Geschichte der
Sati-Zen-Sangha

Weshalb ist die Traditionslinie wichtig?

Traditionslinien, auch Lineages genannt, waren in all den Jahrhunderten ein gewisser Garant, dass das Verständnis der Buddha-Lehre authentisch weitergegeben wurde, was in den verschiedenen Zeiten und Kulturen in unterschiedlichen Ausformungen geschah. So haben sich die verschiedenen Traditionslinien und Schulen unterschiedlich ausgeprägt und entwickelt. Ob im Frühen Buddhismus (Theravada), im Mayahana oder Vajrayana: Die Intensität der Beziehung von Lehrer/Lehrerin bzw. Meister/Meisterin zum Schüler, zur Schülerin mag unterschiedlich sein, doch ist sie für eine authentische Belehrung grundlegend und wichtig (vgl. Lehrer-Schüler).

Das Verständnis für die Bedeutung einer Traditionslinie und spezifischen Lehrvermittlung schwindet heute vielerorts, da wir zum einen ohne grossen Aufwand auf ein enormes Wissen über die buddhistische Lehre und Praxis zugreifen können. So können wir z. B. per Mausklick jederzeit eine Unterweisung erhalten, ohne uns besonders darum bemühen zu müssen und möglicherweise auch ohne dass wir uns mit der Schönheit und den Herausforderungen des Lernens mit einem Lehrer, einer Lehrerin stellen müssen. Zum andern ist das Streben nach Individualität heute enorm hoch und so mancher und manche möchte am liebsten gleich seine eigene Lehre erfinden.

Zum Thema Lineage vgl. auch das Kapitel Traditionslinie.

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Kurzbiographie von Marcel Geisser Roshi (*1952), Gründung des Haus Tao (1986) und der Sati-Zen-Sangha (1999)

1952: Geburt von Marcel in St. Gallen.

1968: Erster Kontakt mit der buddhistischen Meditation und Beginn der Praxis.

1971: Retreats im Haus der Stille bei Roseburg, Hamburg.

1971-72: Erste Zeit in der Einsamkeit in einer verlassenen Alphütte des winterlichen Alpsteins.

1972: Aufbruch nach Indien, später Hongkong (Insel Lantao) und Rückkehr nach Indien.

1973: Gründung der Meditationsgemeinschaft "Sinn Grüne" in Rehetobel/AR, zusammen mit Fred von Allmen und Charles Genoud.

1974: Nach der Geburt von Sohn Emanuel zweiter Aufbruch nach Indien, diesmal mit Familie. Nach verschiedenen Langzeit-Retreats Weiterreise allein, nach Korea (Meister Kusan Sunim, Kloster Songgwangsa), später nach Japan (Omori Sogen Roshi, Kloster Seitaiji).

Ab 1977: Mehrere Aufenthalte in Indien. Retreats mit Joseph Goldstein, Jack Kornfield, Ruth Denison, u. a. in Indien und auch in der Schweiz.

Ab 1979: Mit Sasaki Roshi in Scheibbs; gleichzeitig Vertiefung des Vipassana.

Ab1986: Mehrere Dreimonats-Retreats am IMS (Insight Meditation Society), Barre Massachusetts/USA.

Gleichzeitig Ausbildung zum Gestalttherapeuten im ZIST München bei Dr. Wolf Büntig.

7. August 1986: Marcel erwirbt das Haus Tao.

1990: Marcel begegnet Thich Nhat Hanh und wird sein Schüler. Thich Nhat Hanh und Sister Chan Khong besuchen für drei Tage das Haus Tao. Marcel wird von Thich Nhat Hanh in den Orden Thiep Hien (Intersein) eingeladen.

Am 27. August 1993 wandelt Marcel den Privatbesitz des Haus Tao in die Stiftung für Achtsames Leben um.

1994: Marcel erhält die Lehrautorisation und Weihe zum Dharmacharya durch Thich Nhat Hanh (Linji-/Rinzai-Zen, vgl. Traditionlinie). Thich Nhat Hanh beauftragt Marcel, ein Buddhismus-Studium zu konzipieren. Vorbild dafür war sein in Vietnam gegründetes Institute for Higher Buddhist Studies. Ein dreijähriges Buddhismus-Seminar entsteht (1995 - 2004). Thich Nhat Hanh lädt Marcel ein, vollordinierter Mönch zu werden. Marcel entscheidet sich für ein Leben als nicht-monastischer Lehrer.

29. September 1999: Feierliche Begründung der Sati-Zen-Sangha. Marcel hat bereits bei der Gründung die Vision, in der Sati-Zen-Sangha zwei Wege zu ermöglichen: einen Weg der inneren Form und einen Weg der inneren und äusseren Form (heute: Unsui-Modell als spezifisch westlicher Weg für Sati-Zen-Mönche und Sati-Zen-Nonnen).

6. Oktober 2001: Der Orden der Sati-Zen-Sangha wird gegründet.

2001: Marcels erstes Buch erscheint im Kösel-Verlag: Die Buddhas der Zukunft - Ein authentischer Buddhismus für den Westen - Wege zu unserer Befreiung. Grundlage für das Buch bilden die Neun Pfeiler der Sati-Zen-Sangha.

2005: Das Buddhismus-Seminar wird zum Vertiefenden Training (bis 2015) und ab 2016 zur Vertiefenden Praxis.

2011: Erste Unsui-Ordination. Dipabodhi Dagmar Jauernig, Shantivirya Klaus Kraler und Shraddhashanti Ulrike Kraler werden auf dem Geierberg bei Rajgir (Indien), dem Ort, den Buddha Shakyamuni für die Ordination der Mönche und Nonnen bevorzugte, zu Unsuis in der Tradition der Sati-Zen-Sangha geweiht.

2012: Lehrautorisation der drei Sati-Zen-Unsuis.

2013: Als weiteres vertiefendes Studienelement wird der Online-Fernkurs der Sati-Zen-Sangha angeboten, in dem ein breiter Überblick über alle Traditionen und über die Entwicklung der 2600-jährigen Geschichte des Buddhismus gegeben wird, ergänzt mit einer kritischen Einordnung aus einer zeitgemässen, westlichen Perspektive.

2018: Veröffentlichung von Marcels zweitem Buch: Der Garten des Geistes - Meditation und die Welt der Emotionen.

Dezember 2020: Stilllegung des Ordens der Sati-Zen-Sangha.

Ab 2021: Die Sati-Zen-Sangha definiert sich neu als Gemeinschaft der Übenden auf der Grundlage der Zuflucht und der Neun Pfeiler der Sati-Zen-Sangha, wie in Sangha als upaya beschrieben.

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Zur Vertiefung

  • Autorisation - Weihe von Marcel zum Dharmacharya: Einen kurzen Film der Zeremonie in Plum Village findest du hier.

  • Zur Entstehung der Sati-Zen-Sangha findest du einen Artikel im Zen-Geist 4, Mai 1999: hier

  • Eine Bildergalerie der Lehrer von Marcel findest du hier

  • Zwei schöne Porträts von Thich Nhat Hanh sind 2016 anlässlich seines 90. Geburtstags in den Magazinen Buddhismus aktuell und Ursache\Wirkung erschienen: Haus Tao - 90. Geburtstag von Thich Nhat Hanh