Ernst August Geitner

(12.06.1780 – 24.10.1852)

Erfinder des Argentans & hervorragender Chemiker

Ernst August Geitner wurde am 12. Juni 1780 in Gera geboren. Sein Vater war Subkonrektor am Gymnasium in Gera. Nach Beendigung seiner schulischen Ausbildung begann er dem Willen seines Vaters gemäß ein Studium der Theologie an der Universität Leipzig. Nach einem Semester entschied er sich für das Studium der Medizin. Einen Teil seiner Studiengebühren verdiente sich der junge Student durch Privatarbeiten für wohlhabende Studenten. So ist die Einrichtung von Herbarien überliefert.

In seiner Studienzeit verfasste er mehrere wissenschaftliche Schriften. So wurden durch ihn im Jahre 1860 zwei Bände unter dem Titel "Die Familie West, oder die Unterhaltungen über die wichtigsten Gegenstände der Chemie und Technologie" sowie zwei Bände "Briefe über die Chemie" verfasst. 

Um 1807 trat Geitner eine Stellung beim Grafen von Einsiedel bei Lauchhammer in einem Eisenhüttenwerk an.

Es wird vermutet, dass er im damals neu eingerichteten Emaillierwerk tätig war. Während dieser Tätigkeit bekam er besonderen Einblick in die Metallurgie und chemische Behandlung der Metalle.

Das Doktordiplom ist auf den 19. Dezember 1809 datiert. In jenem Jahr ließ er sich in unserer Nachbarstadt Lößnitz nieder und betätigte sich als praktischer Arzt. Im Jahre 1810 heiratet er Charlotte Oppe und eröffnet kurz danach eine Fabrik für chemische Erzeugnisse.

Durch die Einführung der Kontinentalsperre erlebte die sächsische Zeug- und Kattunherstellung und deren industrieller Färbung an Bedeutung. Geitner unternahm vor allem Versuche, mit holzsauren Verbindungen Kattun zu färben.  Dabei verwendete er Holzsäure, welche bei  der Herstellung von Holzkohle anfiel.

In Schweiggers Journal für Chemie und Technik  im Band VI des Jahrganges 1812 wird Folgendes vermerkt: "Herrn Dr. Geitner gebührt die Ehre, alle holzsauren Verbindungen im großen für die sächsische Industrie zuerst bereitet zu haben." Weiter wird an anderer Stelle ausgeführt: "Ich glaube hier denen Fabrikanten, welchen dies noch nicht bekannt sein sollte, einen Dienst zu erweisen, wenn ich ihnen die Versicherung geben kann, dass sie aus der Fabrik des Herrn Dr. Geitner außer allen übrigen Beizen für Druckerei und Färberei auch alle holzsauren Verbindungen im großen beziehen zu können."

Geitner versuchte sich als junger Unternehmer und Wissenschaftler auf den unterschiedlichsten Gebieten. Er entwickelte einen Ofen  zur Gewinnung von Ammoniak aus tierischen Abfällen. Mit der weiteren Entwicklung seines Unternehmens suchte Geitner neue Produktionsräume und verlegte in den Jahren 1815 bis 1817 den Sitz seines Unternehmens nach Schneeberg in das so genannte alte Malzhaus in der Zobelgasse. In Schneeberg widmet sich Geitner verstärkt der Entwicklung der Farbenherstellung. So wird im Buch "Die Druck- und Färbekunst", herausgegeben in Wien, auf die Verdienste Geitners verwiesen. Dort heißt es: "Die erste Anregung zur Erfindung chromsaurer Verbindungen auf tierische und vegetabilische Gewebe als farbige Erscheinungen zu fixieren, verdanken wir Dr. Geitner in Sachsen ... . Geitner bediente sich im Jahre 1819 des durch ihn selbst bereiteten chromsauren Kalis, um in Verbindung mit essigsaurem Blei gelbe Farbabstufungen darzustellen." Die Tatsache, dass sich in Neustädtel eines der größten Abbaugebiete von Kobalt und Wismut befand lässt die Vermutung zu, dass sich der Wissenschaftler und Erfinder seit seiner Zeit in Schneeberg mit der Herstellung von Farben aus metallischen Erzen beschäftigte. Ernst August Geitner entwickelte Verfahren zur Herstellung von grüner Kattunfarbe  aus Kupferammonium. Er stellte aber auch schon blaue und grüne Farbe aus Kobalt her, welche ungiftig waren! 

