflation abgewertet werden müssen und Schulden daher fällig gestellt werden
Nullwachstum trotz positiver Zinsen
Grundsätzlich ist ein Nullwachstum trotz positiver Zinsen theoretisch möglich, wenn die Gläubiger kein Interesse am Wachstum ihrer Guthaben haben und bereit sind ihre Zinseinkommen vollständig zu konsumieren. Das ist aber in der Realität insbesondere in einer reifen Volkswirtschaft mit einer hohen Konzentration der Guthaben, kapitalgedeckten Pensionssystemen usw. nicht der Fall.
Lösungsmöglichkeit: negative Zinsen auf Geldvermögen (d.h. Besteuerung von Geldvermögen)
Machtverhältnisse auf der Realgüterebene
Ein elementares Beispiel
Ali und Ben seien Bauern im alten Ägypten des Pharaos Cheops. Mit ihrer täglichen Arbeit ernähren sie ihre Familien und den Pharao und sind damit voll ausgelastet. Der technische Fortschritt durch die Erfindung von Bewässerungsanlagen ermöglicht es, dass Ali und Ben in der halben Arbeitszeit die Ernährung ihrer Familien und die Ernährung des Pharao sicherstellen können.
Die (Gesamt-)Nutzenfunktion für Ali und Ben ergibt sich aus dem Nutzen durch die Nahrungsmittel abzüglich der Kosten für ihre Arbeit. Die Nutzenfunktion von Ali und Ben ist selbstbezüglich, weil sie nur vom Nutzen und den Kosten der eigenen Nahrungsmittelproduktion abhängen. Wenn sie die Macht haben, ihre Arbeitszeit so zu ändern, dass sich ihr Gesamtnutzen möglichst erhöht, werden sie ihre Arbeitszeit halbieren, wenn man annimmt, dass sich ihr Nutzen durch die Mehrproduktion von Nahrungsmitteln nicht erhöht, weil sie überschüssige Nahrung nicht essen können, wenn sie schon satt sind und zusätzliche Freizeit ihnen mehr bedeutet als irgendein sonstiger durch zusätzliche Arbeit erzielbarer Nutzen.
Die (Gesamt-) Nutzenfunktion für den Pharao ergibt sich letztlich aus den Nahrungsmitteln, die Ali und Ben produzieren und ihm anteilsmäßig übergeben und den Pyramiden, die sie bauen. Beachte, dass die Nutzenfunktion des Pharaos im Unterschied zu den Nutzenfunktionen von Ali und Ben nicht-selbstbezüglich ist, denn sie hängt auch von der Arbeit von Ben und Ali zur Produktion von Nahrungsmittel oder zum Bau von Pyramiden ab. Wenn der Pharao die Macht hat, die Arbeitszeit von Ali und Ben so zu bestimmen, dass sich sein Nutzen möglichst erhöht, wird er sie weiter den ganzen Tag arbeiten lassen, z.B. wird Ali Nahrungsmittel erzeugen und Ben Pyramiden bauen.
Zusammenfassend kann man daraus ableiten: In Summe kommt es durch einen technischen Fortschritt zu einem Wirtschaftswachstum, wenn
einer der Agenten einen Nutzen aus dem Wirtschaftswachstum erzielt
seine Nutzenfunktion nicht-selbstbezüglich ist bzw. er keine Kosten für seinen Nutzen zu tragen hat
er die Macht hat, den (gesamten) Produktivitätsfortschritt für sich in Anspruch zu nehmen bzw. damit die Erhöhung seines Nutzens auch durchzusetzen
Allgemein könnte man diesen Mechanismus auch so formulieren: Wenn Wachstum durch technischen Fortschritt möglich ist und der Stärkere einen Nutzen daraus zieht, ohne die Kosten dafür zu tragen, wird der Stärkere dieses Wachstum wegen seines Interesses und auf Grund seiner Stärke auch durchsetzen. Dieser Mechanismus kann nicht als genereller Zwang zum Wirtschaftswachstum gesehen werden, denn er stellt nur für den Schwächeren einen Zwang dar, für den Stärkeren ist er aber ein durchaus erwünschter Prozess und somit kein Zwang.
