Weshalb soll man das RFZ vor dem Vergessen bewahren? Ein schon viele Jahre seinen Ruhestand genießender ehemaliger Kollege fragte: "Wer interessiert sich denn noch für das RFZ?" Vielleicht erklärt Oma oder Opa den Enkeln, wo und wie er/sie gelebt und gearbeitet hat. Bei Wikipedia gibt es nur einen kleinen Hinweis zum Rundfunk- und Fernsehtechnischen Zentralamt.
Die gesamte Entwicklung von Fernsehen (von Schwarz Weiß zu Farbe) und Rundfunk (von Mono zu UKW - Stereo), von der Röhre zum Transistor und der integrierten Schaltung, von der Freiluftverdrahtung zur durchkontaktierten Leiterplatte, anspruchvolle Konstruktionen (Video-Quadruplex-Kopftrommel, Abgleichroboter, Digitaler HDTV Standbildspeicher) bis zum Einsatz der Rechentechnik (4 Bit bis 16 Bit) zur Steuerung von Geräten mit gestalten zu können, soll Kindern und Kindeskindern zeigen, welche technischen Entwicklungen in 30 Jahren möglich waren. Heute trägt man den Großrechner und die MAZ von 1970 in der Tasche. 64 Bit sind Standard.
Im RFZ waren hochqualifizierte Mitarbeiter tätig, die Innovationen schufen, die heute noch Menschen begeistern können (Subchacord, Farbfernsehaufzeichnung auf 2" Magnetbandgeräte).
Was die Tonstudiotechnik betrifft, wird heute um solche hohen Standards gerungen, wie sie im Studiobetrieb eingeführt waren. Für die Fernsehtechnik wurden damals die Grundlagen moderner MPEG-4 Video Decoder gelegt. Bereits in den 80iger Jahren gab es HDTV (Digitaler Standbildspeicher des RFZ - eingesetzt in einem HDTV-Fernsehstudio in Moskau). Rechnersteuerungen von Geräten mit Hochsprachen wurden ebenfalls erfolgreich realisiert, aus heutiger Sicht mit sehr bescheidenen Rechnerleistungen und Speichern. Wer kennt heute noch PL/M für Mikrorechner oder die stackbasierte Hochsprache Forth? Die Möglichkeiten für Entwickler waren in der 70iger Jahren fantastisch, da es keinerlei Einschränkungen gab. Erst durch politischen Entscheidungen wurden später die Aktivitäten sehr eingeschränkt (RGW) und die Stagnation auch bei Fernsehen und Rundfunk in der DDR durch politische Kader (kein Glasnost), wie bei den sowjetischen Partnern) führte zum Untergang des RFZ.
Da die letzte Gesellschaftsordnung, der Kommunismus nicht einmal in der Sowjetunion erreicht wurde, ist es spannend die Möglichkeiten im RFZ im politischen sozialistischen Kontext aufzuzeigen.
Ein Arbeitsleben im RFZ spiegelt exakt die Arbeitsbedingungen der staatlichen Betriebe der DDR. Die Lebensbedingungen: alle Werktätigen waren gleich nur manche etwas gleicher - besondere Versorgung in Berlin, Privilegien für besondere Kader, Verwaltung der Mangelwirtschaft, Wohnungsvergabe oder Autolieferung. Die Vorgaben der SED, die besonderen Bedingungen in Berlin - der Mauerbau 1961 und damit bessere Arbeitsbedingungen. Fachliche Laborleiter, die vor 1961 noch mit Einzelverträgen ausgestattet wurden, damit sie nicht in den Westen gehen und die nicht in der SED oder einer Blockpartei waren, wurden nach 1961 durch linientreue Abteilungsleiter mit Parteibuch ersetzt. Aber der neue sozialistische Mensch konnte trotz aller Bemühungen der SED (umgangssprachlich Rotlichtbestahlung) nicht geschaffen werden. Die Nähe des Westens, ob durch die eingesetzte Technik, der Fachbibliothek (Ost- und Westliteratur getrennt!), verwandtschaftlicher West-Bindungen (trotz Verbot - Kaderakte) und die einfache Verfügbarkeit von Westfernsehen und -Rundfunk (auch innerhalb des RFZ) verhinderten den politischen Faradayschen Käfig. Noch gibt es Zeitzeugen ...Später bleiben nur noch Archive.
Für meine Familie und mich persönlich kam die Wende rechtzeitig. Stagnation in F&E im RFZ waren für jeden sichtbar, unsere nur noch politischen und kaum fachlichen Leiter konnten uns nicht mehr überzeugen. Ich ging nach Darmstadt und dann nach einigen Jahren zurück nach Berlin als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und später Projektleiter. Meine Softwarekompetenz (C++) war gefragt bis die Telekom ihre Forschung abwickelte und Projektmanager gefragt waren. Ich durfte die Welt bereisen und war so im Jahr 2000 Teilnehmer der Word Computer Conference 2000 Beijing. Dann wurden bei uns die kompetenten Forschungsleiter abgelöst von forschen jungen Projektmanagern. Meine IFIP TC 11 Arbeit endete. Der Vorruhestand wurde mir verordnet. So begann ich 2009 wieder als Softwareentwickler mit Accout bei Google als Freelancer Android-Apps zu programmieren. Mit der App Tonaufzeichnung Hi Quality Rec wollte ich den RFZ Entwicklern ein Denkmal setzen - Tonaufzeichnung in Studioqualität.
Man findet mich bei Google mit den Kennworten „Youtube seniorlabde“ und „Apps seniorlabde“. Ich wollte für Datenschutz und Datensicherheit einsetzen, aber Google und die anderen Internetfirmen wissen alles über mich – so benötigt eine Android App bis zu über 100 Berechtigungen und mein Handy weiß immer wo ich mich aufhalte. Das ist erst der Anfang – Stichworte: Smarthome und Alexa. Die EU-Datengrundschutzverordnung wird kaum etwas bewirken.