Ubuntu 14.04 LTS unter Windows 10 installieren

Ursprünglich gepostet am: 08.07.2016 10:51:51

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Als ich mein Netbook auf Windows 10 aktualisiert habe, ist der HP Mini 110-3100 mit 1,6 GHz Intel Atom-Prozessor und 1 GB Arbeitsspeicher doch etwas langsam geworden. Also wollte ich parallel ein Linux-System installieren. Zuerst habe ich das ressourcenschonende Lubuntu 16.04 LTS ausprobiert, aber das konnte nicht einmal richtig booten. - Ich vermute, dass der Grafiktreiber ein Problem hatte, denn am Desktop-PC lief Lubuntu problemlos.Umso überraschter war ich, als ich auf einem USB-Stick testweise das ältere Ubuntu 14.04 LTS installierte und alles wie am Schnürchen lief: Das WLAN funktionierte ebenso wie der Kartenleser, diverse Hardware-Tasten für Bildschirmhelligkeit, Medienwiedergabe, Lautstärke etc. - vorbildlich. Während das neue Ubuntu 16.04 LTS nach 2 GB Arbeitsspeicher verlangt, reicht dem 14.04 lediglich 1 GB. Zudem lief das Live-System vom USB-Stick wesentlich flüssiger als Windows 10.

Als ich zur Installation schreiten wollte, stand ich vor dem Problem, dass das alte Ubuntu 14.04 natürlich Windows 10 noch nicht kannte und daher das Betriebssystem überschreiben wollte. So schnell wollte ich mich aber von Windows 10 dann doch nicht verabschieden. Ein Dual Boot System musste her: Die Idee war, die durch die Windows 10 Aktualisierung nutzlos gewordene HP Recovery Partition platt zu machen und darauf Ubuntu zu installieren.

Doch so einfach ist das nicht. Man kann zwar bei der Installation "Etwas Anderes" auswählen und da sah ich dann auch die Recovery-Partition aber ich brauchte zur Installation von Ubuntu drei Partitionen: eine für das System, eine für die Daten und eine für die Auslagerungsdatei. Bei der Installation konnte man aber nicht eine Partition in drei aufteilen. Ich will jetzt nicht einen halben Tag Irrwege aufzählen, aber was hat letztendlich funktioniert?

Ich kehrte in das Live-System zurück und startete dort GParted, das Linux Festplattenverwaltungs-Tool. Dort konnte ich die Recovery-Partition verkleinern und gleich mit ext4, dem Linux Datei-Format, formatieren. Auf dem leeren Platz legte ich dann noch zwei weitere Partitionen mit den passenden Größen an und formatierte sie ebenfalls als ext4. Nun startete ich wieder die Installation auf die Festplatte, wo ich jetzt drei freie Partitionen zur Verfügung hatte, denen ich System-, Daten- und Swap-Partition zuweisen konnte.

Nächstes Problem war, das die Installation den Boot-Manager standardmäßig auf der Windows-Platte installieren wollte. Das hätte aber meinen Windows Boot-Manager zerschossen, weil ja Ubuntu 14 Windows 10 nicht kannte. Dafür hatte ich aber während meines Try-and-Error eine elegante Alternative gefunden: Grub2Win.

Das installiert den Linux "Grub" Boot-Manager unter Windows. Der Windows Boot-Manager wird nicht überschrieben, sondern man kann beim Hochfahren auswählen, ob man den Original Windows Boot-Manager oder "Grub2 for Windows" verwenden will. In Grub2Win kann man konfigurieren, welche Betriebssysteme gestartet werden sollen. In meinem Fall also entweder Ubuntu oder Windows 10.

Also ließ ich während der Ubuntu-Installation den Boot-Manager auf die Ubuntu Systempartition installieren, damit er nicht den Windows Boot-Manager überschreibt. Die restliche Ubuntu-Installation lief dann problemlos. Spannend war dann der nächste Neustart: Hat alles so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe, oder habe ich Windows platt gemacht?

Es hat funktioniert! Ich bootete zuerst in Windows 10, konfigurierte dort Grub2Win entsprechend meiner Ubuntu-Installation. Startete neu, bootete mit Grub2Win nach Ubuntu und lud rund 0,5 GB Updates herunter, um das System auf den neuesten Stand zu bringen. Was sich aber nicht änderte, war, dass das System extrem langsam war. Im Task-Manager habe ich dann auch bald den Schuldigen ausgemacht: Compiz, der Ubuntu Fenster-Manager. Der sorgte dafür, dass das System permanent zu 100 % ausgelastet war.