Die Macht, den technischen Fortschritt vollständig selbst zu beanspruchen kann sich ergeben aus
Macht durch Eigentum (z.B. Sklaverei, Feudalherrschaft, indisches Kastenwesen usw.)
politischer Macht (z.B. Kapitalismus)
ökonomischer Macht
Lösungsmöglichkeiten:
Beschränkung der Macht, den technischen Fortschritt vollständig für sich selbst zu beanspruchen. Die ökonomische und moralische Rechtfertigung dafür ergibt sich insbesondere auch daraus, dass jeder technische Fortschritt nicht nur auf die Leistungen eines einzelnen zurückzuführen ist, sondern in hohem Maße auf den Leistungen der Allgemeinheit (Bildung, Forschung, Infrastruktur, Verwaltung usw.) beruht (vgl. Mariana Mazzucato)
Umverteilung
Arbeitszeitverkürzung mit (vollem) Lohnausgleich.
(Eigen-) Kapitaleinkommen
In einer fremdkapital-finanzierten Wirtschaft bestehen die Kapitaleinkommen aus Zinseinnahmen. (siehe dazu: Kap. 6). In einer eigenkapital-finanzierten Wirtschaft bestehen die Kapitaleinkommen aus Eigenkapital-Einkommen.
In einer geschlossenen, ungestörten, vorwiegend eigenkapitalfinanzierten Volkswirtschaft wächst das produktive Sachkapital (Produktionskapazität) ohne Staatseingriffe (!) schneller als die Arbeitseinkommen. Dies führt zu einer Überproduktionskrise. Die Überproduktionskapazität kann nur durch unerwünschte Ausnahmezustände wie Wirtschaftskrise oder Krieg abgebaut werden. Prinzipiell kann weder der genaue Zeitpunkt noch der genaue Ablauf einer solchen Krise vorhergesagt werden.
Wird die Überproduktion grundsätzlich aufrechterhalten und nur die Produktion von Investitionsgütern durch die Produktion von kurzlebigen und langlebigen Gütern für den Eigenkonsum der Kapitaleigentümer ersetzt, kann es zu politischen Krisen kommen. Wird die Überproduktion über Konsumkredite abgesetzt, kommt es zu einer Überschuldungskrise.
Begründung:
Kapitaleigentümer haben kein Interesse, Kapitaleinkommen selbst zu verkonsumieren sondern das überwiegende Interesse, diese durch Investitionen zu vermehren. Darüber hinaus müssen sie aber auch aus Konkurrenzgründen produktivitätssteigernde Investitionen durchführen. Deshalb werden die Kapitaleinkommen (sofern dazu die Möglichkeit besteht) in einer eigenkapitalfinanzierten Ökonomie in Form von Eigeninvestitionen wieder veranlagt.
Somit führt das Wachstum des produktiven Sachkapitals
(bei gleicher Beschäftigung) zur Möglichkeit mehr Waren zu produzieren oder
(bei gleichbleibender Warenproduktion) zu einer geringeren Nachfrage nach Arbeit.
Zu einer Markträumung über höhere Löhne kommt es nicht wegen der einzelwirtschaftlichen Sichtweise der Eigentümer und der Macht der Eigentümer (bei fehlenden Staatseingriffen), eine Markträumung auch über folgende andere Mechanismen durchzusetzen: Eigeninvestition, Eigenkonsum, Kredite an private und öffentliche Haushalte und Produktionsdrosselung über Arbeitslosigkeit.
Kommt es zu einer Markträumung
über Eigeninvestitionen, führt dies über positive Rückkopplungen zur Überproduktionskrise
über Eigenkonsum, führt dies langfristig in eine politische Krise
über Kredite an private oder öffentliche Haushalte, führt dies in eine Überschuldungskrise wie in einer fremdkapitalfinanzierten Ökonomie
über eine Produktionsdrosselung durch Erhöhung der Arbeitslosigkeit (Keynes-Mechanismus), führt dies in eine Wirtschaftskrise.
Das Eigentum am produktiven Kapital verliert deshalb langfristig seine Werthaltigkeit und es kommt zur Krise.
