Doppelzimmer, Hugenottenhaus, Kassel

  • Kathrin Brömse und Jörn Budesheim

  • Doppelzimmer, Hugenottenhaus, Kassel

  • fast zwei Dutzend Künstler:innen bespielen je ein Doppelzimmer

  • 16. Juli bis 26. September 2021

In der Ausstellung Doppelzimmer im Hugenottenhaus in Kassel bespielen Kathrin und ich zusammen einen Raum.



Zu sehen sind neuere und ältere Arbeiten...


... und einige Parallelflausen.


Links Kathrin Brömse
(© VG Bild-Kunst)
(© VG Bild-Kunst")

links: Kathrin Brömse, Ohne Titel

rechts:
Jörn Budesheim,
die Dinge mit den Wimpern fassen




Über den Sinn des Unsinns

Die Nähe, insbesondere unserer Zeichnungen ist augenscheinlich. Das betrifft so-wohl „Inhalt“ als auch „Form“. Im Vorfeld von „Doppelzimmer“ hat Kathrin einige dieser „Inhalte“ – die parallelen Flausen – zusammengetragen: „Hände; Leute, die Dinge tun; Totenmasken; Wimpern; Rock und Arme; Pelzgesichter; Zwillinge.“ Die Liste hätte auch noch länger werden können. All das ist in unserem Raum jetzt zu sehen.

Für mich am überraschendsten: die Wimpern. Vor gut einem Jahr hab ich ein Blatt mit dem Titel „Die Dinge mit den Wimpern fassen“ gezeichnet. Als ich es – wie bei mir üblich – bei facebook gezeigt habe, war die Überraschung groß. Denn Kathrin hatte vor ein paar Jahren eine kleine Plastik mit dem gleichen Motiv gemacht. Beide „Wimpern Arbeiten“ sind in diesem Doppelzimmer zu sehen. Einige der Arbeiten, die hier zu sehen sind, haben wir eigens für die Ausstellung gemacht, andere sind wie dafür gemacht.

„Flausen sind Dummheiten oder Unfug, den man im Kopf hat! Etwas, das man sich in den Kopf gesetzt hat und das andere als unsinnig ansehen“, weiß das Internet. Manchmal erkennen zwei parallel den Sinn des Unsinns.

Jörn Peter Budesheim, Juni 2021

Herr K. sammelt Flausen

Herr K. hatte geträumt: Er war durch die Stadt gewandert, durch den Park gegangen, hatte sogar eine Zeitlang am Seeufer gesessen. Seine Aufmerksamkeit galt jedoch weder der Architektur, noch der Natur. Herr K. beobachtete stattdessen die Leute, die auftauchten und wieder verschwanden und sich dazwischen in allerlei unergründlichen Tätigkeiten ergingen. Einer war damit beschäftigt, seinen Schatten beiseite zu kehren, eine andere konzentrierte sich auf Verdopplungen ihrer selbst, eine Gruppe erging sich in Experimenten zur Anordnung im Raum.

Herr K. prägte sich all das ein, um die Flausen später reichlich ernten zu können. Er machte sich sogar kurze Notizen und verstaute sie in seiner kleinen Umhängeschachtel. Zufrieden lehnte er sich zurück. Da trat unbemerkt ein Mann an ihn heran, scheitelte Herrn K.s Haar in der Mitte und beendete den Traum. Eine Weile noch schaukelte Herrn K.s Gehirn auf den Wellenkämmen des Erlebten, bis es sich langsam und widerwillig zurück in Herrn K.s Schlafzimmer begab.

Nun, nachdem Herr K. vollends erwacht war, setzte er sich in seinem wildseidenen Morgenmantel an den schmalen Schreibtisch, breitete die kleinen Bildchen, die von seinem Traum übriggeblieben waren, vor sich aus und begann, die Flausen paar-weise zu sortieren, um sie seiner umfangreichen Sammlung einzuverleiben.

Kathrin Brömse, Juni 2021