Nach einiger Recherche war dann das Problem auch erkannt: Aus irgendeinen Grund lud Ubuntu nicht den Intel Grafiktreiber sondern "Gallium 0.4 on llvmpipe" kümmerte sich um die Darstellung. Das ist eine alternative Software-Lösung, die aber das System leistungsmäßig killt. Zum Vergleich startete ich wieder die Live-CD und siehe da, dort kümmert sich "Intel IGD" um die Grafikausgabe, was die Systemauslastung ganz anders aussehen ließ.

Warum, zum Teufel, lud Ubuntu bei der Installation nicht den Intel Treiber, obwohl er Teil der Distribution ist, wie einem überall schlaue Menschen erklären? Nach einer Neuinstallation und einem weiteren halben Tag Recherche später, die mich dem Wahnsinn einen bedeutenden Schritt näher brachte, kam ich auf die Idee, die Parameter von Grub zu googeln, die Grub2Win standardmäßig generierte: "verbose nomodeset"

"verbose" bedeutet, dass man, im Gegensatz zu "quiet", alle lustigen Systemmeldungen zu sehen bekommt. "nomodeset" aber, dass vom Kernel kein Grafiktreiber geladen wird. Das erschien mir doch eine ganz spezielle Idee, auf die ich gerne verzichten möchte. Also löschte ich den nomodeset-Eintrag und startete Ubuntu neu. Und siehe da, das System läuft nicht mehr unter Vollast bei maximaler Bildschirmhelligkeit, sondern der Intel-Treiber wird geladen und alles ist gut.

Naja, fast alles. Ich wollte, wie schon unter Windows, das etwas ressourcenhungrige LibreOffice durch Freeoffice ersetzen, weil Softmaker Office doch deutlich schneller arbeitet. Leider funktionierte die Installation weder per Doppelklick auf die heruntergeladene Datei noch über den Terminal. Auch die in diversen Foren vorgeschlagenen Problemlösungen funktionierten bei mir nicht. Da muss ich wohl noch etwas tiefer in die Materie eintauchen.

Zweites Kernprogramm meiner Reiseschreibmaschine ist der Foto-Manager, mit dem ich die Bilder von der SD-Karte der Kamera auf das Netbook sichere. Unter Windows verwendete ich Picasa von Google, was tadellos funktionierte, außer dass Picasa die RAW-Dateien etwas eigenwillig entwickelte. Mit IrfanView konnte ich aber die DNG-Dateien in Original-Entwicklung betrachten.

Unter Ubuntu kümmert sich standardmäßig Shotwell um die Fotos. Der Import ist, ähnlich wie bei Picasa, ziemlich langsam, funktioniert aber problemlos. Die RAW-Entwicklung erfolgt mit Kamera-Einstellungen, ähnlich wie bei IrfanView, also deutlich besser als mit Picasa. Shotwell greift dabei aber zu einem kleinen „Trick“ und speichert zusätzlich zu den DNG-Dateien entsprechende JPEGs ab, was kostbaren Festplatten-Platz in Anspruch nimmt.

In Shotwell kann man auch einfache Helligkeits- und Farbkorrekturen vornehmen, die sich besser als bei Picasa einstellen lassen. Dafür hat Picasa einen größeren Funktionsumfang mit Vignette und Störungskorrektur sowie diversen Filtern, die ich aber nur selten verwendete. Da es ohnehin nicht viel Sinn macht, auf dem ziemlich blaustichigen Netbook-Bildschirm großartig in die Bildentwicklung einzusteigen, finde ich mit den Basisfunktionen von Shotwell gut das Auslangen.

In Summe bin ich mit Ubuntu eigentlich sehr zufrieden. Das Netbook ist doch deutlich zuppiger, wenn im Vergleich zu Windows 10, nur die Hälfte des Arbeitsspeichers belegt ist. Wenn ich jetzt noch die Probleme mit Freeoffice lösen könnte, wäre ich wunschlos glücklich. Aber in der Zwischenzeit habe ich ja mit LibreOffice auch eine Alternative.