Sati-Zen-Sangha

Was ist die Sati-Zen-Sangha?

Bodhisattva-Tradition

In Asien waren in all den Jahrhunderten die ordinierten Mönche und Nonnen die Hauptpfeiler der Übermittlung und Weitergabe der Buddha-Lehre. Zusammen mit vielen Laien trugen sie dazu bei, das Dharma seit der Zeit von Buddha Shakyamuni lebendig zu halten. Im Westen ist die Mehrheit der Dharma-Lehrenden und auch der Grossteil der Menschen, die sich für die Praxis interessieren, nicht ordiniert. So war ein zentrales Motiv für die Gründung der Sati-Zen-Sangha die Vision, ein Gefäss zu schaffen, in dem unterschiedliche Lebensmodelle ihren Platz haben und als gleichberechtigt gelten. Da wir keine volle oder zölibatäre Ordination anbieten können und wollen, haben wir als alternativen westlichen, zeitgemässen Weg die Bodhisattva-Tradition unserer Lineage weiterentwickelt. Der von Thich Nhat Hanh begründete Orden Intersein ist ein Bodhisattva-Weg, der auf die alte Bodhisattva-Tradition und damit auf Asanga und Vasubandhu (4. Jh.) zurückgeht, die wiederum auf Texte von Nagarjuna (2. Jh.) zurückgreifen. Die Bodhisattva-Linie hat sich später insbesondere in China etabliert und wurde auch in Japan übernommen, wo die meisten Zen-Mönche und Zen-Nonnen in der Bodhisattva-Tradition und nicht in der vollen zölibatären Vinaya-Tradition ordiniert sind.

Zen-Gemeinschaft der Achtsamkeit

Im Sati-Zen verbinden wir Aspekte aus dem Frühen Buddhismus, aus dem chinesischen Chan und aus den späteren Zen-Schulen. Damit verbinden wir die Praxis von Samatha-Vipassana mit dem Geist des Zen und dessen Betonung der Umsetzung von Verstehen und Mitgefühl im Alltag (vgl. Meditationsformen). Deshalb steht, wie bereits ausgeführt, nicht allein die Meditation im Sitzen im Zentrum der Praxis, sondern auch die täglichen Dinge des Lebens in Haus und Garten, in der Familie und im Berufsalltag.

Die Bezeichnung Sati-Zen-Sangha verbindet drei Aspekte:

  • Sati, Achtsamkeit (Pali; Skt.: smrti), verweist auf den Übungsweg des Frühen Buddhismus und auf die Praxis umfassender Achtsamkeit (Vipassana), wie sie im Satipatthana- und Anapanasati-Sutra beschrieben ist.

  • Zen* (jap.; chin.: Chan; vietnam.: Thien) betont die grundlegende „Nicht-Dualität“ der Wirklichkeit und weist direkt auf die uns innewohnende Buddha-Natur, also auf unser Potenzial zu Freiheit, Liebe und Weisheit. Wir vertreten in unserer Tradition die vietnamesische Thien-(Zen-)Linie und haben uns wichtig erscheinende Aspekte und Methoden aus dem Praxisverständnis des Frühen Buddhismus, der Chan-Schulen und einzelne Elemente auch aus dem japanischen Zen übernommen (vgl. Rakusu und Unsui-Weg).

  • Sangha meint hier die Gemeinschaft der Praktizierenden und weist damit auf die praktische Bedeutung der Gemeinschaft als upaya auf dem Weg hin, wie im vorhergehenden Kapitel beschrieben.

Nur die Vereinigung aller drei Elemente bringt das hervor, was wir unter Sati-Zen-Sangha und Sati-Zen-Geist verstehen. Wenn wir in diesem Geist praktizieren, bilden wir die Sati-Zen-Sangha als sich temporär neu bildende Gemeinschaft.

Eine Ausdrucksform der Sati-Zen-Sangha sind auch die regionalen Meditationsgruppen (Sanghen). Im Idealfall werden sie von Personen begleitet, die schon länger mit uns praktizieren, in unserer Traditionslinie Zuflucht genommen haben und die Sati-Zen-Praxis kontinuierlich weiter vertiefen.

Im Folgenden beschreiben wir die Entstehung und Entwicklung der Sati-Zen-Traditionslinie, in die wir mit der Zuflucht eintreten, so wir diesen Schritt zu einer gemeinsamen Sangha der Übenden machen möchten.

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Begriffsklärung

*Das Wort Zen assoziieren viele mit japanischem Zen. Sati-Zen steht wie erwähnt jedoch nicht in einer japanischen Traditionslinie. Der Begriff Chan, abgeleitet von dhyana (Skt.; Pali: jhana; ursprünglich "Versunkenheit") wurde für chinesische Meditationsschulen verwendet, die ihr Schwergewicht auf der intuitiven, nicht-begrifflichen Meditation hatten. Daraus entwickelte sich das japanische Zen, das koreanische Seon und das vietnamesische Thien. Wir verwenden den Begriff "Zen" wie in unserem Sprachgebrauch üblich als Überbegriff für Chan (chin.), Thien (vietnam.), Seon (korean.), Zen (jap.) und neue, westliche Ausformungen wie Sati-Zen.