Bereits im Jahre 1822 beherrschte er die Herstellung  von Farben aus Kobalt für die Malerei und die Porzellan- bzw. Keramikindustrie. In diesem Zusammenhang experimentierte Geitner auch mit einem als Abfallprodukt der Blaufarbewerke, dem reichlich anfallendem Nickel. Zuerst musste aber jenes Erz aus dem Abfallprodukt der Blaufarbenindustrie  gewonnen werden, welches als Nickelspeise bezeichnet wurde und seit Mitte des 16. Jahrhunderts anfiel. Dies erforderte jahrelange Versuche des Wissenschaftlers. So sind in seinen Aufzeichnungen aus dem Jahre 1822 folgende Bemerkungen zu finden: "Nickeloxyd reduzieren und nach verschiedenen Verhältnissen mit Kupfer, Eisen oder Zinn legieren, dürfte wahrscheinlich nicht anlaufen, da Kupfernickel es nicht tut. Gut vernickelt eine neue Verzierung an Geschirre statt der gelben." Die Produktpalette umfasst seit dieser Zeit auch schon Magnetnadeln und Magnete für die Institute und Schulen.

In Schweiggers Jahrbuch im Band XII Jahrgang 1824 wird auf der Seite 95 folgendes ausgeführt: "Das Nickelkupfer ist während der Zeit ein Gegenstand des Handels geworden und wird besonders von Herrn Dr. Geitner in Schneeberg in so ausgezeichneter Weise geliefert, dass die  daraus gefertigten Arbeiten durch den bloßen Anblick, ohne künstliche Proben, nicht von Arbeiten aus Silber zu unterscheiden sind!" Es handelte sich um eine Legierung von 20% Nickel mit 55% Kupfer und 25% Zink. In diesem Band erfährt der Leser auch einen Hinweis auf die Ausschreibung eines Preises vom Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes in Preußen zur Herstellung einer silberähnlichen Metalllegierung. Darauf wurde im Jahre 1823 ein Preis ausgesetzt. Wer diesen Preis erhalten sollte und welches Trauerspiel sich darum entwickelte soll in den kommenden Ausführungen dargestellt werden.

Im Jahre 1824 erscheint in Schweiggers Jahrbuch unter der Überschrift: "Pakfong in China, Weisskupfer in Suhl, Argentan in Schneeberg" folgender Artikel: "Jetzt ist aber die Kunst, nach vorausgegangenen vielfältigen und kostspieligen Versuchen unseres im chemischen Fabrikwesen sich rühmlichst auszeichnenden Dr. Geitner in Schneeberg bereits im großen ausgeübt und das Metall seiner silberähnlichen Eigenschaften wegen Argentan genannt worden. Die auf des Erfinders Veranstaltung gefertigten Waren, z. B. Sporen, Geschirrbeschläge usw., sahen wir nach einem bereits einjährigen Gebrauch; sie hatten dabei keineswegs gelitten. Die beste Silberplattierung leidet ..., die von Argentan haben aber weder durch das Putzen, noch durch den Gebrauch sich abgenutzt." Aus den Darstellungen im Jahrbuch und aus Geschäftsunterlagen kann man schlussfolgern, dass Geitner das Argentan im Jahre 1822 hergestellt hat. Das bedeutet, dass der Schneeberger Chemiker den Preis des preußischen Vereines zu Recht erhielt und als Erfinder des Neusilbers gilt. Die Berliner Fa. Gebr. Henninger & Co. spielte allerdings eine nicht gerade feine Rolle. Im Jahre 1824 wandten sich die Brüder Henniger an Geitner mit der Bitte, ihnen doch Proben seiner Erfindung zu senden. Sie verbanden diese Bitte mit der Absicht, künftig größere Mengen als Gussmetall und als Metallschienen zu beziehen. Ein typischer Fall von Industriespionage, welche noch dadurch erleichtert wurde, dass das damalige Patentrecht einfach zu umgehen war. Ein Jahr später wurden jene Brüder in einem in Berlin erschienenen Artikel als Erfinder des Neusilbers genannt. Sicher mag bei der Preisverleihung auch der Tatsache Rechnung getragen worden sein, das Sachsen als treuer Verbündeter Napoleons den Krieg mit verloren hatte. Preußen jedoch als Siegernation und einflussreiche politische Kraft in Europa da stand.

Geitner hatte aber auch in Sachsen große Schwierigkeiten, seine Produktion genehmigt zu bekommen. Der Grund lag in der Annahme, dass das Argentan mit Arsen belastet sein könnte und damit zu Vergiftungen führe! Erst im Jahre 1826 wird ihm das Privileg der Argentanproduktion bewilligt. Es wird allgemein angenommen, dass dies nach einem Besuch von Prinz Johann von Sachsen in Schneeberg erfolgte, nachdem dieser die Produktionsanlagen Geitners besichtigte!

Im selben Jahr kaufte er Teile des stillgelegten Auerhammer und errichtete dort ein Werk zur Herstellung von Argentanblechen.

Einen Namen sollte sich Geitner auch mit der Errichtung von Treibhäusern in Planitz machen. 

Am 24. Oktober 1852 verstarb der Erfinder.


Quellen:


© Hermann MEINEL 2007

>> siehe Sonderheft des Schneeberger Bote 2023