Lösungsmöglichkeit:
Kapitaleinkommen dürfen nicht rascher wachsen als das BIP. Das ist insbesondere durch Kapitalsteuern möglich (Steuern auf Kapital-Vermögen, Kapital-Vermögenszuwächsen, Kapital-Einkommen, Kapital-Transaktionen)
systematische Fehlbeurteilungen von Investitionen
Mechanismen von Fehlbeurteilungen.
systematische Abwertung der Zukunft durch positiven Zinssatz
systematische Externalisierung von Folgekosten
systematische Zeitverzögerung von Folgekosten
systematische Zielverfehlung durch Wahl des BIPs als Beurteilungsmaßstab für Wohlstand
Wachstumszwang als Folge dieser Fehlbeurteilungen
Investitionen mögen oft aus individueller Sicht richtig sein, trotzdem kommt es durch oben angeführte Mechanismen systematisch zu negativen Auswirkungen aus gesamtwirtschaftlicher Sicht. Unerwünschte Folgen der Investitionen treten an anderer Stelle oder zu einem späteren Zeitpunkt auf. Ihre Beseitigung erfordert dann Maßnahmen (in der Regel von der Allgemeinheit), die letztlich auch ein Wirtschaftswachstum bedeuten bzw. erfordern.
Die idealisierte Sicht der mainstream-Ökonomie
Die systematische Externalisierung von Kosten und die schlechte Eignung des BIPs zur Beurteilung von Wohlstand wird in der mainstream Ökonomie zwar theoretisch analysiert, allerdings haben diese theoretischen Analysen bisher kaum einen Einfluss auf die realen ökonomischen Entscheidungen gehabt.
Lösungsmöglichkeit: Gemeinwohl-Ökonomie (C.Felber)
Zusammenfassung
Eine theoretische Analyse möglicher Ursachen für einen Wachstumszwang zeigt, dass dabei
nicht-selbstbezügliche Nutzenfunktionen
Machtverhältnisse auf der Güterebene
Machtverhältnisse auf der Geldebene
Grundelemente einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung
systematische Fehlbeurteilungen.
eine wesentliche Rolle spielen können. Diese können über folgende Mechanismen zu Wachstumszwang führen:
Wettbewerb
Produktivitätsfortschritt wird nicht auf alle verteilt
Zinseinkommen
Kapitaleinkommen
Reparatur von Versäumnissen der Vergangenheit oder Versäumnissen von anderen Marktteilnehmern
Die zentrale Frage aber, welche Bedeutung diesen Mechanismen in der Realität zukommt, kann durch diese theoretische Analyse nicht entschieden werden. Sie kann aber als Grundlage für weitere Untersuchungen dienen, um die Kernfragen des Wachstumszwanges zu klären, nämlich
ob in der Realität das Wachstum durch das Interesse an höherem materiellen Wohlstand von allen hervorgerufen wird
oder ob es zu einem systembedingten Wachstumszwang kommt, obwohl breite Teile der Bevölkerung daraus sogar einen Nachteil haben
und ob ein Verzicht auf Wachstum zu einem Zusammenbruch der Wirtschaft führt
und ob ein Nullwachstum ohne gravierende Systemänderungen überhaupt möglich ist
Eye Pressure Model according to Ohm's Law
Application to stress-induced eye pressure peaks
Erhard Glötzl
Slide 1: Forms of stress-induced high eye pressure
Slide 2: Graphic of the eye pressure model according to Ohm's law (complete variant)
Slide 3: Explanations to the complete variant and simplified variant
Slide 4: Graphic of the eye pressure model according to Ohm's law (simplified variant)
Slide 5: Model equations for simplified variant, models A, B, C
Slide 6: Equations for eye pressure and stress sensitivity of eye pressure for the simplified variant, model A
Slide 7: Result as a graphic
Slide 8: Table: Eye pressure, affected areas, causes, measures
2 main forms of stress-related high eye pressure:
Pupillary block / angle block: stress-induced increase of pupillary resistance RP and / or chamber angle resistance RK.
Claim:
Stress-induced high eye pressure can also occur if there is neither a pupillary block nor an angle block. This is the case for persons for whom the ion pump in the ciliary body is very sensitive to stress and at the same time there are additional disturbances in the drainage area (pupil, chamber angle, trabecular meshwork, episcleral veins). In healthy persons the total drainage resistance is in the normal range. Therefore, the eye pressure remains in the normal range even under high stress, even if the ion pump is very sensitive to stress.
