Zwei Atelierbesuche

Man muss die persönlichen Absichten des Künstlers nicht kennen, das Werk sagt alles. (Susan Sontag)

Hat Susan Sontag recht? Ich glaube: ja. Trotzdem: diese Ansicht untergräbt etwas Bedeutsames. Zur Vorbereitung auf diesen kurzen Text habe ich Aliaa Abou Khaddour und Christiane Hamacher in ihren Ateliers besucht, um ihre Arbeiten zu sehen und mit ihnen darüber zu sprechen. In dieser Situation, wo man die Künstlerinnen und ihr Werk zusammen erlebt, wird einem viel klarer als in jeder Ausstellungssituation, wie bedeutsam die jeweilige Arbeit für die Künstlerin ist. Die weißen Wände des Galerieraums sind eigentlich in diesem Sinne eine Abstraktion: Man sieht ab von dieser besonderen (schwierig zu fassenden) Beziehung, die jemand zu seiner Arbeit hat.

In unserem Alltag sind wir hingegen unentwegt umgeben von Artefakten, die von anonymen Kräften produziert wurden - in der Regel nach einem klaren Plan zu einem bestimmten Zweck gebaut: die Tastatur, das Telefon, der Tisch, die Tasche und die Tasse. Nur noch relativ selten kommt es vor, dass wir Werken begegnen dürfen, die von ganz konkreten - nicht austauschbaren - Personen geschaffen wurden, als schöpferischer Ausdruck ihrer persönlichen Freiheit. Ein Ateliertreffen ist so eine Ausnahme-Situation, in der man nicht nur etwas über die jeweiligen Arbeiten lernt, sondern auch über die Bedeutung der Kunst und unserer Kreativität für unser Leben.