In the case of the Posner-Schlossmann syndrome (= pressure peaks and inflammation of the trabecular meshwork), a stress component in the sense of a) is presumably often included.
The eye pressure is modeled below in accordance with Ohm's law as a flow model for the aqueous humor.
Thereby 3 model variants are examined:
Model A: Stress increases the power W of the ion pump 𝑊: = 𝑈.𝐼≅𝑎.𝑠
Model B: The ion pump can be simplified seen as a voltage source,
i.e. stress acts directly on the pressure U 𝑈≅𝑏.𝑠
Model C: The ion pump can be simplified seen as a power source,
i.e. stress has a direct effect on the ciliary water production I 𝐼≅𝑐.𝑠
The parameters a, b, c respectively correspond to the ion pump sensitivity at stress.
Result:
All three models A, B, C lead qualitatively to the same result: stress-induced high eye pressure in the sense of 2 a) occurs only if stress, a sensitive ion pump and a higher drainage resistance occur simultaneously.
Ohm‘sches Augendruck Modell stressbedingte Augendruckspitzen
Folie 1: Formen von stressbedingtem hohen Augendruck
Folie 2: Grafik Augendruckmodell nach dem Ohm‘schen Gesetz (vollständige Variante)
Folie 3: Erläuterungen zu vollständiger Variante und vereinfachter Variante
Folie 4: Grafik Augendruckmodell nach dem Ohm‘schen Gesetz (vereinfachte Variante)
Folie 5: Modellgleichungen für vereinfachte Variante, Modelle A,B,C
Folie 6: Gleichungen für Augendruck und Stress-Sensitivität des Augendrucks für vereinfachte Variante Modell A
Folie 7: Ergebnis als Grafik
Folie 8: Tabelle: Augendruck, betroffene Bereiche, Ursachen, Maßnahmen
D´Alembert’s Principle and equivalent or similar principles
Erhard Glötzl
Dezember 2018
Abstract
In order to be able to describe dynamics under constraints in classical mechanics, Newton's axioms must be supplemented by another axiom, namely d'Alembert's principle. This principle states that constraint forces do no work, which is equivalent to the fact that constraint forces are perpendicular to the manifold spanned by the constraint conditions.
In economic systems, constraints such as accounting identities play a very important role. Recently, to describe the dynamics of economic systems under constraints in analogy to the description of the dynamics of physical systems under constraints, the so-called General Constraint Dynamic (GCD) models have been introduced. In these models, the constraint forces are usually also defined using d'Alembert's principle. Unlike in physics, however, in economics the validity of d'Alembert's principle cannot be tested directly by experiments. In principle, other constraining forces can also occur in economics. All the more important is a deeper understanding of d'Alembert's principle. This is exactly the goal of this paper. To achieve this, similar principles are formulated and discussed under which conditions they are equivalent to d'Alembert's principle.
Keywords: d'Alembert's principle, Lagrange principle, Gauss principle, Hamilton principle, constraint dynamics, GCD-models
JEL: A12, C02, E00
Table of content
2 General notations and definitions 4
5 Appendix (Example of non-d’Alembert constraint force) 18
Introduction
In <1>,<2> we introduced a new method for modelling economic models that is a natural extension of the General Equilibrium Theory in economics. It is based on the standard method in physics for modelling a dynamics under constraints. We therefore call models of this type "General Constrained Dynamic (GCD)" models. To describe dynamic systems with constraints, in physics Newton's equations must be extended by d'Alembert's principle (“No virtual work”)<3>. It states that constraint forces do no work, or equivalently, that the constraint forces are perpendicular to the manifold spanned by the constraints. This principle is an additional axiom to Newton's axioms. As to now d'Alembert's principle is consistent with experimental results in the same way as Newtonian axioms are.
Generally, d'Alembert's principle is also used in the GCD models to model the constraint forces. Whether the economy actually behaves in this way or whether other constraining forces can also occur in the economy can only be decided by comparing the GCD models with economic reality. Of course, this is not so easy to do in practice because, unlike physics, no simple experiments can be performed in economics.
For this very reason, it is necessary to obtain a deeper understanding of d'Alembert's principle. This is exactly the goal of this paper. To achieve this, similar principles are formulated and discussed under which conditions they are equivalent to d'Alembert's principle. In any case, it is important to distinguish between holonomic and non-holonomic constraints.
In physics text books usually, the notation of virtual displacements is used, whereby virtual displacements are just infinitesimal displacements in a tangent plane. As for non-physicists (and also for some mathematicians 😊) the notation with virtual displacements is very uncomfortable and needs getting used to we express the vectors of the tangent plane explicitly with the tangent condition. This description in principle is inspired by the differential geometric description but is much simpler and avoids a deep understanding of differential geometric methods and notations (which are also for some mathematicians very uncomfortable and needs getting used to 😊).
General notations and definitions
Special notation
Let (all being time dependent).
Let
To simplify the notation, we assume without loss of generality
which always can be achieved by an affine coordinate transformation.
Let denote
Definition
Remark (holonomic constraint as nonholonomic constraint)
Proof
Therefore, for sake of simplicity we use always the following notations.
Notation
Definition
Remark
Proof
Definition
Main results
Let the differential equation system
describe the unconstraint dynamic.
Let the differential-algebraic equation system
describe the constraint dynamic.
Given the external force at first not only the coordinate variables of are unknown but also the coordinate variables of the constraint force are unknown, i.e. we have unknown variables but only equations. To solve the differential-algebraic equation system we need further equations. These equations cannot be derived from Newtonian axioms. Therefore, Newton axioms are to be completed by what is usually called d’Alembert’s principle (no virtual work). That d’Alembert’s principle describes what in physics (real nature) actually happens can only be verified by experiments. As to now d’Alembert’s principle is consistent with experimental results in the same way as Newtonian axioms are. Originally d’Alembert’s principle was formulated for holonomic constraints. The following theorem states principles which are equivalent to d’Alembert’s principle.
Definitions
(A) “d’Alembert’s principle” (“no virtual work principle”)
Note: d’Alembert#s principle (A) was historically the first
Note: , therefore the condition reduces to a set of equations, for a set of linear independent . Thus, d’Alembert’s principal yields the missing equations to solve
(A1) “perpendicular principle”
Note: Obviously the perpendicular principle (A1) is the most fundamental principle
(A2) “Gaussian least constraint principle”
and
is minimal under condition
Note: The Gaussian principle typically is formulated in context of a
constraint dynamic system by setting but it holds without
connection to a constraint dynamic system.
Note: The principles (A), (A1), (A2) and the following (L), (C), (FK) are pure geometric principles and hold without any connection to a constraint dynamic system in contrary to the following “unnamed principle” (A3) and “least deviation principle” (A4)
(A3) “unnamed principle”
If are solutions of the constraint dynamic system
Then fulfils the unnamed principle iff
Note: (A3) the constraining force has no influence on but only on the direction of
But: the inversion does not hold. For this the additional condition is necessary that is minimal among all constraining forces which do not influence . Therefore, we formulate the following principle (A4)
(A4) “least deviation principle”
are solutions of the constraint dynamic system
Define:
Then fulfils the least deviation principle iff
and
is minimal among all
(L) “Lagrange principle”
(C) “Chetaev principle”<4>
(FK) “Flannery/Krupkova principle”<5>,<6>
Theorem
For constraints with regularity condition
the following holds:
(1) the following principles are equivalent:
(A) (A1) (A2) (A3) (A4)
(2) if is holonomic then
(A) (L)
(3) if is nonholonomic
(A) (C)
(4) Note: if then
(A) (FK)
Proof:
straightforward as by differentiating twice:
use and
Hamiltons variational principle under holonomic constraint
Assume the special case when is a gradient force of potential depending only on , which means and assume to be holonomic.
Definition
(Hv) Hamiltons variational principle under holonomic constraint:
Remark: In General Equilibrium Models of economics the stationary points (, which implies ) are typically unique and equal the points which maximise the constraint Lagrangefunktion , whereby index 0 refers to .
Therefore, the equations describing the equilibrium are
Proposition:
(1) If is holonomic or is integrable or is affin linear with respect to then Hamiltons variational principle implies the above principles.
(2) If is neither holonomic nor is integrable nor is linear with respect to Hamiltons variational principle does not imply the above principles because in the Euler equations occurs an additional term.
Proof of (1) for holonomic constraints:
Proof of (1) for a simple linear nonholonomic constraint
Let (which is a simple version of a linear nonholonomic constraint) then
In a similar way the equivalence of Euler equations with Lagrange-Chetaev equations can be shown for a more general which is linear in .
Proof of (2):
Let which is nonlinear in .
Then in Euler equations in general occur an additional term to Lagrange equations.
Thus, typically Euler equations are not equal to Lagrange-Chetaev equations because of the additional term
Remark
In the case of general nonholonomic constraints (i.e. when Euler equations differ from Lagrange-Chetaev equations) the Euler equations
are called vakonomic equations.
In general, the following holds.
Definitions
(Hv) “Hamilton variational principle”
(Hd) “Hamilton differential principle”
(NHv) “nonholonomic Hamilton variational principle”
(NHd) “nonholonomic Hamilton differential principle”
Theorem
(1) if C is holonomic then
(A) (L) (Hv) (Hd)
(2) if C is nonholonomic and integrable (or linear)?
(A) (C) (Hv) (Hd)
(3) if C is nonholonomic and nonintegrable
(A) (C) (NHv) (NHd)
Conclusion
The dynamics resp. the constraint forces of a constraint system in classical mechanics is determined by d’Alembert’s principle (or a lot of equivalent principles), which must be considered as axiom and which is verified by experiments like Newtonian laws.
There is no such axiom for constrained systems in economics. The structure of the constraint forces in economics depend on the special model. For some models it is plausible to use d’Alembert’s principle in full analogy to classical mechanics, some may be described by vakonomic equations and others may be described in a different way.
Appendix (Example of non-d’Alembert constraint force)
A type of constraint force, which does not satisfy d’Alembert’s principle, can occur in particular with a constraint force describing a limited resource is a constraint force that is centrally directed to the origin. We therefore refer to this as a "central constraint force" <2>,.
A model for this is constraining forces such as those that occur in theoretical biology in the derivation of the so-called replicator equation. <7>. This model assumption of a central constraint force is equivalent in biology to the assumption that in the struggle for limited resources equally high death rates are triggered for all species.
Let us illustrate this with an example. A typical dynamic in biology is the initially independent exponential growth of 2 species A and B with birth rates . denote the number of individuals of .
A constraint typical of biology is, for example, the assumption of limited resources. This can be given, for example, by a limitation of the food supply or also by a limitation of the habitat. This leads to the fact that the sum of the number of absolute frequency of the different species remains constant. This is formally described by the constraint condition
Assuming that the same death rates are triggered by the constraint condition in both species, the differential following differential-algebraic equation system is obtained
Assuming that A is twice as successful ("powerful") in the struggle for resources, the death rate for A would be half as large, yielding the system of equations
Applied to economic constraints, this can be interpreted as follows. Agents may have different power to oppose constraints. For example, if raw materials are limited in sum, it may be easier for some countries to get the necessary raw materials anyway than for others.
In the most general case, different types of constraining forces can occur. For the modelling it is only essential that for constraints exactly linearly independent constraint forces have to be used, which have to be multiplied by the respective Lagrange multiplier.
Note: If under the constraint conditions not all constraint forces are vertical, typically do not converge to the maximum value of a master utility function, even if the master utility function is convex.
References
<1> Erhard Glötzl, Florentin Glötzl, Oliver Richters: From constrained optimization to constrained dynamics: extending analogies between economics and mechanics. In: Journal of Economic Interaction and Coordination 14(3), pp. 623–642, September 2019. doi:10.1007/s11403-019-00252-7
<2> E.Glötzl, Principia oeconomica, book in preparation
<3> Arnold Sommerfeld (1956), Mechanics: Lectures on Theoretical Physics , Bd. 1, p. 53
<4> Chetaev NG (1932–1933) On Gauss’ principle. Izv Fiz Mat Obshch Kazan Univ 6:68–71
<5> Flannery MR (2011) D’Alembert–Lagrange analytical dynamics for nonholonomic systems. J Math Phys 52(3):032705. https://doi.org/10.1063/1.3559128
<6> Krupková O (2010) Geometric mechanics on nonholonomic submanifolds. Commun Math 18(1):51–77
<7> E.Glötzl, Allgemeine Evolutionstheorie, book in preparation